von Jedda
Die Wochen zogen ins Land und bald standen die Osterferien vor der Tür. Noch immer wusste Remus nicht, ob er auch im kommenden Schuljahr wieder in Hogwarts unterrichten durfte und das machte ihn nervös und unruhig. Er begann, sich zurück zu ziehen, saß oft stundenlang einfach nur da und starrte ins nichts oder vergrub sich in seine Arbeit. Seine Selbstzweifel kehrten zurück.
Wenn er den Job nicht weiter machen konnte, konnte er Dora nichts bieten und wenn er den Job behalten würde, wären sie getrennt, denn sie würde wieder zurück nach London gehen müssen und ihren Job im Ministerium weiter machen. Bis zum Schuljahresende war es nicht mehr lange und ihm wurde wehmütig ums Herz, wenn er an die darauf folgende Zeit dachte. Er war so ein Trottel! Nun war er schon 34 Jahre alt und konnte nicht einmal der Frau, die er liebte, etwas bieten!
Remus saß in ihrem gemeinsamen Büro hinter dem Schreibtisch und hatte das Gesicht in den Händen vergraben, die Arme hatte er auf der Tischplatte aufgestützt. Draußen fegte der Wind um das Schloss, aber es regnete nicht. Er war allein, denn Tonks war mit Hermine und Ron ins Dorf gegangen, um ein paar Sachen zu besorgen. Eigentlich musste er Aufsätze korrigieren, aber er hatte gerade einfach keinen Kopf dafür. Das aufgeschlagene Hausaufgabenheft von Dean Thomas lag vor ihm, der dieses Mal eine ausgezeichnete Arbeit abgeliefert hatte.
Aber viel weiter war Remus noch nicht gekommen und da die nächste Stunde in Verteidigung gegen die dunklen Künste schon übermorgen war, musste er wohl oder übel Überstunden machen.
In diesem Moment ging die Tür auf und er zuckte zusammen. Dann hörte er Doras Lachen und wie sie Hermine noch etwas zu rief, bevor sie die Tür wieder schloss. Er hob den Kopf und sah sie an. In seinen Augen sah sie heute wieder wunderschön aus. Sie trug eine einfache Jeans, ein lilafarbenes Kapuzensweatshirt und dazu Schuhe mit halbhohen Absätzen. Ihre Haare glänzten in einem Dunkelblond und fielen ihr auf die Schultern, sie hatte eine Spange hineingesteckt, um ein Stück der Stirnpartie aus dem Gesicht zu halten.
Er selbst kam sich neben ihr so farblos und langweilig vor.. Er trug eine Stoffhose und sein unvermeidliches Tweedjackett – nur die Krawatte hatte er dieses Mal weggelassen. Remus hatte sich noch nie besonders hübsch gefunden und manchmal fragte er sich ernsthaft, was Dora eigentlich an ihm fand…
Doras Augen leuchteten – anscheinend hatte sie einen schönen Nachmittag in Hogsmeade verbracht. „Hey, da bin ich wieder!“ begrüßte sie ihn und er stand auf, um sie in den Arm zu nehmen und ihr einen Kuss zur Begrüßung zu geben.
Sie schmiegte ihren Kopf an seine Brust und er strich ihr zärtlich durch das Haar. „Hattest du einen schönen Nachmittag in Hogsmeade?“ fragte er.
„Ja, wir waren ein bisschen shoppen und sind dann noch auf ein Butterbier in die Drei Besen gegangen“, sie kratzte sich verlegen an der Nase. „Ich muss dir was gestehen!“
Erstaunt hob Remus die Augenbrauen. Was kam denn jetzt?
Dora kramte in ihrer Handtasche, die sie mit einem Ausdehnungszauber belegt hatte und förderte ein eingepacktes Geschenk zu tage. „Das ist für dich!“ Remus sah, dass sie rot geworden war.
„Für mich? Aber…“, da ging ihm ein Licht auf: Er hatte letzte Woche Geburtstag gehabt und er hatte ihr gesagt, dass sie ihm nichts schenken sollte. Er wäre sich einfach blöd dabei vorgekommen, etwas geschenkt zu bekommen, aber selbst nichts schenken zu können. Im Moment legte er jede Galeone an die Seite, wenn es ihm möglich war, denn er wusste ja nicht, was für Zeiten auf ihn zukommen würden. Nur von Molly hatte er ein Geschenk angenommen, denn er wusste, dass es selbst gemacht und nicht gekauft war: Sie hatte ihm eine selbst gemachte Decke geschenkt, damit er es in den Nächten in der Heulenden Hütte warm hatte. „Dora ich habe dir doch gesagt, dass du mir nichts schenken sollst…“
Der junge Metamorphmagus sah verlegen drein.
„Ja ich weiß, aber ich wollte dir eine Freude machen. Bitte nimm es doch an, ich habe es doch schon gekauft und ich möchte es nicht zurückgeben müssen!“
Remus seufzte. Sie hatte ja Recht, das musste er zugeben. Er konnte sie unmöglich zurück schicken, damit sie das Geschenk zurück gab. Also nahm er es ihr aus der Hand und setzte sich wieder an den Schreibtisch, um es zu öffnen.
Es war kein großes Päckchen, er tippte vielleicht auf ein Buch… Remus befreite die kleine Schachtel von dem Geschenkpapier und hob den Deckel ab. Zum Vorschein kam ein kristallener Silberrahmen, in dem sich ein Bild von den Beiden befand – aufgenommen auf dem letzten Schulfest, wo sie miteinander tanzten, sich verliebt ansahen und auch küssten. Albus musste dieses Foto unbemerkt gemacht haben.
„Oh Tonks…“, er sah sie verlegen an. „Das ist wunderschön, danke!“ er wollte sich schon erheben, um sie in den Arm zu nehmen, aber Tonks bedeutete ihm, sitzen zu bleiben.
Sie deutete auf das Päckchen und setzte ein geheimnisvolles Gesicht auf.
„Du hast ja noch nicht alles gesehen! Der Rest versteckt sich unter dem Bilderrahmen!“
Remus sah sie verwirrt an. Was kam denn noch?
Er runzelte die Stirn. Der junge Werwolf wollte nicht, dass sie so viel Geld für ihn ausgab! Dennoch war er neugierig, nahm den Rahmen aus der Schachtel und stellte ihn sorgfältig, so dass er nicht umfallen konnte, auf den Schreibtisch. Wenn er hier saß, so konnte er sie nun immer sehen, auch wenn sie gar nicht da war.
Unter dem Rahmen lag ein Umschlag und er nahm ihn heraus und öffnete ihn. Remus fand ein paar Flugtickets nach Deutschland vor – genauer gesagt nach Köln / Bonn für den zweiten Tag der Osterferien. Rückreisetag war eine Woche später.
Einen Moment lang war Remus sprachlos. „Tonks, du sollst doch nicht so viel Geld für mich ausgeben! Ich könnte dir niemals etwas Gleichwertiges schenken.“
Die junge Hexe trat auf ihn zu und lehnte sich neben ihn an den Schreibtisch. „Ist der Sinn eines Geschenks, dass man etwas Gleichwertiges zurückhaben möchte? Nein, Remus! Die Osterferien stehen vor der Tür und ich weiß, dass du gerne reist, darum dachte ich, wir könnten vielleicht eine Woche in Deutschland verbringen. Ich war noch nie dort und ich weiß, dass du auch noch nie dort warst und, dass du gerne reist.“ Sie sah ihn mit ernster Miene an. „Es ist mir egal, ob du mir jemals ein gleichwertiges Geschenk kaufen kannst oder nicht. Wie oft soll ich dir noch sagen, dass mir dein Geld egal ist? Ich verdiene als Aurorin genug, weswegen wir uns keine Sorgen machen brauchen!“
Es stimmte: Sie hatte es ihm mehr als einmal gesagt, dass ihr sein Geld egal war, sondern dass sie ihn so liebte, wie er war, ob arm oder reich, ob Werwolf oder Muggel.
Remus musste einsehen, dass er diese Runde verloren hatte. Dieser Punkt ging eindeutig an Tonks! Nicht zuletzt auch deshalb, weil er schon immer einmal nach Deutschland hatte reisen wollen und Köln war sicherlich eine interessante Stadt!
„Na gut, ich nehme dein Geschenk an, aber unter einer Bedingung!“ er erhob sich und stellte sich vor sie, legte die Hände auf ihre Schultern und sah ihr in die Augen.
„Und die wäre?“ fragte sie und sah ihm ebenfalls in die Augen.
„Da du den Flug bezahlt hast, möchte ich die Unterkunft bezahlen!“ Tonks wollte ihm schon widersprechen, aber er schnitt ihr mit einer Handbewegung das Wort ab. „Nein Dora, ich habe in den letzten Monaten etwas Geld an die Seite gelegt und ich möchte auch etwas zu unserer Reise beisteuern! Eine Beziehung ist ein Geben und ein Nehmen und du hast so viel für mich getan, dass ich auch einmal etwas für dich tun möchte!“
Tonks nickte resigniert. Sie wusste, dass es keinen Sinn machen würde, ihm das auszureden, also nahm sie es so hin. „Na schön, einverstanden!“
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