von SynthiaSeverin
Mit schuldbewusster Miene harrte Draco Malfoy auf dem lachsfarbenen Kanapee aus. Er sprach kein Wort, rührte sich kaum, sah nur hin und wieder verstohlen zu den Erwachsenen hinüber. Als sich dabei sein Blick mit dem seines Lehrers kreuzte, setzte Snapes ein Lächeln auf, das überdeutlich sagte, dass Draco für ihn als Slytherin versagt habe und eine Schande seines Hauses sei.
Immer wieder unter den Schreien aus dem Keller erschauernd, entzündete Narzissa wortlos den Kamin und rieb sich kurz die Hände, ehe sie zur Sitzgruppe trat. Ihren Gast bat sie weder sich zu setzen, noch machte sie Anstalten ihn zu verabschieden. Es schien als würde sie darauf warten, dass Severus von sich aus reagiere oder als hätte sie ihn völlig vergessen.
„Nun, was hältst du vom Ausgang dieser Geschichte?“, fragte er schließlich, „Froh, dass alles wieder beim Alten ist?“
Narzissa blickte auf und schwieg.
Severus nickte knapp. „Der heutige Abend ändert so einiges.“
Nun sah auch Draco auf und machte ein Gesicht, als verspreche er hoch und heilig nie wieder eine solche Dummheit zu begehen. Doch er wurde ignoriert und auf ein Nicken seiner Mutter hin nahm er sein Buch und verließ den Raum. Im Treppenhaus kreuzte sich sein Weg mit dem der Carrows, die wohl allmählich genug von ihrem Spielchen hatten und sich im Salon hastig verabschiedeten.
Mit der Hausherrin allein im Raum, wagte Severus es endlich, sich zu setzen und sah ihr unverhohlen ins Gesicht, solange bis Narzissa ihm ihre ganze Aufmerksamkeit schenkte.
„Ich habe in in der letzten Stunde über einiges nachgedacht“, begann er auf sie einzusprechen, „vielleicht hast du Recht und dieser Ort ist tatsächlich nicht das sicherste Versteck für unser Goldkehlchen.“
In Narzissas Augen trat ein empörter Blick, doch noch ehe sie sich räuspern konnte, hob Severus die Hand, um ihr Schweigen zu gebieten.
„Ich weiß, was du denkst. Und ich will dir darin gar nicht widersprechen. Die Zauber, mit denen Lucius vor seiner Festnahme die Kammer gesichert hat, sind zweifellos exzellent. Doch das ist nicht der springende Punkt. Selbst Askaban ist, wie wir aus guter Erfahrung wissen, nicht sicher, wenn das Ministerium keine Kontrolle über seine Dementoren hat.“
Die Empörung in Narzissas Augen blitzte nun nur noch heftiger auf.
„Willst du mir etwa sagen, dass ich meinen Sohn nicht richtig erziehe?!?“
„Nein“, wiegelte Severus hastig ab, „Es geht mir nicht um Draco, nicht nur jedenfalls. Es geht mir um alle, die mit dieser Sache zu tun haben.“
Narzissas Empörung wich Verwunderung. „Wovon sprichst?“, fragte sie und Severus stütze sich vor ihr auf den Wohnzimmertisch.
„Denk doch mal nach, Narzissa. Was Draco heute angerichtet hat, ist nur ein Exempel der Zwischenfälle, die noch geschehen könnten. Dein Haus, verzeih mir, wenn ich das so offen sage, gleicht King's Cross. Es ist nicht nur dein Sohn, der jederzeit Zugang zu der Kammer hat. Deine Schwester geht hier ein und aus. Du kennst sie besser noch als ich. Glaubst du wirklich, dass sie sich auf Dauer die Chance nehmen lassen würde, sich zu beweisen? Glaubst du wirklich, dass sie nicht gerade in ihrem Mauseloch sitzt und nur auf eine günstige Gelegenheit wartet, ihr Werk fortzusetzen? Wie die Carrows heute? Und wir wollen nicht vergessen, dass euch auch hin und wieder der Dunkle Lord persönlich einen Besuch abstattet. Was wäre, wenn er zufällig über euer kleines Geheimnis stolpern würde oder es unserem Goldkehlchen noch einmal gelingt, Ollivander zu befreien?“
Severus sah wie Narzissa bei seinen letzten Worten erbleichte. Er hatte den Zauberstabmacher nicht umsonst ans Ende seiner Erklärung gesetzt. Sein Gift wirkte.
„Und was schlägst du vor?“, fragte sie hastig, „Wo sollen wir sie sonst unterbringen?“
Severus zögerte, nur um Narzissa der Taktik wegen ein wenig schmoren zu lassen.
„Am besten“, begann er dann bedeutungsschwer, „wäre wohl ein Ort, an dem sie nicht allzu viele Menschen zu Gesicht bekommt, doch den wenigen, die mit ihrer Sache betraut sein sollen, vollkommen ausgeliefert ist. Ein Ort, der sie allein durch die ständige Kontrolle zermürbt, bis sie uns auch ihre letzten Geheimnisse preisgibt.“
Für ein paar Sekunden waren vielsagende Blicke alles, was sie miteinander austauschten. Im flackernden Licht des Kaminfeuers sah Severus, wie Narzissa Augen sich vor Erkenntnis weiteten.
„Du sprichst von dir, von deinem Haus Spinner's End“, sagte sie und straffte sich.
„Exakt“, entgegnete Severus knapp. Narzissas Lippen bebten, als wollte sie ihm schon vehement wiedersprechen.
„Ich erwartete natürlich keine sofortige Entscheidung“, kam er ihr zuvor, „Aber ich versichere dir, dass ich so nicht nur die beste Handhabe über unser Goldkehlchen hätte, sondern mein Haus ebenso gut zu sichern weiß wie Lucius` eure Geheimkammer. Lass es dir durch den Kopf gehen und schick mir eine Eule, wenn du dein Urteil gefällt hast. Vielleicht magst du dich ja nochmal mit Draco besprechen.“
Bei dem Wort Draco wich die Farbe aus Narzissas Gesicht und sie legte die Hand auf den Tisch zwischen ihnen.
„Nein!“, sagte sie entschlossen „Nimm sie mit, je eher desto besser. Mir ist diese Frau unter meinem Dach ohnehin nicht geheuer.“
Severus lächelte, stand auf und trat zum Kamin.
„Gut, dann bin ich einer Stunde zurück, um dich zu erlösen“, rief er und ehe Narzissa antworten konnte, war er im Flohfeuer verschwunden.
Im Kamin von Spinner's End starrte Severus einige Zeit später in Ruß und Schwärze. Letzte grüne Flämmchen tanzten noch auf dem Rost. Doch von einem Gesicht oder einem anderen Teil eines Menschen war nichts zu sehen. ?Sonderbar`, dachte Severus und runzelte die Stirn. Warum war Dumbledore gerade in diesem Moment nirgendwo aufzufinden? Jetzt, wo er ihn so dringend erreichen musste? Weder im Hauptquartier noch in Hogwarts hatte Severus eine Menschenseele angetroffen, die dem Kopf des Phönixordens ausrichten konnte, dass er ihn in einem Notfall sprechen musste. Zornig schnaubte Severus und ließ die restlichen Funken mit einem Schlenker seines Zauberstabs verrauchen. Die Kaminsimsuhr zeigte, dass schon eine halbe Stunde verstrichen war, seitdem er aus der Malfoy Manor zurückgekehrt war. Er hatte genug Zeit verloren. Wenn der feine Herr sich nicht meldete, musste er eben eigenmächtig handeln.
Sofort zog Severs den Zauberstab und ging umher, um die Bruchbude von Wohnstatt mit den gleichen Schwellenbannen und Sicherheitszaubern zu belegen, mit denen er auch sein Büro in Hogwarts sicherte. Für eine Nacht sollte es gehen. Eine Nacht sollte seine Okklumentik überstehen. Denn auch hier konnte Severus Falls nicht die Wahrheit sagen. Auch hier lauschte der Feind. Blieb nur noch die Frage, wo er die Gefangene unterbringen sollte. Gerade als Severus die Möglichkeiten durchging, funkelten ihn aus dem Schatten des untersten Fachs des Bücherregals zwei kleine Augen an.
„Wurmschwanz“, hauchte Severus bedrohlich während er die Augen fixierte, „Pack deine Sachen und verzieh dich in den Keller. Wir erwarten Besuch für heute Nacht.“
Mit einem Quieken kam die Ratte unter den Büchern hervor und verwandelte sich in einen Mann.
„Oh, welch nette Überraschung, wer ist es denn?“, säuselte Pettigrew schleimerisch. Severus genoss es, ihn eine ganze Weile zappeln zu lassen.
„Eine sehr wichtige Persönlichkeit mit geheimer Identität und ein bisschen Vielsafttrank intus. Du wirst Augen machen, in wen wir sie verwandelt haben. Sie gleicht bis aufs Haar“, Severus senkte die Stimme, „Der Mutter unseres Auserwählten“.
Mit einem hämischen Vergnügen registrierte er, wie Wurmschwanz erbleichte. Er schenkte ihm noch ein böses Grinsen, wandte er sich um und rauschte zur Türe, um auf dem Absatz zu disapparieren. Direkt zurück zur Malfoy Manor.
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