von Patricide
6. Dezember
„Er starrt dich an, als würde er dich jeden Moment verschlingen!“
„Du spinnst doch, er hat kein Interesse an mir.“
„Adrian Pucey hat an jedem Mädchen Interesse, Katie!“ Angelina kicherte.
Seitdem anscheinend alle Welt wusste, dass Katie Bell mehr als nur Sympathie für Adrian Pucey empfand, wurde sie regelrecht dazu gedrängt, die Initiative zu ergreifen.
Doch Katie konnte nicht. Natürlich hatte sie sich schon unzählige Male vorgestellt, was er ihr antworten würde, doch für sie war es mehr ein stiller Traum.
Sie hatten Geschichte der Zaubererei, ein äußerst langweiliges Fach. Katie Bell saß bei ihren besten Freundinnen, Angelina Johnson und Alicia Spinnet.
Wenn sie sich mit ihnen verglich, konnte sie beim besten Willen nicht verstehen, weshalb der Sprechende Hut sie damals nach Gryffindor geschickt hatte. Die beiden waren schlagfertig, mutig und selbstbewusst, das gänzliche Gegenteil zu Katie.
Klar, Katie war kein stilles Mäuschen, aber so im Zwiespalt mit sich selbst und aufgefressen von Selbstzweifeln, dass sie einfach nicht aus sich heraus kommen konnte.
Lediglich beim Quidditch war es anders, auf dem Besen fiel die Last von ihren Schultern und jede Art von Zweifel schien wie weggeblasen.
„Selbst wenn er mich auf diese Art angucken würde, Adrian kann keine Gefühle für ein Mädchen aufbauen. Das einzige,was Adrian liebt, ist das Spiel und ich habe ganz sicher nicht vor sein Quaffel zu werden, Angelina.“
„Und was wäre bitte so schlimm daran, vielleicht könntest du dann endlich aufhören ihm wie ein Knallrümpfiger Kröter hinterher zu starren“, mischte sich Alicia, taktlos wie gewohnt, ein.
„Zusammen packen, Schüler“, hüstelte Professor Binns in seiner typisch, trockenen Tonlage.
Als er seinen Satz noch nicht ganz zu Ende gebracht hatte, brach schon allgemeines Gemurmel aus. Doch Professor Binns störte sich nicht daran, denn er hatte seinen Unterricht plangemäß von Anfang bis Ende durchgezogen, das war alles was zählte.
Katie schob ihr Pergament und ihre eichenholzfarbene Schreibfeder vom Tisch und klemmte sich ihre Utensilien unter die Arme.
Sie war eine der wenigen, die in Geschichte mit schrieben, daher verließ sie meist als letzte das Klassenzimmer. Eilig hatte sie es sowieso nicht, denn in der nächsten Stunde hatten sie Zaubertränke. Ein Fach, welches Katie Haare auf den Zähnen wachsen ließ.
Sie war schon aus der alten Holztür heraus, als sie erst wieder aufblickte. Vor ihr lief Adrian. Sie wünschte sich, dass er sie nicht bemerkte. Doch jeder ihrer Schritte war durch den inzwischen beinahe leeren Gang zu hören.
Katie verfluchte sich selbst dafür, dass sie nicht mit Angelina und Alicia gegangen war.
Sie blickte stur zum Boden und versuchte jede Art von Geräusch zu unterdrücken.
Völlig unvorbereitet lief sie gegen etwa Hartes. Sie stolperte und verteilte Pergament, Tintenfass und Federkiel auf dem steinernen Boden. Katie vermutete, Peeves hätte sich mal wieder einen Scherz erlaubt und eine der alten Rüstungen mitten in dem Gang platziert. Sie sammelte ihre Unterrichtsmaterialien auf und rappelte sich langsam wieder auf. Jemand streckte ihr eine Hand entgegen. Katies Herz pochte ungesund schnell und kalter Schweiß bildete sich auf ihren Handinnenflächen. Als sie aufschaute, bestätigte sich ihre Befürchtung - Adrian. Er grinste breit und schaute sie zugleich fragend an. Sie nahm seine Hand nicht an, er sollte ihre Nervosität nicht bemerken.
„Alles gut bei dir?“ Seine Stimme war tief und seidig, sie brachte Katie förmlich um den Verstand und benebelte ihre Gedanken. Sein frischer, frühlingshafter Duft stieg ihr in die Nase. Katie fühlte sich wie ihm Himmel und zugleich war es ihre ganz persönliche Hölle.
„Ähhh, sicher doch, also, ähm.“ Katie stammelte. Diese geistreiche Bemerkung vertrieb nicht gerade Katies Schamesröte, ganz im Gegenteil.
Ihr Gesicht glühte, und sie spürte, wie sie bis zu den Ohren rot anlief. So viel also zum Thema, Nervosität vertuschen.
Adrians offenes Grinsen wich einem höhnischen Stirn runzeln.
„So, so, Katie. Ich habe gehört, dass dir meinem Anblick das Wasser im Munde zusammen läuft….“
In Katie herrschte Leere. Sie stand unter Schock und hatte nun gänzlich ihre Sprache verloren.
Ihre Sachen fielen erneut zu Boden, doch sie blieb regungslos. Panisch versuchte sie eine Lösung für diese Situation zu finden, doch ihre Gedanken waren wirr. Adrian kicherte.
„Das macht doch nichts, Katielein. Ich kann es dir nicht verdenken, mir würde es an deiner Stelle nicht anders gehen.“ Während er sprach war er Katies Körper ein ganzes Stück näher gekommen. Seine Lippen platzierte er ganz langsam und vorsichtig auf ihrem Hals und küsste ihn sanft hinab. Als Katie keine Reaktion zeigte, wanderten seine Lippen vorsichtig zu Katies Mund. Bevor er sie jedoch vereinen konnte, drehte sie ihren Kopf weg.
„Ich kann das nicht!“ Ihre Stimme war Schmerz verzogen. Katie rannte, rannte weg vor ihm und weg vor ihren Gefühlen.
Adrian Pucey war sauer. Er schnaubte. So hatte er sich das definitiv nicht vorgestellt.
Selbstverständlich war es ihm nicht entgangen, dass klein Katie Bell sich in ihn verliebt hatte. Er war kein Idiot und naive war er auch nicht. Sein Plan hätte funktionieren müssen.
Adrian trat gegen die Wand. „Bei Salazar!“
So etwas hatte noch nie jemand mit dem energischen Slytherin abgezogen.
Er bemerkte den Federkiel, das Tintenfass und die Pergamentrolle, die wohl Katie fallen gelassen haben musste.
Er grinste, denn ein neuer, ein besserer Plan setzte sich in seinem Kopf zusammen.
Adrian Pucey bekam immer was er wollte!
Katie liefen Tränen über ihre weißen, rosigen Wangen. Doch sie musste sich zusammen reißen. Sie musste zum Unterricht. Katie rannte, rannte in die Kerker.
Vor dem Klassenzimmer hielt sie inne. Ihr Atem ging schnell und ihr Herz raste.
Sie hörte Snape gewittern, wahrscheinlich hatte sich einer der Gryffindors wieder reichlich daneben benommen. Katie klopfte.
„Herein!“,schnauzte Snape, nicht weniger wütend.
Katie trat in den Klassenraum, alle Blicke waren auf sie gerichtet. Sie wollte im Boden versinken, sterben oder einfach nur weg rennen. Leider blieb ihr nichts anderes übrig, als zu verweilen.
„Gibt es einen Grund für ihre Verspätung, oder sind sie einfach nicht fähig ein Ziffernblatt zu lesen“, säuselte Snape, nasal wie immer.
„Nein, Professor.“ Katie standen alle Haare zu Berge.
„Und wo sind ihre Schulsachen?! 10 Punkte Abzug wegen Störung des Unterrichts, 5 Punkte Abzug wegen vergessener Materialien und wiederum 10 Punkte Abzug für massive Verspätung zum Unterricht!- Die Slytherins fingen an zu jubeln- Hinsetzen Bell, sie werden mir bis morgen einen drei Pergament langen Aufsatz über den Plappertrank schreiben. Mit dem kennen sie sich sicherlich bestens aus.“
Katie stöhnte und setzte sich zu ihren Freundinnen, die sie musternd betrachteten.
Am Nachmittag lief sie zu Bibliothek um ihren Aufsatz für Professor Snape anzufertigen.
Es war ein furchtbarer Tag. Am liebsten würde sie sich in ihr Bett legen und nie mehr heraus kommen.
Tief in ihren Aufsatz versunken, bemerkte sie nicht, wie sich jemand an ihren Tisch setzte.
„Ich hab dir etwas mitgebracht, Katielein.“
Sie gefror zu Eis, könnte dieser Tag noch irgendwie schlimmer werden.
Adrian Pucey lächelte sie fröhlich an.
„Ich hab dir deine Feder und dein Pergament mitgebracht, und Leberpastete!“ Er strahlte.
Katie begutachtete die Pastete misstrauisch und schaufelte sich dann etwas auf die Gabel.
Vorsichtig probierte sie. Sie schmeckte grandios.
Stillschweigend aß sie und aß sie. Katie hatte gar nicht bemerkt wie viel Zeit sie in der Bibliothek verbracht hatte und wie leer ihr Magen inzwischen war.
„Schmeckt es dir? Ich habe gehört wie viel Ärger du von Snape bekommen hast, es tut mir leid, Katie.“ Seine Stimme klang reumütig, doch überzeugen konnte er Katie nicht.
Endlich hatte sie ihre Stimme wieder gefunden. „ Wieso interessiert es dich überhaupt, Adrian?! Du solltest nicht hier sein. Ich bin dir egal, also geh! Ich möchte nicht weiterhin in deiner Gesellschaft sein.“ In ihrer Stimme lag so viel Abscheu und so viel Wut. Sie wollte Adrian jedes Wort glauben und ihm in die Arme fallen, doch sie selbst stand sich im Weg.
„Du bist mir nicht egal, Katie. Darum möchte ich nicht, dass du dich unwohl fühlst.“
Seine Stimme war leise und trocken. Er stand auf und lies eine verwirrte Katie zurück.
Adrian grinste. Es lief alles nach Plan. Er würde Katie schon noch überzeugen, dass sie ihm nicht egal war. Das war sie wirklich nicht. Doch seine Gefühle konnte er ihr nicht offenbaren, nicht einfach so. Sie würde ihm nicht glauben. Trotz dieser misslichen Lage, war Adrian durchaus glücklich, denn er wusste was passieren würde. Er war sich ganz sicher, denn er war ein Slytherin und zu dem ein Pucey. Natürlich würde alles nach Plan laufen!
Katie war inzwischen fertig mit ihrem Aufsatz und lag wie ein Häufchen Elend auf ihrem Bett. Angelina saß neben ihr und tätschelte ihr den Rücken.
„Vielleicht sagt er die Wahrheit, Katie.“
„Er ist ein Slytherin! Wie könnte ich ihm vertrauen. Es ist absurd.“ Katie putzte sich geräuschvoll die Nase.
„Wie willst du jemals glücklich werden, wenn du so stur bist? Du musst dich fallen lassen und ihm vertrauen, Katie. Was soll denn schlimmsten Falls passieren? Du kannst immer noch nein sagen. Aber ich kann es nicht mehr ertragen, wie du seit Monaten Trübsal bläst.“
Ehrliches Bedauern schwang in Angelinas Stimme mit.
„Ich weiß es nicht, ich weiß es wirklich nicht.“ Erschöpft vom Tag schlief Katie in den Armen ihrer Freundin ein.
Draußen war es eisig. Schnee lag überall auf den Ländereien von Hogwarts und es schneeregnete den ganzen Morgen. Nichtsdestotrotz musste Katie für das kommende Quidditchspiel üben. Wenn sie nicht wieder zur alten Leistung wechseln würde, müsste Wood sie austauschen. Aber Katie brauchte das Spiel zum Kopf frei bekommen, Spaß haben und Entspannen.
Sie flog einige Runden und versenkte etliche Quaffel in den Torringen. Sie fühlte sich gut, nach langer Zeit das erste Mal. Sie war wieder Katie, und zwar nicht die weinerliche, stumme Katie. Sondern die Katie, die vor Lebensfreude nur so trotzte und immer ein Lächeln auf den Lippen hat.
„Achtung, Klatscher!“ Sie erkannte die Stimme augenblicklich. Trotzdem wich sie blitzschnell dem Klatscher aus und flog elegant um die Torringe.
„Kann man nicht einmal in Ruhe Quidditch üben, Pucey?!“ Er musste ihr alles verderben. Bevor er kam, war ihr Leben in Ordnung.
„Ich habe dich gesucht, Katie Bell.“
„Ach ehrlich?! Was verschafft mir die Ehre?“ Auf ihrem Besen war Katie wie ausgewechselt. Es fühlte sich gut an nicht immer zu Stuss zu reden.
Adrian flog neben sie.
„Hör mir wenigstens zu, Katie. Am Ende kannst du immer noch nein sagen.“ Dasselbe hatte Angelina auch gesagt.
Katie schwieg. Adrian deutete es als ein Ja.
„Hör mir zu. Katie, ich liebe dich. Ich habe dich immer geliebt. Schon damals als du den Sprechenden Hut aufgesetzt hast und er deinen Kopf fast gänzlich verschlungen hat. Ich weiß nicht wieso, aber ich fühle mich zu dir hingezogen. Nein! Bleib hier!
Verstehst du das? Es ist keine Masche, es ist kein Spiel. Ich zwinge dich nicht mit mir zusammen zu sein, ich möchte, dass du glücklich bist.“ Adrian seufzte.
„Und als dann dieses Gerücht herum ging. Alle sagten, dass du in mich verliebt wärst. Ich musste meine Chance ergreifen. Sei bitte nicht sauer. Ich habe dir nach Geschichte absichtlich aufgelauert, ich wollte sehen wie du auf mich reagierst. Und zwar nicht, wenn deine Freundinnen dabei sind. Nein,ich wollte sehen wie du, Katie, reagierst. Und es hat mich in den Gerüchten bestätigt. Ich wollte zu nächst dir dort sagen, beziehungsweise zeigen, dass ich dich liebe. Doch als ich deine Reaktion sah, wusste ich, dass du mir nicht glauben würdest. Ich wollte nicht, dass du Ärger mit Snape bekommst. Es tut mir tausendmal Leid.
Marcus hat mir erzählt, was in Zaubertränke los war. Also wusste ich, dass du in der Bücherei bist. Ich wollte dir zeigen, dass du mir wichtig bist und ich mir Gedanken um dich mache. Aber du wolltest mir nicht glauben, es hat mich nicht gewundert. Also bin ich dir hier her gefolgt, denn ich hoffte, dass ich dich nur mit der Wahrheit überzeugen kann. Sei nicht so stur, Katie. “
Adrian schnappte nach Luft „Ich liebe dich.“
Anstatt ihm zu antworten, küsste Katie ihn.
In 40 Metern Höhe, es spielte keine Rolle. Auch der Regen spielte keine Rolle.
Nur noch sie zählten.
Ihr Kuss war vorsichtig, niemand wollte den Moment zerstören.
Sie lösten sich von einander und verweilten Stirn an Stirn. Froh sich endlich gefunden zu haben.
„Ich liebe dich doch auch“, flüsterte Katie.
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