von BlackDragon
Nachdem halbwegs alle Wogen geglättet waren, stieg die Beziehungstemperatur von Harry und Hermine wenigstens wieder auf ein „Frostig mit Aussicht auf Besserung in den nächsten Tagen“. Harry gab sich alle Mühe, Hermine bei allem zu unterstützen und gab den devoten Diener, wenn es darum ging, die täglichen Arbeiten zu erledigen. Doch Hermine ließ sich nicht erweichen. Sie war mittlerweile darüber hinweg gekommen, dass Harry wieder dem Elderstab nachjagte, doch dass er sie wie ein kleines, unwissendes Mädchen behandelt hatte, wollte sie ihm nicht so leicht verzeihen.
Außerdem wies sie immer wieder beharrlich darauf hin, dass sie mit den Horkruxen nicht wirklich weiter gekommen waren.
Harry zermarterte sich das Hirn, irgendein Gedanke hatte sich in den letzten Tagen eingeschlichen, leise, zu leise, um ihn fassen zu können.
Irgendetwas hatte es ausgelöst. Ein Gespräch zwischen Ron und Hermine, die nun auffällig freundlich zu Ron war, während sie Harry links liegen ließ. Es war um Geld gegangen, dann die Bank Gringotts. Doch Harrys Gedanken waren unstet dieser Tage, immer wieder wurde sein Denken vom Elderstab beherrscht. Harrys Besessenheit nervte seine Freunde nur noch und der nächste Streit war nur noch eine Frage der Zeit. Die Frage was als nächstes zu tun war, war so elementar wie die Frage nach „links oder rechts“. Welchen Weg sollten sie wählen?
Als Harry wieder einmal den Elderstab erwähnte, unterbrach ihn Luna in ihrer verträumten Art.
„Wusstest Du eigentlich, dass der Elderstab zu den Heiligtümern des Todes gehört?“ Mit großen Augen starrte Harry sie an. „Die was? Heiligtümer des…“ Luna nickte. „Genau, die Heiligtümer des Todes. Daddy könnte dir so viel über sie sagen. Er hat die Legenden studiert und weiß alles darüber. Es sind wohl drei, einer davon soll der Elderstab sein.“
Harry blickte immer noch ungläubig und wusste nicht so recht, ob er das eben Gehörte ernst nehmen sollte. Hermine war wie immer sofort skeptisch. Sie lehnte alles was von Mr. Lovegood, dem Herausgeber des „Klitterers“, kam. In ihren Augen war der „Klitterer“ pure Verschwendung von Papier. So viel Nonsens auf einmal wie in einer einzigen Ausgabe des Magazins gab es ihrer Meinung nach nirgendwo in so geballter Form. Doch sie enthielt sich einer abfälligen Äußerung und hörte Luna zu.
„Ja, Daddy weiß alles. Er hat die Zaubererwelt sogar in einem Artikel seiner Zeitung darüber aufgeklärt, wie die Heiligtümer des Todes sogar schon in „Die Märchen von Beedle dem Barden“ erwähnt werden. „Was?“ Hermines Ruf hallte laut durch das Zelt.
„Na „Die Märchen von Beedle dem Barden“, ich weiß ja nicht, ob Du das als Muggelstämmige kennst, aber mein Dad sagt, die Märchen enthalten so viele Andeutungen und Wahrheiten.“
Harry und Ron blickten Luna nun unverwandt an, die Ungläubigkeit aus ihren Blicken war völlig einem regen Interesse gewichen.
Hermine kramte nun fieberhaft in Ihrer Handtasche, um kurz darauf das ihr von Dumbledore vermachte Exemplar des Buches hervorzuziehen.
„Siehst Du Luna, ich habe es! Wir kennen das Buch und wir haben auch schon oft darüber gerätselt, warum Dumbledore es mir vererbt hat!“ Mit glühenden Wangen hielt sie Luna das Buch. Diese nahm es ihr aus der Hand und schlug es interessiert auf.
„Ja, das ist das Buch.Interessant.“ Sie blätterte ein wenig darin herum, ehe sie es bedauernd zuschlug und es an Hermine zurückgab. „ Tut mir leid. Ich kann Euch nicht viel mehr sagen. Aber wenn wir zu meinem Dad gehen, sagt er Euch bestimmt alles darüber!“
Harry triumphierte förmlich. „Was hab ich Euch gesagt? Der Elderstab, ich muss ihn haben. Mit ihm habe ich eine Chance ...und stellt Euch einmal vor, ich habe die Heiligtümer beisammen, dann, dann…“ Harrys Augen glühten.
„…wärst Du unbesiegbar!“ vollendete Ron den Satz für ihn „und Du könntest IHN besiegen!“
Hermine hielt das Buch noch in den Händen und drückte es gegen ihre Brust, während sie sich auf einen Stuhl setzte. „Ich weiß nicht Harry. Das klingt viel zu… fantastisch…“ Sie schüttelte bedächtig den Kopf. „Außerdem sind da immer noch die Horkruxe.“ Harry blickte sie verständnislos an.
„Hermine, verstehst Du nicht. Wir hätten eine Waffe und ich hätte eine Chance. Wir… ich könnte es schaffen!“ Er starrte immer noch zu seiner Freundin, die sich nun nicht mehr rührte und ihn nur stumm anblickte.
Harry eilte zu ihr und hockte sich vor sie hin. Vor Aufregung zitterte er. „Wenn das alles stimmt -wovon ich ausgehe- und uns Mr. Lovegood die entscheidenden Hinweise geben kann, wo wir die Heiligtümer finden können, dann…“ Er löste Hermines Hände vom Buch und nahm sie in seine, wobei es zu Boden polterte. „Hermine, denk doch mal… ich… wir könnten es schaffen… wir könnten es wirklich schaffen… wir haben zum ersten Mal eine echte Aussicht auf eine gemeinsame Zukunft!“ Hermine traten Tränen in die Augen.
„Oh Harry, hast Du bisher nie an eine Zukunft für UNS geglaubt?“ Die Frage stand zwischen ihnen und Harry nicht fähig, seiner Freundin noch länger in die Augen zu schauen.
Ron unterbrach die eintretende Stille. „Also ich bin auch dafür. An die Heiligtümer zu kommen, meine ich.“ Mit Blick auf Hermine gerichtet fügte er noch an „Und dann suchen wir die Horkruxe. Das sollten wir nicht aus den Augen verlieren!“
Insgeheim war Luna auch auf Hermines Seite, aber sie war so sehr von dem Gedanken beseelt, ihren Vater wiederzusehen, dass auch sie sich dahingehend äußerte, dass man „wirklich erstmal ihren Dad besuchen müsse, um mehr über die Heiligtümer des Todes zu erfahren.“
In ihrem Inneren war sie davon aber gar nicht überzeugt.“ Heiligtümer des Todes“ schon der Begriff war ihr unangenehm und klang nach nichts Gutem. Sie empfand nicht, dass am Tod an sich etwas heilig war. Zuviel Leid und Schmerz und Tod hatten sie alle erlebt, seitdem Voldemort wieder an der Macht war. In ihr sträubte sich alles gegen die sogenannten Heiligtümer, aber die Aussicht Ihren Vater wiederzusehen überwog alles andere. Sie freute sich so darauf, ihn zu sehen, ihm zu erzählen, was ihr alles passiert war, dass sie jetzt mit ihren Freunden unterwegs war, dass sie trotz der widrigen Umstände glücklich war. Ja, sie war glücklich, glücklich bei Harry, Hermine und Ron zu sein, glücklich, wie sie es seit dem Tod ihrer Mutter nicht mehr gewesen war.
Früh am Morgen waren sie aufgebrochen, ehe noch das erste Tageslicht erwachte. Sie hatten beschlossen, in einiger Entfernung zum Heim der Lovegoods in einem kleinen Wald zu apparieren und den Rest des Weges zu Fuß zurückzulegen.
Ron hoffte, seinen Eltern einen Besuch abstatten zu können, wovon ihn seine Freunde dringend abrieten. Die Weasleys wurden mit Sicherheit überwacht und sollte Ron dort auftauchen, könnte dies zu größeren Problemen führen. Doch Ron wollte nicht so leicht aufgeben.
„Lasst mich doch. Außer Harry nehmen wir doch alle Vielsafttrank, mich wird keiner erkennen!“
Hermine schüttelte den Kopf. „Ich denke immer noch, dass das Risiko zu groß ist. Man erwartet von uns nicht, dass wir bei den Lovegoods Auftauchen, aber bei deinen Eltern… das ist ganz was anderes.“ Harry wollte Hermine nicht unterbrechen, seiner Meinung nach, waren sie auch bei den Lovegoods gefährdet, schließlich wusste die „Gegenseite“, dass Luna mit ihnen unterwegs war. Aber für die Informationen über die Heiligtümer des Todes war er auf jeden Fall bereit, das Risiko einzugehen.
Während sie den Wald verließen, hörten die Diskussionen nicht auf. Ron war nicht davon abzubringen, den Fuchsbau besuchen zu wollen. Letztendlich musste eine Entscheidung getroffen werden. Erstaunlicherweise machte letztlich Hermine den Vorschlag, dass sie Ron begleiten würde, da er sich gar nicht von seinem Vorhaben abbringen ließ. Sie hatte eh nie vorgehabt, Mr. Lovegood zu besuchen. Sie war immer noch der Meinung, dass die Horkruxe Vorrang vor allem anderen haben sollten. Harry hielt dagegen, dass er zwar nicht Ron aufhalten könne und die Gefahr eh allgegenwärtig sei, aber er es doch lieber hätte, wenn Hermine ihn begleite und Ron allein ginge. Dies sei schließlich weniger auffällig.
Luna war schon ein paar Meter weiter gegangen und warte nun ungeduldig auf die drei. „Ach Ron, komm doch mit zu meinem Dad. Danach können wir immer noch zu deinen Eltern. Den Fuchsbau habe ich mir auch nie anschauen können.“
Harry unterbrach sie, „das ist doch kein Sonntagsausflug hier. Ron, wenn Du wirklich gehen willst –-und ich weiß, wie Du dich fühlst- dann geh jetzt. So viel Zeit haben wir nicht. In ungefähr einer Stunde hört der Vielsafttrank auf zu wirken. Bis dahin müssen wir bei Mr. Lovegood sein. …oder aber im Fuchsbau“, er nickte Ron zu.
Hermine fasste Harry am Arm. „Du hast Recht. Eigentlich ist es egal, wohin wer geht. Für uns ist es überall gefährlich.“ Sie drückte Harry und hauchte ihm einen flüchtigen Kuss auf die Wange. „Ich gehe mit Ron, wie gesagt. Irgendwie hab ich das Gefühl, dass niemand von uns allein gehen sollte.“ Sie löste sich von Harry. „Außerdem, Du weißt, was ich von Mr. Lovegood und seinen Ansichten halte. Ich würde nur stören.“ Die letzten Worte hatte sie Harry zugeflüstert, so dass Luna diese unmöglich hören konnte.
Harry wollte nun weitere Abschiedsszenen vermeiden und trieb alle an. „Also gut. Ron, Hermine, wir sehen uns dann spätestens heute Abend wieder im Wald an unserem Ankunftsort. Wenn irgendetwas passieren sollte, wird bis Mitternacht gewartet und dann muss jeder allein zurechtkommen… was wir aber nicht hoffen wollen“ betonte er noch einmal laut. Dann folgte er eilig der ungeduldig wartenden Luna und warf sich im Laufen seinen Tarnumhang über. Als es langsam hell wurde, hatten die Vier sich schon längst aus den Augen verloren.
Für Unbeteiligte sah es so aus, als ob ein altes Pärchen einen frühmorgendlichen Sonntagsspaziergang über die Felder unternahm, nur dass sie sich für ihr Alter in einem erstaunlichen Tempo bewegten. Eine beachtliche Strecke weiter kämpfte sich ein kleiner Junge tapfer voran und niemand sah den unsichtbaren Begleiter, der hinter ihm her hastete.
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