„Tut mir Leid, dass die Kapitel jetzt immer ein bisschen dauern, aber ich hab im Moment einfach viel fürs Studium zu tun. Aber hier ist jedenfalls das vierte Kapitel!“
Kapitel 4-„Kreacher arbeitet nicht für Schlammblüter“
Zwei Tage später fühlte Hermine sich wieder kräftig genug, um das St. Mungo Hospital zu verlassen. Julia bemerkte zwar, dass es zu früh nach einem so starken Angriff wäre, sah aber noch während ihrer Prognose ein, dass es absolut sinnlos war. Hermines Blick verriet ihr, dass sie ebenso gut gegen eine Wand hätte reden können.
„Gut...“, nickte sie. „Aber du nimmst jeden Tag einen Stärkungstrank und sobald du dich schwach fühlst, kommst du sofort ins Krankenhaus zurück.“
„Ja, versprochen!“, willigte Hermine ein, die gerade Schritte mit Lily übte. Lily tippelte mit kleinen Sprüngen ihrer Mutter hinterher und konnte dabei fast auf ganzer Strecke das Gleichgewicht halten, bis sie sich am Bein von Hermine festhalten musste. Hermine lächelte stolz. „Na Lav? Das hat Mia aber noch nicht geschafft, oder?“
„Und wenn schon...“, gähnte Lavender unbeeindruckt. „Dafür kriegt Mia in sechzehn Jahren alle Jungs von Hogwarts ab.“ Grinsend sah sie ihre kleine, erst sechs Monate alte Tochter an, die mit großen, blauen Kulleraugen zurückstarrte. „Ja Süße, alle Jungs werden dir nachlaufen!“, prophezeite Lavender, bevor Mia laut prustete und dabei ihre Mutter voll sabberte.
Hermine und Julia begannen zu lachen. In dem Moment öffnete sich die Tür und Harry und Chris traten in den Raum hinein. Beide trugen ihre scharlachroten, mit goldenem Saum und Namenszug verzierten Aurorenumhänge. Ihre rechten Hände umklammerten mit festem Griff ihre Zauberstäbe. Beide machten einen überaus ernsten Gesichtsausdruck, selbst Chris, der für gewöhnlich immer einen Scherz auf den Lippen hatte, sah ungewöhnlich grimmig aus. Sofort verstummte das heitere Gelächter bei Hermine und Julia. Nur Lavender schien die bedrückte, ernste Stimmung nicht bemerkt zu haben.
„Da kann er sagen was er will...“, flüsterte sie. „...in dem Aufzug sieht Chris einfach zum Anbeißen aus...“ Julia warf ihr einen scharfen Blick zu und sie verstummte sofort. Lavender erkannte, dass die Situation nicht passte. Harry seufzte tief.
„Gut, dann wollen wir aufbrechen. Mine, du nimmst mit Lily den Bedarfs-Portschlüssel!“, erklärte er und drückte ihr einen großen, grünen Apfel in die Hand. „Eigentlich befördern sie ja nur eine einzige Person, aber bei einem Kleinkind wie Lily wird das schon gehen.“
„Warum soll sie nicht einfach apparieren?“, fragte Lavender ahnungslos.
„Weil ich sicher bin, dass Voldemort bereits Spitzel im Ministerium hat, und es wird ein Kinderspiel für ihn sein, die Transportwege zu überwachen. Bedarfs-Portschlüssel sind die einzig geschützte Art zu reisen.“ Mit ernstem Blick sah er Hermine an. „Keiner soll wissen, dass du unterwegs bist.“
„Harry, ich werd mich aber nicht mein ganzes Leben lang verstecken.“, stellte Hermine klar.
„Natürlich nicht, Süße. Aber erst mal sollst du heil und unbeschadet zum Grimmauldplatz kommen. Dann sehen wir weiter, okay?“
„Okay.“, nickte Hermine und brachte ein kleines Lächeln zustande.
„Ich appariere zuerst.“, fuhr Harry fort. „Dann kommen Lily und du mit dem Portschlüssel. Dann appariert Chris zu uns. Verstanden?“
Alle nickten, selbst Lavender und Julia, die am Plan gar nicht beteiligt waren.
„Gut, dann bis gleich.“ Harry runzelte die Stirn und begann sich zu konzentrieren, doch bevor er noch disappariert war, löste er die Anspannung wieder, trat mit schnellem Schritt auf Hermine zu, schlang einen Arm um ihre Hüfte und drückte ihr einen schnellen, stürmischen Kuss auf die Lippen. Als er sich schließlich wieder von ihr trennte und ihre Münder den Kuss lösten, schaute ihn Hermine mit einem breiten Lächeln und wie verzaubert an.
Nachdem Harry am Grimmauldplatz aufgetaucht war, fühlte er viele Male sein Herz aufgeregt schlagen, bevor plötzlich direkt neben ihm Hermine mit der kleinen, überrascht und verwirrt schauenden Lily auftauchte.
„Siehst du Süßer, nichts passiert.“, lächelte sie. „Lily und ich sind unverletzt und ich sehe nicht einen Schwarzmagier in der Nähe.“
„Umso besser...“, murmelte Harry und blickte weiterhin immer wieder in alle Richtungen, als rechnete er damit, jeden Augenblick angegriffen zu werden. Doch alles war absolut ruhig. Kein Todesser erschien. Im Gegenteil: Chris erschien wie aus dem Nichts neben ihnen. Kaum war er da, richtete Harry drohend seinen Zauberstab auf ihn.
„Chris: Wie heißt das Schiff von Owen.“
„Jenny.“, antwortete Chris ruhig. „Ist das etwa eine Art, seinen alten Aurorenkumpel zu begrüßen?“ Harrys Gesichtsmuskeln entspannten sich und ein leichtes Lächeln bildete sich auf seinem Mund. Chris besah neugierig die Häuser.
„So, und wo ist jetzt Nummer 12?“, fragte er. „Ich sehe nur 11 und 13.“
„Hier Chris...“, murmelte Harry und drückte ihm einen Pergamentzettel in die Hand. „Wo ich weiß, dass du es bist...durchlesen und einprägen!“ Chris entfaltete das Pergament und las. Kaum war er am Ende angekommen, berührte Harry mit der Spitze seines Zauberstabs den Zettel und er ging vor ihren Augen in Flammen auf. „Dumbledore ist der Geheimniswahrer. Nur wer es von ihm erfahren hat, kann das Haus finden.“, erklärte Harry. „Du bist jetzt einer der wenigen, Chris.“
Chris nickte, und fast augenblicklich danach erschien das große Herrenhaus der Blacks.
Chris begleitete die beiden nicht in das Anwesen hinein, sondern disapparierte zurück ins St. Mungo um Lavender und Mia wieder in sein eigenes Haus (das er mittlerweile auch mit stärksten Schutzzaubern versehen hatte) zu bringen. So betraten Harry und Hermine alleine mit erhobenen Zauberstäben das Haus. Mit der Linken hatte Hermine Lily bei der Hand genommen, als sie sie in den dunklen, leicht muffig riechenden Flur führte.
[/i]„Homenum Revelio!“[/i], hauchte Hermine und ein silbernes Schimmern breitete sich von der Spitze ihres Zauberstabs aus. Ein paar Sekunden des Schweigens vergingen, in denen nur das gespannte Atmen von Harry und Hermine und ein wenig Gebrabbel von Lily zu hören waren, dann atmeten sie auf: Kein anderer Mensch hielt sich im Anwesen der Blacks auf.
„Wir sind allein!“, meinte Hermine erleichtert. Wie um ihren Satz zu widerlegen, war plötzlich im Stockwerk über ihnen lautes Gepolter zu hören.
„Wir sind nicht allein!“, rief Hermine alarmiert und zog instinktiv ihre Tochter näher an sich heran.
„Ich weiß, wer das ist.“ , nickte Harry. Er hob den Kopf und räusperte sich, bevor er mit tiefer, gebieterischer Stimme „Kreacher!“, rief. Ein Knall ertönte und vor ihnen erschien eine kleine, geduckte Gestalt mit faltiger, schlaffer Haut, einer hässlichen Schnauze, großen Fledermausohren aus denen dicke, weiße Haarbüschel wuchsen und in nichts als einen völlig verdreckten Lederschurz gehüllt.
„Dieser Potter-Junge schon wieder...“, murmelte Kreacher und seine riesigen, blutunterlaufenen Augen verengten sich zu Schlitzen. „Keine Ruhe für mich...der arme Kreacher kann nicht in Ruhe mit seiner Herrin allein bleiben...“ Kreacher wandte sich von der kleinen Familie ab und wollte den Gang hinunter schleichen, als Harry ihn jedoch zurückrief, musste er gehorchen. Sirius hatte Harry alles vererbt. Er war nun Kreachers Meister.
Als er den hässlichen, gänzlich unverträglichen Hauselfen betrachtete, fühlte er plötzlich eine wütende Erregung in ihm aufflackern. Es war zwar schon Jahre her, aber es war das erste Mal, dass er Kreacher seit seinem Kaminbesuch im fünften Schuljahr zu Gesicht bekam. Damals, als der Hauself ihn so frech belogen hatte, was Harry dazu brachte im Ministerium einzudringen, was indirekt Sirius' Tod verursacht hatte. Er fühlte, wie seine Muskeln sich anspannten. Am liebsten hätte er Kreacher einen Schlag auf die große, fleischige Nase verpasst. Ganz anders als er reagierte seine Tochter: Lily fand den Anblick des alten Hauselfen offenbar höchst unterhaltsam und stieß ein glockenhelles Lachen aus, als sie ihn sah.
„Sogar ein Potter-Balg gibt es jetzt...“, grummelte Kreacher und betrachtete das immer noch vor Heiterkeit kichernde Mädchen mit bösem Blick. „Wenn das meine...“
„Deine Herrin ist jetzt ganz egal, Kreacher. Sie lebt nicht mehr. Jetzt bin ich dein Herr. Und wehe, du nennst meine Tochter noch einmal ein Balg!“
Kreacher zischte irgendetwas, was nach einer äußerst rüden Beleidigung klang.
„Wie du vielleicht weißt, hat Sirius vor seinem Tod mir das Anwesen der Blacks vererbt.“, fuhr Harry ungerührt fort, ohne von Kreachers Einwand Notiz zu nehmen. „Ich habe Hermine geheiratet und ich werde mit meine Frau und meiner Tochter nun hier einziehen.“
„Ein Schlammblut soll im Haus meiner Herrin wohnen?“, empörte sich Kreacher.
„Nenn Hermine nicht Schlammblut!“, rief Harry gereizt.
„Ist schon okay...“, murmelte Hermine schwach. „Es ist ja nicht das erste Mal, ich hab mich inzwischen dran gewöhnt.“
„Nein, es ist nicht okay!“, stellte Harry klar. „Er muss gewisse Sachen einfach lernen, oder er fliegt raus!“ Harrys Gesicht machte einen erfreuten Ausdruck. „Ich muss ihm ja nur etwas zum Anziehen schenken und wir sind ihn los!“
„Nein! Er hat viel vom Orden erfahren und auch wenn das inzwischen schon lang her ist, ist es zu riskant, ihn einfach gehen zu lassen.“
„Du hast Recht...daran hatte ich gar nicht mehr gedacht. Dann kann er sich ebenso gut nützlich machen und uns was zum Mittagessen kochen.“
„Harry, so darfst du nicht mit Kreacher reden!“, tadelte ihn Hermine vorwurfsvoll und beugte sich zu dem Hauselfen hinunter. „Wir werden dich natürlich für deine Hilfe bezahlen, Kreacher!“, meinte sie freundlich und legte eine Hand auf seine Schulter.
„Elendes Schlammblut!“, zischte Kreacher und schlug mit der flachen Hand kräftig in Hermines Gesicht, sodass sie zu Boden fiel.
„Harry, lass das!“, rief sie, als sie sich wieder aufgerappelt hatte. Harry hatte den Hauselfen am Kragen seines zerschlissenen Leibchens gepackt, gegen die Wand gedrückt und schlug ihm mit aller Kraft mitten ins Gesicht. Der Hauself gab einen dumpfen Schmerzenslaut von sich und aus seiner Nase spritzte Blut hervor. „Harry, lass das!“, rief sie noch einmal und rüttelte an seinem Arm, sodass Harry Kreacher tatsächlich losließ und dieser flach auf den Teppich fiel.
„Warum hast du das getan?“, rief Harry und richtete drohend seinen Zauberstab auf Kreacher.
„Das Schlammblut hat Kreacher beleidigt.“, erklärte Kreacher trocken während er sich aufrappelte und vorsichtig seine lädierte Nase betastete. „Das Schlammblut hat Kreacher angeboten, ihn zu bezahlen. Das Schlammblut hat Kreachers Ehre verletzt.“ Aus den Augenwinkeln sah Harry, wie Hermine ebenfalls den Zauberstab auf ihn richtete.
„Episkey...“, flüsterte sie, und Kreachers Nase rückte gerade und das Blut verschwand aus seinem Gesicht.
„Pass auf, Kreacher: Du weißt, dass Sirius mir alles vererbt hat, das bedeutet, ich bin jetzt der Herr vom Grimmauldplatz Nummer 12 und dein Meister. Hast du das verstanden?“
Kreacher grummelte etwas das sich nach „Wenn meine arme Herrin das wüsste...“, anhörte.
„Hast du das verstanden?“, wiederholte Harry nachdrücklich.
„Ja, Meister.“, nickte Kreacher, wenn auch widerwillig.
„Also wirst du meinen Befehlen Folge leisten.“
Hermine, die gerade Lilys Hand ergriff , wirbelte herum und sah ihn streng an.
„Harry, so kannst du nicht...“
„Ja, Meister.“
„Du wirst Hermine nie wieder anrühren. Und du wirst ihren Befehlen ebenfalls Folge leisten!“
Kreacher sah auf und blickte Hermine böse an.
„Kreacher wird niemals auf dreckige Schlammblüter hören!“
„Kreacher, das Wort Schlammblut ist in diesem Haus ab jetzt verboten, hast du das verstanden?“, fragte Harry gereizt.
„Ja, Meister...“, brummte er.
„Hermine ist meine Frau. Unsere Ehe ist magisch besiegelt. Also bist du ebenso verpflichtet ihr zu dienen wie mir.“
„Harry, ich mag es nicht, wenn du so...“ Doch nach einem Seitenblick von ihm verstummte sie wieder.
„Und deshalb wirst du auch Hermine dienen, die du von jetzt an nur noch „Madam“ oder „Mrs. Potter“ nennen wirst, hast du verstanden, Kreacher?“
Kreacher gab ein rasselndes Geräusch von sich. Harry hob die Stimme und wiederholte sich, lauter und eindringlicher, wobei er jedes Wort stark betonte.
„Hast du verstanden, Kreacher?“
„Ja, Meister!“, presste Kreacher hervor und machte eine leicht spöttische Verbeugung, erst vor Harry, dann vor Hermine. „Kreacher wird dem Meister und...“, er ließ ein kräftiges Husten ertönen, „...und Mrs. Potter dienen.“
„Gut, dann wirst du uns jetzt etwas zum Mittagessen kochen.“, befahl Harry. „Und es soll schmecken und auch nicht vergiftet oder in sonst irgendeiner Weise gefährlich sein. Und es tut mir Leid, dass ich dich geschlagen habe, Kreacher.“, fügte er rasch mit dem Gedanken bei Hermine hinzu. Für einen Moment lang sah Kreacher ihn mit einem merkwürdigen Gesichtsausdruck an, dann verschwand er mit einem lauten Knall und augenblicklich drang aus der Küche das Geräusch von klappernden Töpfen zu ihren Ohren.
„Wenigstens hast du dich entschuldigt!“, meinte Hermine stirnrunzelnd.
„Hermine, er hat es verdient!“, schnaubte Harry. „Nichts gegen deinen Belfer-Kram, aber er ist ein widerwärtiger Kerl. Er hat dich geschlagen und Schlammblut genannt.“
„Erstens heißt es B.ELFE.R. und zweitens will ich nicht gutheißen, was er gemacht hat, aber es ist nicht nur seine Schuld, Harry.“
„Ach ja, welche dann? Etwa meine?“
„Jetzt mach dich nicht lächerlich! Natürlich nicht. Aber die Familie Black hat ihn immer sehr mies behandelt und Sirius hat auch nicht gerade...“
„Sag nichts gegen Sirius!“, brüllte Harry sie an.
Einen Moment lang sah Hermine ihn sprachlos an, dann drückte sie Lily an sich und flüsterte:
„Komm Lily. Wenn Daddy sowieso nur rumbrüllen möchte, dann können wir auch woanders hingehen. Lass uns das schönste Zimmer für dein Bettchen aussuchen, ja Süße?“
Und ohne Harry noch eines Blickes zu würdigen, schritt sie mit hoch erhobenem Kopf die Treppenstufen hinauf. Harry blickte ihr zitternd nach, den Zauberstab immer noch fest umklammert.
Langsam lehnte er sich zurück, bis er an der Wand anstieß. Er hatte Hermine nicht anbrüllen wollen. Aber dass sie hier, auch noch in diesem Haus, schlecht von Sirius sprach, hatte seine ohnehin schon völlig überreizten Nerven nur noch mehr traktiert. Harry seufzte und stieg ebenfalls die Treppen hoch.
„ELENDE BLUTSVERRÄTER! UND DAS IM HAUS MEINER VORVÄTER! DRECKIGE SCHLAMMBLÜTER!“ Die Vorhänge von Mrs. Blacks Porträt hatten sich geöffnet und voller Wut schrie sie aus Leibeskräften Harry an, der sich gerade an ihrem Gemälde hatte vorbei schleichen wollen.
„Mrs. Black, das ist jetzt mein Haus!“, erklärte Harry. „Ihr Sohn Sirius hat es mir vererbt...“
„Verfluchter Sirius! Elende, Blutsverräter!“
„Und ich habe es ebenso auf meine Frau Hermine eintragen lassen.“, fügte Harry trotzig hinzu.
„Ein elendes Schlammblut als Besitzerin vom Haus meiner Vorväter?“, wetterte Mrs. Black. „Dreckige Blutsverräter! Verfluchtes Schlammblut mit strubbeligen Haaren!“, schrie sie und deutete aus dem Rahmen ihres Bildes heraus auf Hermine, die ein paar Schritte hinter Harry aus einer der Türen herausgekommen war.
„Meine Haare sind nicht strubbelig!“, widersprach Hermine beleidigt. „Harry, sind meine Haare strubbelig?“
„Ähm...“, machte Harry und wusste nicht, auf welche der beiden Frauen er sich nun konzentrieren sollte. Er starrte auf Hermines kastanienbraune Locken, die ebenso wie immer ein bisschen buschig aussahen, was ihr aber, wie er fand, wirklich ausgezeichnet stand. Doch die Antwort wurde ihm erspart, als Mrs. Black in einen neuen Tobsuchtsanfall von Blutsverrätern und Schlammblütern verfiel. Mit einem Schlenker seines Zauberstabs ließ Harry endlich wieder die Vorhänge vor das Porträt wehen und die Schreie verstummten.
„Sind meine Haare strubbelig?“, wiederholte Hermine.
„Nein!“, antwortete Harry rasch. „Na ja...ein bisschen.“
„Es war windig draußen!“, rechtfertigte sich Hermine. „Und ich hab auch viel Stress in letzter Zeit und einiges zu tun!“ Harry musste plötzlich laut loslachen und Hermine stimmte mit ein.
„Wo ist Lily?“, fragte er schließlich.
„Schläft. Sie ist ganz erschöpft von der Aufregung.“
„Meinst du sie ist wach geworden?“, meinte Harry besorgt und deutete auf das inzwischen verdeckte Bild von Sirius' Mutter.
„Ich hab einen Isolations-Zauber auf das Zimmer gelegt.“, antwortete Hermine. „Und zwar so, dass Geräusche zwar heraus, aber nicht herein dringen können. Ich wollte, dass sie völlig ruhig schlafen kann.“
„Gute Idee...“, nickte Harry. Verlegen kratzte er sich am Kopf. Eine peinliche Stille brach zwischen den beiden aus. Doch auch Hermine schien sich zu schämen, sie drückte immer wieder nervös die Finger ihrer Hände zusammen.
„Ich wollte dich nicht anbrüllen, Mine!“, rief Harry schließlich.
„Schon in Ordnung...“, meinte Hermine. „Ich hätte nicht schlecht von Sirius sprechen dürfen. Das war unfair von mir. Verzeihung.“ Harry ergriff ihre Hand, zog sie ein wenig näher an sich heran und drückte ihr einen kurzen Kuss auf die Lippen.
„Ich will nur, dass du und Lily in Sicherheit seid!“, flüsterte er sehr eindringlich. „Ihr beide seid meine Welt, ohne die ich nichts mehr machen könnte. Und wenn jemand dich oder unsere Tochter beleidigt oder sogar schlägt wie Kreacher vorhin, dann kann ich mich nun mal nicht beherrschen. Du weißt ja, dass ich manchmal aufbrausend bin. Und in diesen Momenten erst Recht.“
„Schon in Ordnung...“, wiederholte Hermine. „Du brauchst dich nicht zu entschuldigen. Hast du dir schon überlegt, welches unser Schlafzimmer werden soll?“, fragte sie, um ihn ein wenig auf andere Gedanken zu bringen. „Ich hab Lily erst mal in das Zimmer gebracht, in dem Ginny und ich damals geschlafen haben.“
„Ich möchte gern in mein altes Zimmer hier einziehen.“, erklärte Harry rasch. „In dem Ron und ich geschlafen haben.“ Hermine nickte. Sie verstand gut, dass das große Schlafzimmer direkt unter dem Dach nicht infrage kam, da dort zuletzt Sirius gewohnt hatte. Es würde noch ein bisschen dauern, bis Harry den Tod Sirius' gänzlich verdaut hatte. Es war zwar schon gut fünf Jahre her und Harry hatte bei seinem zweiten Besuch in der Halle des Todes die Gelegenheit bekommen, sich zu verabschieden, aber der Grimmauldplatz, an dem einige der viel zu wenigen gemeinsamen Erlebnisse von Harry und Sirius hingen, ließ alles von Neuem wieder aufbrechen.
Das Zimmer, in dem Harry und Ron damals geschlafen hatten, war weitaus größer, als Harry es in Erinnerung hatte. Immerhin konnte es zwei Betten bequem Platz bieten. Natürlich war eine Zentimeterdicke Staubschicht auf den Möbeln und auch die Spinnen hatten es sich mittlerweile hier bequem gemacht. Phineas Nigellus glitt ganz weit an den Rand seines Gemäldes heran, als ein besonders dickes Exemplar sich sein Porträt hinab hangelte. Ron wäre in Ohnmacht gefallen.
„Sein Gemälde hängen wir aber zu!“, bestimmte Harry. „Ich hab keine Lust darauf, dass uns der Typ noch auf die Nerven geht.“ Phineas Nigellus streckte ihm beleidigt die Zunge entgegen.
„Immerhin haben wir eine schnelle und einfache Verbindung zu Dumbledore.“, warf Hermine ein. Auch ihr streckte der Mann im Gemälde die Zunge entgegen.
Mit einem lauten Knall erschien Kreacher vor den beiden.
„Das Essen wäre angerichtet.“, meinte er und machte wieder eine tiefe, spöttisch wirkende Verbeugung vor ihnen. „Wünschen Sie im Esszimmer zu dinieren oder soll ich es Ihnen hoch bringen?“
„Wir kommen runter, Kreacher.“, antwortete Harry knapp. „Danke.“
Wieder machte Kreacher eine lächerliche Verbeugung und verschwand erneut mit einem lauten Knall.
„Wer weiß, vielleicht macht ihm das noch eines Tages Spaß.“, lachte Harry. „Wollen wir Lily schlafen lassen?“
„Ich denke ja.“, meinte Hermine. „Sie hat den ganzen Tag noch nicht geschlafen und es war viel Aufregung für sie. Ich werd sie später füttern. Sie kann das was Kreacher gekocht hat ja vermutlich eh nicht essen.“
„Wir wahrscheinlich auch nicht.“, lachte Harry und nahm Hermine bei der Hand und ging mit ihr hinunter.
Harrys Befürchtungen erwiesen sich jedoch als unnötig: Der gebratene Lachs mit Salzkartoffeln und grünem Salat den Kreacher ihnen missmutig auftischte, erwies sich als vorzügliches Mittagessen und Harry und Hermine griffen mit großem Appetit zu. Hermine lobte Kreachers Kochkünste, doch der Hauself hatte ihnen den Rücken zugekehrt und mit lautem Pfeifen begonnen die Töpfe zu scheuern. Harry zuckte mit den Schultern und warf Hermine ein aufmunterndes Lächeln zu, bevor er sich ein weiteres Mal von den Kartoffeln nahm.
Wenn Du Lob, Anmerkungen, Kritik etc. über dieses Kapitel loswerden möchtest, kannst Du einen Kommentar verfassen.
Zurück zur Übersicht - Weiter zum nächsten Kapitel