von Zuckerdrache
Nachdenklich stand Draco am Fenster seines Schlafzimmers im ehemaligen Gästehaus von Malfoy Manor, das inzwischen das Wohnhaus seiner Mutter geworden war. In Stil und Ambiente übertraf es das Haupthaus bei weitem. Hier war nichts mehr zu finden, das antiquiert oder dunkel anmutete. Hier war alles hell, freundlich und modern. Auch seine eigenen Räume hatte Draco so eingerichtet. Um ja nicht mehr an die Vergangenheit erinnert zu werden, die allein der Anblick des Haupthauses noch immer in ihm wachrief. Allerdings erinnerte auch dort nichts mehr an die früheren Zeiten. Als Waisenhaus für Zaubererkinder war es jetzt ebenso ansprechend und vor allem kindgerecht gestaltet. Auch hier hatte seine Mutter ihre Finger im Spiel gehabt. Denn auch wenn das Ministerium jetzt der Besitzer des Hauses war, Eigentümer war noch immer die Familie Malfoy. Als Folge des zweiten Krieges mussten sie aber für hundert Jahre das Ministerium als Pächter des Anwesens hinnehmen. Und Draco war sich sicher, dass das Ministerium nicht ohne Grund ein Waisenhaus hatte einrichten lassen. Auch nach Ablauf der hundert Jahre würde das sicher noch Bestand haben, denn wer wusste schon was in hundert Jahren sein würde? Und wer würde es sich der Öffentlichkeit gegenüber leisten wollen, ein Waisenhaus danach einfach wieder aufzulösen? Es lag also auf der Hand, dass die alten Zeiten endgültig der Vergangenheit angehörten. Die Demütigung der Familie war gelungen. Allerdings hatte Narzissa Malfoy das Beste daraus gemacht und erarbeitete sich durch ihre aktive Mithilfe im Waisenhaus bereits neuen Respekt in der Gesellschaft.
Draco hatte dies jetzt noch vor sich. Aber hierfür würde er einen gänzlich anderen Weg einschlagen, weitab seiner Eltern und seines Elternhauses. Zumal er sich mit dem neuen, kleineren, aber dennoch herrschaftlichen Haus in dem er sich diese kleine Wohnung eingerichtet hatte, einfach nicht mehr anfreunden konnte. Nicht nach dem, was im vergangenen Jahr passiert war.
Draco war am Morgen durch das Haus geschlendert, hatte die Familienportraits im Eingangsbereich besichtigt, die kleine aber feine Bibliothek besucht, durchschritt das Speisezimmer, verweilte im großen und im kleinen Salon und war lange Zeit im Wintergarten gesessen, den seine Mutter als Entree auf die Terrasse eingerichtet hatte. Er spürte lange dem Gefühl nach, das er noch im letzten Jahr in seinen Sommerferien hatte, als er sich hier einrichtete. Damals fühlte er sich hier zu Hause und packte mit einem gehörigen Maß an Wehmut sein Sachen, als es hieß, am 01. September mit Harry auf Reisen zu gehen. Das war jetzt über ein Jahr her und die Situation hatte sich völlig geändert.
Er spürte nichts mehr von dem, was ihn damals bewegte. Er war zu einem Besucher geworden. Nichts verband ihn mehr mit diesem Haus und seiner Wohnung darin. Daher war es ihm auch nicht schwer gefallen, sich nach seinem Rundgang in seine Räumlichkeiten zu begeben, um seine restlichen Sachen zusammenzupacken. Dies hatte er jetzt geschafft. Sauber verpackt in viele große Kisten warteten seine Habseligkeiten darauf, nochmals verkleinert und nach London gebracht zu werden. Harry würde ihm dabei helfen. Inzwischen war der Grimmauldplace ans Flohnetzwerk angeschlossen, so dass sie vom Kamin in der Bibliothek aus direkt nach Hause flohen konnten.
Ja, den Grimmauldplace sah er inzwischen als sein zu Hause an. Den Großteil seiner Möbel hatte er inzwischen zum Ambiente beigesteuert, denn Harrys und sein Geschmack ergänzten sich hervorragend. Sie fühlten sich beide wohl im neu gestalteten ehemaligen Herrenhaus der Blacks. Heute wollte er die letzten Sachen holen und ganz nebenbei noch seine Mutter besuchen. Da Narzissa aber noch eine wichtige Besprechung hatte und Harry auch noch nicht da war, vertrieb sich Draco die Zeit jetzt mit Nichtstun.
Er ließ seinen Blick über die spätsommerliche Blumenpracht des Parks wandern, der sich vor seinem Fenster bis hin zum Horizont erstreckte. Dabei kamen ihm die Wochen nach Harrys Geburtstag wieder in den Sinn, in denen es ziemlich turbulent zugegangen war ...
Die Euphorie nach dem positiven Verlauf von Harrys Party erhielt einen empfindlichen Dämpfer, als Draco zwei Tage später erneut ins Ministerium musste, um wegen seiner Ausbildung vorzusprechen. Harry begleitete ihn zwar, aber nur bis in die Empfangshalle. Dort trennten sich ihre Wege, da auch Harry einige Termine bezüglich seiner beruflichen Zukunft wahrnehmen musste. Und er wollte endlich den Grimmauldplace an das Flohnetzwerk anschließen lassen. So war Draco gezwungen, sich auf eigene Faust durchzuschlagen.
Leider musste er dabei feststellen, dass ohne Harry an seiner Seite die Ablehnung der Ministeriumsmitarbeiter noch weit deutlicher zu Tage trat, als bei ihrem gemeinsamen Besuch. Da sich nun niemand mehr mit einem aufbrausenden Harry Potter auseinandersetzen musste und anscheinend auch keiner davon ausging, dass Draco sich deswegen beklagen würde, nahm keiner der Zauberer ein Blatt vor den Mund. Den Stolz der Malfoys hatte sicher noch jeder in Erinnerung. Und tatsächlich würde Draco einen Teufel tun und sich bei irgend jemandem beschweren … oder bei Harry jammern. Und als wüssten das alle ganz genau fielen die verbalen Schläge deutlich und heftig aus.
Draco quittierte das jedes Mal mit einem verhaltenen Lächeln und schluckte jedweden Kommentar, der ihm dabei auf den Lippen lag mit mehr oder weniger großer Anstrengung hinunter. Er hätte sich mit spitzen Kontern oder bösartigen Retourkutschen nur selbst geschadet. Allerdings kostete es ihn wirklich extremste Selbstbeherrschung. Als er sich schließlich einige Stunden später wieder mit Harry in der Eingangshalle traf, wusste Harry sofort was mit ihm los war, denn bei seinem Freund konnte Draco die Maske der stoischen Ruhe fallenlassen. Es brodelte in ihm und es juckte ihm in den Fingern, den nächstbesten Zauberer, der ihm krumm kam zu verfluchen.
„Hey Draco, fahr die Krallen ein. Dein Gesichtsausdruck erinnert mich an den Ungarischen Hornschwanz, dem ich versucht habe, das Goldene Ei abzujagen. Würde mich nicht wundern, wenn du vor Wut gleich Feuer spuckst …“
Obwohl die Bemerkung lustig gemeint war, drückte Harrys Gesichtsausdruck etwas ganz anderes aus. Er konnte sich denken, dass Draco wieder ziemlich viel hatte einstecken müssen und Draco konnte direkt spüren, wie Harrys Unmut wuchs, je länger er in Dracos finstere Miene blickte. Deswegen atmete Draco mehrfach tief durch und verkniff sich vor allem die Antwort, die sich ganz automatisch in seinem Kopf gebildet hatte. Er verharrte kurz in Sprachlosigkeit, ehe er zu Harrys Erstaunen widersprach.
„Ich bin nicht wütend, Harry. Es ist nur schwerer als gedacht, sich wieder in die Zaubererwelt einzufügen. Ich werde mir wohl ein dickeres Fell zulegen müssen.“
Harry schnaubte angewidert.
„Dickeres Fell? Ich weiß selbst, was auf dich jetzt zukommen wird. Auf uns beide, denn ich hab‘ mir auch gerade die eine oder andere zweideutige Bemerkung eingefangen. Dem muss man entgegenwirken, nicht einfach einstecken …“
„Du hast leicht reden“, fuhr Draco Harry fast rüde ins Wort. „Du bist der große Held, dir tut keiner was. Ich dagegen kann mich nicht einfach wehren. Nicht, solange ich noch in der Ausbildung bin. Und selbst wenn ich irgendwann fertig bin und einen Job habe … meine Vergangenheit klebt an mir wie das Dunkle Mal.“
Harry verstand Dracos Frustration durchaus, das wusste Draco genau, dennoch ließ er sie nicht zu. Vielmehr runzelte er leicht verärgert die Stirn und blaffte zurück.
„Ich werde schon dafür sorgen, dass das Ministerium mal so richtig durchgewirbelt und der Staub von Jahrhunderten rausgeblasen wird. Es liegt an unserer Generation, die in diesem Krieg aktiv mitgekämpft hat, dass wir daraus lernen und es in Zukunft anders machen. Und da gehört auch dazu, einem ehemaligen Todesser eine neue Chance zu geben. Schließlich darf man nicht nur dein Mal betrachten. Man muss auch die Geschichte dahinter sehen. Also lass‘ dir nicht alles gefallen.“
Zweifelnd wiegte Draco den Kopf hin und her.
„Du hast ja recht. Aber es muss zur Situation passen. Und soweit ist es jetzt einfach noch nicht.“
Er hielt kurz inne, weil ihm ein Gedankenblitz kam, den er sofort loswerden musste.
„Deswegen habe ich immens viel angestaute Wut in mir und frage mich jetzt, wie ich die am besten wieder loswerde, ohne den nächstbesten Troll hier im Ministerium zu verhexen.“
Das diebische Grinsen, das sich bei dieser Bemerkung auf Dracos Gesicht schlich entging Harry natürlich nicht. Es war eine logische Konsequenz, dass er sofort darauf ansprang.
„Nuuuun“, antwortete Harry ihm mit einem neckischen Augenzwinkern. „Ich wüsste da eine ganz spezielle Art und Weise, wie du deine angestauten negativen Emotionen in andere Bahnen lenken und sehr angenehm wieder abbauen könntest.“
Dabei wanderte seine Hand unauffällig auf Dracos Rückseite, um ihm dort verheißungsvoll in den Po zu kneifen. Da die beiden sich sicherheitshalber in eine uneinsehbare Ecke der Eingangshalle zurückgezogen hatten, war diese intime Berührung gefahrlos möglich. Trotzdem beschlich Draco neben seinem aufkeimenden Verlangen eine eigenartige Unruhe, als Harry ihm zudem noch einen zarten Kuss in die Halsbeuge hauchte. So sehr er diese Berührungen herbeisehnte, so froh war er auch, als Harry unvermittelt von ihm abließ und ihn in Richtung der Aufzüge schob.
„Lass uns gehen. Ich bin scharf auf dich“, flüsterte Harry noch, ehe die beiden sich wieder in den Strom der Ministeriumsmitarbeiter und -besucher einreihten, um einen Aufzug nach draußen zu besteigen.
Draco missfielen seine widersprüchlichen Gefühle, die gerade in ihm tobten. Er sehnte sich danach, überall jedem zu zeigen was er für Harry empfand. So wie er das in der Muggelwelt auch getan hatte. Doch hier in der Zaubererwelt erforderte es doch ein gehöriges Maß an Mut. Und mutig war er noch nie gewesen. Er bewunderte Harry für seine offene Art mit allem umzugehen. Und er hoffte sehr, dass er diesbezüglich von seinem Freund würde lernen können. Denn die Gesellschaft dürfte sicher nicht so verständnisvoll reagieren wie das private Umfeld.
Diese Gedanken bewegten Draco allerdings nicht mehr allzu lange. Kaum hatten die beiden das Ministerium verlassen, griff sich Harry Dracos Hand und zerrte ihn in den nächstbesten Hauseingang, um ihn dort in einen heißen Kuss zu verwickeln. Draco schaltete daraufhin sein Hirn automatisch ab, gab sich einfach nur noch seinen Gefühlen hin. Wenig später disapparierten die beiden nach Hause und der Rest dieses Tages verlor sich in einem leidenschaftlichen Fest der Sinne, so dass Draco sich zumindest über ihr zukünftiges Sexualleben keine Sorgen machte. Wenn man das normale körperliche Verlangen nach seinem Freund und die notwendige Kompensation extremer nervlicher Anspannung zusammennahm, dann fragte er sich vielmehr, ob es in ihrer Freizeit dann noch etwas anderes geben würde als Sex ...
Draco lächelte bei diesem Gedanken und merkte gleichzeitig, dass er seinen Freund bereits vermisste. Wann immer er an Harry dachte wurde ihm warm ums Herz. Er war erstaunt über sich selbst, da er noch vor einem Jahr niemals geglaubt hätte, zu solchen Gefühlen fähig zu sein, ganz zu schweigen diese für Harry Potter zu empfinden. Diese Liebe und dieses Verlangen, das sein ganzes Ich bestimmte, als gäbe es tatsächlich nichts anderes.
Nun, natürlich gab es das doch. So wie das erste Zusammentreffen von Harry und ihm als Paar mit seinen Schulfreunden aus Slytherin ...
Wie mit Blaise besprochen besuchte er kurz nach Harrys Geburtstag seinen Freund Blaise, wo sich auch der Rest seiner wenigen Freunde eingefunden hatte und bereits in lockerer Runde an der Bar saß oder stand, um das eine oder andere hochprozentige Getränk zu genießen.
Blaise und Ginny hatten auf Dracos Geheiß hin den Mund gehalten, so dass alle, Theo und Pansy, Greg und Lisa sowie Millicent, die Pansy überraschend mitgebracht hatte, sichtlich überrascht in peinliches Schweigen verfielen, als Blaise mit Draco und Harry im Schlepptau den Raum betrat.
„Hallo alle miteinander, schön, euch nach so langer Zeit wiederzusehen“, begrüßte Draco seine Freunde mit gespielter Coolness, denn in seinem Inneren zitterte er vor Aufregung wie Espenlaub. Er umarmte jeden mit ehrlicher Herzlichkeit. Etwas, das er früher nie so offen gezeigt hatte. Aber es war wie nach Hause kommen. Ein Teil seiner Vergangenheit, den er vermisst hatte und hoffte, ihn nicht länger missen zu müssen. Und das wollte er seinen Freunden vermitteln, was wohl dem Umgang mit Harry zu verdanken war.
Auch seine Freunde begrüßten ihn daraufhin mit großem „Hallo“, konnten aber den erstaunten Ausdruck nicht aus ihren Gesichtern verbannen. Auch wanderte ihr Blick wieder zu Harry, der sich noch im Hintergrund hielt und auf Dracos Einführung in dessen Freundeskreis wartete.
Noch bevor einer der Anwesenden das Wort diesbezüglich ergreifen konnte, nahm Draco ganz mutig selbst das Heft in die Hand.
„Bevor ihr jetzt irgendwelche Fragen stellt, die neuesten Entwicklungen meines Lebens in Kurzform. … Dass Harry Potter mein Bewährungshelfer war wisst ihr, dass wir zusammen auf Weltreise in der Muggelwelt waren wisst ihr auch. Neu ist, dass wir uns in diesem Jahr nicht nur angefreundet sondern auch verliebt haben. Wir sind jetzt ein Paar. Momentan wird nur unser privates Umfeld davon erfahren und das soll auch die nächste Zeit noch so bleiben. Also bitte … behaltet es für euch … und … seid anständig zu Harry, sonst bekommt ihr es mit meinem alten Ich zu tun.“
Blaise und Ginny grinsten amüsiert, während Pansy total konsterniert nach Luft schnappte und ein ungläubiges „Ich fass' es ja nicht“ ausstieß.
Greg schien es sehr gelassen zu nehmen, denn seinen Gesichtsausdruck konnte man nur als verständnisvoll bezeichnen.
„Da wünsche ich euch viel Glück bei eurem Outing. Und vor allem eine dicke Haut“, meinte er lächelnd und prostete den beiden zu. Auch ihn schien der Umgang mit einer Nicht-Slytherin verändert zu haben. Außerdem verdankte er Harry sein Leben, was ihn wohl dazu bewog, als erster auf Harry zuzugehen und ihm freundschaftlich die Hand zu reichen. Lisa schloss sich sofort an und auch Millicent hatte keine Probleme damit, dem Ex-Gryffindor ein freundliches „Willkommen“ zu schenken.
Pansy beruhigte sich auch recht schnell wieder.
„Da bin ich jetzt wirklich platt“, feixte sie, als sie Harry die Hand reichte. „Aber jetzt weiß ich wenigstens, warum ich nie bei Draco landen konnte ...“
Diese Aussage sorgte für allgemeine Erheiterung, so dass Theos etwas unterkühltes „Hi“ unterging, zumal Blaise und Ginny es verstanden, eine rege Unterhaltung anzufachen, indem sie Draco dazu aufforderten, von der Reise zu erzählen, was die anderen mit regem Zuspruch bedachten.
Nachdem die Neuankömmlinge also mit Getränken versorgt waren, erzählte Draco so manche Anekdote aus seinen Reiseerlebnissen und auch Harry wurde mehr und mehr in Schilderungen mit einbezogen, so dass am Ende beide redeten, während Dracos Freunde gespannt zuhörten.
Gefühlte Stunden später räusperte sich Harry.
„Sorry, aber ich müsste mal wohin ...“
Ginny begleitete ihn kurz nach draußen und so war Draco erstmals mit seinen Freunden allein. Die Stimmung veränderte sich nicht, allerdings kam die Unterhaltung etwas ins Stocken. Blaise verteilte neue Getränke und die Frauen begannen darüber zu sinnieren, ob es interessant wäre, doch mal in Muggel-London zu shoppen, anstatt in der Winkelgasse. Beim Zuhören fiel Draco sein Freund Theo ins Auge, der still auf seinem Barhocker thronte und ihn eingehend musterte.
Theo war schon die ganze Zeit ziemlich ruhig gewesen, hatte Harry und Draco nur sehr genau beobachtet und ihren Erzählungen kommentarlos gelauscht, so als wolle er ihre Authentizität als Paar ausführlich analysieren. Nun, da die erste Anspannung von Draco abgefallen und das konzentrierte Erzählen durch Harrys Toilettengang unterbrochen worden war, fiel ihm die Schweigsamkeit seines Freundes richtig auf und er sprach Theo direkt darauf an.
„Sag mal Theo, was ist los mit dir? Du bist so schweigsam, hast die ganze Zeit kaum etwas gesagt. Was liegt dir im Magen? Lass es raus. Ich bin inzwischen hart im Nehmen.“
Draco ahnte schon, dass der ehemalige Todesser-Sohn sich irgendwie an seiner Beziehung zu Harry störte. Aber die Antwort, die Theo ihm dann gab, hatte er so nicht erwartet.
„Weißt du Draco“, begann Theo so schleppend, dass man ihm unterstellen wollte, sich am kommenden genüsslich weiden zu wollen.“Ich finde deine Entscheidung ziemlich slytherin. Potter ist der einzige Mann weit und breit, der dir wieder einen standesgemäßen Eintritt in die Zauberergesellschaft verschaffen kann.“
Draco war so geschockt, dass er meinte sein Blut gefriere in den Adern.
„Was hast du gesagt?“, versuchte er, die Äußerung seines Freundes als üblen Scherz zu entlarven. Doch der blieb weiterhin ernst.
„Ich verstehe dich total. Wirklich. Du hast diese Chance auf dem Silbertablett serviert bekommen. Du wärst ein Idiot gewesen, wenn du nicht zugegriffen hättest. Naja, ihn gleich in dein Bett zu lassen … aber der Zweck heiligt die Mittel. Auch wenn er nur ein Halbblut ist, … er ist schließlich der Held der Nation ...“
Draco erstarrte. Erst war er zu keiner Reaktion fähig. Aber als das Wort Halbblut fiel, brannte ihm die Sicherung durch. Mit einem wütenden Aufschrei schüttelte er die Starre wieder von sich ab, stürzte sich auf Nott und versetzte ihm einen gepfefferten Kinnhaken, so dass der auf seinem Barhocker gefährlich ins Wanken kam, schließlich tatsächlich hinten überkippte und mit lautem Poltern auf den Boden krachte. Draco wollte sich erneut auf den jetzt schmerzvoll aufstöhnend daliegenden Theo werfen, als er von Blaises kräftigem Griff zurückgehalten wurde. Auch Harry, der gerade von der Toilette zurückkam, war sofort zur Stelle.
„Was ist denn hier los?“, fragte er entgeistert, sich sicher fragend, wie die angenehme Stimmung von eben so blitzartig kippen konnte.
Draco sah nur noch rot. Er versuchte, sich aus Blaises Armen herauszuwinden, aber der umfasste ihn wie ein Schraubstock.
„Beruhig' dich, Mann …“
„Lass mich los, Blaise. Er hat Harry beleidigt und mich beleidigt. Er hat unsere Liebe beleidigt. Er hat noch viel Schlimmeres verdient als das“, spuckte Draco vor Wut bebend aus.
Theo wischte sich derweil das Blut aus dem Gesicht und tastete vorsichtig über den Nasenrücken. Sein lautes Aufstöhnen schien darauf hinzudeuten, dass Draco sehr fest zugeschlagen hatte. Die Nase war gebrochen.
Draco nahm das mit Genugtuung zur Kenntnis und war doch zutiefst enttäuscht. Gerade Theo, mit dem er sich in seiner Eigenschaft als Todessersohn wider Willen immer verbunden gefühlt hatte, tanzte jetzt so aus der Reihe? Sollte er gerade ihn jetzt verlieren? Wenn, dann hätte er das eher von Pansy erwartet. Aber die war total freundlich zu Harry, ebenso wie Millicent und auch Greg, von dem Draco ja sowieso nichts anderes erwartet hatte. Der Einzige, der jetzt so quer schoss war Theo. Und das tat weh. War dieses Reinblüterdenken tatsächlich immer noch Theos Überzeugung?
Ginnys Reaktion riss Draco dann etwas aus seiner Wut, denn die schob Pansy, die sich mit Lisas Hilfe um ihren Freund kümmern wollte beiseite und zückte den Zauberstab.
„Lasst mich mal Mädels. Im Profi-Quidditch gehört das zur Grundausbildung … da bekommt man Übung.“
Das nahm Draco zum Anlass, sich wieder aus Blaises Umklammerung befreien zu wollen.
„Lass ihn doch, er soll ruhig etwas leiden. Wieso kümmert ihr euch um ihn, wo er so etwas gesagt hat?“
Blaise grinste ihn jetzt unverhohlen an, während Harry sich neben Greg gestellt hatte, der ihm etwas zuflüsterte.
Draco war sauer, richtig sauer.
„Jetzt lass mich endlich los, sonst kann Ginny bei dir gleich weitermachen, Zabini“, zischte Draco angepisst, was Blaise nur noch mehr amüsierte.
„Komm wieder runter, Blondie. Erinnerst du dich an Rons Aktion bei Harrys Geburtstagsparty? Beste Freunde scheinen ein Faible dafür zu haben, ihre Freunde auf die Probe stellen und etwas foppen zu wollen. Ich habe mir diese Rede in Bezug auf Ginny auch anhören dürfen. Schließlich ist Ginny eine Gryffindor und mit dem Goldenen Trio engstens verbunden.“
„Wie bitte?“, war alles, was Draco herausbrachte, während Harry sich nur mit Mühe ein breites Grinsen verkneifen konnte.
„Ich für meinen Teil habe Theo ein mächtiges Veilchen verpasst. Aus der Nase geblutet hat er auch, aber sie war nicht gebrochen“, erklärte Blaise weiter.
„Wow, ihr Slytherins geht ja mächtig ran“, warf Harry feixend ein, „aber ich war bei Ron auch kurz davor, zuzuschlagen.“
„Aber du hast es nicht getan“, jammerte Draco jetzt etwas kleinlaut, da ihm urplötzlich klar wurde, dass seine Reaktion völlig unüberlegt war. Er hatte überreagiert. Mit einem Mal kam er sich ziemlich mies vor und das Gefühl, dass auch er einer Finte aufgesessen war, beschämte ihn. Eigentlich müsste er seine Freunde besser kennen. Aber der Drang, Harry zu verteidigen war bedeutend größer gewesen, als seine Fähigkeit, die vermeintlich ernst gemeinte Provokation seines Freundes zu durchschauen.
„Ich hätte aber gerne zugeschlagen“, versuchte Harry derweil, Draco wieder aufzumuntern. „Meine Nerven waren zum Zerreißen gespannt. Da reagiert man empfindlich. Nur, weil du mich davon abgehalten hast, habe ich es nicht getan. Ohne dein besonnenes Eingreifen wäre Ron fällig gewesen.Und ich hätte eben auch eingegriffen ... wenn ich hier gewesen wäre.“
Harry lächelte entschuldigend, so als fühle er sich verantwortlich für Dracos Ausraster.Typisch Gryffindor, dachte Draco und konnte nicht anders, als amüsiert aufzulachen.
Ginny, die Theo inzwischen die Nase gerichtet und die Blutung gestoppt hatte, klopfte ihm abschließend kumpelhaft auf die Schulter.
„Dumm gelaufen, Theo. Hättest besser warten sollen, bis Harry wieder da ist.“
„Kann ich das ahnen?“, jammerte der theatralisch. „Ich dachte, die gehen dann auch beide auf mich los. Ich erinnere nur an deinen Flederwichtfluch, nachdem Blaise mich ausgeknockt hatte. Dass Draco genauso ausrastet, das hätte ich niemals erwartet …, das habe ich eher Potter zugetraut.“
„Na vielen Dank auch, wir Gryffindors scheinen bei euch ja als ziemlich gewalttätig zu gelten, oder wie darf ich das verstehen ...“, warf Harry augenzwinkernd ein und das Lächeln in seinem Gesicht unterstrich noch, dass sein Lamentieren nicht wirklich ernst gemeint war.
„Nichts für ungut, Potter, aber ich kenne Draco schon etwas länger als du. Ich wüsste nicht, dass er sich in unserer Schulzeit jemals so vehement und vor allem schlagkräftig für jemanden eingesetzt hat. Draco zeigt ja plötzlich Gefühle. Das ist ein ganz neuer Zug an ihm ...“
Theo war jetzt wieder hergestellt, hob seinen Barhocker auf und pflanzte sich erneut an die Theke. Er nahm einen großen Schluck von seinem Drink, ehe er weitersprach.
„Ich wollte einfach nur testen, ob Blaise mit seiner Einschätzung recht hatte. Ich habe ihm diesbezüglich nämlich nicht geglaubt.“
Theo prostete Harry zu und nahm einen weiteren Schluck. Draco blieb stumm, da Theos Worte und seine eigenen Gefühle einen gewaltigen Knoten in seiner Kehle verursachten. Er schluckte nervös, brachte aber kein Wort heraus.
„Dass Draco uns bislang nichts von euch gesagt hat, das war klar. Keiner von uns hätte es ihm abgenommen, ohne es zu sehen und ihm erst mal nur pure Berechnung unterstellt.. Wir sind nun mal Slytherin. Dass da wirklich Gefühle im Spiel sind … nein, nicht bei Draco. So dachte ich zumindest. Aber ich muss zugeben … Blaise hatte recht, man sieht es euch beiden wirklich an, insbesondere Draco, der wie gesagt früher nie wirklich Gefühle gezeigt hat. Trotzdem … ein kleiner Test musste einfach sein.“
Jetzt schlich sich auch ein Lächeln auf Dracos Gesicht.
„Bei Merlin, war ich wirklich so eiskalt?“
„Naja, uns gegenüber eher nur unterkühlt“, bestätigte ihm Blaise. „Aber Harry hat dich sichtlich aufgetaut. Das finde ich gut.“
„Wir alle ...“, meinte auch Theo und streckte seinem Freund entschuldigend die Hand hin. Draco schlug erleichtert ein.
„Dann hoffe ich, dass du das eben nie vergisst. Nie wieder solche Beleidigungen gegenüber Harry und seinen Freunden, die ihr sicher auch irgendwann kennenlernen werdet, verstanden?“
„Aber sicher doch“, bestätigte Theo, eine Hand theatralisch auf die Brust gelegt.“Ein Krieg langt mir vollkommen.“
…
Es war noch ein wirklich netter Abend gewesen und Draco und Harry flohten erst in den frühen Morgenstunden zurück zum Grimmaulplace. Draco dachte auch jetzt wieder gerne an dieses erste Zusammentreffen zurück, da es ihm zeigte, dass sowohl er selbst als auch Harry die Empathiefähigkeit ihrer Freunde unterschätzt hatten. Aber da sie lange Zeit selbst nicht wirklich glauben konnten was da mit ihnen passierte, wie sollten sie es dann ihren Freunden zutrauen? Daher freute es ihn umso mehr, dass alles nicht nur gut ausgegangen war, sondern dass Draco und Harry sich dabei so ganz nebenbei nochmals ihre Liebe zueinander bestätigten.
Draco schlenderte gelangweilt ins Badezimmer, um sich die Hände zu waschen, als ihm die kaputte Phiole ins Auge fiel, die im Abfalleimer lag. Dabei fiel ihm der Nachmittag Mitte August ein, an dem er einen Harry erleben durfte, der ihm gänzlich neu war ...
Draco kannte Harry inzwischen schon ganz gut. Aber solch eine ausgeprägte Nervosität wie an diesem Tag hatte Harry vorher noch nie gezeigt. Der Grund kam dann pünktlich zur Teestunde aus dem Kamin geschritten.
Severus Snape.
Mit wachsendem Amüsement registrierte Draco damals, dass Harry sichtlich beunruhigt war, seit er wusste, dass ihr ehemaliger Professor für Zaubertränke seinen Besuch angekündigt hatte. Obwohl Harry inzwischen über die Vergangenheit des Tränkemeisters Bescheid wusste, Snape im nachgeholten siebten Schuljahr wieder ihr Lehrer war, Harry sogar wegen Dracos Geburtstagsgeschenk während ihrer Reise Kontakt mit ihm aufnahm und Draco Harry auch schon einiges über den Privatmann Severus Snape erzählt hatte, war Harry nicht sicher, wie er ihm gegenübertreten sollte. Es war Fakt, dass er dem ehemaligen Hauslehrer der Slytherins während seiner Schulzeit vor dem Krieg nur Hass entgegenbrachte. Und seiner Einschätzung nach schien das damals auf Gegenseitigkeit zu beruhen. Nach dem Krieg blieb man sachlich reserviert, da keiner genau wusste, wie er mit der neuen Situation umgehen sollte und Harry zudem genug mit Lernen zu tun hatte. Harrys Brief wegen Dracos Geburtstagsgeschenk war der erste private Kontakt gewesen, auch wenn es dabei in erster Linie um Draco ging. Wie es sich inzwischen verhielt, wenn sie in Harrys neuem zu Hause aufeinandertreffen würden, das sollte dieser Nachmittag zeigen. Und das machte Harry ganz hibbelig.
Harry und Draco waren zu dieser Zeit in Harrys Elternhaus in Godric's Hollow, da Harry nach dem Stress im Ministerium die plötzliche Eingebung hatte, des schmucke kleine Haus als Ausweichdomizil zu nutzen, um die Öffentlichkeit Londons ab und zu hinter sich zu lassen. Außerdem wollte Harry Draco sein Elternhaus zeigen, das er ein Jahr zuvor so liebevoll wieder in Stand gesetzt hatte. So verabschiedeten sie sich direkt nach dem Besuch bei Dracos Freunden nach Godric's Hollow, um dort einige Zeit zu bleiben.
Da Severus den Termin mit Draco hatte, um Einzelheiten seiner Ausbildung zu besprechen, erwartete ihn Draco erst mal alleine im Wohnzimmer. Dracos Freude war groß, seinen ehemaligen Hauslehrer nach über einem Jahr wieder persönlich zu treffen. Aber auch Severus freute sich, dass es Draco augenscheinlich sehr gut ging.
„Draco, ich bin wirklich erstaunt“, setzte er an, als er sich im ihm angeboten Sessel am Kamin niederließ, „du siehst ausgesprochen gesund und sehr zufrieden aus. Kaum zu glauben, dass Potter so eine positive Wirkung auf dich hat.“
Draco lächelte, schenkte Severus eine Tasse Tee ein und lehnte sich entspannt zurück.
„Wir ergänzen uns gegenseitig würde ich sagen.Wir empfinden viel füreinander und fühlen uns wohl zusammen. Trotzdem muss ich mich hin und wieder kneifen, weil ich denke ich träume das alles.“
Jetzt schmunzelte Severus.
„Früher hättest du das wohl als Albtraum bezeichnet. Aber gut … es freut mich, dass es eine Zukunft für dich gibt, die außerhalb Askabans und in der Zauberergesellschaft stattfindet. Apropos … wie geht es deinem Vater?“
Diese Bemerkung brachte Draco schnell dazu, auf den eigentlichen Grund des Besuches zu sprechen zu kommen, da er nicht gerne über seinen Vater sprach. Und so redeten sie nach einer kurzen Information über Lucius' Schicksal mehr als eine Stunde über Dracos duales Studium, ehe ausgerechnet Severus das Gespräch wieder in eine andere Richtung lenkte.
„Wo ist eigentlich der Herr des Hauses?“
Draco hatte mit dieser Frage nicht gerechnet, aber er war froh, dass Harry jetzt gezwungen war, doch noch aufzutauchen. Denn bislang hatte er sich von alleine nicht gezeigt.
„Harry?“, rief Draco laut in Richtung Tür, wohl wissend, dass Harry oben im alten Schlafzimmer seiner Eltern war, das nun als Büro und Gästezimmer fungierte. Ihr gemeinsames Schlafzimmer war in Harrys altem Kinderzimmer, das der sich schon bei der Renovierung wieder als sein Schlafzimmer auserkoren hatte. Schritte waren oben zu hören und wenig später kam Harry polternd die Treppe heruntergelaufen.
„Schon fertig?“, kam er mit strahlendem Lächeln durch die Tür
Draco war total überrascht, kaum noch Nervosität bei seinem Freund feststellen zu können. Es war faszinierend. Draco lernte immer mehr, Gefühle zu zeigen, während Harry es zunehmend verstand, sein aufbrausendes Wesen zu zügeln und hinter souveränem Auftreten zu verstecken. Genau so kam er auf ihren Gast zu und streckte ihm ohne Zögern die Hand hin.
„Willkommen Professor Snape. Es freut mich wirklich, Sie heute hier begrüßen zu können. Ich hoffe, Sie fühlen sich wohl bei uns.“
Severus erwiderte den Gruß kurz und knapp, schien aber sichtlich überrascht über den festen Händedruck und das sichere Auftreten von Dracos Freund.
„Ich bin erstaunt, Potter … äh, … Mister Potter, wie ansprechend Sie Ihr Elternhaus wieder hergerichtet haben. Ich hatte das zweifelhafte Vergnügen, mit ansehen zu müssen, welche Verwüstung Voldemort hier vollbracht hat. Ich hätte nicht gedacht, dass Sie sich nach so langer Zeit an einen Wiederaufbau wagen würden.“
Harry setzte sich zu Draco auf die Couch und schenkte sich eine Tasse Tee ein.
„Ich bitte Sie, Sir. Sagen Sie doch Harry. Ich war immer nur Potter für Sie. Überspringen wir den Mister und gehen gleich zu Harry über.“
Severus schürzte leicht die Lippen, was Draco aber doch eindeutig als Schmunzeln durchgehen ließ.
„Gut, Harry. Wenn Sie dann Severus zu mir sagen, soll es mir recht sein. Sie wissen schließlich Dinge über mich, die ich Sie unter normalen Umständen niemals hätte wissen lassen. Ich denke, das rechtfertigt es, dass wir uns mit Vornamen anreden. Aber bilden Sie sich ja nichts ein. Auf Du und Du sind wir damit noch lange nicht.“
Harry nickte wohlwollend und Draco bewunderte abermals seine augenscheinlich vorhandenen Fähigkeit, jegliche Nervosität zu verbergen.
„Um auf Ihr Kompliment zurückzukommen, Severus. Es war mir ein Bedürfnis, das Andenken meiner Eltern mit der Neugestaltung dieses Hauses zu ehren, in dem sie ihr Leben verloren haben, um mich zu retten. Dasselbe habe ich im Grimmauldplace getan. Sirius hat es verdient, dass sein Elternhaus in neuem Glanz erstrahlt und man ihn dadurch immer in Erinnerung behält.“
Jetzt war es an Severus nur etwas grimmig zu nicken, aber nichts zu erwidern.
„Ich weiß, Severus“, beteiligte sich Draco jetzt auch am Gespräch, „du konntest Black nicht leiden.“
„Das ist ziemlich untertrieben“, warf Severus nun doch ein.
„Aber er ist ein Cousin meiner Mutter gewesen. Und ihre Schwester hat ihn getötet, weil er auf der guten Seite war. Ich denke, das rechtfertigt eine gewisse Anerkennung seiner Verdienste.“
Draco erntete einen durchdringenden Blick aus schwarzen Augen, ehe Severus' Miene wieder etwas weicher wurde.
„Nun, wir haben alle unsere Leichen im Keller. Die Schuld, für die ich Rechnung tragen muss, ist weit schwerwiegender als alles, was Black und Potter senior jemals getan haben.“
Sein Blick wanderte dabei zu Harry, der natürlich genau wusste von was genau Snape da sprach.
„Sie haben ihre Schuld abgetragen, Severus. Also lassen wir die Vergangenheit ruhen und reden über die Zukunft“, setzte Harry an.
Draco war in diesem Moment wirklich erstaunt über das generöse Verhalten seines Freundes. Aber wenn er an ihre eigene Vergangenheit dachte und daran, wie sie jetzt miteinander umgingen, dann war es eigentlich zu erwarten gewesen, dass Harry so reagierte.
Die nachfolgende Unterhaltung gestaltete sich zwar noch etwas schwerfällig, aber nachdem Draco geistesgegenwärtig einen edlen Feuerwhisky auftischte, der bei allen für etwas mehr Lockerheit sorgte, wurde es noch ein ganz netter Abend. Denn überraschenderweise ließ sich Severus dazu hinreißen, noch zum Abendessen zu bleiben und erst gegen Mitternacht verabschiedete sich der dunkelste aller Tränkemeister, was sich aber nun wirklich nur noch auf seine Erscheinung beziehen ließ, um durch den Kamin nach Hogsmeade zu flohen, wo er nach Verkauf seines Elternhauses ein neues Domizil erstanden hatte.
Dass dieser eigentlich berufliche Termin zu einem wahren Männerabend geworden war, verleitete Draco dazu, seinem Harry einen dicken Kuss auf den Mund zu drücken, kaum dass Severus im Kamin verschwunden war.
„Wofür war der jetzt?“, fragte Harry mit einem verschmitzten Leuchten in den Augen.
„Wie vielen Alraunen bist du auf den Kopf getreten, bis du dich dazu durchringen konntest, so neutral zu Severus zu sein. Nein, … freundlich ist wohl das bessere Wort.“
„Vielleicht habe ich ja eine ganze Phiole Felix Felicis getrunken, damit das heute nicht im Fiasko endet“.
Harry legte den Kopf schief, grinste und streckte Draco die Zunge raus, ehe er sich umdrehte und sich auf den Weg ins obere Stockwerk machte …
Dracos Blick wurde sehnsüchtig, als er an die darauffolgende heiße Nacht dachte.
Er verließ das Badezimmer, ging wieder zum Fenster. Dabei schaute er wieder auf die Muggeluhr, die ihm Harry an seinem ersten Ausbildungstag geschenkt hatte. Natürlich konnte er als Zauberer jederzeit einen Tempuszauber wirken, aber ein Blick auf die Uhr ging erheblich schneller. Zusammen mit dem magischen Armband, das sein Mal verbarg, hatte er nun schon zwei Schmuckstücke an sich, die ihn immer an Harry erinnerten. Er lächelte. Nur noch kurze Zeit, dann würde Harry da sein und ihn mit seinen restlichen Sachen nach Hause begleiten.
Nun wieder etwas melancholisch geworden öffnete er das Fenster und lehnte sich auf die Unterarme gestützt hinaus. Auf dem Spielplatz neben dem Manor spielten Kinder im Schatten der Bäume und er sah seine Mutter, die sich mit drei weiteren Erwachsenen unterhielt. Narzissa ging wirklich in ihrer Aufgabe auf. Draco freute sich sehr für sie, da sie sich augenscheinlich wohlfühlte in ihrem neuen Leben.
Als Draco das Fenster wieder schließen wollte fiel ihm ein Käfer ins Auge, der gerade versuchte, nach drinnen zu wuseln. Draco schnippte ihn mit einem Finger wieder nach draußen und machte das Fenster zu. Da nach wie vor spezielle Schutzzauber auf dem Manor lagen, war ausgeschlossen, dass dieser Käfer etwas anderes sein konnte als ein Käfer. Aber Draco wusste aus Harrys Erzählungen, dass der bereits besondere Erfahrungen mit einem Käfer-Animagus namens Rita Kimmkorn machen musste und so erinnerte sich Draco automatisch an das Treffen mit den Reportern des Tagespropheten und des Klitterers ...
Harry und Draco waren auf Kingsley Shacklebolts Vorschlag eingegangen und luden Repräsentanten beider großer Zeitungen der Zaubererwelt ein. Der Klitterer wurde natürlich von Luna Lovegood vertreten, während beim Tagespropheten mehrere Reporter zur Auswahl standen. An erster Stelle natürlich Rita Kimmkorn, die sich geradezu darum riss, dieses erste große Interview mit dem Retter der Zaubererwelt und seinem ehemaligen Erzfeind zu führen. Das wurde Harry von Lee Jordan zugetragen, der als Auszubildender beim Tagespropheten arbeitete und natürlich noch wusste, wie sehr Harry die Kimmkorn verabscheute. Daher war es ihm einerseits eine Pflicht, Harry darüber zu informieren, dass die Starreporterin des Tagespropheten sich dieses Sensationsinterview nicht hatte nehmen lassen. Andererseits brachte er den Chefredakteur, bei dem er einen gehörigen Stein im Brett hatte, auch dazu, der lieben Rita zu verschweigen, welche Bedingung Harry und Draco gestellt hatten, damit dieses Interview überhaupt zustande kam. So wussten Harry und Draco bereits, dass die Kimmkorn ahnungslos war und freuten sich diebisch auf ihr Zitronengesicht, wenn sie feststellen würde, dass Luna Lovegood ebenfalls dabei sein würde.Das schränkte Kimmkorns journalistische „Freiheit“ natürlich gehörig ein, was in ihrem Fall hieß, dass verhindert wurde, das erneut Lügen über Harry Potter verbreitet wurden.
Harry und Draco empfingen die beiden Journalistinnen an einem Sonntagnachmittag zum Tee. Luna kam zuerst durch den Kamin. Als erste Besucherin, die den neu eingerichteten Flohnetzwerkanschluss im kleinen Salon des Grimmauldplace benutzte.
„Hallo Harry“, begrüßte sie ihren ehemaligen Schulkameraden mit einem fröhlichen Lächeln und einer herzlichen Umarmung.
„Du siehst gut aus. Draco scheint dir wirklich gut zu tun“, flüsterte sie ihm schelmisch zwinkernd ins Ohr. Ihr Blick wanderte zu dem ehemaligen Slytherin, der gerade durch die Tür kam.
„Ah, unsere Lebensversicherung ist da“, hieß er sie freudig willkommen und küsste ihr galant die Hand. „Danke, dass du deine Kenntnisse über unsere Beziehung noch für dich behalten hast. Wir wissen das wirklich zu schätzen.“
Harry nickte zustimmend.
„Tun wir, … wirklich!“
„Ist doch klar gewesen. Erst ein Artikel wenn ihr grünes Licht gebt. Und dass ich dabei noch als Daumenschraube für die große Rita fungieren darf, das finde ich besonders witzig.“
Kaum hatte Luna ausgesprochen und sich in den großen Ohrensessel gesetzt, der etwas abseits des Kamins Draco als gemütliche Leseinsel diente, leuchtete das Feuer im Kamin wieder grün auf und die von Harry so verabscheute erste Dame des Tagespropheten stolperte in den Raum. Ihre nervösen Hände strichen sich etwas Asche vom feuerroten Kostüm, setzten die mandelförmige Brille auf der Nase zurecht und prüften mit einem fixierenden Griff den Sitz des kleinen Hütchens auf ihrer perfekt gelockten Frisur. „Eine ideale Partie für Professor Lockhart“ hatte Harry die Kimmkorn mal genannt. Und Draco konnte ihm nur Recht geben.
„Mister Potter“, begann die Kimmkorn säuselnd zu schnurren, während sie mit wiegendem Schritt auf Harry zuging. „Ich freue mich unbändig, endlich vom großen Retter der Zaubererwelt empfangen zu werden. Die Zaubererwelt muss doch endlich darüber aufgeklärt werden, was sie die letzten zwölf Monate getan haben, was den Helden dazu bewogen hat, diesen ...“ sie stockte kurz und schien wirklich zu überlegen, wie sie Draco betiteln sollte, „,,, diesen …, nun … Malfoy junior auf seine Reise mitzunehmen. Es war ja bis zu ihrer Rückkehr so gut wie nichts zu erfahren und danach auch nicht viel mehr. Jetzt bin wirklich gespannt, was Sie mir alles zu erzählen haben, Mister Potter.“
Der Blick der Hexe, die Draco auch im wahrsten Muggelsinn als eine solche betiteln würde, wanderte ständig zwischen Harry und Draco hin und her und ihr Lächeln war auf dermaßen ersichtliche Art und Weise falsch in ihrem Gesicht festgefroren, dass sich Draco direkt freute, ihr gleich einen Strich durch die Rechnung zu machen. Auch Harry lag der Schalk sichtbar im Blick. Aber die Überraschung des Tages kam einer anderen zu.
„Was er UNS da zu erzählen hat meine werteste Rita ...was die beiden UNS erzählen werden ...“, kam eine engelsgleiche Stimme aus einer Ecke des Raumes. Luna tauchte unvermittelt aus den Tiefen des Ohrensessels auf und lehnte sich mit wissendem Grinsen seitlich über die Lehne.
„Was soll das bedeuten, Mister Potter? Ich habe ein Exklusivinterview mit Ihnen. Warum ist die da auch hier?“
Die Stimme der Kimmkorn war so schrill, dass es Draco in den Ohren klingelte. Er lächelte fröhlich, denn tatsächlich verwandelte sich Ritas eben noch so übertrieben und einnehmend freundliche Miene in eine biestige Maske, den Mund und die Augen zusammengekniffen, als hätte sie in eine Zitrone gebissen.
„Sie haben beide ein Exklusivinterview meine Liebe“, versuchte Harry zu beschwichtigen, konnte sich aber nur mit Mühe seine Belustigung verkneifen. „Sie sind Repräsentanten der beiden größten Blätter der Zaubererwelt. Da muss man doch beiden ...“
„Die beiden größten?“, schnappte die Kimmkorn aufgebracht. „Das ist eine Beleidigung sondergleichen ...“
„Aber die Wahrheit“, warf Draco jetzt ganz cool ein, schnappte die keifende Frau freundlich aber bestimmt am Arm und verfrachtete sie zu der kleinen Sitzgruppe nahe dem Kamin, wo Tee und Gebäck angerichtet waren.
„Bitte, setzen Sie sich. Wir haben nicht ewig Zeit und wollen auch Ihre wertvolle Zeit nicht über Gebühr in Anspruch nehmen.“
Draco sprühte vor Charme, doch die Kimmkorn blieb misstrauisch.
„Wieso sind Sie eigentlich immer noch hier, … Mister Malfoy?“, fragte sie in einem derart ätzenden Ton, als hätte Draco in ihrer eigenen Wohnung Hausfriedensbruch begangen.
„Er wohnt hier“, fiel Harry jetzt mit der Tür ins Haus, während er sich der Kimmkorn gegenüber auf einen Sessel setzte. Die saß jetzt total sprachlos neben Luna, die sich bereits auf dem kleinen Sofa niedergelassen hatte, während sich Draco in den Sessel neben Harry fallen ließ und ihn dabei beobachtete, wie er zuerst den Damen Tee einschenkte. Als er auch Dracos und dann seine eigene Tasse füllte hatte die „Erste Stimme“ des Tagespropheten ihre Sprachlosigkeit überwunden.
„Nun denn, wenn es also so sein soll, dann muss ich ja wohl …“, gab sie sich geschlagen und zückte ihre Flotte-Schreibe-Feder.
Luna indes hatte ihr magisches Stimmenkonservierungsgerät gezückt und aktivierte es gerade mit ihrem Zauberstab. Ihre Konkurrentin hatte bereits eine abfällige Bemerkung auf der Zunge. Das sah man ihr an.
„Was ist das? Wieder etwas, das auf dem Mist ihres eigentümlichen Vaters gewachsen ist?“, fragte sie spitz, nicht sicher, ob es nicht doch etwas fortschrittlicheres war als ihre eigene Flotte-Schreibe-Feder.
„Oh ja“, kam es gänzlich unbeeindruckt und neutral von Luna, „dieses Stikoskop ist ein Stimmenkonservierer. Ähnlich einem Aufnahmegerät der Muggel. Nur, dass wir Zauberer kein Medium benötigen. Wir konservieren die Gespräche einfach per Zauber in dieser kleinen Schale und können sie wieder aufrufen, genau so wie sie gesprochen wurden. Wie ein Denkarium. Es wird alles so wiedergegeben, wie der Interviewpartner es mir erzählt hat. Nicht wie eine Flotte-Schreibe-Feder, die alles so aufschreibt, wie sie es ihr diktieren, egal, ob es der Wahrheit entspricht oder nicht.“
Rita Kimmkorn kochte, aber sie hütete sich, das auch verbal kundzutun. Harrys Grinsen und Dracos eiskalter Blick hielten sie davon ab. Luna lächelte nur und platzierte ihr Stikoskop mittig auf dem Tisch, damit jedes Wort gut eingefangen werden konnte.
„Also dann, wenn sie einverstanden sind Miss Lovegood, würde ich gerne die Fragen stellen. Es kommt mir so vor, als wären Sie noch immer mit Mister Potter befreundet. Daher wissen Sie wohl schon was hier vorgeht. Ich wäre Ihnen also sehr verbunden, wenn ich ...“
„Nur zu“, meinte Luna zustimmend. „Ich habe kein Problem damit. Fragen Sie. Aber denken Sie daran … im Klitterer wird genau dieses Interview stehen, Wort für Wort. Und Ihr Chefredakteur wird es nicht gerne sehen, wenn sich die Interviews unterscheiden sollten.“
Wäre es möglich, wären der guten Rita jetzt wohl Rauchwölkchen aus den Ohren gequollen, so wütend war sie. Aber sie konnte nichts tun. Also begann sie, ihre Fragen zu stellen.
Eine Stunde später war sie völlig platt. Es war ihr anzusehen, dass sie es wahrlich nicht fassen konnte, dass der Held der Zaubererwelt ein Jahr in der Muggelwelt war, zusammen mit einem seiner größten Ex-Feinde, einem abgeurteilten Ex-Todesser, und die beiden inzwischen nicht nur gut befreundet sondern sogar verliebt waren.
Harry Potter und Draco Malfoy ein Liebespaar, das sich nun offen zu seiner Beziehung bekannte und jedem Zauberer mitteilen wollte, dass sie Tisch und Bett teilen.
Harry und Draco hatten alles wahrheitsgemäß, in kurzen und klaren Worten erzählt. Nicht zu viel und nicht zu wenig. Gerade so viel, dass die Neugier der Öffentlichkeit gestillt war, aber ihr Privatleben trotzdem privat blieb. Und die Zusicherung, dass sich die Presse nun aus ihrem Privatleben heraushalten würde pressten sie der Kimmkorn ebenfalls noch ab, indem sie ihr einfach bei noch aktiviertem Stikoskop den Zauberstab auf die Brust setzten. Am Ende war alles zu ihrer vollsten Zufriedenheit geregelt.
Als Erste rauschte natürlich die Kimmkorn wieder ab, während Luna noch kurz blieb, um sich mit Harry und Draco über das Interview zu unterhalten. Sie lobte die beiden für ihre souveräne Art, der Kimmkorn die Stirn zu bieten und nur das herauszulassen, was sie ihr erzählen wollten. Luna hatte das vorher schon mit ihnen besprochen, so dass sie mit ihren Antworten die nächsten Fragen der Kimmkorn praktisch einleiteten und darauf nur das antworteten, was sie sowieso zu sagen gedachten. Es war ein interessantes Spiel gewesen, das sie mit Lunas Hilfe perfekt inszeniert hatten. Die drei amüsierten sich köstlich, stießen mit einem Gläschen Sekt auf ihren Erfolg an, ehe Luna ebenfalls im Kamin verschwand, um dem Klitterer ihre Aufnahmen zu bringen.
Am nächsten Tag hatten sowohl der Tagesprophet als auch der Klitterer ihre große Schlagzeile. Da beide Zeitungen ihr ganz eigenes Klientel hatten, wusste nun der größte Teil der Zaubererwelt, was Harry und Draco für wert befanden, öffentlich zu machen …
Draco war wirklich zufrieden. Dieser Tag war der krönende Abschluss einer ereignisreichen Sommerzeit. Es war Herbst geworden. Und so begann nicht nur eine neue Jahreszeit, sondern auch ein neuer Abschnitt seines Lebens. Er würde jetzt endgültig bei Harry einziehen und in wenigen Tagen seine Ausbildung beginnen. Er war wirklich glücklich.
„Draco, meine Junge“, riss ihn seine Mutter aus diesen durchweg positiven Gedanken.
„Und? Hast du alles zusammengepackt?“
Narzissa Malfoy, nach über einem Jahr Abstand zu den Strapazen des Krieges wieder zu einer schönen Frau erblüht, strich ihrem Sohn sichtlich traurig über den Unterarm. Draco konnte spüren, dass es seiner Mutter nicht recht war, dass er seine Brücken hier endgültig abbrach.
„Willst du das nun wirklich durchziehen? Dein zu Hause wirklich verlassen?“
Seine Mutter ließ sich tatsächlich herab zu jammern? Das erstaunte Draco.
„Mutter, hör auf damit. Ich ziehe nur, wie jeder andere junge Mann auch, einfach in eine eigene Wohnung. Ich verlasse ja nicht dich. Dich werde ich besuchen und gerne auch mal hier im Gästezimmer nächtigen. Aber ich habe jetzt mein eigenes Leben. Das Manor kann einfach nicht mehr mein zu Hause sein.“
„Aber …, es ist doch Tradition, dass der Sohn das Haus irgendwann übernimmt.“
Narzissa konnte oder wollte es nicht einsehen. Doch Draco blieb ruhig.
„Hör mir zu, bitte, ich sage das jetzt nur noch einmal. Das Manor wie es früher war gibt es nicht mehr. Und ist auch nicht der Ort, den ich als mein Heim ansehen und erhalten würde, nach dem was alles dort passiert ist. Dieses Haus hier ist jetzt dein Heim, du hast es eingerichtet und du wohnst hier. Vielleicht auch bald wieder mit Vater. Aber für mich ist hier kein Platz mehr. Den habe ich woanders gefunden.“
„Ja, ja, ich weiß es ja. Ausgerechnet beim Helden der Nation. Ist das nicht verrückt? Der größte Feind des Dunklen Lords, der damals schon unser Leben stark beeinflusst hat, hat uns jetzt auch noch unseren einzigen Sohn genommen.“
„Sie sagen das, Mam, als wäre ich eine Heimsuchung, … etwas ganz Schlimmes. Sehen Sie das so? Sehen Sie mich tatsächlich immer noch als Ihren Feind an?“
Harry stand ganz plötzlich im Zimmer. War es tatsächlich schon so spät? Die ganze Zeit war Draco in Gedanken gewesen und hatte gar nicht bemerkt, wie rasend schnell der Nachmittag vergangen war. Und jetzt war Harry hier, um ihn zu holen. Und er hatte leider Narzissas letzte Worte mit angehört. Seine Augen waren jetzt herausfordernd auf Narzissa gerichtet. Draco spürte, dass Harry nicht gewillt war, Narzissas Vorwurf so stehen zu lassen. Trotzdem flackerte auch eine Spur Traurigkeit in seinen Augen, denn Harry war ein Familienmensch und hasste es, wenn Zwietracht und Missgunst in seinem näheren Umfeld auftraten.
„Ich habe nicht vor, Ihnen Ihren Sohn wegzunehmen“, sprach Harry weiter, da Narzissa zu Dracos Überraschung eine verlegene Miene aufsetzte und wohl nicht wusste, was sie Harry antworten sollte.
Draco missfiel das Verhalten seiner Mutter. Hatte sie so wenig dazugelernt, trotz ihrer Arbeit im Waisenhaus? Aber sein erstes Gespräch mit ihr über Harry war so typisch gewesen. Sie akzeptierte Harry vorerst an seiner Seite und hoffte doch, dass es irgendwann doch eine Schwiegertochter geben würde. Frustriert schüttelte Draco den Kopf.
„Ich kann dir nicht ganz folgen, Mutter. Erst mit Kanonen auf Spatzen schießen und jetzt plötzlich so sprachlos?“
„Das war ein Scherz“, versuchte sich Narzissa nun doch zu verteidigen.
„Schlechter Scherz“, konterte Draco. „Ich finde, du solltest Harry vielmehr herzlichst in unserer Familie begrüßen. Du hast immerhin Voldemort angelogen, um Harry das Leben zu retten, damit er uns alle von diesem Monster befreit. Harry hat auch mich befreit, er hat mit das Leben und meine Zukunft gerettet … und dabei inzwischen mein Herz erobert. Akzeptiere das, oder lass es sein. Aber in letzterem Fall verlierst du mich.“
„Draco“, warf Harry beschwichtigend ein. „Das darfst du nicht tun. Deine Mutter hat doch momentan nur dich. Sei nicht so hart.“
Draco lächelte, weil sein Harry mal wieder so reagierte, wie es typisch für ihn war. Doch ehe er etwas sagen konnte, ergriff seine Mutter wieder das Wort.
„Du hast mit allem Recht, Draco. Entschuldige, ... ich wollte wirklich nur scherzen. Weil ich es tatsächlich ziemlich verrückt finde wie sich alles entwickelt hat. Ich konnte es nicht verstehen, dass du mit ihm …, dass du mehr als Freundschaft für Mister Potter empfindest.“
Draco schnaubte, setzte zu einer Erwiderung an.
„Lass mich ausreden, Liebling“, unterbrach ihn seine Mutter mit charmantem Lächeln. „Ich konnte es nicht verstehen, bis ich eben Mister Potter hier auftauchen sah. Die Blicke, die er dir schenkt sprechen Bände. Du strahlst genauso, kaum dass du ihn siehst. Du hast von innen geleuchtet, als du mir von ihm erzählt hast. Da strahlt Liebe aus euren Augen. Ich wollte es erst nicht sehen, aber ich kann mich nicht länger davor verschließen. Es ist überraschend, aber durchaus positiv. Und ich würde mich freuen, wenn ich Mister Potter etwas besser kennenlernen dürfte. Er ist hier jederzeit willkommen. Ich werde deine Wohnung als Gästewohnung einrichten lassen. Also enttäuscht mich nicht.“
Draco runzelte erstaunt die Stirn. So ein schneller Richtungswechsel? Das war er von seiner Mutter nicht gewöhnt.
„Sie werden mir doch die Freude machen, Mister Potter?“, kokettierte Narzissa jetzt mit Harry. „Ich würde nämlich nicht nur gerne über Sie, sondern auch über die Familie Ihres Vaters mehr erfahren. Wenn ich mich recht erinnere, dann haben wir auch Potters in unserem Stammbaum ...“
Da war sie wieder, die alte Narzissa Malfoy, geborene Black. Das fand Draco jetzt sogar etwas amüsant. Auch Harry schien seine gute Laune vom Morgen wieder gefunden zu haben.
„Ich denke, unsere Verwandtschaft ist sehr entfernt, Misses Malfoy. Aber mein Patensohn ist der Enkel Ihrer Schwester. Ich schätze, schon aus diesem Grund wäre ein angenehmes Miteinander zu begrüßen.“
Das Eis schien gebrochen zu sein. Draco freute sich, dass diese Konfrontation nun doch einen positiven Verlauf genommen hatte. Narzissa lud sogar noch zu einem Tee ein, doch es war schon recht spät geworden und Harry entschuldigte sie beide, indem er erklärte, dass sie noch eine Verabredung hätten.
Draco überlegte fieberhaft, ob er etwas vergessen hatte, aber es fiel ihm nichts ein. Harry hatte seine Mutter aber sicher nicht angelogen. Sie würden heute Abend noch etwas vorhaben. Und dem verschmitzten Grinsen nach zu schließen, hatte sich Harry wohl etwas ausgedacht, das sich Draco jetzt lieber nicht vorstellen wollte, denn seine Reaktion darauf könnte verräterisch sein. Deshalb wandte er sich Narzissa zu und umarmte sie herzlich, ehe er sich eine der zwei Kisten schnappte, in denen die verkleinerten Kisten mit seinen restlichen Sachen darauf warteten, nach Hause gebracht zu werden.
Auch Harry verabschiedete sich von Narzissa, nicht ohne ihr vorher zu versprechen, bald mit Draco wiederzukommen. Narzissa war plötzlich Feuer und Flamme, dem Retter der Zaubererwelt „ihr“ Waisenhaus zu zeigen, für das sie sich inzwischen so sehr einsetzte. Sicherlich sah sie hier auch eine Möglichkeit, noch mehr Galleonen für die dort lebenden Kinder einsammeln zu können, denn dass Harry nicht unvermögend war, das wusste inzwischen die ganze Zaubererwelt. Draco war sich sicher, dass Harry ein offenes Ohr für Narzissas Anliegen haben würde. Und auch Harry war sich sicher bewusst, was Narzissa von ihm erwartete. Als er sich zu Draco umdrehte und die zweite Kiste packte, zwinkerte er ihm schelmisch zu und verließ mit Draco die Wohnung und das Haus. Wenige Momente später disapparierten die beiden jungen Männer aus dem Park neben dem kleinen Manor direkt in Harrys Mini-Garten hinter dem Grimmauldplace.
„Willkommen in deinem neuen zu Hause. Jetzt ist es ganz offiziell, Draco. Jetzt bist du endgültig kein Gast mehr.“
Harry nahm Draco seine Kiste aus der Hand und stellte sie neben die andere, die er bereits auf dem Boden neben der Hintertür platziert hatte.
„Komm, ich hab eine Überraschung für dich.“
Draco sah Harrys Grinsen, hörte seine Worte und war sofort Feuer und Flamme. Er folgte Harry ohne Widerrede, schlüpfte nach ihm durch die Tür, eilte mit ihm durch den Flur im Erdgeschoss und nahm wie er zwei Stufen auf einmal, als sie die Treppen hinaufstürmten, um so schnell wie möglich ins Schlafzimmer zu gelangen. Dort angekommen konnte Draco nur staunen, über das, was Harry hier vorbereitet hatte. Während er selbst in Malfoy Manor seine restlichen Sachen gepackt hatte und dabei seinen Gedanken nachhing, hatte Harry hier für ein romantisches Ambiente gesorgt. Draco war ziemlich angetan. Das hatte er weder erwartet, noch hätte er es Harry überhaupt zugetraut. Allerdings erinnerte er sich in diesem Moment an ihren Aufenthalt in Niagara Falls, den er damals zu einem unvergesslichen Erlebnis hatte werden lassen. Und das hatte sicher auch Harry nicht vergessen.
Die Vorhänge waren zugezogen, so dass die unzähligen Kerzen den Raum in ein schummriges, warmes Licht tauchten. Das Bett war frisch bezogen und die Decken einladend zurückgeschlagen. Vor dem Kamin hatte Harry die gemütliche Sitzgruppe, die sonst dort stand, in einen ansprechenden Essplatz verwandelt, an dem sie sicherlich gleich ein vorzügliches Dinner for Two einnehmen würden. Eine Flasche Champagner wartete darauf, geöffnet zu werden und der Beistelltisch war mit zahlreichen Platten und Schüsseln bedeckt, deren Inhalt Draco das Wasser im Mund zusammenlaufen ließ.
Die Tür zu ihrem angrenzenden Badezimmer war geöffnet. Kaum, dass Draco das ins Auge gefallen war, nahm er auch diesen wunderbaren Duft wahr, der ihn erneut an Niagara Falls denken ließ. Noch bevor er die entsprechende Frage stellen konnte zog ihn Harry zum Tisch und drückte ihn auf einen der Stühle.
„Diesmal läuft es andersrum. Erst Essen, dann Whirlpool. Ich habe uns heute Morgen einen einbauen lassen.“
Lächelnd öffnete Harry die Flasche und füllte die beiden Sektkelche, reichte Draco sein Glas und setzte sich mit dem zweiten Kelch in der Hand ihm gegenüber.
Der Gedanke, dass nebenan ein Whirlpool auf sie wartete, ließ in Draco sofort das Blut um einiges schneller durch seine Adern rauschen. Harrys Art, solche Momente ausgiebig zu genießen hatte ihm damals schon gehörig zugesetzt und er wusste noch genau wie sehr er an sich halten musste, seinen Reisegefährten nicht einfach zu vernaschen. Aber er hatte sich beherrscht und war so in den Genuss einer langen lustvollen Nacht gekommen. Er war sich sicher, dass es heute wieder so schön werden würde. Zumindest hoffte er es. Und dementsprechend erhob er voller Vorfreude sein Glas, als Harry ihm mit breitem Grinsen zuprostete.
„Ich freu' mich total, dass du jetzt endgültig hier einzogen bist. Ich hatte immer Angst, dass du doch noch auf die Idee kommen könntest, doch wieder in deine Wohnung zu ziehen, auch wenn du es immer abgestritten hast. Aber deine Mutter ist dir sehr wichtig … wenn sie dich eindringlich gebeten hätte ...“
Harrys Brauen wanderten nach oben, unterstrichen den fragenden Charakter seiner Worte.
„Sie hat mich eindringlich gebeten. Aber es wäre falsch gewesen dort zu bleiben“, antwortete Draco ehrlich.
„Keine plötzlich auftretende Unsicherheit was uns beide angeht?“, setzte Harry nach.
„Wir haben ein Jahr gut überstanden, in dem wir wirklich ständig zusammen waren. Ich fühle mich gut dabei, hier mit dir zusammen zu wohnen. Und das Haus ist schließlich groß genug, dass jeder auch mal für sich sein kann, wenn er das denn will.“
Harry nickte bestätigend, strahlte über das ganze Gesicht.
„Dann … willkommen zu Hause.“
Harrys Glas klirrte endlich glockenhell an Dracos, ehe beide das prickelnde Getränk in einem Zug leerten. Anschließend plünderten sie in aller Ruhe die Platten und Schüsseln, gerade so viel, dass sie angenehm gesättigt waren.
Fast gleichzeitig legten die beiden ihr Besteck beiseite und musterten sich mit hungrigem Blick. Draco genoss es sehr, von Harry so verwöhnt zu werden. Allerdings war es mit seiner inneren Ruhe jetzt endgültig vorbei. Er wollte ihn haben, endlich, jetzt, sofort.
Harry schien denselben Gedanken zu haben, denn beide erhoben sich gleichzeitig und standen sich zwei Schritte später direkt gegenüber. Draco packte Harry an seinem Hemd, zog ihn ungestüm an sich. Hart presste er seine Lippen auf Harrys und als er dessen Hände auf seinem Po spürte, die ihn fest und fordernd an Harrys Körper pressten, ließ er sich stöhnend in den Kuss fallen, der nun zu einem erotischen Zungenspiel wurde.
Ganz automatisch wanderten ihre Hände über den Körper des anderen, öffnete dabei Knöpfe, schoben Stoff beiseite und halfen schließlich, den anderen völlig zu entkleiden. Beide endlich nackt, war es um sie geschehen. Es war ihnen unmöglich, noch den Weg ins Bad zu finden. Sie schafften es gerade noch aufs Bett und waren wenig später in einer Woge der Lust körperlich vereint.
Eine kurze Verschnaufpause gönnten sich die beiden, ehe sie in den Whirlpool wechselten und dort für eine Weile die angenehme Massage des sprudelnden, angenehm duftenden Wassers genossen, ehe sie sich wieder der gegenseitigen Stimulation widmeten. Die in die Wanne auf einer Seite eingebaute Sitzbank bot hier die ideale Postion für einen Blowjob, was sie sich gegenseitig ausgiebig und voller Hingabe gönnten.
In angewärmte Bademäntel gehüllt verputzten sie danach noch den Rest des vorzüglichen Essens, leerten die Champagnerflasche und genossen das Dessert, das auf einen Wink von Harrys Zauberstab vor ihnen auf dem Tisch erschien.
„Wow, Harry, du verwöhnst mich ja richtig“, murmelte Draco angetan, während er die Mousse au Chocolat löffelte, die er so liebte. Harry bevorzugte dagegen Crème Brûlée, was Draco irgendwie amüsant fand, da sich sogar in ihren Desserts das Dunkle bzw. Helle in der äußeren Erscheinung des von ihnen geliebten Partners zeigte.
„Mmh, besondere Momente sollte man auch besonders feiern. Du hast unser Erstes Mal zu einem Fest gemacht, ich wollte deinen endgültigen Einzug hier besonders schön gestalten. Ich hoffe, es ist mir gelungen.“
„Mehr als gelungen“, raunte Draco und schenkte Harry einen besonders lasziven Blick, der seinem Freund gleich wieder zeigte, dass der Abend noch lange nicht vorbei war ...
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