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Fanfiction

Slytherin Hearts - ...sich befreien

von SaphiraMalfoy

@madame_x : macht nichts, ich habe momentan selbst viel um die Ohren und kenne das nur zu gut.. in meinem Posteingang (auf FF.de und im Fressenbuch) sind Mails, die ich seit Wochen endlich mal beantworten sollte, aber ich komme nicht dazu/kann mich nicht dazu durchringen. Also brauchst du dich nicht für fehlende Kommentare zu entschuldigen^^ gar kein Problem. Ich hoffe, bei dir legt sich der Stress allmählich ;)
So, jetzt kannst du auch weiterlesen und ich glaube, dieses Kapitel ist relativ in sich geschlossen... und ein positiver Lichtblick :‘D wuhu.
Danke, dass du dir trotz deiner persönlichen Differenzen die Zeit genommen hast, mir ein paar Zeilen zu hinterlassen. Das weiß ich wirklich zu schätzen!


„Nothing, just bitches ruining my life.“ - Draco in A very Potter Sequel


______________________________________


„Draco?“, erklang neben ihm plötzlich eine Stimme, die er nicht sofort zuordnen konnte, und als er sich umwandte, um zu sehen, wer ihn angesprochen hatte, stutzte er verwundert.
„Was?“, erwiderte er gereizt und musterte das Mädchen neben sich kurz, ehe er wieder ins Leere starrte und inständig hoffte, sie möge sich kurz fassen, da er Wichtigeres zu tun hatte als ein bedeutungsloses Pläuschchen mit Astoria Greengrass zu halten.
„Du siehst so niedergeschlagen aus. Bedrückt dich etwas?“, fragte die auf wundersame Weise erblondete Schülerin mit zuckersüßer Stimme und Draco stöhnte genervt auf.
„Ach, nichts“, entfuhr es ihm. „Nur verdammte Miststücke, die mein Leben ruinieren!“ Im selben Augenblick ärgerte er sich darüber, die Frage überhaupt beantwortet zu haben, aber irgendwo musste er seinen angestauten Frust endlich ablassen.
„Hast du Streit mit Pansy?“ Mitfühlend legte Astoria ihm eine Hand auf die Schulter und strich mit den Fingern sacht darüber. Es war nur eine winzige Geste, doch sie tat so gut, dass Dracos innerer Widerstand augenblicklich in sich zusammenfiel wie eine in die Luft gesprengte Backsteinmauer: eben noch undurchdringlich, jetzt nichts weiter als Schutt und Asche...
„Nein, wir haben uns getrennt“, sagte er und verschwieg, dass Pansy mit ihm Schluss gemacht hatte und dies nicht in seinem Sinne gewesen war (aber was spielte das schon für eine Rolle?).

Nein, wir haben uns getrennt. Es war die gleiche Lüge, die er Pansy in den Sommerferien aufgetischt hatte, nur mit dem Unterschied, dass er im Moment tatsächlich nicht mehr in einer Beziehung war und keineswegs beabsichtigte, Astoria damit herumzukriegen. Weder entsprach sie seinem Typ noch hatte er Lust darauf, sich gleich in die nächste sinnlose Affäre zu stürzen. Abgesehen davon stand er nicht sonderlich auf jüngere Mädchen... Aber Astoria strahlte eine solche Unbeschwertheit und Leichtigkeit aus, dass es schwer war, sich in ihrer Nähe nicht wohl zu fühlen.
Es tat gut, einfach nur über belanglose Alltagsdramen zu quatschen, anstatt stets einsam in seinen verzweifelten Gedanken gefangen zu sein. Natürlich durfte er die oberste Priorität nicht aus den Augen verlieren, doch konnte er nicht pausenlos darüber nachgrübeln und musste seinem Gehirn auch mal eine Auszeit gönnen.

„Oh, das tut mir leid“, antwortete Astoria und lächelte ihn aufmunternd an. Das hinterlistige Funkeln in ihren Augen bemerkte der Blonde dabei nicht, sah nur das aufrichtig fröhliche Gesicht und spürte, wie die innere Anspannung, die ihn beherrschte, langsam abflaute und einer angenehmen Ruhe wich. Wie lange war es her, dass ihn irgendjemand auf diese Art angesehen hatte? Herzlich, unbekümmert und liebevoll. Kein Vorwurf lag in ihren weichen Zügen, keine Trauer, Wut, Enttäuschung, Angst, Verletzbarkeit, oder dergleichen. Astorias Lächeln erschien ihm aufrichtig und kein bisschen gekünstelt wie beispielsweise bei Saphira, die es verstand, auf eine abartige Weise zu lächeln, die einem die Nackenhaare zu Berge stehen ließ und bei der man nie ganz sicher wusste, welche Absicht dahinter steckte. Wann hatte Saphira schon vollkommen zufrieden ausgesehen und es ehrlich gemeint? Sie war nichts weiter als eine elende Heuchlerin, eine anstrengende und undurchschaubare Person, von der Draco partout nicht loskam. Doch sie tat ihm nicht gut, zermürbte den jungen Magier; und ihr unverständliches Verhalten bereitete ihm auch jetzt noch Kopfschmerzen. Sein Liebeskummer fühlte sich an wie die üble Nachwirkung einer berauschenden Droge, ein Delirium von dem er sich selbst nach Monaten nicht erholt hatte; und jedes Mal, wenn er Saphira begegnete, den Suchtstoff vor Augen geführt bekam, nach dem er sich so sehr verzehrte, wurde ihm auf schmerzhafte Weise bewusst, dass es noch immer nicht überstanden war, er sie liebte, brauchte, zurückhaben wollte und wenn es ihn selbst zerstörte, er an ihrem destruktiven Wesen zerbräche. Ohne dass es ihm bewusst gewesen war, hatte er sich von ihrem im höchsten Maße selbst- und fremdzerstörerischen Verhalten mit in den Abgrund reißen lassen, war gefallen, ihr verfallen, hinabgestürzt, und schaffte es nicht mehr, der düsteren Faszination zu entfliehen, welche dieses Mädchen auf ihn ausübte. Doch er musste sich von ihr lossagen, sonst ginge er daran zugrunde.

„Das muss dir nicht leid tun“, murmelte Draco, wobei er sich vorkam wie eine kaputte Schallplatte, die immer wieder dieselbe Liedzeile abspielte. „Wir haben uns nicht gestritten. Es machte nur keinen Sinn mehr. Das ist alles“, fügte er hinzu, um das Déjà-vu Erlebnis zu komplettieren. Die Situation ähnelte der anderen oberflächlich betrachtet auf groteske Art, aber das Gefühl, welches ihn im Augenblick überkam, war ein gänzlich anderes. Gerade war er nicht im Begriff, jemanden zu betrügen und verlassen, fühlte sich nicht stark und erhaben, sondern war sitzen gelassen worden und nicht länger froh darüber, den Auftrag des Dunklen Lords erhalten zu haben. Es waren nur noch gut drei Wochen bis zu den Weihnachtsferien und bislang hatte der junge Magier nichts erreicht. Nicht das Geringste. Bei dem Gedanken daran wurde ihm speiübel.
Auch die Trennung nagte schwer an seinem Ego. Nie zuvor hatte ein Mädchen mit ihm Schluss gemacht und obwohl er Pansy nicht geliebt hatte, saß die bittere Kränkung tief.

„Bedauernswert... Aber wenn ihr nicht zusammen gepasst habt, ist es eben so“, antwortete Astoria mit einem lässigen Schulterzucken und rückte ein Stück näher an ihn heran, während ihr Lächeln noch ein wenig breiter wurde. „Gehst du am Wochenende auch nach Hogsmeade? Wenn du möchtest, könnten wir zusammen etwas trinken gehen. Was meinst du?“, schlug sie vor und für den Bruchteil einer Sekunde dachte Draco daran, Ja zu sagen, bis ihm einfiel, dass dies nicht möglich war.
„Nein“, erwiderte er und auf dem Gesicht der jüngsten Greengrass-Schwester zeichnete sich die Enttäuschung so deutlich ab, dass es Draco beinahe erschreckte. So offene Gefühlsbekundungen war er schon gar nicht mehr gewohnt. Zu viel Zeit mit jemandem wie Saphira zu verbringen, ging offensichtlich nicht spurlos an einem Menschen vorbei.
„Das würde ich gerne“, warf er schnell ein und meinte jedes Wort ernst. „Aber ich muss nachsitzen.“ Plötzlich wurde ihm gewahr, dass dies vielleicht gar nicht so übel war, denn immerhin hätte er das perfekte Alibi, sollte man ihn verdächtigen, etwas mit dem - hoffentlich geglückten - Mordanschlag auf den Schulleiter zu tun zu haben.
„Ich verstehe.“ Die Erleichterung der Viertklässlerin war unverkennbar. „Dann werde ich wohl meinen ursprünglichen Plan in die Tat umsetzen und zum Frisör gehen. Ich dachte daran, mir Locken machen zu lassen, was meinst du?“, fragte sie und fuhr sich mit den Fingern spielerisch durch die strohblonden Haare, was anscheinend ein Flirten andeuten sollte, Draco jedoch nur amüsiert eine Augenbraue anheben ließ. Das Mädchen war so kindlich ungalant, dass es fast schon wieder niedlich war, aber absolut nicht seinem Typ entsprach. Trotzdem war sie ihm nicht unsympathisch. Ihre Haarfarbe hingegen gefiel ihm ganz und gar nicht und er vermutete, richtig in der Annahme zu gehen, dass dies nur ein plumper Versuch war, in sein Beuteschema zu passen. Kein sonderlich guter allerdings, denn hätte sie besser aufgepasst wäre ihr bewusst gewesen, dass Saphira das einzige hellblonde Mädchen war, mit dem er eine Beziehung geführt hatte und ausgerechnet ihr zu gleichen, brachte Astoria bei Draco keine Punkte.

„Um ehrlich zu sein, steht dir das Blond überhaupt nicht“, sagte er und hoffte, sie würde den Wink mit dem Zaunpfahl verstehen, denn er hatte keine Lust darauf, sich mit einer schlechten Doppelgängerin Saphiras abzugeben.
Spinnst du eigentlich?, meldete sich eine entrüstete Stimme in seinem Kopf zu Wort. Du solltest über wichtigere Dinge nachdenken als die Frisuren irgendwelcher Weiber! Doch Draco ignorierte die Mahnung, lehnte sich zurück und genoss die Aufmerksamkeit der Jüngeren. Nur für einen Nachmittag wollte er die Banalität des Alltags spüren und ein paar Stunden lang nicht hoffnungslos vor dem Verschwindekabinett verzweifeln.

+

Während Draco und Astoria sich in ein immer angeregteres Gespräch vertieften, betrat Saphira, deren letzte Unterrichtsstunde Alte Runen gewesen war, den Gemeinschaftsraum. Gedanklich schon fast bei ihren Hausaufgaben steuerte sie auf den Schlafsaal zu, weil sie ihr Zaubertrankbuch holen wollte, um den Aufsatz für die morgige Stunde in der Bibliothek zu beenden, als ihr Blick auf die beiden blonden Gestalten fiel, die dicht beieinander auf einer Couch in der Nähe des Kamins saßen. Abrupt blieb Saphira stehen und starrte ihren Exfreund und dessen Gesprächspartnerin ungläubig an. Halluzinierte sie nun schon? War sie wirklich nervlich dermaßen am Ende, dass sie nicht mehr wusste, was Wirklichkeit und was Horrorvorstellung war? Oder entsprach dieses seltsame Bild der Realität?
Noch nie hatte sie die beiden mehr als zwei Worte miteinander wechseln sehen und dass die kleine Greengrass Saphira so offensichtlich kopierte, konnte auch Draco nicht entgangen sein. Oder war eben dies der Grund dafür, weshalb er sich nun mit Astoria befasste? Wollte er Saphira eins auswischen, sie noch tiefer verletzen, als er es bereits getan hatte?
Geh weiter, drängte sie sich, doch es war ihr nicht möglich. Wie angewurzelt stand die junge Hexe gut drei Meter von ihnen entfernt und schaffte es nicht, ihre Augen von dieser bizarren Szene abzuwenden.
Schließlich hob Astoria den Kopf und setzte eine triumphierende Miene auf, als sie den Blick der ehemaligen Konkurrentin auf sich ruhen spürte. Siedend heiße Wut kochte in Saphira hoch, während es ihr gleichzeitig eiskalte Schauer über den Rücken jagte und das Blut in den Adern gefrieren ließ. Äußerlich hingegen ließ sie sich nichts anmerken, sondern zwang sich zu einem zuckersüßen Lächeln und winkte der falschen Schlange zu, ehe sie ihren Weg fortsetzte, wobei sie peinlich genau darauf bedacht war, nicht den Anschein zu erwecken, sie hätte es eilig.


Im Schlafsaal angelangt ließ sie die Türe hinter sich ins Schloss fallen und atmete tief durch. Ihre Beine zitterten und ihr Herz geriet ins Straucheln, schlug unregelmäßig und hastig, während ihr speiübel wurde. Am liebsten hätte sie sich auf der Stelle übergeben, doch Madam Pomfrey hatte ihr nach dem aufgezwungenen Mittagessen wieder den Trank verabreicht, welcher sie daran hinderte. Stolpernd ließ die Blonde sich auf ihr Himmelbett fallen und schluchzte trocken auf.
Recht erklären, weshalb es sie so sehr aus der Fassung brachte, Draco mit einem Mädchen - nein, nicht mit irgendeinem Mädchen, sondern ausgerechnet mit dieser hirnlosen Kuh - reden zu sehen, nachdem er bereits drei Monate lang demonstrativ vor ihren Augen Pansy abgeschlabbert hatte, konnte Saphira sich nicht. Aber die Erinnerung daran, dass er sie in ihrer schrecklichsten Zeit beinahe mit dieser unsäglichen Ziege betrogen hatte, bohrte sich wie ein glühend heißer Dolch in ihr Herz und machte jedes logische Denken unmöglich.
Sie haben sich lediglich unterhalten, nur geredet, sagte sie sich und vergrub das Gesicht in ihren Händen, krallte die Fingernägel tief in ihre Kopfhaut, wo sie rote Abdrücke hinterließen. Er ist mit Pansy zusammen, nicht mit Astoria.
Es gab keinerlei Grund, sich noch weiter in ihren Liebeskummer hineinzusteigern und selbst wenn er Gefallen an der dämlichen Zicke gefunden hatte... Was machte es schon für einen Unterschied, ob er nun mit ihr oder Pansy herummachte? Es ging sie schlicht und ergreifend nichts mehr an. Draco war ein freier Mensch, der tun und lassen konnte, was immer ihm beliebte.

Was ist mit dir? Hast du mich jemals geliebt?
Ich habe nie damit aufgehört.

Unablässig hallten die Worte ihres seltsamen Streites in Saphiras Ohren wider, vermischten sich miteinander; ergaben so viel Sinn und eigentlich überhaupt keinen; brachten sie so sehr durcheinander, dass es die junge Hexe an den Rande des Wahnsinns trieb.

Liebst du Pansy?

Eine Frage, deren Antwort er ihr schuldig geblieben war.

Was tut das zur Sache und wieso interessiert es dich überhaupt?

Wieso eigentlich? Warum hatte sie nicht einfach den Mund halten können? Weshalb hatte sie sich dazu hinreißen lassen, Draco ihre Gefühle, ihren unendlichen Schmerz so deutlich zu offenbaren?

Ich dachte, ich wäre dir ach so egal.

Das sollte er ihr sein. Das sollte er wirklich. Wie in Merlins Namen war es möglich, dass sie jemanden, der sie dermaßen verletzt, ihr Herz in Stücke gerissen und sich anschließend als Unschuldslamm dargestellt hatte, noch immer liebte? So sehr liebte, dass sie alles darum geben würde, die Zeit zurück zu drehen und ihre Fehler ungeschehen zu machen.
Ihre Fehler? War sie nun so tief gesunken, nur noch sich alleine die Schuld zu geben und Draco von seinen Vergehen freizusprechen?
Nein.
Und trotzdem... Es tat immer noch weh, an ihn zu denken, ihn zu sehen, seine Stimme zu hören.

Langsam hob sie den Kopf und betrachtete die Reflexion ihres Gesichtes in der Fensterscheibe. Sie sah fürchterlich aus, hatte es anscheinend endgültig geschafft, ihre früher so gut verwahrte Gefühlswelt komplett nach außen zu kehren und der ganzen Welt zu zeigen, wie finster und hässlich es in ihrem Inneren aussah.
Du bist ein furchtbarer Mensch, Saphira Black, flüsterte sie heiser und schüttelte mitleidig den Kopf. Ein erbärmliches Wesen, eine unerträgliche Irre.
Draco musste sie einfach geliebt haben, anderenfalls hätte er es niemals so lange mit ihr ausgehalten. Was war passiert? Was war schief gelaufen? War es wirklich so, dass es ihm schlussendlich zu viel geworden war, er festgestellt hatte, dass er mit ihrer Art nicht zurecht kam? Objektiv betrachtet klang diese Ansichtsweise logisch, aber in Saphiras Kopf wollte es sich nicht zusammenfügen, nicht zu ihren Erinnerungen an diese Beziehung passen. Im Krankenhaus, als er sie besucht und inzwischen relativ gut über ihre psychischen Defizite Bescheid gewusst hatte, war er so behutsam mit ihr umgegangen, hatte geschworen, dass er sie verdammt nochmal liebte und nicht verlassen würde... Und schließlich, nachdem sie sich besser gefühlt hatte, sie beide für eine Weile sogar fast so etwas wie ein normales Teenagerpärchen gewesen waren, hatte er sich von ihr abgewandt.
Was zur Hölle war geschehen und wieso hatte sie nichts davon geahnt? Nicht bis zu jenem merkwürdigen Tag in den Sommerferien, ihrem einzigen Zusammentreffen in diesen zwei langen, einsamen Monaten... Der Tag, der all ihre Illusionen und Hoffnungen ins Wanken gebracht und ihr schlaflose Nächte bereitet hatte, bis ihr schließlich der Grund dafür offenbart worden war, sie erfahren musste, dass der Junge, den sie liebte, sie mit ihrer einstigen Freundin hinterging. Ein einziges Ereignis, das ihre phantastischen Zukunftspläne mit einem ohrenbetäubenden Donnergrollen zerschlagen hatte.
Aus und vorbei, du naives, kleines Ding. Es gibt kein glückliches Ende in einer Jugendromanze.
Und nun stand sie vor den Scherben ihrer Träume mit nichts weiter als dem bedrohlichen Versprechen ihrer Mutter vor Augen, Saphiras Leben in vorbestimmte Bahnen zu lenken.

Narzissa hat mir berichtet, dass Du nicht länger mit Draco zusammen bist. Sicher bist Du nun beunruhigt, was Deine Zukunft anbelangt, und glaube mir, ich weiß, dass es nicht leicht ist, einen geeigneten Partner zu finden, mein Kind. Bei dieser Entscheidung stehe ich Dir selbstverständlich zur Seite und werde dafür Sorge tragen, dass ich Dir bald schon einen geeigneten Kandidaten vorstellen kann.

Der Wortlaut dieses Briefes hatte sich so tief in Saphiras Gedächtnis eingebrannt, dass sie die Zeilen wie ein Damoklesschwert förmlich über sich schweben sah, wann immer sie die Lider schloss.

Ich will das nicht.

Ungehörte Worte, ein stummes Flehen, das ohnehin niemanden tangierte.
Ein Schaudern durchzuckte die junge Hexe und sie fuhr sich unwillkürlich mit den Händen über die dürren Oberschenkel und die hervorstechenden, spitzen Knie. Wenn sie es noch ein wenig mehr auf die Spitze trieb, wäre sie bald vielleicht so abstoßend, dass ihre Mutter niemanden mehr finden könnte, der Saphira freiwillig heiratete, dachte sie und kicherte mit unnatürlich schriller Stimme.
War es das, was sie mit ihrem destruktiven Verhalten bezweckte? Wollte sie sich bis zur Unkenntlichkeit entstellen, um schließlich verachtet und verstoßen oder gar tot zu enden?
Es erweckte ganz den Anschein.
Unglücklich schlang sie die Arme um den eigenen Körper, als wollte sie sich selbst umarmen, die Zuneigung geben, die ihr so lange verwehrt geblieben war. Die Einsamkeit spürte sie wie ein großes Loch in ihrem Inneren, einen Hohlraum, der durch nichts zu füllen war, und als ihr Blick auf Traceys leeres Bett fiel, brach die junge Hexe vollends zusammen. Die Tränen ließen sich nicht länger zurückhalten und der Schmerz brannte in ihren Eingeweiden.
Die Freundin hatte sie für immer verloren und selbst wenn die Blonde versucht hätte, mit ihr zu reden, wäre diese nicht dazu bereit gewesen. Davon war Saphira überzeugt. Nur noch zum Schlafen schien Tracey sich hier aufzuhalten und wenn sie Saphira begegnete, vermied sie es, ihrer ehemals besten Freundin auch nur das geringste Quäntchen Aufmerksamkeit zu schenken. Saphira hatte sie verloren. So wie sie alles verloren hatte.
Ihren Freund, ihre Beherrschung, ihre Selbstachtung und die Fähigkeit, über ihr eigenes Leben zu verfügen.
Alles fort.

Das seelische Leid wurde unerträglich, spitzte sich zu, erreichte einen Punkt, an dem Saphira die Gewalt über sich selbst verlor, sogar die Gedanken nicht mehr die ihrigen zu sein schienen und ihr Körper wie automatisiert handelte, Befehlen folgte, welche die junge Hexe nicht bewusst gegeben hatte. Angestachelt von den Stimmen in ihrem Kopf, welche die Worte Dracos und ihrer Mutter stetig wiederholten, ihr zuflüsterten, als säßen die beiden wie heimtückische Dämonen in ihrem Kopf fest, sprang sie von ihrem Bett und riss die Nachttischschublade auf. Blindlings griff sie hinein, etwas zu hastig und unvorsichtig, sodass sie den beruhigenden Schmerz bereits spürte, ehe sie das Objekt der Erlösung überhaupt zu Gesicht bekommen hatte. Mit weit aufgerissenen Augen zog sie ihre Hand wieder hervor und betrachtete die Glasscherbe, die sich zuvor in ihre Fingerspitzen gebohrt hatte und nun unschuldig in ihrer Handinnenfläche ruhte, als ihr Blick auf etwas anderes fiel... Ganz vorne in der Schublade lag ein unnatürlich weißer Umschlag aus Muggelpapier, auf dem einige Tropfen dunkelroten Blutes gelandet waren. Erschrocken wurde Saphira sich gewahr, wessen Brief sie soeben besudelt, wessen Hoffnungen sie wieder zerstört hatte. Mit offenem Mund starrte sie darauf und erinnerte sich an Augustus` enttäuschte Miene, als sie ihm gestanden hatte, dass sie sein Schreiben nicht einmal gelesen hatte. Wie viel größer wäre seine Bestürzung, wenn er sie nun sehen könnte? Urplötzlich fühlte die junge Black sich fürchterlich schuldig, das Bedauern ihrer gescheiterten Träume und Hoffnungen verschwand fast völlig und sie erkannte, wie niederträchtig ihr Verhalten sich selbst und anderen Leuten gegenüber war. Sie bemitleidete sich nicht länger, sondern spürte viel eher, wie die dumpfe Leere einem so schrecklich schlechten Gewissen wich, dass sie nicht damit umzugehen wusste.
Sie trug verflucht nochmal selbst die Schuld an so vielem, was in ihrem Leben schief lief und war noch dazu eine Meisterin darin, die wenigen Menschen vor den Kopf zu stoßen, denen tatsächlich etwas an ihr lag.
Tränen rannen ihr über das bleiche, eingefallene Gesicht und sie fühlte sich ihren zahllosen, in den vergangenen Monaten und Jahren begangenen Fehlern gegenüber so hilflos, dass sie durch die nackte Panik, sie könnte nie wieder imstande sein, die Vergehen wiedergutzumachen, wie gelähmt war.

Erst das leise klirrende Geräusch, mit dem das Bruchstück aus Glas, das ihrer Hand entglitten war, zu Boden fiel, und die immer lauter werdenden Stimmen draußen auf der Treppe erweckten die Blonde aus ihrem apathischen Zustand und ließen sie hochschrecken.
Hektisch griff sie nach ihrem Zauberstab, dem Brief und der Scherbe, hastete hinüber ins Badezimmer und verschloss gerade rechtzeitig die Türe hinter sich, als sie hörte, wie Ariadne und Daphne den Raum betraten und sich lautstark miteinander stritten.

Mit wild klopfendem Herzen lehnte Saphira sich mit dem Rücken gegen die Türe und verriegelte das Schloss, wobei sie Blutstropfen auf Klinke und Boden verteilte. Kopfschüttelnd hob sie wie in Trance den Zauberstab, beseitigte die Schmiererei und atmete tief durch, ehe sie den Stab auf ihre Finger richtete und die Wunden verschloss.
In ihrem Kopf drehte sich alles und die rasenden Gedanken wollten nicht stillstehen, ließen sich nicht in den Griff bekommen, sodass die junge Hexe sich leise stöhnend an der Badezimmertüre hinabsinken ließ und mit den Fingern ihre pochenden Schläfen massierte.
Was tat sie nur?
Sich immer tiefer in den Abgrund der Selbstvernichtung stürzen, bis sie schließlich gänzlich darin verschwunden war. Genau das, was sie alle von ihr erwarteten und wogegen sie so vehement anzukämpfen versuchten, um aus der jungen Black zumindest ein halbwegs vermittelbares Objekt zu formen. Eine präsentable Reinblutehefrau, die sich in ihre Rolle einfügte, gehorchte und folgsam tat, was von ihr verlangt wurde. Ohne Anweisungen zu hinterfragen oder Widerworte zu geben.
Bislang hatte Saphira sich diesen Vorgaben gebeugt, sich die Ketten freiwillig angelegt und passiv dabei zugesehen, wie sie daran zerbrach, stumm gelitten und sich um ihre miserable Lage bedauert, doch nicht das Geringste dagegen unternommen.
Offen zu rebellieren, ihre Meinung kundzutun oder gar fortzulaufen stand natürlich nicht zur Debatte, war absolut undenkbar. Wo sollte sie auch hin? Außerdem war das Letzte, was sie beabsichtigte, zu enden wie Andromeda oder Sirius. Verstoßen und verlassen, gesellschaftlich ruiniert. Davor fürchtete sie sich viel zu sehr, kam alleine überhaupt nicht zurecht, hatte es nie gelernt. Ihre Familie zu verlassen, konnte Saphira sich nicht vorstellen, denn trotz aller Schwierigkeiten liebte sie ihre Mutter aus tiefstem Herzen, war jede winzige Geste ihrer Zuneigung wertvoller als alles Gold der Welt.

Doch sich weiterhin tatenlos ihrem Schicksal ergeben und daran zugrunde gehen wollte die junge Hexe nicht. Nicht mehr. Nie wieder jemand anderem eine solche Macht über ihr Leben verleihen.
Jahrelang hatte sie sich eingeredet, nichts zu essen oder sich dessen auf unappetitliche Weise wieder zu entledigen wäre ein Akt der Selbstbestimmung, gäbe ihr Macht und Kontrolle über ihren eigenen Körper, ihr Wesen, ihr Selbst.
Was ich mir antue ist MEINE Entscheidung. Nichts und niemand kann Einfluss darauf nehmen. Es gehört mir. Mir alleine. Und wenn ihr glaubt, mich in die Ecke drängen zu müssen, dann finde ich auch dort einen Weg, zumindest darüber selbst verfügen zu können. Das kann mir niemand nehmen und wenn ihr mich noch so oft zum Essen drängt, mich überwacht und beobachtet, ich finde eine Möglichkeit. Ich finde sie.
Allmählich wurde sie sich gewahr, wie falsch sie mit dieser Annahme gelegen hatte. Indem sie so schlecht mit sich und ihrem Körper umgesprungen war, hatte sie zwar subjektiv den Eindruck gewonnen, selbstbestimmt zu leben und sich von den Menschen in ihrer näheren Umgebung abzuschotten, doch in Wahrheit war das genaue Gegenteil der Fall.
Es war ihre Unfähigkeit, Konflikte offen auszutragen, sich schwierigen Situationen zu stellen, die sie dazu trieb, den Kummer buchstäblich in sich hineinzufressen oder gar nicht erst an sich heran zu lassen und zu verdrängen wie den stechenden Hunger. Ihr Unmut über das Leben; die emotionale Kälte ihrer Mutter; Dracos unsägliches Verhalten; die Wut über all das, der sie niemals Luft machte, weil es so viel einfacher war, die Probleme mit sich selbst auszuhandeln, einen Druckausgleich zu schaffen, indem sie sich ihre Mahlzeiten rückwärts durch den Kopf gehen ließ, ihren Ärger der Welt nur symbolisch vor die Füße spuckte, jedoch niemals offen aussprach. Das war so viel bequemer, als an der richtigen Stelle den Mund aufzumachen, sich für ihre eigenen Belange einzusetzen. Wortlos zu jammern, sich selbst für ein armes, vernachlässigtes Mädchen zu halten, war so leicht gewesen. Eine scheußliche Rolle, in die Saphira sich selbst gedrängt hatte.

Mit trotziger Miene wischte sie die dummen Tränen von ihren Wangen und ihr Blick fiel erneut auf den immer noch ungeöffneten Brief. Sie musste Augustus unbedingt schreiben, schließlich wollte sie ihn am Wochenende treffen. Hastig öffnete sie das Kuvert und zog ein gefaltetes, kariertes Blatt Papier daraus hervor, das ihr irgendwie suspekt vorkam. Was sollten die vielen Kästchen darauf? Hatte es irgendeine Bewandtnis oder verwendeten die Muggel immer solch merkwürdige Briefbögen?
Obwohl Augustus ein Zauberer war, sieben Jahre lang Hogwarts besucht hatte und nun eine Ausbildung im magischen Krankenhaus absolvierte, schien er mit der Welt, aus der er stammte, noch immer nicht abgeschlossen zu haben. Vermutlich hatte er eine Familie, die er regelmäßig besuchte, vielleicht sogar Freunde. Wussten sie, was er war? Unmöglich. Es war ihm verboten, mit Muggeln über die magische Welt zu sprechen. Aber seine Eltern mussten davon in Kenntnis gesetzt worden sein, als er elf geworden war und seinen Brief erhalten hatte.
Hatte er das?
Oder war es nicht viel eher denkbar, dass jemand vom Ministerium oder ein Lehrer von Hogwarts diese Nachricht an Kinder aus Muggelfamilien überbrachte? Schließlich musste es ein enormer Schock für nichtmagische Menschen sein, zu erfahren, dass es auf dieser Welt mehr gab, als sie bislang geahnt hatten. Plötzlich drängten sich der jungen Hexe Unmengen an Fragen auf, die zu beantworten sie nicht imstande war, da sie weder Muggelkunde belegte noch jemals mit einem Schlammblut näheren Kontakt gehabt hatte. Mit Ausnahme von Augustus.
Du weißt nichts über ihn..., stellte Saphira kopfschüttelnd fest und legte ihren Kopf stöhnend in den Nacken, starrte an die marmorne Badezimmerdecke und spürte Unmut in sich aufwallen.
Das solltest du auch nicht. Er ist ein Schlammblut. Verdammt noch mal, wo hast du dich nur wieder reingeritten?
In der Tat sollte sie sich mit jemandem wie ihm nicht einlassen, seine Gesellschaft als lästig empfinden und ihn nicht als Freund schätzen. Wäre doch nur irgendetwas Verachtenswertes an ihm, eine schlechte Eigenschaft, ein deutliches Anzeichen dafür, dass er minderwertig war, nicht in die magische Gemeinschaft hineinpasste und verstoßen werden sollte... Aber da war nichts.
Um den Ausbildungsplatz im St. Mungo zu erhalten, musste er Hogwarts zumindest in bestimmten Fächern mit Bestnoten verlassen haben. Dumm oder ein unfähiger Zauberer war er demnach nicht. So verständnisvoll und gutmütig war ihr zuvor niemand gegenübergetreten. Nicht einmal Draco.
Warum konnte sie Augustus Pye nicht einfach verabscheuen?
Er war frech und vorlaut. Eigenschaften, die Saphira auf erschreckende Weise an ihren Exfreund erinnerten, aber Augustus fehlte die widerwärtige Arroganz, das überhebliche Gehabe und der hinterhältige, bösartige Unterton in der Stimme. Er war Draco, auf eine bedeutend liebenswertere Art und Weise. Welch abstruser Gedanke... Draco war im höchsten Maße egozentrisch und Augustus litt an übertriebenem Helfersyndrom. Sie stellten das exakte Gegenteil voneinander dar und dennoch kam Saphira nicht umhin, Parallelen zwischen ihnen zu ziehen.

Traurig entfaltete die Blonde das Papier und verwünschte die Welt ob ihrer Ungerechtigkeit. Wäre Augustus nur ein Reinblut, sähe alles ganz anders aus, dachte sie und für den Bruchteil einer Sekunde huschte ein Lächeln über ihre kränklichen Züge.
Er wäre nicht die schlechteste Partie...
Doch sie rief sich schnell wieder zur Vernunft, denn an feststehenden Tatsachen ließ sich bedauerlicherweise nichts ändern.
Während sie die Zeilen in seiner bemüht ordentlichen Handschrift las, an der man deutlich erkennen konnte, dass sie für gewöhnlich eher einem schwer entzifferbaren Gekrakel gleichkam, wallten erneut Schuldgefühle in der letzten Erbin der Blacks auf.
Kein einziges anklagendes Wort war in diesem Brief zu finden und das trotz aller unfairen Beleidigungen, die sie Tracey an den Kopf geworfen hatte. Tatsächlich hatte Augustus sich ganz sachlich danach erkundigt, ob es stimmte, was die gemeinsame Freundin ihm geschildert hatte; wollte wissen, wieso Saphira so garstig reagiert hatte und ob sie gerne darüber reden würde. Zwar hatte er ihr ans Herz gelegt, sich bei Tracey zu entschuldigen, da er nicht glaubte, dass Saphira es so gemeint hatte, aber er verurteilte sie nicht. Mit keiner Silbe.

Was bist du nur für ein grauenvoll selbstsüchtiges Wesen, Saphira...
Im Grunde genommen passt du perfekt zu Draco.

Augustus` unbegreiflich menschliche Art führte ihr so eindrucksvoll vor Augen, wie unsozial sie sich stets und ständig verhielt, dass sie sich vor ihrem eigenen Charakter zu ekeln begann. Und da warf sie Draco vor, sie schlecht behandelt zu haben?

Kehre erstmal vor deiner eigenen Haustüre, bevor du die Fehler bei anderen suchst.

Eine Weile lang starrte die Blonde mit leerem Blick ins Nichts und fragte sich, weshalb Augustus nicht ebenfalls längst genug von ihr und dem Drama hatte, das sie inszenierte. Einem Theaterstück schien ihr Leben gleichzukommen. Die Welt war ihre Bühne, sie selbst die Hauptdarstellerin, die es nicht lassen konnte, sich immer provokanter in Szene zu setzen, in den Vordergrund zu spielen und nach Aufmerksamkeit zu lechzen, wobei ihr jedes Mittel recht war, um Störfaktoren auszuschalten. Ohne Rücksicht auf Verluste.


Die Schulglocke läutete zum letzten Mal an diesem Tag und Saphira zuckte zusammen.
Zeit fürs Abendessen, schoss es ihr durch den Kopf und langsam erhob sie sich, ließ die Glasscherbe zusammen mit dem Brief in der Innentasche ihres Umhanges verschwinden und begab sich hinüber zum Spiegel über dem Waschbecken. Rote Flecken bedeckten ihre eingesunkenen Wangen und auch ihre Haare waren ganz zerzaust. Um wenigstens ansatzweise vorzeigbar zu sein, stibitzte sie sich aus Traceys Kulturtasche das magische Puder, welches kleinere Makel augenblicklich verschwinden ließ. Sicher wäre es der ehemaligen Freundin nicht recht, dass Saphira sich einfach an ihren Sachen bediente, obwohl sie zerstritten waren. Aber was Tracey nicht wusste...


Als Saphira den Schlafsaal betrat, in dem Ariadne und Daphne sich in einem fort ankeiften, fühlte sie sich anders, irgendwie verändert.
Befreit.
Die Stimmen der beiden Streithennen nahm sie nur am Rande wahr, ignorierte Arias stechenden Blick und durchquerte zielstrebig den Raum.
Wie groß die Überwindung auch sein mochte, heute wollte sie keinen Rückzieher mehr machen, sich nicht wieder feige verkriechen und ihre Vorsätze in den Wind schießen. Der Weg in die Große Halle kam ihr mit einem Mal erschreckend kurz vor und sie musste sich wieder und wieder ermahnen, den Kopf nicht gesenkt, sondern aufrecht zu halten, Präsenz zu zeigen, anstatt sich klein zu machen. Keine Sekunde länger wollte sie in ihrer Opferrolle verweilen, endlich über ihren eigenen Schatten springen.

Schließlich durchschritt sie die Reihen zwischen den Haustischen und hielt Ausschau nach Blaise, dem Einzigen, der sich noch mit ihr abgab. Auch wenn er in den vergangenen Wochen merkwürdig still geworden war, kaum noch Persönliches mit ihr besprach und sie andauernd mit diesem besorgten Blick bedachte, als könnte sie jeden Moment tot umfallen. Die Abende, welche sie mit ihm zusammen im Slug-Club verbracht hatte, waren seltsam distanziert verlaufen. Früher war es für Saphira und Blaise nie schwierig gewesen, ein Gesprächsthema zu finden, zeitweise hatte sie ihm sogar bedeutend mehr anvertraut als Draco, doch nun fühlte sich jedwede Konversation mit ihm merkwürdig steif und gezwungen an.

Es dauerte nicht lange, bis sie ihn entdeckt hatte, doch was sie sah, ließ ihr Herz abermals stocken, brachte sie für den Bruchteil einer Sekunde aus der Fassung. Am Ende des Tisches, etwas abseits von den restlichen Slytherins, saß Blaise zusammen mit Pansy und unterhielt sich leise flüsternd mit ihr. Bedächtig schritt Saphira auf die beiden zu, obgleich sie bezweifelte, einer direkten Konfrontation mit Pansy gewachsen zu sein.
„Hallo“, murmelte die Blonde leise und räusperte sich dann vernehmlich.
„Ist es mir gestattet, mich dazuzusetzen, oder führt ihr ein Privatgespräch?“, fragte sie schnippisch und ärgerte sich noch im selben Moment über ihren Tonfall. Pansy warf ihr einen erschrockenen und zugleich schuldbewussten Blick zu, während sie sich hastig erhob.
„Nein, Saphira. Ich wollte sowieso gerade gehen“, sagte die Brünette mit fester Stimme.
„Bist du sicher?“, warf Blaise ein, als wollte er sie zurückhalten, doch Pansy nickte nur.
„Wir reden ein andermal weiter“, erwiderte sie und suchte sich, ohne ein weiteres Wort zu verlieren, einem freien Platz in einiger Entfernung von ihnen.
„Und was hatte das nun zu bedeuten?“, fragte Saphira, die gegen ihren Willen wütend wurde. Jetzt schleimte Pansy sich also wieder bei Blaise ein. Wundervoll.
„Hallo, Saphira, schön dich zu sehen, setz dich doch“, antwortete der Dunkelhäutige forsch und aus dem Gesicht der Blonden wich der letzte Rest Farbe. Hatte sie es nun endgültig so weit getrieben, dass auch Blaise sie nicht mehr mochte?
„Bist du böse auf mich?“, wollte sie wissen und sah ihn mit großen Augen an.
„Nein, aber du bist extrem anstrengend.“ Er seufzte und tat sich Kartoffelpüree auf. Als Saphira ihm auffordernd einen Teller entgegenstreckte, hielt er verwirrt in der Bewegung inne und musterte sie fragend. „Möchtest du auch etwas?“
„Ja, bitte“, sagte sie und lächelte. Gequält, aber konsequent.

Noch immer fürchtete sie sich vor der Gewichtszunahme, wusste nicht, wo ihre Position in der Gesellschaft war (wo sie sein sollte stand außer Frage, doch wo sie gern wäre konnte sie nicht definieren und wo sie den Raum einnehmen durfte, den sie brauchte, war ihr ebenfalls nicht klar), hielt sich selbst für eine tragische Verschwendung von Haut und Leben, die es nicht verdiente, sich ihren Platz zu erkämpfen, Gewicht zu haben, wichtig zu sein, bemerkt zu werden. Ein Gefühl, das ihr zu großen Teilen ihre Mutter vermittelt hatte.
Du bist im Weg. Sei still. Beschwere dich nicht. Stell keine Fragen, sondern tu einfach, was ich dir sage und hör um Himmels Willen mit dem ewigen Gejammer auf, Saphira, das ist nicht auszuhalten. (Sie war fünf gewesen, als dieser Satz zum letzten Mal gefallen war, und hatte seither kein einziges Mal mehr in der Gegenwart ihrer Mutter geweint oder sich über irgendetwas beschwert.)
Saphira war dies alles so verdammt leid, hatte keine Lust mehr, sich stets nur zu beugen, klein machen zu lassen und selbst fleißig daran zu arbeiten, immer weniger zu werden, bis sie irgendwann gänzlich verschwand, sich in Staub auflöste oder schlicht und ergreifend starb. Nun hier zu sitzen und einfach zu versuchen, normal zu essen und dies auch in Zukunft fortzusetzen, war der ultimative Gegenschlag. Ein Schlag, den niemand spüren würde, abgesehen von Saphira selbst. Ein Schlag, der einem Triumph gleichkam, sofern ihre Logik aufging.

„Schmeckt es?“, erklang neben ihr Blaise` Stimme und die Blonde sah auf.
„Absolut“, log sie, nachdem sie den winzigen Bissen in ihrem Mund hinuntergeschluckt hatte, und trank aus alter Gewohnheit einen großen Schluck Wasser, der ihrem Magen schneller das Gefühl vermitteln sollte, voll zu sein. Man konnte sich nicht innerhalb weniger Stunden vollständig ändern. Aber das Gefühl zählte, die persönliche Einstellung.
„Blaise, ich...“, begann Saphira, verstummte jedoch und biss sich auf die Unterlippe. Entschuldigen war niemals leicht, insbesondere wenn man es ehrlich meinte.
„Ja?“ Gespannt legte er seine Gabel beiseite und betrachtete die Freundin eingehend. Irgendetwas an ihr war anders als noch vor wenigen Stunden, auch wenn er nicht genau zu definieren vermochte, was es war.
„Es tut mir leid, dass ich manchmal so unerträglich bin. Ich weiß, dass ich in letzter Zeit nicht gerade nett zu dir war, aber du bist mein bester Freund und ich möchte, dass das auch so bleibt. Vorausgesetzt, du willst das ebenfalls“, flüsterte sie und sah ihn bittend an.
„Natürlich will ich das, Phia“, entgegnete er und war so perplex, als sie ihn ohne Vorwarnung in die Arme schloss, dass er zunächst gar nicht darauf reagierte.
„Ich vermisse dich“, sagte er leise und Saphira verstand sehr gut, was er damit meinte.
„Ich will nicht so ekelhaft zu dir sein, das hast du nicht verdient“, hauchte sie. Blaise nickte und strich ihr behutsam über den Rücken.
„Es wäre schön, wenn du dir das auch zu Herzen nehmen würdest und daran denkst, bevor du mich anmeckerst.“ Seine Stimme klang ernst, aber er lächelte milde, als er sich von ihr löste.
„Ich verspreche es. Danke, dass du so geduldig mit mir bist. Das bedeutet mir viel“, erwiderte sie und spießte mit ihrer Gabel eine Bohne auf, die ihr jedoch im Halse stecken blieb, als Blaise auf zwei blonde Gestalten deutete, die sich soeben am Tisch niedergelassen hatten, und schnaubte:
„Ach, hat er schon das nächste Naivchen gefunden?“
„Bitte?“, hustete Saphira und starrte nervös in Richtung ihres Exfreundes, welcher mit der kleinen Greengrass tuschelte und ziemlich selbstzufrieden wirkte. Verwirrt suchte sie die Halle mit den Augen nach Pansy ab und entdeckte diese einige Plätze von Draco entfernt. Millicent, die neben der Brünetten saß, stieß ihr mit dem Ellenbogen in die Seite und machte sie auf das seltsame Paar aufmerksam, woraufhin Pansy amüsiert auflachte und den beiden einen herablassenden Blick schenkte, ehe sie sich wieder dem Essen zuwandte.
„Was bei Salazar...“, murmelte Saphira und verstand die Welt nicht mehr.
„Pansy hat mit Draco Schluss gemacht“, erklärte Blaise nüchtern. „Er scheint sie ziemlich mies behandelt zu haben.“
„Wirklich?“, fragte die Blonde und ihr Blick huschte von Draco zu Pansy und wieder zurück, während sie für den Bruchteil einer Sekunde ein Fünkchen Schadenfreude empfand.
„Ja, aber wie wir diesen Idioten kennen, bleibt er nicht lange alleine“, murrte Blaise abfällig und schüttelte den Kopf.
„Offensichtlich“, bestätigte Saphira, deren Enthusiasmus schnell wieder abflaute. „Ausgerechnet Greengrass. Ich fasse es nicht...“
„Dass er so tief sinkt, hättest du wohl nicht gedacht, was?“, lachte Blaise und hoffte inständig, dass die Neuigkeit seine beste Freundin nicht erneut in den Abgrund reißen würde. „Kannst du damit umgehen?“, fragte er und musterte sie prüfend. Ihre Miene war unergründlich.
„Es ist schon in Ordnung. Er kann tun und lassen, was er will und ich habe nicht vor, ihm noch einen einzigen Tag länger hinterher zu trauern“, betonte sie und setzte sich aufrecht hin. Bloß keine Schwäche zeigen, lautete die Divise.
Es tat verflucht weh, zu sehen, wie Draco sich mit Astoria amüsierte, aber darüber musste sie hinwegkommen. Sich in ihrem Elend zu suhlen, brächte die junge Hexe keinen Schritt weiter. Es war schief gelaufen, alles war verdammt noch mal in die Brüche gegangen und nun gab es nur zwei Möglichkeiten:
Entweder sie versank in ihrer Trauer darüber, was sie alles verloren hatte, und stürzte sich immer tiefer in ihre Depression, oder sie riss sich endlich zusammen und erkannte das Gute in ihrem Leben, machte etwas daraus und nahm ihr eigenes Schicksal in die Hand. Niemand anderes konnte sie glücklich machen, ihr die Last von den Schultern nehmen. Dafür war Saphira selbst verantwortlich.

Die Entscheidung zu fällen war schwer, denn es wäre so leicht gewesen, die erste Variante zu wählen und so kräftezehrend, ihre Lebensweise zu verändern. Wie der Zufall es so wollte, half ausgerechnet ihr Exfreund Saphira, diesen inneren Konflikt zu lösen.

Für ein paar Sekunden trafen sich ihre Blicke, stach eiskaltes Grau in immergrüne Augen und erinnerte die junge Hexe qualvoll an all das, was er ihr angetan hatte, daran, wie er mit ihr umgesprungen war und wie herzlos er sich ihr gegenüber verhalten hatte. Die Sehnsucht, die ihm buchstäblich ins Gesicht geschrieben stand, ließ Saphira kalt, denn dieser Kerl war es nicht wert, dass sie wegen ihm ihr Leben ruinierte.

Ihr macht mich nicht länger kaputt. Ihr nicht, dachte sie und reckte das Kinn, während sie Draco unentwegt anstarrte und sich die Worte ihrer Mutter durch den Kopf gehen ließ.
Du bist nicht gut genug. Unwürdig. Musst mehr an dir arbeiten, dich disziplinieren. Was soll denn nur aus dir werden? Streng dich gefälligst mehr an.
Es reichte.
Draco, du kannst flachlegen, wer immer dir beliebt. Meine Selbstachtung brichst du damit nicht, aber die eigene solltest du dringend überdenken. Du kriegst mich nicht klein. Ich kann auch ohne dich existieren.
Kurz sah sie hinüber zu Blaise und nahm sich fest vor, ihn nie wieder ungerecht zu behandeln. Er war ihr Freund, stand zu ihr, wie gemein sie auch mit ihm umgesprungen war, und das sollte sie endlich zu schätzen lernen. So wie sie auch sich selbst nicht länger verleugnen durfte.
Mein Leben ist wertvoll. Ich bin jemand. Auch wenn ihr mich mit Füßen tretet, ich stehe wieder auf, weil ich mir selbst wichtig bin, schossen Saphira plötzlich jene Worte durch den Kopf, die laut auszusprechen sie sich in der Therapie bei Mr. Hunter nicht hatte bewegen lassen. Es war ihr so lächerlich vorgekommen und sie hatte diese Sätze nicht über die Lippen gebracht, doch nun kamen sie ihr wieder in den Sinn und lösten ein merkwürdiges Gefühl in ihr aus. Ein Gefühl, das sie noch nicht recht einzuschätzen wusste, aber es brachte sie beinahe zum Lächeln.

Und was den potentiellen Ehemann anging, von dem Cecilia gesprochen hatte... Es war schon immer eine feststehende Tatsache gewesen, dass ihre Mutter dafür Sorge tragen würde, Saphira nach ihrem Abschluss schnellstmöglich zu verheiraten. Dagegen konnte die junge Hexe nichts einwenden. Es war ein Brauch, der bewahrt werden musste, ob es ihr nun passte oder nicht. Was sie jedoch tun konnte war, sich selbst jemanden zu suchen, jemanden, den sie wirklich mochte, wenn sie sich auch nie wieder in eine derart leidenschaftliche Liebesbeziehung stürzen wollte, wie Saphira sie mit Draco geführt hatte. Dazu fehlten ihr Kraft und Wille. Aber wahrscheinlich war es ohnehin vernünftiger, eine weniger emotionale Verbindung einzugehen. Sich etwas Stabiles aufzubauen, das Bestand haben konnte, auf tiefer Freundschaft basierte... Oder zumindest auf gegenseitigem Respekt.

+

Als Saphira etwa eine Stunde später in der Eulerei stand und den Brief für Augustus an das Bein einer der Schuleulen band hielt die positive Empfindung von vorhin noch immer an und mischte sich mit der Vorfreude auf das bevorstehende Wochenende. Es fühlte sich an, als wären schwere Eisenketten, die sich fest um ihren Körper geschlungen, ihr die Luft zum Atmen genommen hatten, von ihr abgefallen. Die Nacht war sternenklar und die Luft frisch und angenehm kühl, flutete ihre Lungen und die ersten Schneeflocken dieses Winters ließen ihr Herz vor Freude höher schlagen, entlockten ihr ein aufrichtiges Lachen.
Ihr war, als wäre sie endlich wieder imstande, klar zu sehen, die Welt mit offenen Augen zu betrachten, nach ewig währender Finsternis.


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...und Wort machte aus „Eulerei“ Heulerei. Ne, man. Nicht mehr heulen!
Word hat Saphira wohl schon zu sehr verinnerlicht :`D


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Zwischen Harry, Ron und Hermine gibt es Unterschiede, zum Beispiel im Vokabular. Ron ist der britische "lad", etwas bildungsfern, wie wir hier sagen würden, jedenfalls der Welt der Theorie und Metaphysik nicht sonderlich zugetan. Sein Vokabular ist etwas gröber und eingeschränkter als das Hermines, die mehr die Intellektuelle ist und sehr elaboriert sprechen kann, jedenfalls wenn sie in Laune ist. Harry liegt dazwischen, mit Sympathien für Ron, wenn es darum geht, vermeintlich hochgestochenes Gerede zu verulken. Aber keiner spricht wirklich lax oder fehlerhaft.
Klaus Fritz