Harry wachte am Morgen viel zu früh auf. Da er aber nicht mehr einschlafen konnte beschloss er, hinunter in die Grosse Halle zum Frühstück zu gehen. Ron liess er schlafen.
In der Grossen Halle angekommen sah er Hermine am Gryffin-dor Tisch sitzen und gesellte sich zu ihr. Sie blickte von ihrem Tagespropheten auf und begrüsste Harry mit einem kurzen „Morgen“. Harry erwiderte ihren Gruss und schaufelte sich dann zwei Spiegeleier und eine Gabel Speck auf den Teller.
Die beiden sprachen kein Wort mehr miteinander, bis sich die Halle etwas füllte. Zuvor waren sie am Gryffindor Tisch alleine gewesen und die einzige noch anwesende Person war Pansy Parkinson gewesen. Und die konnte ihnen, wenn man bedachte, dass Ritas Artikel schon für genügend Aufmerksamkeit um Harrys und Hermines angebliche Beziehung gesorgt hatte, wirklich gestohlen bleiben.
Es war besser, wenn sie in ihrer und auch Dracos Anwesenheit weniger zusammen sprachen. Sonst würden ihr womöglich noch schönere Gedanken kommen.
Als sich die Halle etwas füllte und es durch das Wirrwarr von Wörtern nicht mehr möglich war, die Worte, welche am Gryffin-dor Tisch gesprochen wurden, am Slytherin Tisch zu hören, er-fasste Hermine das Wort.
„Hast du heute schon was vor?“, fragte sie, den Blick nun nicht mehr auf ihren Tagespropheten gerichtet sondern auf Harry.
Harry schüttelte den Kopf, „Nein. Wieso meinst du?“.
„Ach nur, weil...ich dachte, wir könnten heute mal wieder was zusammen unternehmen. Den Ruf als Hogwarts‘ Traumpaar ha-ben wir schon, da können wir auch zusammen rumlaufen.“
Harry lachte. Und auch Hermine konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen.
„Ja, ist in Ordnung.“, sagte Harry und wollte eigentlich noch die Frage anhängen, wieso Hermine unbedingt mit ihm allein sein wollte, doch Ron kam ihm dazwischen.
„Hey! Seit wann seit ihr hier?“, fragte Ron und füllte sich seinen Teller gleich bis fast zum Überlaufen. Harry zuckte mit den Schultern und widmete sich wieder seinem Frühstück.
Auch Ron zuckte mit den Schultern und begann zu essen.
Etwas später stand Hermine auf und sagte, sie müsse noch kurz in die Bibliothek. Für Harry war das das Zeichen für „In zehn Minuten bist du beim Hauptausgang.“
Harry stand kurz danach ebenfalls auf und sagte Ron, dass er sich ein leeres Klassenzimmer suchen würde um seine Hausaufgaben zu machen. Das sollte Ron davon abhalten, ihm zu folgen und funktionierte prächtig.
Als er beim Hauptausgang war sah er Hermine schon auf ihn warten, was bedeutete, dass er ihre Botschaft richtig gedeutet hatte. Super, wenn Rita das wüsste hätte sie noch einen tollen Grund, ihn und Hermine als Paar zu bezeichnen. Also hoffte Harry nur, dass sie nichts derartiges mitbekommen würde.
Sie gingen in Richtung See und als sie genug weit vom Schloss entfernt waren, dass niemand, vor allem nicht Malfoy oder Pansy Parkinson, sie sehen konnte, verschlangen sie ihre Hände ineinander und gingen, eine Weile schweigend, dem See ent-lang.
Die Ruhe war jedoch von kurzer Dauer. Nach einer Weile ergriff Hermine das Wort und stellte Harry genau die Frage, die er am wenigsten hören wollte.
„Seit wann bist du eigentlich in Cho Chang verliebt?“. Mist. Das hatte Harry erwartet. Jedoch noch nicht jetzt und vor allem nicht von Hermine. Er spürte, wie er enorm schnell errötete und mied Hermines Blicke. Vergebens. Er wusste, dass er ihr die Frage früher oder später beantworten musste und so wollte er es lieber gleich hinter sich bringen.
„Weiss nicht so genau. Wie hast du es gemerkt?“. Harry hatte gehofft, dass Hermine auf die letzte Frage eine ganz plausible Erklärung bereit hatte, doch sie beantwortete ihm die Frage mit genau der Antwort, die Harry weder hören noch wahrhaben woll-te.
„Es ist total offensichtlich“, sagte Hermine ziemlich ungerührt. Harry spürte sein Gesicht noch röter werden. Wieso musste unbedingt Hermine merken, was er für Cho Chang empfand? Sie war ein Mädchen. Und wenn es ihr aufgefallen war, dann hiess das ziemlich sicher auch, dass es einigen anderen Mädchen aufgefallen war. Oder war er doch nicht so auffällig gewesen und nur Hermine, die ihn so gut kannte, hatte es gemerkt. Ganz egal. Tatsache war, dass es kein Geheimnis mehr war. Nicht vor Hermine. Und es war, wie Harry gerade auffiel, auch das einzige Geheimnis gewesen, welches er vor Hermine überhaupt gehabt hatte, bis sie es eben herausgefunden hatte.
Harry schüttelte den Gedanken ab und wandte sich wieder Hermine zu. Sie schaute Harry an, als wollte sie ihm sagen, dass sie die ganze Situation zum Schreien komisch fände, weil es so offensichtlich war, und er es trotzdem nicht gemerkt hatte, dass er auf Cho stand.
Harry schaute Hermine einen kurzen Moment in die Augen, dann fingen sie beide an zu lachen, aus Gründen, die wohl ziem-lich viel mit Harrys offensichtlicher Verliebtheit und Hermines Talent, praktisch Harrys Gedanken zu lesen, zu tun hatten.
Nach einem kurzen Moment wurden sie wieder ernst und Harry stellte Hermine eine Frage, die er nicht mal Ron gewagt hätte zu stellen.
„Wenn sich irgendwann die Gelegenheit ergeben sollte, nur so aus Zufall, soll ich sie küssen?“. Hermine, die die Frage wahrscheinlich hatte kommen sehen, lachte kurz und drehte Harrys Gesicht mit ihrer Hand anschliessend so um, dass sie sich direkt in die Augen schauten.
„Wenn du es wirklich willst und dir wirklich sicher bist, dass du sie liebst, dann solltest du es sogar tun, ohne auf die richtige Situation zu warten.“, sagte Hermine, der Ernst war in ihre Stimme zurückgekehrt und Harry richtete den Blick nicht von ihren Augen ab. Hermines Gesicht war so dicht vor seinem, wie zuvor noch nie.
„Meinst du das ernst?“, fragte Harry, mehr um die drückende Stille die eingetreten war zu unterbrechen und viel weniger, weil er daran zweifelte, dass Hermine ihre Antwort ernst gemeint hatte.
Hermine nickt nur und löste den Blick dann wieder von Harry. Auch er wendete sich wieder von ihr ab und blickte auf den Schwarzen See.
Den Blick immer noch auf den Schwarzen See gerichtet, fragte Harry, „Kann ich dich mal was fragen, Hermine“. Harry spürte sein herz schneller schlagen und wurde nervös, wegen dem, was er gleich fragen wollte.
„Klar“, sagte Hermine und wendete ihr Gesicht wieder Harry zu. „Wie war dein erster Kuss?“.
Überrascht über die Frage blieb Hermine abrupt stehen und schaute Harry eindringlich an.
„Wieso fragst du?“, stellte sie ihm eine Gegenfrage und nahm wieder Schritt auf. Harry wusste ganz genau, warum er sie das gefragt hatte, aber den Grund dafür hätte er ihr eigentlich am liebsten verschwiegen.
„Naja, weisst du, wenn ich es tatsächlich schaffen würde, Cho zu küssen dann wäre das...“
„...dein erster Kuss“, beendete Hermine den Satz für ihn und Harry starrte sie erstaunt an. Woher wusste sie das?
Harry wollte sie das gerade fragen doch sie kam ihm zuvor.
„Naja, also weisst du, bei mir gab‘s zuvor auch noch keinen Kuss.“, sagte sie und blickt, gespielt interessiert, an Harry vorbei auf den See. Harry war erstaunt über das, was Hermine gerade gesagt hatte. Er konnte sich gerade noch davon zurückhalten „Wie bitte?“ zu sagen und scaute ihr stattdessen einfach nur in die Augen.
„Aber falls die Frage darauf hinausgeht, was du machen musst, dass Cho sich vielleicht auch in dich verliebt, wenn du sie küsst, kann ich dir die Frage trotzdem beantworten.“, sagte Hermine und starrte jetzt nicht mehr an Harry vorbei.
„Wirklich?“, fragte Harry und seine Bemühungen, nicht allzu erstaunt zu klingen, nützen nichts.
„Naja also ich kann dir sagen, wie man mich küssen müsste, damit ich mich eventuell in jemanden verliebe. Keine Ahnung ob es bei Cho gleich ist aber es gibt eine Möglichkeit, mit der du praktisch jedes Mädchen rumkriegen würdest.“
Harry schaute Hermine wieder direkt in die Augen und versuchte diesmal gar nicht, nicht erstaunt zu wirken.
„Bleib mal stehen“, befahl Hermine und hielt Harry ganz vorsichtig zurück. Sie liess seine Hand los, die sie bis jetzt die ganze Zeit festgehalten hatte. Harry wusste nicht genau, was Hermine vorhatte aber ihn beschlich so eine Art Vorahnung und sein Puls stieg mit enormer Geschwindigkeit.
„Leg die rechte Hand auf meine linke Schulter“, befahl sie und Harry macht, was sie ihm gesagt hatte. Er spürte Hermines Puls und war beruhigt, dass er nicht der einzige war, dessen Puls mindestens um die hundertdreissig herum war.
„Und jetzt die linke Hand um meine Hüfte“, sagte Hermine und legte gleichzeitig ihre Hände um Harrys Hals. Ihm wurde viel zu spät bewusst, dass sie seinen Puls so wunderbar fühlen konnte und ihr schnell klar werden würde, wie nervös er war.
Sie schaute sich einen Moment in die Augen, dann sagte Hermine, fast schon flüsternd, „Wenn du Cho küsst machst du einfach genau das gleiche wie jetzt gleich, nur mit dem Unterschied, dass ich jetzt dich küsse und du dann aber sie küssen musst, klar.“
Harry nickt und ihm wurde erst jetzt richtig klar, dass sich seine Vermutungen bewahrheiteten.
Ganz instinktiv schloss er die Augen und wenige Augenblicke später spürte er Hermines Lippen auf den seinen.
Er erwiderte Hermines Kuss und vom einen zum anderen Moment wäre es ihm sogar egal gewesen, wenn Draco Malfoy und Pansy Parkinson und, von ihm aus auch noch Rita Kimmkorn, sie beobachtet hätten.
Geschätzte zwei Minuten später lösten sich Hermines Lippen wieder von den seinen und die beiden blickten sich an. Sie liessen beide ein leises „Wow“, von sich hören und Harry konnte die Erleichterung spüren, die in ihm aufkam.
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