Das nächste große Abenteuer - Eine andere Welt
von philippii.
Viele die Leben verdienen den Tod und manche die sterben verdienen das Leben. Kannst du es ihnen geben? Dann sei auch nicht so rasch mit einem Todesurteil bei der Hand! Denn selbst die ganz Weisen können nicht alle Absichten erkennen.
Gandalf zu Frodo über Gollum; 13. April 3018 des D.Z. (Ausschnitt aus dem Herr der Ringe; deutsche Sonderausgabe 2008, 1. Buch, S. 80)
Erstes Kapitel
Eine andere Welt
„Harry Potter“, sagte er sehr leise. Seine Stimme hätte ein Teil des zischenden Feuers sein können. „Der Junge der lebte.“
Keiner der Todesser bewegte sich. Sie warteten. Alles wartete. Hagrid versuchte sich zu befreien, und Bellatrix keuchte auf, und Harry dachte unbegreiflicherweise an Ginny, an ihren lodernden Blick und dem Gefühl ihrer Lippen auf den seinen…
Voldemort hob seinen Zauberstab. Sein Kopf war noch immer leicht zur Seite gebeugt, wie bei einem neugierigen Kind das sich fragt, was passieren wird, wenn es das Vorhaben in die Tat umsetzt. Harry blickte zurück in die roten Augen und wollte dass es jetzt geschah, schnell, während er noch stehen konnte. Bevor er die Kontrolle verlor. Bevor er sich von seiner Angst übermannen ließ.
Er sah wie der Mund sich bewegte, ein grüner Lichtstrahl und alles war fort.
(Eigenübersetzung von `Harry Potter and the Deathly Hallows', british special edition, p. 564)
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Alles war schwarz. Kein Lichtstrahl war zu sehen. Die Finsternis umgab ihn und ließ ihn nicht los. Es war als schwebte er frei im Raum. Er fühlte nur seinen eigenen Körper. Er wusste nicht wo oben und wo unten war, wo links und wo rechts. Es war nicht kalt, nicht warm, die Temperatur war unfühlbar. Aber es war nicht unangenehm. Die Stille wurde nur durch seinen eigenen Atem durchbrochen. Das regelmäßige Ein und Aus wurde aber nicht von außen an seine Ohren gebracht, sondern von innerhalb seines Körpers. Von außen nahm er nicht den kleinsten Reiz wahr. Kein Luftzug, kein Geräusch. Nichts. Nur er war da. Allein.
Ohne Raum hatte er auch kein Zeitgefühl und so wusste er nicht ob er schon hundertmillionen Jahre da war oder erst wenige Minuten. Es kam ihm auf jeden Fall nicht lange vor. Aber auch nicht kurz. Es war wahrscheinlich genau der richtige Moment, an dem er in der Ferne Licht erblickte. Anfangs nur ein kleiner Funke, der sich vermehrte und während er näher kam größer wurde. Erst da merkte er, dass er seine Augen geöffnet hatte. Oder hatte er sie offen? Er konnte es nicht sagen.
Doch mit dem Licht kam auch Musik. Sanfte Melodien, übernatürlicher Schönheit. Sie schienen Gesungen zu sein und doch klang es, als wären sie von Instrumenten gespielt. Harfen, Geigen, Posaunen…
Umso näher das alles kam umso mehr wurde ihm auch seine Umgebung bewusst. Er stand in einer großen Halle aus Materialien, wie er sie noch nie gesehen hatte, doch er spürte weder den Boden auf dem er stand, noch das Gewand an seinem Körper. Es war als wäre er nicht hier.
Er war von singenden Gestalten umgeben, doch er konnte keine Körper erkennen. Sie waren da, und doch waren sie es nicht. Wie er.
Die Musik wandelte sich, als langsam ein neues Thema entstand, ein Missklang, der die Sänger verwirrte. Einige stimmten mit ein, andere hörten auf, doch die meisten versuchten ihren Gesang weiterzuführen, als wäre nichts geschehen. Der neu entstandene Missgesang wurde lauter und versuchte um die Herrschaft zu kämpfen, stieß aber auf Widerstand, als ein drittes Thema ertönte, das sich leicht an das erste anpasste. Der Missklang bäumte sich ein weiteres Mal auf, brachte Wellen zum toben und Berge zu fall. Mehr und mehr der Sänger hörten voller Furcht vor den schrägen Tönen auf zu singen und so gewann das zweite Thema wieder die Oberhand. Noch einmal wurde es von einer neuen, diesmal sanften und leisen, jedoch unübertönbaren Melodie zurückgeschlagen.
So war es schließlich, dass zwei vollkommen verschiedene Lieder in der Halle erklangen. Das eine voller Geduld und Schönheit, das andere schrill und leer. Mit einem letzten Akkord, der höher und zugleich tiefer als alles bisher Gesungene war, verstummten beide und Stille kehrte abermals ein.
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Plötzlich spürte Harry wieder seine Umgebung. Er lag auf seinem Bauch mit dem Gesicht seitwärts. Die Augen hatte er geschlossen. Sein Zauberstab drückte ihm unangenehm in die Rippen. Ein leichter Wind und das rascheln von Blättern war zu hören. Die Luft war stickig und kühl. Langsam öffnete er seine Augen. Nur wenig Licht nahm ihn in Empfang und doch musste er sofort wegen der Helligkeit blinzeln. Es war als hätte er sie seit Ewigkeiten nicht mehr benutzt. Alles war verschwommen, doch er erkannte, dass er wieder im Wald war. Er hörte aber keinen der Todesser sprechen und auch sonst keine Bewegungen, die auf `Gesellschaft' hindeuteten. Auch seine Narbe, die, bevor er mit dem Todesfluch getroffen worden war, durchgehend geschmerzt hatte, plagte ihn nicht. Nicht einmal das kleinste Prickeln war zu spüren.
Vorsichtig setzte sich Harry auf und schaute sich um. Alles war braun und nur an wenigen Stellen waren grüne Flecken zu sehen. Wahrscheinlich Moos. Er blickte hinauf in das Blätterdach, konnte aber auch dort nicht mehr erkennen. Er tastete um sich, fand aber seine Brille nicht. Nach kurzer Zeit gab er auf, zog seinen Zauberstab und dachte `Accio Brille'. Sofort kam sie auf ihn zugesurrt und stieß ihn in die Brust. Er setzte sie auf und konnte wieder klar sehen.
Er war tatsächlich in einem Wald, doch er schien älter zu sein als der Verbotene. Die Stämme waren dicker und knorriger und die Baumkronen ließen kaum Licht bis zum Boden durch. Harry hatte das eigenartige Gefühl, als wären die Bäume auch lebendiger, als würde der leichte Luftzug ihr Flüstern tragen und ihre Unterhaltung durch die Zahllosigkeit ihrer Äste geleiten. Aber auch die Luft schien stärker von Magie geladen zu sein. Früher hatte er sie nur selten spüren können, doch nun umgab ihn ein unverkennbares vertrautes Gefühl, dass ihm früher, immer dann wenn er einen Zauber gewirkt hatte, durch den Körper geschossen war.
Wo war er? War das der Ort, an dem man nach dem Tod kam? Harry hatte ihn sich anders vorgestellt. Heller, vielleicht mit Blumenwiesen, vereinzelten Bäumen und einem Haus, in dem seine Familie auf ihn wartete. Aber keinen dunklen und uneinladenden Wald.
Erst jetzt merkte er, dass er auf einem wenig begangenen Weg lag. Sollte er warten, bis jemand kam? Sollte er weitergehen und hoffen, jemanden zu finden? War es hier überhaupt sicher? Noch nie hatte er sich wirkliche Gedanken gemacht, wie es nach dem Tod aussah. Wenn alle in die gleiche Nachwelt kamen, sollte es dann nicht auch hier wieder Kriege und Scherereien geben? Woher sollte er wissen, dass er jemandem vertrauen konnte. Nur eines stand fest: Harry Potter war Tod. Die Prophezeiung war erfüllt worden. Er konnte nur hoffen, dass seine Freunde es schafften Voldemort zu besiegen.
Schließlich entschied sich Harry erst einmal zu rasten. Er war Todmüde. Sie waren am gestrigen Morgen früh aufgestanden, um in Gringotts einzubrechen und dann hatten sie die ganze Nacht gekämpft. Er verdiente sich etwas Ruhe. Nachdem er die üblichen Schutzzauber um sich gelegt hatte, legte er sich zwischen die Wurzeln eines Baumes und versuchte es sich gemütlich zu machen. Ohne viel Erfolg. Der harte Waldboden und die kühle Luft taten nicht besonders viel für seinen Komfort. Fest rollte er sich in seine dünne Jacke und schlief schließlich, aufgrund seiner Erschöpfung, nach einer nicht allzu langen Ewigkeit ein.
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Als Harry wieder aufwachte, war es stockdunkel. Er konnte nicht einmal die Hand vor Augen sehen. Nur mehrere Paare von kleinen Lichtpunkten durchbrachen die Finsternis. Es schien als wären sie alle auf ihn gerichtet, doch kein Tier sollte ihn sehen können. Nur riechen.
Nachdem er seine Augen abgetastet hatte, um zu sehen ob seine Brille noch da war, stand er auf und streckte sich. Sein Rücken schmerzte und seine Glieder waren steif. Es war kälter geworden, weshalb er seine halb abgefrorenen Finger nur mit Mühe bewegen konnte. Eine Zauberstabbewegung später erschien eine rauchlose blaue Flamme auf dem Waldboden, vor die er sich kniete und seine Hände danach ausstreckte. Warum hatte er nie irgendwelche Wärmezauber gelernt. Sie wären schon oft nützlich gewesen. Und vor allem jetzt, wo er nicht einmal mehr ein Zelt hatte, würden sie helfen.
Doch hatte er Wichtigeres zu tun, als darüber nachzudenken, was toll wäre, wenn er es hätte oder könnte. Er wusste noch immer nicht wo genau er war. Ein Wald im Totenreich. Ein Weg. Zwei Richtungen in die er gehen konnte. Er wusste nicht wohin er kommen würde, wenn er dem Verlauf des Weges folgte, doch er konnte nicht einfach bleiben und warten.
Plötzlich brummte sein Magen und mit einem Schlag merkte Harry wie hungrig er war. Doch woher konnte er etwas zu Essen bekommen? Er hatte nichts bei sich, außer einem kaputten Zwei-Weg-Spiegel, der unmöglich noch funktionieren würde, einen alten Schnatz, seinen Tarnumhang, die Karte der Rumtreiber und einen kaputten-, sowie heilen Zauberstab.
Während der Horkruxjagd hatten sie meistens ihr Essen gestohlen oder gekauft. Nur manchmal hatten sie Fische gefangen. Doch hier gab es nichts. Und gejagt hatte er noch nie. Apropos Fische fangen… Er erinnerte sich, als sie einmal Dean, Ted und drei Kobolde auf ihrer Reise gesehen und belauscht hatten. Sie hatten eine etwas unkonventionellere Art zu fischen. Konnte es auch mit Säugetieren funktionieren?
Wieder hob er seinen Zauberstab sagte laut: „Accio Kaninchen“ und wartete. Nur wenige Sekunden später, kam ein Fellknäuel auf ihn zugeflogen, dass er geschickt auffing und nachdem es zu zappeln begann mit einer Ganzkörperklammer belegte. Das Auftauchen des Kaninchens, hatte auch all die Augen aufgerührt. Flattern war zu hören und wurden vom dichten Wald verschluckt, bis sich die verwirrten Tiere wieder beruhigt hatten.
Mit noch immer erhobenen Zauberstab und einem Schneidefluch auf den Lippen, schaute Harry auf das wehrlose Tier hinab. Er spürte die Wärme, die das Tier ausstrahlte, seinen rasenden Herzschlag. Mit einem panischen Ausdruck in den Augen schaute es ihn an. Er hatte schon so viele Tiere gegessen und wusste, dass es keinen Unterschied machen sollte, doch konnte er eines töten? Er hatte noch nie bewusst das Leben eines Tieres, größer als ein Insekt, genommen ohne dass es eine unmittelbare Gefahr darstellte. Er hatte einen Basilisken getötet und sollte jetzt an einem Kaninchen scheitern? Es war nicht dasselbe. Aber er brauchte das Fleisch.
Im nächsten Moment fiel ein pelziger Kopf mit langen Ohren zu Boden. Das Blut strömte aus dem leblosen Leib und bedeckte den Waldboden und Harrys Gewand. Ihm wurde fast schlecht. Doch er durfte jetzt nicht darüber nachdenken. Mit dem `Diffindo-Zauber' zog er ihm mit Mühe das Fell ab und nahm die Innereien aus. Er brauchte lange dafür. Noch nie hatte er ein ganzes Tier zerlegen müssen und ohne Messer war es nicht die leichteste Aufgabe, die er je gehabt hatte. Schließlich hängte er das essbare Fleisch über das Feuer ließ Fell, Kopf und Innereien verschwinden und säuberte sich von dem vielem Blut. Der Geruch, den die Arbeit hinterlassen hatte, hing ihm noch in der Nase als das Kaninchen gar war, und ließ die Übelkeit nicht verschwinden. Doch das vertrieb seinen Hunger nicht. Also biss er zögerlich in das Fleisch hinein. Nur drei Dinge konnte man darüber sagen. Es war trocken und schmeckte nach nichts. Aber es füllte.
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Harry wusste nicht wie viel Zeit vergangen war, doch irgendwann war es wieder heller geworden und er hatte sich auf den Weg in die Ungewissheit gemacht. Anfangs hatte er sich seinen Tarnumhang übergeworfen, doch schon nach wenigen Minuten, in denen er dreimal fast auf dem unwegsamen Gelände gestolpert wäre, hatte er ihn wieder in seiner Hosentasche verstaut und war seitdem sichtbar, und damit auch verwundbarer unterwegs.
Es war auch wie schon am Vortag düster und still. Der Wald wollte kein Ende nehmen und schien überall gleich auszusehen. Es gab keine Lichtungen, keine Bäche. Nicht einmal eine offene Stelle im Blätterdach, die etwas mehr Sonnenlicht durchlassen würde. Der Waldboden war erdig, die Stämme der Bäume teilweise mit Moos übersät. Vereinzelt wuchsen Pilze am Wegesrand. Doch kein Tier ließ sich blicken. Nur manchmal hörte man das Flattern eines Vogels oder ein rascheln im Unterholz.
Nachdem er mehrere Stunden mit nur wenigen Pausen gegangen war, und er noch immer kein Ende des Weges erblickt hatte, setzte er sich wieder an einen Baum und packte das restliche Fleisch des gebratenen Kaninchens aus. Während er aß, hörte er plötzlich eine nicht sehr weit entfernte Stimme aus dem Schatten des Waldes erklingen.
„Maus, Maus, Maus
lecker süße Maus
Noch zitterst du voller Furcht
doch gleich bist du Toood“
Sie war hoch und sagte ihr Gedicht mit einer leichten Melodie auf.
„Maus, Maus, Maus
so schmackhaft und so saftig warm
Nimm einen letzten Atemzug
und jetzt bist du Toood!“
Ein leises quicken, ein Würgegeräusch und Stille kehrte wieder ein.
„Hallo?“, rief Harry in die Dunkelheit hinaus. „Ist da jemand?“
„Wer stört die kleine Wutzinitz
bei ihrem Mittagshäppchen?“, erklang die Stimme wieder. Und im nächsten Moment glitt eine fünf Fuß (zwei Meter) lange Schlange hinter einem Baum hervor. „Ahh“, zischte sie sofort, als sie Harry erblickte und begann wieder davonzuschlittern. „Ein Zweibeiner! Wer wollte den kleinen Wutzinitz in den Tod führen. Muss aufpassen. Nicht einmal den Schlangen kann man mehr trauen.“
„Warte!“, rief Harry ihr nach, als gerade ihre Schwanzspitze aus seiner Sicht zu verschwinden drohte. Ihr Kopf erschien wieder. „Ich werde dir nichts tun“, sprach Harry in ruhiger Stimme weiter. Misstrauisch kam sie noch etwas näher.
„Ein Zweibeiner, der sprechen kann. Maus muss schlecht gewesen sein. Zweibeiner können nicht sprechen. Nicht einmal schöne Zweibeiner, die Baum heilen.“ Sie hob ihren Kopf und schaute ihm in die Augen, doch ihr Körper blieb angespannt, als würde sie erwarten, im nächsten Moment von einem Messer aufgespießt zu werden.
„Manche Zweibeiner können sprechen.“ Er ging in die Knie und sie zuckte gleich wieder etwas zurück. „Ich werde dir nichts tun.“
„Was sollte hässlicher sprechender Zweibeiner sonst wollen?“, fragte die Schlange. „Immer wenn hässliche Zweibeiner in den Wald kommen, essen sie Hasen, Vögel und arme Schlangen… Ich sollte abhauen, er wird mich fressen.“ Setzte sie murmelnd an sich selbst gerichtet hinzu. Doch sie bewegte sich nicht von der Stelle.
„Ich brauche deine Hilfe. Ich weiß nicht wo ich bin. Ich bin gestern auf diesem Weg aufgewacht und weiß nicht wohin ich muss.“ Er war froh jemanden gefunden zu haben, mit dem er sprechen konnte. Noch dazu eine Schlange. Von ihr ging keine Gefahr aus. Und vielleicht wusste sie ja etwas mehr über diesen Ort.
„Hässlicher Zweibeiner kann nicht nur sprechen, sondern hat sich auch verirrt. Wohin will er denn?“
„Du sprichst die ganze Zeit von hässlichen Zweibeinern, was meinst du überhaupt damit?“ Die Frage war im schon auf der Zunge gelegen, als er den Ausdruck das erste Mal gehört hatte. Noch nie hatte eine Schlange so geredet, wie diese. Sie erinnerte ihn irgendwie an Dobby. Normalerweise waren sie viel direkter, wenn auch manchmal etwas primitiv. Aber wie ein Hauself?
„Es gibt schöne, und hässliche Zweibeiner und es soll auch noch kleine und übel riechende noch hässlichere Zweibeiner geben, die beide Wald und schöne Zweibeiner hassen. Aber Wutzinitz hat noch nie einen der beiden getroffen.“ Harry runzelte die Stirn und wischte sich mit der rechten Hand über das Gesicht. Einige Sekunden sagte er nichts. Warum musste alles immer so kompliziert sein? Nun gut. Wieder zurück zum Thema.
„Gut, ahm…“, sagte er schließlich. „Ich suche meine Eltern und Freunde und habe keine Ahnung wohin ich gehen muss.“ Erwartungsvoll blickte er sein gegenüber an, doch sie starrte nur zurück als hätte er den Verstand verloren. (Soweit er die Mimiken von Schlangen lesen konnte.) Schließlich brach sie den Blickkontakt und fragte in einer Stimme, die sie normalerweise für frisch geschlüpfte Jungschlangen reserviert hatte.
„Wo wohnen deine Eltern?“
„Ich weiß nicht“, antwortete Harry ernst. „Sie sind schon vor langer Zeit gestorben. Deswegen fragte ich jemanden der schon länger hier ist.“ Wutzinitz schien noch deprimierter zu sein als bei seiner letzten Frage. Kurz glaubte Harry, sie würde ihn alleine lassen. Doch dann sprach sie wieder, mit kontrolliert ruhiger Stimme:
„Wenn deine Eltern Tod sind, dann wirst du sie hier NICHT finden. Tote hässliche Zweibeiner leben nämlich nicht unter den Lebenden.“
„Aber ich bin doch tot! Wie soll ich sonst hierher gekommen sein?“, zischte er aggressiv. Das Gespräch drehte sich im Kreis und Harry war sich nicht sicher, ob er noch eine brauchbare Auskunft bekommen würde, oder ob er gleich aufgeben und weitergehen sollte.
„Wenn du tot wärst, wärst du nicht hier“, stellte die Schlange fest und bekam nur einen verwirrten und etwas genervten Gesichtsausdruck zur Antwort.
„Was ist mit dem da?“, fragte sie weiter und nickte mit ihrem Kopf in Richtung der Kaninchenknochen. „Wärst du tot, wäre das auch tot und du hättest es nicht totmachen können. Im Namen aller Valar! Wärst du tot, hättest du nicht einmal einen Körper, sondern würdest jetzt irgendwo in der Leere herumschweben!“ Er verstand gar nichts mehr. Er war vom Todesfluch getroffen worden, dann WAR er in etwas das man Leere nennen könnte herumgeschwebt, hatte aber einen Körper. Und jetzt war er wieder auf der Erde, oder war es die Erde?, und lebte.
„Ich bin nicht tot?“, fragte er schließlich etwas rau. Wieso war er nicht tot? Das war vollkommen unlogisch.
„Blitzgneißer“, war die Antwort die er bekam.
„Aber wo bin ich dann?“ Es machte ihn müde. Er sollte Tod sein. Er hatte, um die Wahrheit zu sagen, ein größtenteils beschissenes Leben gehabt und jetzt war er, nachdem er zum zweiten Mal vom Todesfluch getroffen worden war, nicht einmal gestorben. Aber er war auch nicht im verbotenen Wald sondern irgendwo anders, wo Schlangen nicht einmal das Wort `Mensch' kannten. Geschlagen setzte er sich nun vollends nieder, streckte die Füße von sich und ließ seinen Kopf hängen. Wutzinitz kam noch etwas näher und wartete eine kurze Weile, bis sie antwortete:
„Du bist im großen dunklen Wald auf dem Weg der schönen Zweibeiner. Da lang“, sie nickte in die Richtung aus der er gekommen war: „geht es zu ihrer Höhle. Dort lang geht es zu den großen Bergen.“ Harry hörte nur mit halbem Ohr zu. Zu sehr war er in Gedanken versunken. Kurz wünschte er sich, er wäre wieder im Schrank unter der Treppe, doch er verwarf diesen Gedanken sofort. Alles war besser als ein weiterer Tag bei den Dursleys ohne das Wissen von Zauberei.
„Ich bin nicht tot“, flüsterte er noch ein weiteres Mal, der Unterton seiner Stimme hatte sich von Zweifel, über Ungläubigkeit jetzt zu einer Art der Hinnahme gewandelt. „Nicht tot.“ Er würde sich damit abfinden müssen. Dann sah er wieder auf. „Danke Wutzinitz. Ich werde mich wohl wieder auf den Weg machen müssen und selber herausfinden was geschehen ist.“ Er sagte es freundlich, jedoch leicht traurig und gebrochen. Er erhob sich wieder aus seiner knienden Position und machte sich, nachdem er noch einen letzten Schluck Wasser aus der Spitze seines Zauberstabes getrunken hatte, ein weiteres Mal auf den Weg. Erst drei Schritte war er gegangen, als ihm die Schlange nachrief.
„Warte!“ Er drehte sich um und sah, gerade noch, wie sie vor ihm wieder zum Halt kam. „Ich half dir, du hilfst mir!“
„Womit brauchst du denn Hilfe?“
„Ich komme mit dir. Du beschützt mich vor bösen Vögeln und hässlichen Zweibeinern, die nicht sprechen können“, sagte sie. Es schien weniger eine Bitte zu sein, als eine Verkündigung.
„Meinetwegen“, antwortete Harry und streckte seine Hand nach ihr aus. Kurz zuckte sie zurück, bewegte sich aber dann zögerlich darauf zu und seinen Arm hinauf, bis sie um seinen Hals geschlungen war.
„Weißt, du, hier hat man nicht oft jemanden zu reden. Wald ist viel zu gefährlich!“, begann sie, als er seinen Weg fortsetzte. „Man muss leise sein, außer man will Vogelfutter sein. Aber das wollen die wenigsten…“
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Samstag, 01.07.
Freitag, 02.06.
Mittwoch, 24.05.
Am schwierigsten fand ich, das Tauchen technisch zu bewältigen und dabei auch noch zu spielen. Ich durfte nie vergessen, dass Harry Kiemen hat, also gar nicht atmet. Also hatte ich sorgsam darauf zu achten, dass ich keine Luftblasen ausatmete. Um mich herum konnte ich überhaupt nichts erkennen, ich hörte nur Jamies völlig unwirkliche Stimme. Ein absolut bizarres Erlebnis, aber ich fand es echt toll.
Daniel Radcliffe über Unterwasser-Dreharbeiten