von EuroMaster2008
Als Ron und Ginny in den Garten des Fuchsbaus apparierten, herrschte dort vollkommene Stille. Sie spürten die Schwere, die in der Luft lag, als sie den schmalen Pfad zur Haustür hinaufgingen. Sie wussten, dass die Stimmung in diesen Räumen nicht so sein konnte, wie in der übrigen Zauberwelt. Zu viel hatten die Weasleys bei diesem Kampf verloren. Die Trauer war groß. Nicht nur wegen Fred, sondern auch wegen all den anderen Verlusten, die dieser langjährige Kampf gefordert hatte.
Ginny hätte sich gewünscht, dass Harry in diesem Moment an ihrer Seite stehen würde, doch sie wusste, dass er es in diesem Augenblick nicht machen konnte.
Als Ron die Tür zum Fuchsbau aufmachte, fühlte er bereits im tiefsten Inneren die Erdrückung. Auch Ginny ging es nicht besser. Zwar hatte sich seit ihrem letzten Besuch an Weihnachten nichts verändert, doch man spürte die Lücke, die Fred hinterlassen hatte.
Die Uhr, die Mr. Weasley von seinem Großvater bekommen hatte, zeigte 8 Zeiger auf „Zu Hause“. Nur ein einziger, der von Fred, zeigte auf einen kleinen Zauberer in der linken unteren Ecke, der einen Zettel in der Hand hatte auf dem die Worte „bei mir“ eingraviert waren.
Ginny konnte kaum Luft holen. Sie hatte diesen kleinen Zauberer noch nie beachtet, doch jetzt erfüllte genau dieserZauberer sie mit so viel Schmerz.
Molly kam aus der Küche gerannt. Sie hatte die Tür gehört und wollte zu ihren Kindern. Der Kampf und der Verlust hatten ihre Zeichen auf dem Gesicht der Frau hinterlassen. Sogar eine Narbe war an ihrer Wange zu erkennen. Eine Narbe, die sie sicherlich weg hätte zaubern können, aber es nicht tun wollte. Sie nahm ihre Kinder in den Arm und führte sie zur Küche, dort wo auch die übrige Familie saß.
Arthur, der noch schlimmer aussah, saß am Kopf des großen Tisches und hatte ein Glas voll mit Feuerwhisky. Er trank das ganze Glas in einem Ruck aus und goss sich bereits das nächste Glas ein als Ron und Ginny Platz nahmen.
Molly ging zu ihrem Mann und brachte ihn davon ab, das erneut aufgefüllte Glas auszutrinken.
Rechts neben ihm saßen Bill und Fleur. Auch bei ihnen hatte der Kampf Spuren hinterlassen. Spuren, sowohl sichtbare als auch unsichtbare.
Keiner der am Tisch sitzenden sprach. Sogar Percy war angeschlagen. Noch vor einigen Wochen hatten sie hier alle gesessen und über die Zeit nach dem Krieg gesprochen. Keiner von ihnen konnte sich vorstellen, dass diese so sehr herbeigesehnte Zeit so schmerzhaft für die Familie werden könnte.
In diesem Augenblick hörte Mrs. Weasley wieder Schritte im Garten, doch jetzt erwartete sie keinen mehr. Sie verließ die Gruppe der Trauernden und ging wieder zur Tür.
Vor der Tür standen drei gestalten. Alle waren Molly bekannt doch sie hatte nie geglaubt, dass alle diese Menschen zu ihr kommen würden, jetzt wo noch so viel Arbeit vor Ihnen stand. Doch sie hatte sich geirrt. Die erste, die sprach war Minerva:
„Molly, ich weiß, dass es jetzt eine schwere Zeit für euch alle ist und doch hatte ich das Bedürfnis hierher zu kommen und euch im Namen der Zaubererwelt zu danken. Die Opfer, die du und deine Familie gebracht haben, waren enorm. Deshalb bitte ich dich, nimm das hier als Andenken an all eure Verluste.“ McGonagall überreichte der sichtlich mitgenommen Frau eine kleine lila Samtschatulle. Als sie die Schatulle öffnete erkannte sie, was darin war. Das Abzeichen des Ordens des Merlins, worauf folgendes eingraviert war:
‚Fred Weasley‘
‚Für seine selbstlose Opferung‘
Tränen flossen nun über Mollys Gesicht. Der ganze Kummer, das ganze Leid, alles, was sie die letzten Wochen in sich hineingestopft hatte, hatte nun einen Weg nach außen gefunden. Minerva nahm sie tröstend in den Arm, doch auch diese Geste der tiefsten Freundschaft und Trauer konnte Molly Weasley nicht aus ihrer jetzigen Verfassung bringen.
Schritte kamen nun aus dem Speisezimmer und Ron, Percy und Bill standen auf einmal hinter ihrer Mutter, die immer noch versuchte sich zu beruhigen. George, der zwar auch aufgestanden war, blieb im Hintergrund, er wollte es einfach nicht wahrhaben. Minerva gab Molly frei, diese drehte sich zu ihren drei Söhnen und nahm sie in den Arm.
In der Zwischenzeit verbrachten die Grangers einige schöne Tage in Australien, auch wenn Hermines Gedanken immer wieder bei Ron und seiner Familie waren. Auch sie hatte Verluste gehabt, doch nicht so tiefgründige wie die Familie Weasley. Es ist immer schwer geliebte Menschen zu verlieren, doch Hermine war stark. Einen Abend davor hatte sie ihren Eltern alles erzählt. Nun kannten sie die ganze Geschichte und sie hatten eine Entscheidung getroffen. Schon am nächsten Tag würden sie zurück nach England aufbrechen. Auch Canice, die bis jetzt noch nie in ihrem Leben Australien verlassen hatte, freute sich darauf und natürlich wollte sie den Freund ihrer großen Schwester kennenlernen, sagte sie am Abend vor ihrer Abreise zu Hermine im Vertrauen. Hermine, die nach dem ersten Schock die kleine Canice ins Herz geschlossen hatte, zeigte ihr auch ein paar einfache Zauber wie Lumos. Es war ihr zwar bewusst, dass ihre Schwester nie zaubern werden können, doch sie versuchte so eine Verbindung zu ihr aufzubauen.
Harry hingegen genoss die Einsamkeit in seinem neuen Zuhause, obwohl auch er ziemlich oft an Ginny dachte. Besonders die langen Abende, die er auf der kleinen Terrasse hinter dem Haus verbrachte, fühlte er wie sehr sie im fehlte. Doch es würde nicht mehr lange dauern bis er sie wieder im Arm halten konnte.
An einem besonders heißen Abend, Harry saß mit einem Glas Rotwein auf der Terrasse und lauschte den Geräuschen der Nacht, klopfte es wieder an seiner Haustür. Er stand auf und ging zur Tür. Cowl hatte er beigebracht, dass es nicht nötig sei in diesem Haus als Diener oder gar als Sklave zu arbeiten und daher musste der Elf an diesem Abend auch nicht an die Tür. Als Harry die Tür öffnete sah er 4 Gestalten vor sich, die mit einigen Koffern bepackt waren.
„Hermine“, sagte er fröhlich „bist du wieder zurück?“
„Ja“, antwortete Hermine ihm „wir sind alle zurück. Du kennst ja meine Eltern noch?“
„Deine Eltern schon, aber wer ist die Kleine, die dir so ähnlich sieht?“
Er wartete nicht erst auf eine Antwort. Das hatte Zeit. Er bat seine Gäste ins Haus und nahm ihnen ihre Sachen ab. Mit einer Schwungvollen Bewegung seines Zauberstabs verschwanden die Koffer und er führte sie ins Wohnzimmer. Im Kamin loderte das Feuer.
Hermine war von diesem Anblick begeistert. Sie hatte sich nicht erträumen können, dass Harry es schaffen könnte in so kurzer Zeit das ganze Haus auf den Kopf zu stellen.
„Wie hast du das denn geschafft?“, fragte sie beiläufig.
„Erzähle ich dir später, aber zuerst, was darf euch bringen? Nach der langen Reise seid ihr bestimmt Müde und…“
„Wir sind appariert oder wie das heißt“, sagte das kleine Mädchen und schnitt damit Harrys Wort.
„Das, Harry, das ist Canice, meine kleine Adoptivschwester.“
„Deine was?“, fragte Harry.
„Es ist eine lange Geschichte und ich werde sie irgendwann erzählen.“
Canice jedoch ließ Hermine nichts erzählen. Sie zuckte an ihrem Hosenbein und fragte sie leise, ob Harry ihr Freund wäre. Hermine lachte nur kurz und sagte ihr, dass das nicht der Fall wäre.
In der Zwischenzeit war auch Cowl erschienen und hatte Getränke gebracht. Feuerwhisky für die Erwachsenen und Kürbissaft für Canice.
„Sir“, sagte der Elf freundlich „ich werde dann das Essen erst später servieren, da sie anscheinend noch etwas Zeit brauchen werden“
„Danke Cowl“, sagte Harry.
"Harry wieso hast du einen neuen Elfen? und Überhaupt wieso brauchst DU einen Elfen?" Hermine war empört. Sie, die sich so für die Rechte von Hauselfen eingesetzt hatte, war nun in einem Haus, wo ein Hauself arbeitete.
"Er gehört mir nicht Hermine", sagte Harry "Snape hat ihn mir vererbt."
"Snape?" Hermine schaute ihm nur in die Augen und sagte nichts weiter.
Nach dem köstlichen Abendessen, das Cowl ihnen allen serviert hatte, saßen die Grangers und Harry noch einige Zeit im Wohnzimmer und redeten über alles Mögliche. Die kleine Canice war hin und weg von den Geschichten, die Hermine und Harry erzählten und für einige Stunden vergaßen die beiden auch, dass sie schon bald auf eine sehr schmerzhafte Trauerfeier mussten.
Am nächsten Morgen brachen die fünf auch schon zum Fuchsbau auf. Auch dieses Mal apparierten sie. Sie landeten weich auf dem Rasen in der Nähe des Fuchsbaus. Es sah fast so aus als schliefen die Bewohner noch, doch so war es nicht. Als die fünf auf das Haus zugingen öffnete ihnen Molly bereits die Tür und lief in ihre Richtung. Zuerst nahm sie Harry und Hermine in den Arm und dann begrüßte sie die übrigen Grangers. Als sie Canice sah schaute sie für einen Moment schief, doch ihr Gesichtsausdruck veränderte sich wieder und sie bat die Leute in ihr Haus.
In der Küche saßen bereits Bill, Fleur und Percy. Arthur war bereits aus dem Haus, da es etwas sehr wichtiges im Ministerium zu erledigen gab. Als sich die Grangers und Harry an den Tisch gesetzt hatten kam auch schon Ginny die Treppe hinuntergelaufen und fiel Harry um den Hals. Da nichts anderes von oben zu hören war, entschuldigte sich Hermine und ging hinauf um Ron zu wecken. Canice folgte ihr natürlich.
Oben angekommen, klopfte sie an Rons Tür wartete aber nicht bis er antwortete, sondern öffnete sie und ging hinein. Das Zimmer war so wie es immer war. Nichts hatte sich hier verändert. Noch immer schmückten die Poster der Quidditchmannschaften die Wände. Canice gab einen erstaunten Laut von sich, denn sie hatte bis jetzt noch keine beweglichen Poster gesehen.
Ron schnaubte kurz, doch dann war er hellwach, als er erkannte, wer dort stand. Hermine lächelte in an und sagte:
„Guten Morgen Schlafmütze.“
Ron wollte sie grade nach unten ziehen, doch da bemerkte er, dass sie nicht allein im Zimmer war
„Wer ist das?“, fragte er erschrocken.
„Ach das, das ist Canice, meine Adoptivschwester“, lächelte ihn Hermine an.
Das Mädchen gab keinen Ton von sich, sie schaute sich nur Ron in seinem Pyjama an.
„Canice, das ist mein Freund Ron“, sagte Hermine.
Die kleine öffnete ihre Augen weit, doch sie sagte nichts weiter.
In der Zwischenzeit brachte Mrs. Weasley ihren Gästen Tee und Gebäck. Auch wenn die Atmosphäre am heutigen Tag etwas aufgelockerter wirkte, in den Augen aller sah man noch die Verluste, die sie erlitten hatten. Auch die Eltern von Hermine waren traurig. Zwar kannten sie die Familie Weasley nicht so gut, doch sie fühlten den Schmerz den Molly Weasley spürte.
Die Beerdigung von Fred war für den nächsten Tag geplant. Es würde nur eine kleine Runde engster Freunde und der Familie teilnehmen. Obwohl sich das Ministerium und besonders Minerva McGonagall dazu geäußert hatten, Fred eine Helden Begräbnis zu geben, lehnten Arthur und Molly strick ab.
Am Abend vor der Beisetzung trafen dann auch die anderen Gäste ein. Alle sprachen über Fred und erzählten sich gegenseitig Anekdoten aus seinem Leben. George, der anfing sich an die neue Realität zu gewöhnen, machte sogar noch ein paar Witze, die die ohnehin schon sehr düstere Stimmung etwas verbesserten.
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