von Julia*Jay*Brown
„Dumbledore will uns doch verarschen“ kam es recht vulgär von Derek, als sich die Gruppe aus Gryffindors und Slytherins vor der Großen Halle traf, und deutete auf die Mistelzweige, die sich auch zwischen den goldenen Flügeltüren eingenistet hatten.
Nate stieß ihn in die Rippen, doch die „gut erzogenen“ Slytherins nickten nur zustimmend.
„Vielleicht ist es nur das Schloss, das irgendwie Unfug treibt“ gab Phil zu bedenken, hielt sich jedoch zurück, um nicht versehentlich mit einem Erstklässler darunter geschoben zu werden. Derek hielt ihm am Arm fest.
„Sollen wir es also wagen?“ kam es von einer eindeutig genervten Cassandra, die Arme verschränkt. Sie ließ Keinem Zeit, zu antworten, und zog resolut Nate an seinem Ärmel unter das schadenfreudige Gewächs. Nicole hatte das Gefühl, dass sie erneut irgendeinen Hintergedanken hatte. Wollte sie jetzt etwa den Gryffindor verkuppeln, nachdem das zwischen Charles und Nicole…mehr oder weniger mit Erfolg gekrönt worden war.
Die nächsten waren, mit erhobenem Blick und geröteten Wangen, Phil und Derek. Nach einem unangenehmen Moment umarmten die beiden Sich und quetschten einen winzigen Kuss auf die Wange des anderen. Danach traten sie auseinander, als wäre es niemals geschehen und würdigten einander keines Blickes. Nate und Cassandra fingen an zu kichern angesichts des merkwürdigen Verhaltens, welches die beiden an den Tag legte.
„Von euch zwei erwartet er bestimmt mehr als nur so eine Peinlichkeit“ grinste Francis und schob Nicole und Charles entschlossen nach vorne, „Beeilt euch bitte, ich brauche meinen Earl Grey.“
Charlie verdrehte nur die Augen, doch auch Nicole konnte das Schaudern erkennen. Mit einem zaghaften Lächeln nahm Nicole eine von seinen Händen in ihre, lächelte ihn noch zaghafter an und platzierte die andere Hand in seinem Nacken.
Für einen Moment erkannte sie die Sehnsucht und die Freude in den Augen ihres Gegenübers, dann trafen sich jedoch ihre Lippen und Nicole schloss ihre Augen.
Es war so viel mehr als der erste Kuss vor all diesen Wochen. Sie fühlte sich leicht benebelt, ein Kribbeln breitete sich von ihrem Nacken über ihren Rücken aus und ihr Herz pochte so intensiv, wie noch nie zuvor. Charlies Hand legte sich in ihren Nacken und der Kuss wurde noch intensiver, auch wenn Nicole das kaum für möglich gehalten hatte.
Keiner der beiden vermochte zu sagen, wie lange sie so da gestanden hatten- die Welt um sie herum war vergessen, der Tumult in der Eingangshalle und die wissenden Blicke ihrer Freunde nicht in ihrer eigenen kleinen Welt- doch sie lösten sich im selben Moment voneinander.
Die Stimmen der Schüler kamen in einem Schlag über Nicole und sie spürte die Röte in ihre Wangen schießen. Charlie sah sie für einen Moment an, räusperte sich dann und ging an den anderen vorbei in Richtung Gryffindor Tisch.
Es war Cassandra, die Nicole aus ihrem verwirrten Zustand holte.
„Hopp, das Frühstück wartet“ rief sie aus und die beiden Schülergruppen trennten sich einvernehmlich. Francis schüttelte den Kopf und kicherte, ehe er rasch unter dem Mistelzweig hindurch trat.
„Ihr zwei seid die Schlimmsten“ kommentierte Phil, als er sich hingesetzt hatte, „Ich hätte nie erwartet, die beiden Schulsprecher jemals in einem solch benebelten Zustand zu sehen.“
„Ach, das vergeht schon wieder. Ist nur die Neuartigkeit und die wird sich abnutzen, sobald die beiden endlich mal ihre Angelegenheiten sortiert haben“ erwiderte Francis mit einer wegwerfenden Bewegung, die er von Cassandra übernommen hatte.
Nicole stützte ihre Stirn in ihre Hand, atmete einige Male tief durch, ehe sich aufrecht hinsetzte und mit einer flinken Bewegung ihres Zauberstabs die Platte mit den gegrillten Tomaten auf sich zuschweben ließ: „Danke für euer Input, aber könnten wir vielleicht ein neues Thema anschneiden?“
„Was hat eure Familie so über die Ferien vor?“ kam es ohne Umschweife von Henry, der sich gerade eben zu ihnen gesellt hatte. Nicole lächelte ihn kurz dankbar an, ehe sie Phils Worten lauschte.
Reihum erläuterten die Slytherins nun, dass es vermutlich zu einer Familienfeier in ihrem jeweiligen Château kommen würde, doch es war Francis der anschließend noch einwarf, dass die Fawleys auch noch eine etwas offiziellere Feier organisierten.
„Es ist wie jedes Jahr. Ministeriumsbeamte und ein paar der reichen Familien sind eingeladen, um ein wenig teuren Champagner über noch teurere Roben zu vergießen. Dieses Jahr zwingen meine Eltern mich allerdings, bis zum Ende daran teilzunehmen, weshalb ich nicht nach zwei Stunden einfach zu einem von euch apparieren kann.“
„Stimmt, meine Mutter hat es in einem Brief erwähnt“ stimmte Phil zu. Die Averys und Fawleys verstanden sich recht gut, auch wenn letztere noch längst nicht so tief mit den Dunklen Künsten und Voldemort involviert gewesen waren.
„Können wir uns also zusammen in der Bibliothek betrinken? Mein Vater hat dort immer eine Flasche teuren Elfenwein stehen. Oder vielleicht doch eher Whiskey…“
Phil nickte und wandte sich dann ihren Freunden zu: „Kommt von euch noch jemand? Cassandra, das wäre für dich die perfekte Eintrittskarte in deine neuen Pläne.“
Die Angesprochene lächelte nur wissend: „Ich habe sogar schon meine Einladung, gesendet von Lady Fawley an Ms Cassandra Crawley.“
„Immer deiner Zeit voraus“ kommentierte Francis mit einem Kopfschütteln.
„Zwei Schritte“ erwiderte Cassandra mit einem gewissen Stolz, „Wir haben schon seit dem Sommer korrespondiert.“
„Sollte ich mich vorsehen? Nicht, dass ich plötzlich vor einem Traualtar stehe und nicht weiß, was geschehen ist.“
„Darüber würden wir dich in der Tat rechtzeitig informieren“ war Cassandras einziger Kommentar dazu.
„Also ja.“
„Keine Sorge, Francis, du bekommst von mir Bescheid, falls sich etwas anbahnt“ warf Phil ein, seinen Becher mit Kürbissaft auf die Tischplatte setzend.
„Sehr freundlich. Immerhin auf einen von euch kann man sich verlassen. Zurück zu der Feier: Wer kommen kann, ist hiermit eingeladen. Ich schreibe euch auf die Gästeliste, ganz abgesehen davon, dass unsere Angestellten euch bereits kennen.“
„Irgendein Dresscode?“
„Das Übliche“
Die Frage war damit zur Zufriedenheit aller geklärt und man wandte sich dem Rest des Frühstücks zu, welches zu Gunsten aller Spätaufsteher und Übermüdeten an einem Samstag stattfand.
„Ich mache mich jetzt auf den Weg zur Bibliothek. Cassandra?“ forderte Nicole auf und ihre beste Freundin folgte ihr durch die Flügeltüren und die Marmortreppe hinauf.
„Was sind deine Pläne bezüglich Francis?“
„Eifersüchtig?“
„In keinster Weise, ich bin nur besorgt. Er braucht niemanden, der ihn ausnutzt- er soll jemanden finden, der ihn wirklich liebt und ihn glücklich macht.“
„Ich versuche nur, einen Halt in der Gesellschaft zu finden. Und ich will Francis helfen, diesen jemand zu finden. Nach allem, was du mir erzählt hast, glaube ich, dass ich ein paar Leute kennen, die genau richtig für ihn wären.“
„Ich vertraue deinem Urteilsvermögen und deinem gesunden Menschenverstand, aber sobald er verletzt wird…“
„Danke für dein Vertrauen, ich gebe wie immer mein Bestes und jeder, der meinen Freunden wehtut, bekommt es zuerst mit mir zu tun.“
Cassandra hakte sich bei Nicole ein, doch die Schulsprecherin konnte einen letzten musternden Blick auf ihre Freundin nicht unterdrücken. Sie war kein solch ausgezeichneter Menschenleser wie Phil oder Cassandra selbst, aber trotzdem konnte sie die kleinen Unterschiede zum normalen Gesicht des Mädchens neben ihr feststellen.
„Bist du sicher, dass keine Emotionen involviert sind?“
„Wie kommst du darauf?“
„Deine übliche Fassade hält sich nicht gut genug, um mich zu täuschen.“
Cassandra seufzte resigniert: „Zugegeben, ist es möglicherweise auch in meinem persönlichen, emotionalen Interesse, mehr Zeit mit Francis zu verbringen.“
„Von welcher Intensivität sprechen wir hier?“
„Vielleicht zwei Stufen unter dir und Charles. Aber es hat sich seit dem Sommer exponentiell gesteigert. Manchmal lässt es meine Gedanken im Kreis rennen, als wäre Francis das Zentrum meines ganz persönlichen Sonnensystems.“
„Immerhin scheint es dich nicht vom Planen abgehalten zu haben.“
„Niemals, ganz im Gegenteil sogar. Es hat mich angespornt, noch gründlicher und definierter zu werden.“
„Was ist deine Idee für die Feier?“
„Ihn von dem abzubringen, was er für dich empfindet.“
„In dieser Angelegenheit sind wir uns wohl einig.“
Damit war das Thema beendet und man wandte sich den Hausaufgaben zu, die die Lehrer ihnen über das letzte Wochenende vor Beginn der Weihnachtsferien hatten aufgeben müssen. Es half zudem, Nicole von ihren Gedanken abzulenken und sie war äußerst erleichtert, wie leicht es ihr fiel.
„Wusstest du, dass Nate einen Freund außerhalb von Hogwarts hat- er hat wohl letztes Jahr abgeschlossen.“
„Es wundert mich nicht im Geringsten. Er ist eine ausgezeichnete Persönlichkeit, warum sollte jemand auch nicht mit ihm zusammen sein wollen.“
Es herrschte Stille, doch Nicole wusste, dass Cassandra eine viel wichtigere Frage auf den Lippen lag. Sie rollte die Augen und fragte dann, ohne den Blick zu heben: „Heraus damit. Ich kenne dich zu lange.“
„Wie war es?“
„Atemberaubend, überwältigend. Es war wie ein…eigentlich eher unbeschreiblich.“
„Hmpf.“
„Was hattest du erwartet?“
„Dass du das verräterische Strahlen besser aus deinem Gesicht verbannen könntest. Du hättest gar Nichts sagen müssen, dein Lächeln hat schon alles verraten.“
„Das passiert bei Gefühlen nun mal. Sie rauben dir sämtliche Kontrolle über deine Muskeln und von deinem Verstand kannst du dich gleich mitverabschieden.“
„Klingt wundervoll.“
„Die Ironie ist völlig überflüssig. Sobald du selbst einmal auf dieser Stufe angekommen bist, kannst du dir einen solchen Kommentar gerne erlauben, aber bis dahin.“
„Ist es wirklich so schön?“
Die Frage klang so unschuldig und mit einem Mal wurde Nicole wirklich klar, dass Cassandra noch nie eine solch tiefe Liebe, solch heftige Emotionen für irgendeine Person auf dieser Welt empfunden hatte. Dass nie jemand ihr solche Gefühle entgegengebracht hatte.
„So schön wie der erste Raureif über den Ländereien im Licht der aufgehenden Sonne, wenn du mir diese Formulierung erlaubst.“
„Hältst du es für angemessen, jetzt Gedichte zu zitieren?“
„Wenn sie meinen Gedanken und Empfindungen Ausdruck verleihen, dann ja.“
Sie arbeiten im Einklang an ihren Aufgaben, vollkommen darin versunken, bis es zum Mittagessen klingelte.
„Wie wusstest du, dass deine Gefühle für Charles echt sind? Ich meine, ihr zwei kanntet euch ein paar Tage, vielleicht eine Woche?“
„Sie waren am Anfang unserer Freundschaft nicht vorhanden, aber wir haben einige Gespräche geführt und irgendwie war das genug, damit mir klar wurde, dass er der einzige ist. Es hat sicherlich gedauert, aber dieses Gefühl, bei ihm wirklich zu Hause zu sein, hat sich einfach verselbstständigt.“
Cassandra schwieg mit nachdenklicher Miene: „Als ich den Plan am Ende letzten Jahres entwickelt habe, war mir dieses Ausmaß nicht bewusst. Aber vielleicht hat mich mein Unterbewusstsein auch intuitiv in die richtige Richtung gelenkt. Ich hatte eher erwartet, eine gute Hogwartsbeziehung zu schaffen- keine lebenslange Liebe.“
„Du verbuchst es trotzdem als Erfolg, nehme ich an.“ Es war ein Statement, keine Frage.
„Natürlich. Im Endeffekt war mir dein Glück das Wichtigste und das Ziel habe ich mehr als nur erreicht.“
„Ich danke dir übrigens dafür, dass du es getan hast. Es ist ungewöhnlich“ Nicole lächelte und legte einen Arm um Cassandras Schultern, „Aber nichtsdestotrotz macht es dich zur besten Besten Freundin, die ich mir hätte wünschen können.“
„Gut, dass wir uns so nahtlos ergänzen“ lachte Cassandra, einen Arm um Nicoles Hüfte geschlungen, „Wir sind wie Kopf und Herz einer einzelnen Person, auch wenn sich das erst neuerlich entwickelt hat.“
„Man wird älter, erwachsener.“
„Leider. Mir wird dieses Schloss fehlen, egal, wie sehr ich mir das Gegenteil einreden möchte.“
„Es ist einfach zu magisch, würde ich vermuten. Und sieben Jahre sind eine unglaublich lange Zeit, um an ein Gebäude anhänglich zu werden.“
„Merlin sei Dank können wir apparieren und uns wenigstens treffen. Als Muggel stelle ich mir das so viel schlimmer vor.“
„Ich weiß auch nicht, wie die das machen. Vielleicht kappen sie einfach alle Verbindung und fangen von vorne an?“
„Nicht einmal eine Weltreise könnte mich von dir lange genug fernhalten. Vergessen könnte ich schon gar keinen.“
„In der Tat. Äußerst merkwürdige Gestalten haben sich uns da angeschlossen.“
„Weshalb genau beginnt unsere beste Zeit genau zum Ende hin?“ philosophiere Cassandra, sanft mit ihren Fingern über das Grün ihrer Slytherinrobe fahrend.
„Wüsste ich auch gerne. Manchmal kommen mir all diese vergangenen Stunden wie Zeitverschwendung vor, aber dann fällt mir wieder ein, wie viel Spaß wir doch hatten. Weißt du noch, als wir so getan haben, als würden wir ins Pokalzimmer einbrechen?“
„Das war im ersten Jahr. Natürlich“ die beiden lachten, gleichzeitig in der Erinnerung schwelgend.
~*~
Die Weihnachtsferien hatten begonnen, die Schulsprecher hatten das Schloss gemeinsam mit ihren Freunden verlassen und die Überwachung des Zustands einem Fähigen Vertrauensschüler überlassen. Zu sagen, die Heimfahrt wäre angenehm gewesen, wäre eine unfaire Untertreibung- tatsächlich war dies vermutlich die beste Reise im Hogwartsexpress, die Nicole je hatte miterleben dürfen.
Die Gryffindors und Slytherins hatten es sich im Schulsprecherabteil gemütlich gemacht, welches aufgrund seiner Funktion natürlich um einiges größer war als die gewöhnlichen.
Man war allgemein in angenehmen Gespräche vertieft, eine Runde Zaubererschach wurde zwischen Charlies und Phil ausgetragen. Doch wie es immer ist, wenn man sich amüsiert, verging die Zeit für Nicoles Geschmack viel zu schnell und alsbald verabschiedete man sich auf dem Bahnsteig 9 ¾ voneinander.
Nicole sah kurz Charlie hinterher, wie er durch die Menge auf eine Gruppe von Rotschöpfen zuging, ehe sie sich nach ihrer Schwester umsah. Sie fanden einander wenige Augenblicke später an der üblichen Säule.
„Schönes Schuljahr gehabt?“ fragte Maryanne mit einem wissenden Blick.
„Kein Wort“ erwiderte Nicole mit einem Grinsen.
„Das versteht sich von selbst. Ein paar von meinen Freundinnen sind ziemlich neidisch auf dich, aber ich hab ihnen gesagt, sie sollen ihre dummen Münder halten, oder sie bekommen einen Fluch ab.“
„Es ist wieder soweit, dass ich mich frage, warum du nicht in Slytherin gelandet bist.“
„Überwiegende Intelligenz?“
„Und natürlich Bescheidenheit. Hast du unsere Familie denn schon erspäht?“
„Nein. Vielleicht apparierst du uns am besten nach Hause. So wie ich Dad kenne hat er wieder irgendeine wichtige Angelegenheit, um die er sich kümmern muss.“
Nicole seufzte, gab ihrer jüngeren Schwester jedoch Recht und bot ihr im gleichen Atemzug ihren Arm an. Mit gekonnter Leichtigkeit waren die beiden Grantham- Mädchen auch bereits verschwunden.
Auf dem Weg die gepflasterte Auffahrt hinauf (Nicole hatte die Koffer mit einem simplen Spruch zum Laufen gebracht) unterbrach Maryanne erneut die Stille.
„Du magst ihn sehr, diesen Charles Weasley?“
„Ich kann es nicht abstreiten. Er hat in dieser kurzen Zeit unserer Bekanntschaft so viele Mauern eingerissen, mich doch irgendwo weiter gebracht.“
„Wie fühlt es sich an?“
Nicole betrachtete Maryanne kurz eindringlich. Dies war das zweite Mal innerhalb wenigen Tage, dass man ihr diese Frage gestellt hatte. Der Schulsprecherin wurde plötzlich klar, wie viel die Kinder von Reinblütern und generell elitären Familien an Zuneigung vermissten, wie wenig sie Emotionen ausgesetzt waren. Trotz all der Liebe, die ihnen ihre Eltern und Großeltern zukommen ließen, schienen die beiden Schwestern doch etwas zu vermissen. War es der anerzogenen Distanz geschuldet oder einfach ein Produkt jahrelanger Disziplin in allen Lebenslagen?
„Es ist, als würden deine Probleme einfach viel kleiner werden. Die Konversation mit ihm läuft wie von selbst und Schwäche zu zeigen erscheint als valide Möglichkeit. Er bringt mich mit Kleinigkeiten zum Lächeln, seine Eigenarten fallen mir auf und beruhigen mich. Das Wissen, das ich mit jedem meiner Gedanken zu ihm gehen und dazu befragen kann, ohne mich minderwertig oder dumm zu fühlen.“
„Glaubst du, so jemand findet sich auch für mich?“
Es war eine Frage, die sich Nicole schon fot selbst gestellt hatte, über die Jahre in Hogwarts hinweg. Sie war vermutlich zwangsläufig in einer solchen Umgebung.
„Bestimmt. Vielleicht kennst du die Person ja schon, oder ihr begegnet euch erst noch. Lass dich nicht zu irgendwelchen Dummheiten überreden, nur weil du glaubst, es wäre gesellschaftlich richtig.“
„Es gibt da schon jemanden, aber bisher habe ich angenommen, er sei einfach nur eine simple Schwärmerei- basierend auf seinem unangemessenen Kleidungsstil und guten Aussehen.“
„Was auch immer der Fall ist, lass dich nicht drängen. Ihr seid beide noch äußerst jung. Lass dir Zeit, deine wahren Gefühle für ihn zu entdecken. Es kann nämlich äußerst überwältigend sein, wenn ohne Vorwarnung alles um dich zusammenbricht.“
„Du kannst immer mit mir reden, das weißt du.“
„Natürlich weiß ich das. Das gleiche gilt auch für dich. Wer ist denn der Auserwählte, wenn man fragen darf.“
„Sein Name ist Jim Frye, er ist ein Hufflepuff, auch wenn er sich manchmal eher benimmt wie ein Gryffindor.“
„Noch nie von ihm gehört.“
„Ist vielleicht auch besser so. Ich hab gehört, sein älterer Bruder sei verhaftet worden, wegen irgendwelchen illegalen Aktivitäten.“
„Der Gerüchteküche sollte man nie glauben. Vor allem nicht, wenn Mädchen involviert sind.“
Maryanne nickte zustimmend, ein Schaudern nicht unterdrückend. Nicole war sich bewusst, dass Maryanne definitiv eher zu den Einzelgängern auf Hogwarts zählte und keine solch engen Freunde wie sie selbst besaß, allerdings schien dies die jüngere immer recht wenig zu stören. Sie ließ sich nicht beirren, immer ein wenig anders als der Rest der Familie und diejenigen um sie herum. Diese innere Stärke bewunderte Nicole an ihr, auch wenn ihr schmerzlich bewusst war, was dies von Maryanne tagtäglich abverlangen musste. Zugleich wuchs Maryanne aber auch, und das nicht nur physisch, sondern psychisch. Sie hatte sich im letzten Jahr verändert und Nicole war stolz auf den Weg, den ihre Schwester einzuschlagen schien.
Nicole öffnete die Haustür und die beiden betraten die moderate Eingangshalle, das Grandeur des Dekors kaum noch wahrnehmend. Lady Grantham kam ihnen die Stufen hinab entgegen, ganz ihr majestätisches Selbst, besonders hervorgehoben durch die festliche Robe, die sie wie immer zur Weihnachtszeit trug.
Die kristallenen Eiszapfen, ein Teil der Dekoration, brachen das Licht und fügten dem Ganzen ein noch imposanteres Flair hinzu.
„Euer Vater hat es also erneut nicht geschafft?“ die hauchdünne Missbilligung in Lady Granthams Stimme war messerscharf. Es waren diese Momente, in denen man bemerkte, wie sehr sie die Entscheidung zu einer Zwangsheirat ihrer Tochter bereute.
„Er wurde vermutlich aufgehalten, seine Geschäfte verlangen ihm viel ab.“
Das war die Stimme von Mrs Grantham, die ihrer Mutter die Stufen hinab gefolgt war, nun an ihr vorbei trat und auf ihre Mädchen zueilte. Auch sie war besonders herausgeputzt, teurer Schmuck glänzte um ihren Hals und in ihren Haaren. Trotz allem umarmte sie die beiden nacheinander, ließ die Koffer auf ihre Zimmer verschwinden und machte eine ausladende Geste in Richtung des kleinen Salons. Die Reisemäntel ablegend taten sie, wie ihnen geheißen und gesellten sich zu ihrer Familie.
Lord Grantham las eine Ausgabe des Tagespropheten, während eine silberne Teekanne das dampfende Getränk auf die feinen Porzellantassen verteilte.
„Ihr hattet bisher ein angenehmes Schuljahr, nach allem, was man so hört?“ eröffnete Lady Grantham das Gespräch, ihr Mann legte die Zeitung weg.
„In der Tat, Großmutter, äußerst unterhaltsam und lehrreich.“
„Die Vorbereitungen auf eure Prüfungen laufen entsprechend?“
„Ja, Lady Grantham“ kam es unisono von beiden.
„Gut“ sie schien nicht zufrieden, ließ das Thema jedoch fallen und wandte sich stattdessen Nicole zu: „Was kann uns die Schulsprecherin mitteilen?“
„Es gibt keine außergewöhnlichen Umstände, lediglich ein erhöhtes Arbeitspensum, dass wir jedoch äußerst gut bewältigen konnten. Die Professoren haben sich zufrieden gezeigt.“
„Es ist natürlich außergewöhnlich“ widersprach Lady Grantham streng, „Dir obliegt die Aufgabe, die Schülerschaft zu maßregeln und ihnen Manieren beizubringen. Du solltest dies ernst nehmen, es ist eine gute Übung für deine eigenen Kinder.“
„Mutter“ mahnte Mrs Grantham, „Lass sie ihre sorgenfreie Zeit genießen, solange sie noch kann. Mit achtzehn sollte man nicht an Kinder denken.“
„Es war keine Aufforderung, den nächsten Mann zu ehelichen, lediglich ein Hinweis.“
„Die Zeiten haben sich geändert“ warf Lord Grantham ein, „die Frauen aus jeglichen Gesellschaftskreisen machen nun Karriere. Erneut haben wir den Muggeln etwas voraus.“
„Hast du weiter über deinen Berufswunsch nachgedacht?“ fragte Mrs Grantham an Nicole gewandt. Diese nickte: „Magisches Recht, welche Abteilung es auch sein wird, klingt nach einem ansprechenden Ziel. Zudem gibt es einige Kanzleien, die unabhängig vom Ministerium arbeiten.“
Lord Grantham nickte zufrieden, und ein wenig stolz. Er selbst hatte in seiner Zeit Jura studiert und hatte einige Male als Verteidiger und Ankläger vor dem Zaubergamot Stellung bezogen. Dieser Tage wurde er gelegentlich in eben diesen einberufen, seine Meinung trug noch immer viel Gewicht.
„Gibt es eine besondere Tendenz, die du mir empfehlen würdest, Großvater?“
„Verwaltungsrecht, so langweilig es auch klingen mag“ er blickte zu Maryanne, die mit einem schuldigen Ausdruck zurücksah, „wäre eine äußerst variable Option. Eindeutig langlebiger als Familienrecht, wo viele nach zwei Jahren aussteigen wollen.“
Nicole legte ihre Fingerkuppen aneinander: „ ‚Allen & Brigmore‘ ist doch recht renommiert, wenn ich mich recht entsinne.“
„Korrekt. Sie haben in der Vergangenheit äußerst weise Entscheidungen im Bezug auf Klientel und Argument getätigt. Sie sind nicht die besten, aber der neue Vorsitz erlaubt ihnen einen Vorteil gegenüber den anderen großen Kanzleien- sie erscheinen weniger korrumpiert.“
„‘Es gibt keinen Anwalt, der nicht korrumpiert ist‘“ zitierte Nicole mit einem Nicken. Es war etwas, was Lord Grantham zu sagen pflegte, wenn er von einer Sitzung des Zaubergamot zurückkehrte. Natürlich war „Anwalt“ mit dem Wort „Politiker“ frei austauschbar, die Aussage änderte sich nur marginal.
„Hattest du bereits dein Gespräch mit Professor Flitwick über deinen zukünftigen Beruf?“ fragte Mrs Grantham ihre jüngste Tochter.
„Ja. Er hat mir etwas in Richtung Journalismus vorgeschlagen, aber vermutlich eher in die Richtung Informationsjournalismus etc. Der Tagesprophet steht außer Frage, zu viel Boulevardpresse.“
„Was ist mit deinem Talent in Zauberkunst?“ widersprach Lady Grantham.
„Es gibt viele Aspekte, die zu diesem bestimmten Bereich dazu gehören- unter anderem ein Verständnis für das, über was man berichtet. Anstatt mich also mit der Entwicklung von neuen Zaubern und Tränken zu befassen, schreibe ich über die Produkte und präsentiere dem Leser einen qualitativ hochwertigen, objektiven Bericht. In etwa wie in ‚Verwandlung Heute‘.“
„In der Winkelgasse gibt es einen ausgzeichneten Laden für Magische Kräuter“ warf ihre Großmutter ein. Mrs Grantham wollte bereits den Mund öffnen, doch Maryanne war schneller:
„Großmutter, ich respektiere deine Zweifel, aber diese Entscheidung habe ich für mich getroffen und niemand außer mir selbst kann mich davon abbringen. Dies ist etwas, was außerordentlich attraktiv für mich klingt, nach Spaß und genug Verwendung meiner Hirnmasse. Ich möchte nicht in einem kleinen Lädchen enden, in welchem mein Verstand genauso eingeht, wie die Pflanzen um mich herum. Diese Herausforderung ist das, was ich will.“
„Junge Dame, es gilt immer noch zu bedenken, welch gesellschaftliches Prestige mit welcher Aufgabe verbunden ist und ich werde nicht zulassen, dass meine eigenen Enkel den Namen dieser Familie mit einem unangebrachten Beruf besudeln.“
„Wir reden hier von ehrlicher Arbeit, nicht von einer Karriere als erfolgloser Sänger oder Prostituierte“ Maryanne saß nun auf der Sitzkante des Polstersessels, kurz davor, auf zu stehen, „Daher sehe ich nicht, wie das unserem Namen schaden sollte.“
„Dir sind die Ausmaße einer solchen Entscheidung nicht bewusst. Weder du, noch deine Schwester, zirkuliert in den selben Kreisen, wie ich- in Kreisen, wo es in der Tat äußerst schädlich ist.“
„Wir bewegen uns lediglich in anderen Kreisen, deren Durchschnittsalter die 60 noch nicht überschritten hat. Nicole ist eng mit den bekanntesten Familien unserer Generation befreundet und sie benimmt sich nicht halb so arrogant in ihrer Annahme. Wir jüngere sind uns bewusst, dass wir nicht einfach herumsitzen und unser Geld zählen dürfen, wenn wir etwas erreichen wollen. Und wir wollen arbeiten, anstatt alle zwei Tage eine Party veranstalten zu müssen, weil wir uns zu Tode langweilen. Es ist ein anderes Klima- deshalb arbeiten auch immer mehr Frauen auf eine höherstehende Position zu, weil sie es wollen.“
„Maryanne Grantham“ Lady Grantham hatte sich erhoben, die Stimme eindringlicher als zuvor. Es war ein Beweis für Maryannes Stärke und Selbstkontrolle, dass sie ihre sonst so steife Großmutter in ihrem eigenen Spiel geschlagen hatte und nicht zuerst aufgesprungen war.
Mit einer eleganten Bewegung erhob sich die angesprochene, die Arme weder verschränkend noch eine irgendwie sonst abwehrende Haltung einnehmend.
„Lady Grantham.“
„Wie kannst du es wagen, mir derart zu widersprechen und meine Integrität zu beleidigen? Dir steht ein Urteil über die Gesellschaft nicht zu.“
„Ich bin Teil der Gesellschaft und ich habe lediglich deine Ansichten kritisiert, nicht deine Person“ die Ravenclaw in Maryanne kam zum Vorschein, immer logisch argumentierend, niemals ohne gut durchdachte Begründung, „Wenn du dies also als Beleidigung auffasst, bin ich nicht Schuld daran. Vielmehr hast du meine Aussage mit deiner Umgebung assoziiert und daher so interpretiert.“
„Du solltest jetzt auf dein Zimmer gehen“ warnte Lady Grantham, doch in dem Moment trat der Vater der beiden Mädchen ein, ein wenig durch den Wind, aber dennoch glücklich.
Er erstarrte, als sein Blick auf die Szene vor ihm fiel: „Guten Abend, alle zusammen.“
Lord Grantham nutzte den Moment, um seine Frau zum Sitzen zu bewegen. Diese tat mit einem Grummeln, wie ihr geheißen.
Maryanne begrüßte unterdessen ihren Vater mit einer herzlichen Umarmung. Es dauerte eine Sekunde, bis auch Nicole aufgestanden war, um es ihr gleich zu tun.
„Schön, dass ihr wieder hier seid. Es ist immer schrecklich ruhig, wenn ihr nicht da seid.“
„Es ist gut, hier zu sein. Was hat dich aufgehalten?“
„Ein paar interne Konflikte, die aber jetzt endlich bewältigt sein sollten.“
Der Rest des Nachmittags wurde in angenehmer Unterhaltung verbracht, auch Lady Grantham ließ sich wieder zu weniger schnippischen Kommentaren herab.
„Francis hat mich übrigens zu der Feier seiner Familie eingeladen“ warf Nicole beim Abendessen ein, als es passend erschien.
Mr Grantham nickte, sein Weinglas abstellend: „Mir haben sie ebenfalls eine Einladung zukommen lassen, einschließlich meiner wunderhübschen Frau natürlich.“
„Du kannst bestimmt auch mit“ meinte Nicole an Maryanne, deren Gesichtsausdruck zuvor zwischen Enttäuschung und falschem Stolz mäandert hatte.
„Wenn es mir erlaubt ist?“ das Mädchen sah zu ihren Eltern, die beide nur nickten.
„Es wird wie ein kleiner Familienausflug“ meinte Mrs Grantham mit einem Lächeln, „Sind eure Roben denn noch in gutem Zustand?“
„Meine schon, aber wir gehen gerne mit der Einkaufen“ sagte Nicole, „Du brauchst doch mit Sicherheit eine.“
„Du hast mich durchschaut. Morgen gehen wir kurz in die Winkelgasse. Und dir bringe ich ein neues Hemd für deinen Festumhang, Schatz.“
~*~
Nicole drehte die letzte Strähne ihres Haares um die Spitze ihres Zauberstabs und fixierte sie mit eben diesem an der Formation aus Strähnen an ihrem Hinterkopf. Der familiäre Schmuck, der ihr in ihrer momentanen Position zustand, war platziert und harmonierte mit dem blau ihres Festumhangs.
Maryanne öffnete nach einem Klopfen die Tür, die ausgeliehene Schachtel zurückbringend. An je einem Finger der Mädchen schimmerte einer der Familienringe. In ihrem momentanen Aufzug war eindeutig zu erkennen, welche der Töchter die Schönheit der Mutter geerbt hatte. Maryanne hatte die gleichen Karamell-farbenen Augen, die gleichen vollen Lippen und die Eleganz der Wangenknochen.
„Sollen wir los?“
„Ich muss nur noch eben meine Schuhe anziehen. Nimm schonmal unsere Mäntel“ Nicole deutet mit einem schlanken Finger auf ihren eigenen hellgrauen Mantel, während ihre Schuhe auf sie zugetrippelt kamen.
Maryanne erwartete sie vor der Tür, trotz Absätze noch immer ein gutes Stücke kleiner als Nicole, und Arm in Arm schritten sie die Stufen hinab, wo der Rest der Familie auf sie wartete. Mr Grantham half seiner Frau gerade in ihren eigenen Fellmantel, als die Mädchen dazu traten.
„Ah, toll seht ihr aus“ sagte Mrs Grantham, ihre Satinhandschuhe überstreifend.
Sie apparierten nach einer kurzen Verabschiedung zum Anwesen der Fawleys. Die Dienerschaft hatte den Schnee von der vorderen Terrasse entfernt und ein verzauberter Teppich führte nun die wenigen Stufen zur großen Eingangstür hinauf.
Mr und Mrs Fawley begrüßten die Familie Grantham äußerst herzlich und sofort nach dem Eintreten wurden ihnen die Mäntel abgenommen.
„Guten Abend, meine Hübschen“ grüßte auch schon Francis, sich einen Weg durch die Menge auf die Töchter zu bahnend. Ihre Eltern waren bereits auf der Suche nach Bekannten.
„Schön dich zu sehen, Francis“ meinte auch Nicole und sie umarmten sich kurz, „Hast du schon jemanden gesehen?“
„Die Averys sind schon hier und Cassandra ist als eine von den ersten aufgeschlagen. Mutter war hellauf begeistert.“
„Sie weiß, was sie tut.“
„In der Tat“ er bot ihnen je einen Arm an, „Ich bring euch an unseren Tisch. Wie wäre es danach mit einem Drink?“
„Gute Idee. Wie lange denkst du, müssen wir in der Öffentlichkeit aushalten?“
„Ich hätte geschätzt zwei Stunden. Danach fängt so langsam das Besäufnis an, also sollte es niemandem auffallen.“
„Auch deinen Eltern nicht?“
„Es sind zu viele Leute hier, die sich mit ihnen unterhalten wollen, als dass sie auf mich aufpassen können.“
Nicole erspähte Cassandra, die in ihrem Rosé- farbenen Festumhang aus der Menge aus Weiß, Schwarz und Blau herausstach.
„Sie hat sich mal wieder ausgezeichnet vorbereitet. In der letzten Stunde hat sie schon vier neue Verbindungen geknüpft“ erläuterte Francis mit einem Lächeln, sich durch seine Haare fahrend.
„Alle männlich, so wie es aussieht.“
„So viel Champagner kann eine Person gar nicht trinken.“
„Sie hat vermutlich einen Zaubertrank dabei, der sie nüchtern hält.“
Cassandra drehte sich zu den Neuankömmlingen, die Perlenketten und der Federschmuck in ihrem Haar funkelte mit dem Kristall des Kronleuchters um die Wette. Mit einer herzlichen Umarmung begrüßten die Mädchen einander.
„Du siehst hervorragend aus. Klassik pur“ meinte die Crawley anerkennend.
„Dasselbe könnte man von dir behaupten. Bist du in die 20er zurückgereist, um die Sachen zu bekommen?“
„Fast. Francis hier war jedoch nicht begeistert, muss ich dir sagen.“
„Es ist nur nicht sonderlich winterlich“ verteidigte der Angesprochene verlegen, „Aber es hat seinen Effekt nicht verfehlt.“
„Das muss ich erst noch erfahren“ meinte Cassandra mit einem Mona-Lisa Lächeln, erneut einen Schluck Champagner nehmend.
Phil trat in diesem Moment zu der Truppe, warf einen Blick auf Nicole und nach einem kurzen, anerkennenden Lächeln verbeugte er sich vor ihr. Aus seinem Ärmel setzte sich eine verzauberte Blume zusammen, welche er Nicole überreichte.
„Vielen Dank, Phil“ Nicole nickte sanft, die Blüte mit einem dankbaren Lächeln annehmend. Sie beugte sich vor und gab ihrem Freund einen Kuss auf die Wange, ehe sie das silberne Gebilde mit einem schlichten Spruch in ihren Haaren befestigte, wo es den ganzen Abend aushalten würde.
Francis sah verlegen drein: „Wenn es hilft, würde ich dir den ersten Tanz des Abends anbieten.“
„Du musst dich nicht schuldig fühlen, aber das würde mich sehr freuen.“
„Hast du von Charlie gehört?“ fragte Phil, sich neben Cassandra nieder lassend.
„Ich habe ihm eine kleine Notiz zu Weihnachten geschrieben, aber bisher gab es noch keine Antwort. Mit all den Geschwistern hat er vermutlich alle Hände voll zu tun“ Nicole versuchte, ihre Enttäuschung nicht allzu offen zu zeigen.
„Vergessen hat er dich sicherlich nicht“ beruhigte Cassandra.
„Das ist auch nicht meine Befürchtung. Ich hoffe nur nicht, dass er sich vollkommen zurückzieht.“
Mit einem verständigen Nicken war dieser Teil der Konversation abgeschlossen und man wandte sich den anderen Gästen zu, von denen einige die jungen Menschen erkannten und umgekehrt. Der gesellschaftliche Kreis war zwar groß, aber trotzdem kannte man sich.
„Sind das die Malfoys?“ fragte Phil in Richtung Francis, als ein paar Tische weiter in der Tat Narzissa und Lucius Platz nahmen.
Die fünf, gerade auf dem Rückweg von einer Unterhaltung mit James und seinen Eltern, machten einen Bogen für den Tisch der beiden, Grüße ausrichtend und Small-Talk machend. Cassandra war, wenig überraschend, die Hauptakteurin des Gesprächs.
Der Abend war gefüllt mit einer angenehm dahinplätschernden Unterhaltung zwischen den vier Slytherins und Maryanne, einigen Tänzen und dem ausgezeichneten Dinner. Das Highlight für Nicole war der Tanz von Francis und Cassandra, die wie ein eingespieltes Team zwischen den anderen Paaren ihren Weg suchten.
„Ob sie Zukunft haben?“ fragte Maryanne und Phil nickte vehement.
„Die beiden ergänzen sich sehr gut, auch wenn es nicht immer so aussieht. Aber man muss der Sache viel Zeit geben.“
„Sag mal“ meinte Nicole nachdenklich, „Sagt der Name Frye dir etwas? Ich habe gehört, da sollen irgendwelchen illegalen Sachen laufen.“
„Natürlich habe ich von denen gehört. Es sind Muggelgeborene, aus einer sehr armen Familie- die Eltern scheinen irgendwie in Drogen verwickelt zu sein und trotz Hogwarts hat das die beiden Söhne mitgerissen. Der ältere, Danny, hat letztes Jahr seine UTZ- Prüfungen gemacht. Jim hingegen ist gerade in der fünften. Eine finstere Gestalt und nicht ganz ungefährlich.“
„Ob man den beiden wohl helfen kann?“
„Wie willst du das anstellen?“ fragte Maryanne geschockt.
„Ich werde zuerst mit Jim reden, wenn wir zurück im Schloss sind. Als Schulsprecherin ist es meine Aufgabe, auf die anderen Schüler aufzupassen. Mir wird schon etwas einfallen, wie wir auch Danny aus dem Schlamassel herausholen können.“
„Die beiden bräuchten ein neues Zuhause, weit weg von den anderen. Kennst die die Ergebnisse von Dannys UTZ?“
„Da musst du Cassandra fragen, das müsste in ihren Portfolios irgendwo auftauchen.“
Nicole nickte und ihr Blick traf den von ihrer Schwester. Sie konnte die Dankbarkeit und Freude darin erkennen.
„Wenn du noch von solchen Familien erfährst, Phil, lässt du mir bitte die Namen zukommen?“
„Selbstverständlich. Ist das jetzt deine neue Agenda?“
„Zumindest vorerst. Dass die Lehrer noch nicht ein Programm entwickelt haben.“
„Dafür haben sie ja euch“ lachte Maryanne, „Damit irgendjemand die Fehler im System ausbügelt, anstatt sich selbst damit zu belasten. Trotzdem gibt es keine Schule, auf die ich lieber gehen würde.“
Phil griff den Pokal mit Kürbissaft, die Mädchen taten es ihm gleich.
„Auf Hogwarts“ sagte Phil feierlich und mit einem leichten Klinken stießen die drei auf das alte Schloss an, während durch die hohen Fenster Licht hereinfiel und der Schnee noch immer auf die Ländereien herniedertanzte.
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