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Fanfiction

Slytherin Hearts - Kalte Asche

von SaphiraMalfoy

Die Tage flogen dahin als seien es Stunden, rasend schnell verschwammen sie vor seinen Augen, verschmolzen zu einer einzigen, bedeutungslosen Masse. Sein neues Leben kam Draco seltsam unwirklich vor. Es war, als beobachtete er einen Fremden dabei, wie dieser Mensch durch die Korridore des Schlosses stolzierte, arroganter und selbstsicherer denn je. Einen Narren, einen Idioten, dem langsam bewusst wurde, dass dieses Schuljahr für ihn nicht so schnell enden würde, wie er geglaubt hatte. Draco hatte sich getäuscht, sich selbst etwas vorgemacht. Es sich schön geredet, wenn er gemeint hatte, es wäre ein Leichtes, dieses Verschwindekabinett zu reparieren, um mal eben ein paar Todesser in Hogwarts einzuschleusen, die ihm den Rücken freihielten, während er zu Dumbledore spazierte, als wäre nichts weiter dabei, einen Menschen einfach umzubringen. Ein paar Wochen, vielleicht einen oder zwei Monate, nicht länger würde er dafür benötigen, die entsprechenden Vorkehrungen zu treffen, hatte er sich selbst eingeredet und war auch noch so töricht gewesen, diesen Unsinn zu glauben.

Nichts, rein gar nichts hatte er bislang ausrichten können. Das dämliche Verschwindekabinett hatte offenbar nicht die geringste Lust, sich reparieren zu lassen. Stur wie ein kleines Kind tat es entweder tagelang überhaupt nichts, oder zerstörte schlichtweg alle Gegenstände, die er hineinlegte. Zerfetzte sie in tausend Einzelteile und ließ keinerlei Zweifel daran, dass ein Mensch es kaum überleben konnte, dieses Portal zu durchschreiten. Montague hatte verfluchtes Glück gehabt, dass er sich in einem Stück daraus befreit hatte und von ihm nicht nur blutige Fetzen übrig geblieben waren. Zumal er selbst behauptete, aus dem Schrank disappariert und schließlich in einer Toilette in Hogwarts wieder aufgetaucht zu sein. Wie war das noch gleich? Es ist unmöglich auf dem Gelände des Schlosses zu apparieren oder disapparieren. Die alten Zauberbanne schienen allmählich auch in die Jahre zu kommen, oder Montague litt noch immer unter dem schweren Trauma und hatte bei seinem Bericht einige Tatsachen verdreht, ohne sich dessen bewusst zu sein.


„Draco, da bist du ja.“ Der Angesprochene wandte den Kopf nach rechts und erblickte neben sich seine Freundin Pansy, die ihn in die Arme zog und ihm einen Kuss auf den Mund gab.
„Wo sollte ich sonst sein? Wir haben Unterricht“, murrte er gelangweilt und nickte in Richtung des Klassenraumes für Geschichte der Zauberei, vor dem sie sich befanden.
„Du warst nicht beim Mittagessen“, erwiderte sie leicht bissig.
„Hättest du mir nach Verwandlung nicht sagen können, wo du hingehst? Ich habe auf dich gewartet!“ Vorwurfsvoll verschränkte sie die Arme und erwartete eine Entschuldigung, doch anstatt ihr diesen Wunsch zu erfüllen, zickte Draco nur zurück:
„Ich bin ein freier Mensch. Ich kann tun und lassen, was immer mir beliebt. Ich bin dir doch keine Rechenschaft über jede einzelne Minute des Tages schuldig!“
„Oh, Draco... Ernsthaft? Ich dachte wir führen hier so etwas wie eine Beziehung. Ich bin nicht dein Flittchen, für das du dir nur Zeit nimmst, wenn es dir gerade in den Kram passt. Merk dir das oder such dir gefälligst ein dümmeres Mädchen, das du verarschen kannst. Wenn du Saphira gegenüber auch immer so launisch warst, dann verstehe ich wirklich nicht, wie sie es nur so lange mit dir aushalten konnte.“ Mit beleidigter Miene wandte die Brünette sich hocherhobenen Hauptes von ihm ab und machte Anstalten, zu Millicent Bulstrode zu gehen, die nur wenige Meter von ihnen entfernt stand.
„Pansy, nicht!“, sagte Draco schnell und fühlte einen unangenehmen Stich in der Magengrube.
Phibs, nicht!, hallte es in seinem Kopf wider und er fühlte sich schmerzhaft daran erinnert, wie er diese Worte vor nicht allzu langer Zeit Saphira hinterhergerufen hatte, als sie nach ihrem Streit wutentbrannt davonstürmen wollte. Für den Bruchteil einer Sekunde kniff Draco instinktiv die Augen zusammen, erwartete schon fast, eine weitere Ohrfeige einstecken zu müssen. Doch er spürte nur Pansys warme Hand, die sich sanft auf seinen Arm gelegt hatte.

„Was ist los? Du schaust so merkwürdig“, verwirrt sah sie ihn an und Draco atmete erleichtert aus, schloss Pansy fest in seine Arme und flüsterte ihr leise ins Ohr:
„Es war nicht so gemeint. Du weißt, dass ich... andere Dinge im Kopf habe, aber das hat nichts mit dir zu tun. Ich wollte meine Laune nicht an dir auslassen. Kannst du mir verzeihen?“ Äußerlich zeigte er sein charmantes, selbstsicheres Lächeln, das Pansy sofort weich werden und kichern ließ; innerlich brodelte die Verlustangst in ihm hoch, jagte ihm eisige Schauer über den Rücken und führte ihm vor Augen, dass er Saphiras Warnung lieber ernst nehmen sollte.
Pansy ist die Einzige, die dir noch bleibt.
Vergraule sie lieber nicht.
Sonst bist du am Ende ganz alleine.
Mutterseelenallein... Hach, Draco, welch Ironie! Deine Mutter wirst du auch noch verlieren, wenn du dich weiterhin so dämlich anstellst wie bisher, raunte die böse Stimme seines Unterbewusstseins und ließ ein mitleidloses Lachen vernehmen. Kalt und hoch, bedrohlich... Ganz ähnlich dem Voldemorts.
Draco fühlte sich elend und schmiegte sich enger an Pansy, suchte Halt bei ihr und schaffte es schließlich, sich dank ihrer Nähe aus den alptraumhaften Erinnerungen zu befreien, wieder in der Realität anzugelangen.
„Alles in Ordnung?“, fragte sie und Draco nickte tapfer, ehe er seine Lippen auf die ihren legte, froh darüber, dass sie ihm so schnell verziehen hatte. Andererseits war dies nichts weiter als eine winzige Zankerei. Das hatte er mit Saphira, die gerade mit gesenktem Kopf an ihnen vorbei huschte, mehrmals am Tag durchgemacht. Es war keine große Sache, nichts worüber er sich Sorgen machen sollte. Doch nun, da die Gefahr zum Greifen nahe war und Draco zu große Angst davor hatte, das alles alleine durchmachen zu müssen, nagte die Furcht davor, Saphiras Prophezeiung könnte sich bewahrheiten, ungeheuer schwer an ihm. Er wollte nicht alleine sein und Pansy tat ihm gut, obwohl sie ihm Saphira nicht ersetzen konnte.

In diesem Moment schwebte Professor Binns an ihnen vorbei und glitt mitten durch die Wand in den Klassenraum; die Schüler folgten ihm, benutzten allerdings die Türe. Einen absurden Augenblick lang stellte Draco sich vor, wie Crabbe und Goyle, die das Fach jedoch nicht mehr belegten, hinter dem Lehrer herdackelten und mit voller Wucht gegen die Mauer prallten... Ja, das sähe ihnen ähnlich, dachte er feixend, in dem Versuch, sich durch diese lächerliche Vorstellung von der grausamen Realität abzulenken, sich von ihr nicht verrückt machen zu lassen.
Hand in Hand steuerten Draco und Pansy auf einen Platz möglichst weit hinten zu, wobei sie es nicht vermeiden konnten, direkt an Saphira vorbeizulaufen, die sich einen Doppeltisch mit Blaise Zabini teilte, der beim Anblick des neuen Traumpaares Würgelaute von sich gab.
„Lass es einfach, Blaise!“, motzte Saphira ihn an und knallte ihr Buch heftiger auf den Tisch, als es von Nöten gewesen wäre.
Aus dem Augenwinkel warf Pansy den beiden einen flüchtigen Blick zu und unterdrückte das schlechte Gewissen, welches sie Saphira gegenüber immer heftiger empfand.
Ich kann nichts dafür. Ihr seid nicht mehr zusammen und ich habe ihn dir nicht ausgespannt, so wie du es auf dem Weihnachtsball getan hast, dachte sie grimmig und ließ sich neben Draco auf die Bank sinken. Glücklicherweise hatte zumindest Davis diesen Kurs abgewählt; ihre aus der Art geratene, blutsverräterische Mutter erlaubte der vorlauten Göre auch alles! Dumme Kuh. So blieben Pansy ihre bitterbösen Anfeindungen zumindest für eine Stunde erspart.
Neben ihr schlug Draco ein Buch auf, suchte eine bestimmte Seite, lehnte sich in seinem Stuhl zurück und vertiefte sich in den Text. Mit hochgezogenen Augenbrauen musterte Pansy den Einband und murmelte: „Schwacher Versuch, Draco. Man erkennt die Fälschung. Die echte Ausgabe von Geschichte der Zauberei ist größer.“
Seufzend sah Draco auf und zuckte desinteressiert mit den Schultern.
„Na, und? Meinst du, Binns würde das auffallen?“
„Was liest du denn tatsächlich?“ Neugierig spähte Pansy auf die Zeilen und las ungläubig die Überschrift des aktuellen Kapitels vor.
„Magisches Mobiliar - Von selbstreinigenden Backöfen bis hin zu intelligenten Bücherregalen. Nicht dein Ernst!“, schnaubte sie und konnte sich ein abfälliges Lachen nicht verkneifen. „Wozu brauchst du denn sowas?“
„Pures Interesse.“ Genervt drehte der Blonde sich von ihr weg, sodass Pansy die Sicht auf seine Lektüre verwehrt wurde.
„Ach, ja?“, hakte sie nach.
„Nein, Parkinson. Malfoy liest es, um herauszufinden, welche Art von Holzwurm sein Spatzenhirn aufgefressen hat“, ätzte Ariadne aus der Reihe hinter ihnen bissig. „Und jetzt haltet endlich die Klappe, ich will hier etwas lernen.“
Genervt beugte Pansy sich näher zu ihrem Freund, bevor sie leise weiter sprach, um zu verhindern, dass Crouch oder sonst jemand sie noch länger belauschte.
„Oder...“ Sie strich sacht über den linken Ärmel seines Hemdes, unter dem sich das Dunkle Mal befand. „Hat es etwas mit ihm zu tun?“
„Nicht hier!“, blaffte Draco sie wütend an und rutschte noch ein wenig weiter von ihr weg.
„Schon gut, schon gut“, sagte Pansy und stützte ihren Kopf gelangweilt auf den verschränkten Händen ab. Natürlich verstand sie, weshalb Draco nicht wollte, dass jemand von seinen Plänen Wind bekam, und sie sah ein, dass es unklug war, in der Öffentlichkeit darüber zu reden. Doch dies war nicht das erste Mal, dass Draco ihr die Auskunft über sein genaues Vorhaben verweigerte. Selbst wenn sie unter sich waren, vermied er dieses Thema. Alles was Pansy wusste war, dass er nun zu den Todessern gehörte und in Hogwarts einen Auftrag erfüllen sollte, wodurch er die Ehre der Familie wiederherstellen und gleichzeitig seinen Vater aus Askaban befreien konnte. Um was genau es sich dabei handelte, verriet er ihr jedoch nicht. Es war frustrierend... Er schien ihr nicht das geringste bisschen Vertrauen entgegen zu bringen. Wovor fürchtete er sich denn? Glaubte Draco wirklich, sie wäre so dumm und würde seine Geheimnisse ausplaudern?

Von Binns einschläfernder Stimmlage eingelullt, ließ Pansy ihren Blick durch den Raum schweifen und musterte Saphiras Hinterkopf. Die Blondine unterhielt sich leise mit ihrem besten Freund, wobei unterhalten vielleicht der falsche Ausdruck dafür war. Viel eher hörte es sich so an, als würde sie Zabini fortlaufend anzicken, während dieser mit beschwichtigender Stimme auf sie einredete. Aber klar doch... Saphira Bellatrix Black scheuchte mal wieder alle herum, machte ihre sogenannten Freunde nieder, nur weil ihr etwas nicht in den Kram passte; und anstatt ihr Kontra zu geben, kuschten alle vor ihr und schleimten sich bei der egozentrischen Ziege ein.
Saphira, wir liegen dir zu Füßen! Dürfen wir deine Schuhe ablecken? Beschimpf uns ruhig, lass all deinen Frust an uns aus. Wir können das ertragen, solange es dich glücklich macht. Saphira, du wunderholde Königin! Was können wir für dich tun? Deine Wünsche sind uns Befehl... Widerlich! Jedes Mal dasselbe Theater. Miss Black plagte ein Weh-Wehchen und alle scharten sich um sie. Früher waren es Draco und Pansy selbst gewesen, die dem Prinzesschen zu Diensten gewesen waren, dann gesellten sich noch Zabini und Davis hinzu. Und natürlich zählte die jahrelange Freundschaft zwischen Pansy und Saphira nicht mehr, seitdem Davis auf der Bildfläche aufgetaucht war. Nein, fortan war Pansy nur noch die dumme Ersatzfreundin gewesen, wurde von Saphira lediglich beachtet, wenn Tracey gerade mal zufällig nicht um sie herum schwirrte, sie umkreiste wie eine Motte das Licht...
Trotzdem hatte Pansy immer zu ihr gehalten, war für sie dagewesen, wenn Saphira sie gebraucht hatte, und was war der Dank dafür? Diese eingebildete Kuh hatte ganz genau gewusst, dass Pansy bis über beide Ohren in Draco verknallt gewesen war, als Saphira ihn sich auf diesem verfluchten Weihnachtsball einfach unter den Nagel gerissen hatte. Man sollte meinen, ihre angebliche Freundin hätte sich zumindest dafür entschuldigen können, aber das war selbstverständlich zu viel verlangt, denn in Miss Blacks perfekter Welt gab es so etwas wie Schuldgefühle nicht. Was die Prinzessin wollte, das nahm sie sich einfach, ohne Rücksicht auf Verluste. Ganz gleich, wem sie damit wehtat. Wichtig war nur, dass es der zarten, kleinen, liebenswürdigen Saphira gut ging. Oh ja, wenn es eine Sache gab, für die das blonde Biest ein echtes Talent besaß, dann war es, andere Menschen zu manipulieren, für sich einzunehmen und ihnen zu suggerieren, sie wäre schwach und hilfsbedürftig, man müsse sich um sie kümmern, ihr die Welt zu Füßen legen. Die übliche Mitleidsmasche. Welcher Mann würde nicht darauf anspringen?

Aber Draco hatte sich endgültig aus ihren Klauen befreit. Kluger Schachzug. Lächelnd betrachtete Pansy ihren Freund und beglückwünschte sich, selbst endlich mal diejenige zu sein, die bekommen hatte, was sie sich seit Jahren wünschte. Leider war das Hochgefühl, welches sie verspürte, nur von kurzer Dauer. Ja, Pansy nahm es Saphira noch übel, wie sie mit ihr umgesprungen war, diese Demütigung konnte sie ihr vermutlich niemals verzeihen. Stundenlang hatte sie sich hübsch gemacht und war mit dem festen Vorsatz auf diesen Ball gegangen, Draco zu erobern. Durch Saphiras Einmischung jedoch war ihr Traumschloss, das sie sich in ihrer Phantasie bereits errichtet hatte, in Schutt und Asche zerlegt worden, und tief in ihrem Inneren hatte Pansy immer gehofft, dass sie Saphira eines schönen Tages dafür büßen lassen würde. Dennoch hatte der Triumph über sie einen bitteren Beigeschmack. Wenn sie die Trauer in Saphiras Gesicht sah, wann immer diese Draco erblickte, wurde Pansy bewusst, dass sie die einstige Freundin nicht so sehr hasste, dass es den Schmerz, den sie ihr zugefügt hatte und der allzu oft unverkennbar in ihren Augen aufblitzte, rechtfertigen würde. Andererseits hatte Pansy sich nicht in eine funktionierende Beziehung gedrängt. Draco hatte ihr versichert, bereits mit Saphira Schluss gemacht zu haben, bevor sie beide miteinander geschlafen hatten.
Aber es war nicht zu leugnen. Saphira litt unter dieser Trennung und Pansy konnte sich nur mäßig daran erfreuen, es ihr endlich heimgezahlt zu haben, denn sie verstand nur zu gut, wie es sich anfühlte, einen geliebten Menschen zu verlieren.
Marcus, dachte sie wehmütig und seufzte leise. Ich vermisse dich.


Einige Reihen weiter vorne hatte Saphira ihre Auseinandersetzung mit Blaise beendet und schlug nun das Lehrbuch für Geschichte der Zauberei von Bathilda Bagshot auf, welches sie seit dem ersten Schuljahr benutzten und das eher eine kurze Abhandlung aller wichtigen Ereignisse der vergangenen Jahrhunderte darstellte und unzählige Verweise auf andere Bücher beinhaltete. Als ihr Blick auf die Innenseite des Einbandes fiel, durchzuckte die junge Hexe ein gewaltiger Schock, der ihr Herz abermals gehetzt und unregelmäßig schlagen ließ, ihr die Tränen in die Augen trieb.
In fein säuberlichen Buchstaben, die dem üblichen Gekritzel ihrer Unterrichtsmitschriften kaum glich, hatte Saphira einst ihren Namen auf die erste Seite geschrieben. Darüber befanden sich drei Wörter in fürchterlich vertrauter, schräger Handschrift, die nicht von ihr selbst stammten, an deren Ursprung sie sich jedoch deutlich erinnern konnte...

*

In einer besonders öden Geschichtsstunde hatte Saphira sich angeregt mit Tracey unterhalten, die rechts von ihr saß und über ihre Erlebnisse mit verschiedenen Jungs sprach. Dabei lenkte sie das Thema stetig subtil auf Blaise, um Saphira Informationen zu entlocken. Vehement hatte Tracey versucht, aus der Freundin heraus zu kitzeln, was diese über Blaise` Frauengeschichten wusste und was sie selbst davon hielt; ob er mit ihr über Tracey gesprochen hatte. Vor allem interessierte sie, wie viel Saphira tatsächlich von seinen wahren Gefühlen wusste, ob ihr klar war, dass er lange Zeit für sie geschwärmt hatte und es vielleicht noch immer tat und natürlich brannte Tracey darauf, zu erfahren, ob Blaise jemals etwas über sie selbst berichtet hatte, wie es um seine Gefühle für sie stand. Sofern er überhaupt etwas anderes als Abscheu aufgrund ihres Blutsstatus für sie empfand. Leider waren ihre Anspielungen zu unterschwellig, denn Saphira war nicht weiter darauf eingegangen, hatte offenbar nicht verstanden, was Tracey von ihr wollte.
Unterdessen stupste Draco sie unablässig von der Seite her an, um die Aufmerksamkeit seiner Freundin zu erlangen, und war zunehmend genervt davon, dass Davis ihr mal wieder wichtiger zu sein schien als er.
Gelangweilt gab er es schließlich auf, nachdem Saphira ihm gesagt hatte, er solle es endlich gut sein lassen, da sie noch den ganzen Nachmittag zusammen verbringen würden und sie nicht sieben Tage die Woche, vierundzwanzig Stunden am Stück für ihn abrufbereit war. Mit griesgrämiger Miene zog er ihr das Buch unter den Ellenbogen weg und blätterte desinteressiert darin herum. Gedankenverloren griff er nach seiner Feder, die für gewöhnlich eher zur Zierde auf dem Tisch lag, weil er sich in diesem Fach so gut wie nie Notizen machte. Er war sich sicher, dass es Saphira rasend machen würde, wenn er ihre Sachen beschädigte, aber er hatte seine Tricks, kannte sie mittlerweile beinahe in- und auswendig, um genau zu wissen, wie er sie wieder besänftigte und ihr den Wind aus den Segeln nahm, wenn sie wütend wurde.
So auffällig wie nur irgend möglich beugte er sich über das Buch und kritzelte etwas hinein. Sein Plan ging auf, denn Saphira, die sein geheimnistuerisches Gehabe aus den Augenwinkeln heraus wahrnahm, bemerkte sofort, dass er etwas Verbotenes anstellte und wandte sich von Tracey ab.
„Was soll das denn? Du bist wie ein kleines Kind, das sich keine Sekunde lang selbst beschäftigen kann!“ Gereizt riss sie ihm das Buch aus der Hand und besah sich, was er nun wieder angerichtet hatte.

Als sie erkannte, was er geschrieben hatte, war ihr Zorn darüber, dass er ungefragt ihr Eigentum beschmutzt hatte, augenblicklich verflogen.
Draco Malfoy liebt, stand dort in seiner schönsten Sonntagsschrift über ihrem eigenen Namen. Offensichtlich hatte er sich größte Mühe gegeben, genauso sauber und ordentlich zu schreiben, wie Saphira es Jahre zuvor getan hatte.
Kichernd schloss sie ihren Freund in die Arme und gab ihm einen Kuss.
„Du bist süß“, hatte Saphira ihm ins Ohr gehaucht, woraufhin Draco sie von sich geschoben und eine ernste Miene aufgesetzt hatte.
„Sag das bloß nicht so laut. Das zerstört mein sorgsam aufgebautes Image!“

*

Draco Malfoy liebt
Saphira Black.

Mit weit aufgerissenen Augen starrte die Blonde hinab auf diese seltsam anmutenden Worte. Vor wenigen Wochen noch waren sie eine Selbstverständlichkeit gewesen. Eine Tatsache, an der es nichts zu rütteln gab, so banal, dass Saphira es gar nicht zu schätzen gewusst hatte. Aber jetzt... Jetzt konnte Saphira nichts mehr mit diesem Satz anfangen, hatte nicht den blassesten Schimmer, ob er jemals der Wahrheit entsprochen hatte, oder ob das alles nur eine große, hinterhältige Lüge gewesen war. Mit zittrigen Fingern fuhr sie über den Schriftzug, der den brennenden Liebeskummer erneut anfachte; Öl ins Feuer goss.
Stirnrunzelnd musterte Blaise seine beste Freundin, deren plötzlicher Stimmungsumschwung ihm nicht entgangen war, und verdrehte genervt die Augen, als er die Worte entziffert hatte, die sie mit ihren bebenden Fingern halb verdeckte.
Ohne auf ihren stummen Protest zu achten, nahm er ihr das Buch ab, riss die erste Seite heraus und ließ sie mittels eines Zaubers in Flammen aufgehen, die sich in Saphiras traurigen Augen widerspiegelten. Binnen Sekunden verwandelte sich das Papier zu Asche, die träge auf den Holztisch herabrieselte. So brutal und wortlos Draco sie verlassen hatte, fegte Blaise die Überreste nun auf den Boden, ignorierte die Schüler um sie herum, die aus ihrer Trance erwacht waren, in die Binns sie durch seinen monotonen Monolog versetzt hatte, und sich über den beißenden Gestank beschwerten.
Betrübt beobachtete Saphira die letzten Ascheflocken, die vor ihren Augen durch die Luft schwebten, angestrahlt vom hellen Sonnenlicht, das durch die Fensterscheiben in den Raum fiel. Die Reliquien ihrer Beziehung verteilten sich durch den Raum, würden bald fortgewischt werden, waren für immer verloren. Doch sie wusste, dass es richtig war, was Blaise getan hatte. Es brachte nichts, in der Vergangenheit zu leben, sich an deprimierende Erinnerungsstücke zu klammern, denn auf diese Weise würde sie niemals nach vorne blicken, ein eigenständiges Leben ohne Draco Malfoy führen können.
„Danke, Blaise“, flüsterte sie mit belegter Stimme und legte ihre Hand sacht auf seinen Arm.
„Keine Ursache“, erwiderte er und ließ seine Augen flüchtig zu Malfoy huschen, der nicht länger in seine Lektüre vertieft war, sondern das Geschehen genau beobachtet hatte. Etwas Merkwürdiges lag in seinem Blick. Etwas, das Blaise nicht genau definieren konnte oder wollte. Am ehesten kam die Gefühlsregung, die sich in seinen blassen Zügen manifestiert hatte, hoffnungsloser Trauer gleich und Blaise meinte auch einen Funken Eifersucht darin zu erkennen, als er Saphiras Hand ergriff, mit seinen Fingern sanft darüber strich.
Aber vermutlich hatte er sich dies schlichtweg eingebildet, denn nur einen Atemzug später war Malfoys Gesicht wieder glatt und ausdruckslos und der Blonde schenkte den beiden keine Beachtung mehr.


* * *



Allmählich schlug das Wetter um, es wurde trüb und regnerisch, an manchen Tagen peitschte einem der Wind bereits einige lose Blätter um die Ohren und auf dem Weg zu den Gewächshäusern versank man knöcheltief im Matsch. Der Sommer hatte sich seinem endgültigen Ende zugeneigt und war dem Herbst gewichen, der eindrucksvoll Einzug hielt, wobei er keinen Zweifel daran ließ, dass ihnen ein harter Winter bevor stand.
„Ach du Schreck! Saphira, wie siehst du denn aus?“, fragte Tracey bestürzt, als diese erst kurz vor der Ausgangssperre im Schlafsaal der Mädchen auftauchte, wie sie es seit Beginn des Schuljahres ständig tat. Stundenlang hielt die junge Hexe sich irgendwo versteckt, war nirgends aufzufinden und Tracey vermutete, dass sie sich draußen aufhielt, womöglich am Rande des verbotenen Waldes entlangspazierte, nur um den anderen Schülern und ihren neugierigen Fragen bezüglich ihrer Trennung von Malfoy aus dem Weg zu gehen. Beim Anblick der Blonden, die von Kopf bis Fuß klitschnass war, da es in Strömen regnete, bestätigte sich ihr Verdacht.

„Du bist ja total durchgeweicht“, stellte Tracey fest und schnappte sich das Handtuch, welches sie heute Morgen nach dem Duschen achtlos auf ihr Bett geworfen hatte, um es der Freundin zu reichen, doch Saphira ignorierte sie einfach, schritt an ihr vorbei als wäre sie Luft und ließ sich niesend auf ihrem eigenen Himmelbett nieder.
Außer den beiden Freundinnen befand sich derzeit niemand im Schlafsaal. Pansy lungerte mit Draco im Gemeinschaftsraum herum und Ariadne schrieb mal wieder einen ihrer ellenlangen Streberaufsätze zusammen mit Theodore. Daphne war vermutlich bei ihrer kleinen Schwester und Millicent... Weiß Merlin, was die den lieben, langen Tag über trieb.
„Hey, Süße. Du wirst dich noch erkälten, wenn du das nicht schon längst getan hast! Nimm ein Bad, oder eine heiße Dusche, und danach quatschen wir mal, okay?“
„Nein, danke. Ich will nur noch schlafen“, murrte Saphira und zog sich den verdreckten Umhang aus, um ihn zur Schmutzwäsche zu legen, welche täglich von den Hauselfen gewaschen wurde.
„Nun komm schon. Seit Tagen hast du kein vernünftiges Wort mehr mit mir gewechselt.“ Entschlossen ging die Schwarzhaarige auf sie zu, packte sie am Arm und sah ihr eindringlich in die Augen:
„Ich will dir helfen, und krank zu werden kann nicht wirklich in deinem Interesse sein“, sagte sie sanftmütig und zog den Zauberstab aus der Tasche, um damit wenigstens Saphiras Haare trocknen zu können.
„Such dir jemand anderen, den du bemuttern kannst!“, fauchte die Blonde und riss sich von Tracey los.
„Phia!“
„Nichts Phia! Hör gefälligst auf, dich in mein Leben einzumischen. Ich bin alt genug, um meine eigenen Entscheidungen treffen zu können, auch wenn das hier offensichtlich jeder Mensch anders sieht. Wenn ich mir eine Grippe einfange, dann ist das mein Problem. Seit wann bist du mein Babysitter?“ Von Saphiras plötzlicher Garstigkeit erschrocken starrte Tracey sie einige Momente lang sprachlos an, ehe sie ruhig sagte:
„Darum geht es doch gar nicht.“
„Richtig, es geht nicht um einen dämlichen Schnupfen, sondern darum, dass du mir fortwährend Vorschriften zu machen versuchst und immer verlangst, dass ich dir alles erzähle, mit dir rede, mich dir mitteile, dir sage, wie ich mich fühle... Du bist der totale Kontrollfreak! Lass es einfach. Ich habe alles im Griff. Es geht mir gut und nur, weil mein Freund mich verlassen hat, heißt das noch lange nicht, dass ich akut selbstmordgefährdet bin, oder spezielle Aufmerksamkeit benötigen würde. Behandle mich nicht wie einen Invaliden. Es ist alles in bester Ordnung“, versicherte Saphira ihr wütend und funkelte sie bitterböse an.

„So habe ich das doch gar nicht gemeint, aber im Ernst... So kann es doch nicht weitergehen. Seit diesem Gespräch mit Malfoy hast du dich total verändert. Wir konnten früher über alles reden. Was zur Hölle hat er getan, dass du meine Gesellschaft auf einmal komplett meidest?“, fragte Tracey beinahe flehentlich. Es brach ihr das Herz, wie wenig Saphira ihr zu vertrauen schien.
„Es geht hier nicht um Draco“, flüsterte die junge Black mit brüchiger Stimme und wandte sich schnell ab, um zu verbergen, wie sehr es sie in Wahrheit belastete, diesen Namen auszusprechen.
„Du hast gar nichts im Griff“, schnaubte Tracey verächtlich. „Und doch, genau um diesen Idioten geht es. Ein Blinder mit Krückstock erkennt, dass es dir eben nicht gut geht. Spar dir die Lügen. Glaubst du wirklich, ich wüsste nicht, was du gestern getan hast, als du dich über eine Stunde lang im Badezimmer verbarrikadiert und die ganze Zeit über das Wasser hast laufen lassen, damit man von draußen nur ja nichts hört? Ich kenne dich mittlerweile ganz gut und ich bin nicht dumm, Phia. Deinen Exfreund konntest du vielleicht hinters Licht führen, vielleicht hat es ihn auch einfach nicht interessiert, aber mich legst du nicht rein. Erzähl mir nicht, du würdest mit der Situation zurecht kommen, damit machst du dir höchstens selbst etwas vor.“

Zornig ballte Saphira die Hände zu Fäusten, vergrub die Fingernägel so tief in ihrer Haut, dass es wehtat, und atmete tief ein, um sich zu beherrschen, die Freundin nicht anzuschreien, denn welchen Zweck sollte das erfüllen? Was Tracey eben behauptet hatte, ohne es wirklich beim Namen zu nennen, ohne tatsächlich auszusprechen, was sie meinte, war schlichtweg falsch. Es stimmte nicht. Seit Beginn der Sommerferien hatte Saphira sich nicht ein einziges Mal übergeben. Zunächst gezwungenermaßen, doch sie hatte feststellen müssen, dass es ihr damit weitaus besser ging, sie sich körperlich viel stärker fühlte; nicht länger ausgelaugt und dauermüde. Ihre Speiseröhre brannte nicht mehr qualvoll, wann immer sie etwas aß oder ein besonders heißes beziehungsweise kaltes Getränk zu sich nahm. Auch ihre Konzentrationsfähigkeit erlebte ein bislang ungekanntes Hoch, das nur durch die schmerzlichen Erinnerungen an Draco getrübt wurde, denen sie sich nicht zu entziehen vermochte. Momentan hätte sie nicht einmal den Elan, sich zu solch einer Fressorgie aufzuraffen, auch wenn die reizvolle Erinnerung an das berauschende Gefühl sie hin und wieder durchzuckte. Doch das Essen war ihr zuwider geworden, wie sie mittlerweile fast alles nur noch als verabscheuungswürdig empfand; sogar ihre Freunde, die sich so liebevoll um sie zu kümmerten. Sie wollte nicht mit ihnen über ihren Kummer sprechen, denn zuzugeben, wie sehr sie unter dem Verlust ihrer ersten, großen Liebe litt, würde das Thema nur in den Vordergrund drängen und Saphira hasste es, darüber nachdenken zu müssen. Alles was sie wollte war vergessen. Ihn ein für alle Mal aus ihrem Gedächtnis verbannen.
Trotz dieser Vorsätze schaffte die junge Hexe es nicht, ihre elende Trauer gänzlich wegzusperren. Immer wieder gewannen die melancholischen Gedanken die Oberhand, quälten sie, streuten unablässig Salz in die blutende Wunde, die nicht heilen wollte. Doch niemand sollte erfahren, wie schlecht es ihr ging, besonders Draco durfte es nicht sehen. Pansy, die sich gestern ebenfalls im Schlafsaal aufgehalten hatte, als Saphira unter der Last ihrer eigenen Gefühle zu ersticken drohte, hätte es ihm mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit erzählt. Und dann... dann hätten die beiden sich über sie lustig machen können.
Arme, verschmähte Exfreundin, sollen wir Mitleid mit ihr haben?
Saphira konnte sich ihr höhnisches Gelächter nahezu lebhaft vorstellen. Nein, diese Genugtuung würde sie ihnen unter keinen Umständen auch noch auf dem Silbertablett servieren!
Und so hatte sie den gestrigen Abend unter der Dusche verbracht, ihr Schluchzen vergeblich zu unterdrücken versucht, sämtliche Wasserhähne aufgedreht, damit niemand ihr Weinen vernahm, weil ihr dieser verdammte Stille-Zauber ohnehin schon größte Probleme bereitete und sie in ihrem aufgelösten Zustand noch weniger damit zurecht kam. Mehr hatte sie nicht getan, sich lediglich ihrer düsteren Stimmung hingegeben, den Schmerz unter dem viel zu heißen Wasser fortzuspülen versucht.
Warum? Warum nur, Draco? Sag mir, wieso!
Leere Worte.
Fragen an niemanden.
Keine Antwort, niemals.
Von wem auch?

Sicher, sie hätte es Tracey erklären, ihr die Wahrheit sagen können, doch was sollte das bringen? Kein einziges Wort würde die Freundin ihr glauben. Zu oft hatte Saphira ihr gegenüber bereits behauptet, es ginge ihr blendend, sie hätte alles im Griff, was sich meistens als Lüge herausgestellt hatte. Wozu sollte sie sich überhaupt die Mühe machen, sich zu rechtfertigen, wenn ihr sowieso niemand Glauben schenkte, es ein zum Scheitern verurteiltes Unterfangen war?
Jemand anderem gegenüber ihre verzweifelten Gefühle, die nervenaufreibenden Emotionen, die sie Tag für Tag, Stunde um Stunde quälten, einzugestehen, würde den Tatbestand der Einsamkeit nur noch erschreckend realer wirken lassen und Tracey... Tracey gehörte zu den wenigen Menschen, die dazu in der Lage waren, Saphiras Lügengerüst zum Einsturz zu bringen und somit ihre wahren Gefühle ans Tageslicht zu befördern. Das war einfach zu viel, alles zu viel. Sie konnte das nicht, wollte das nicht. Nichts mehr fühlen, keine Tränen mehr, nie wieder, nie wieder, nie wieder an Draco erinnert werden. Darüber zu reden machte es nur schlimmer, befreite den Schmerz aus seinem Käfig, in den Saphira ihn zu zwängen versuchte, vergeblich und doch besser, als ihm freien Lauf zu lassen, die endlosen Qualen des Liebeskummers über ihr Leben bestimmen zu lassen.
Verdrängen. Vergessen. Vernichten.
Tief in ihrem Inneren wusste Saphira, dass es so nicht funktionierte. Die Trauer würde ebenso wenig von alleine verschwinden wie die Probleme mit ihrer Mutter, die sie seit Jahren nur von sich schob, im hintersten Winkel ihres Bewusstseins verbarg. Nur ja nie darüber nachdenken, lautete die Divise, es strikt vermeiden, sich damit auseinander zu setzen. Wenn sie ehrlich zu sich selbst war, dann musste sie sich eingestehen, dass die psychische Belastung mit der Zeit nur größer wurde und dass es ihr im St. Mungo nach einiger Zeit tatsächlich besser gegangen war, auch wenn sie nur winzige Bruchstücke ihres Lebens in der Therapie angesprochen hatte. Im ersten Moment war es fürchterlich gewesen, hatte wehgetan, doch dann... ganz langsam hatte es sich nicht mehr so schrecklich angefühlt. Wie jeder andere Mensch auch war Saphira dazu fähig, Erlebnisse zu verarbeiten, sie aus ihrem Unterbewusstsein empor zu holen, sich damit auseinander zu setzen und zu lernen, damit zu leben.
Sprich es an. Vielleicht hilft es?, meldete sich eine weise Stimme in Saphiras Kopf, die von der jungen Black allerdings gekonnt ignoriert wurde. Nein, sie war nicht dazu bereit, den ersten Schritt zu wagen; alleine daran zu denken, was Draco gesagt hatte, wie er mit ihr umgegangen war, schmerzte unerträglich. Wie um alles in der Welt sollte sie es also durchstehen, darüber zu reden? Es ging nicht, absolut nicht.
Und so wählte Saphira den einfachen Weg, den falschen Weg. Anstatt wenigstens den Versuch zu unternehmen, Tracey ihre Gefühlslage begreiflich zu machen, zog sie es vor, ihrem Ärger über die Ungerechtigkeit des Universums an ihr auszulassen und somit den einzigen Menschen, der ihr ausschließlich wohlgesonnen war, dafür zur Verantwortung zu ziehen. Sie konnte Traceys Nähe nicht länger ertragen, sie war ihr viel zu nahe.
Emotional, geistig, intellektuell.
Viel zu leicht durchschaute Tracey sie, konfrontierte sie mit der Wahrheit und das war so ziemlich das Letzte, was Saphira derzeit wollte. Eine Illusion erschaffen, alles Negative ausblenden, das war ihr Plan.
Stell dir einfach vor, das alles wäre nie geschehen. Und wenn du nur lange genug daran festgehalten hast, bist du irgendwann vielleicht tatsächlich überzeugt davon, dass es eine Beziehung zwischen dir und Draco Malfoy niemals gegeben hat.
Dann wird alles wieder gut.

„Nur weil du später Heilerin werden willst, heißt das noch lange nicht, dass es dir gestattet ist, dich ungefragt in das Leben anderer Menschen einzumischen. Dein Praktikum im St. Mungo macht dich noch lange nicht zu einem zweiten Augustus, also spiel dich hier nicht als Hobby-Psychologin auf! Das ist lächerlich. Ich bin doch nicht sowas wie dein Sozialprojekt, deine gute Tat an der Menschheit. Heb dir dein verdammtes Helfersyndrom und deine übertriebene Fürsorge für jemanden auf, der es haben will. Ich brauche es nicht, ich brauche dich nicht!“, fuhr sie Tracey an und fegte in ihrer Wut die Sachen von deren Nachttisch zu Boden.
„A-aber Saphira“, stotterte die Schwarzhaarige bestürzt und ging einen Schritt auf sie zu. „Ich will dir doch nur helfen und für dich da sein.“
„Ich brauche deine Hilfe nicht. Ich kann auf mich selbst aufpassen und es gibt bereits genug Leute, die mir das Leben schwer machen. Fang du nicht auch noch damit an, oder besser gesagt: Hör endlich auf damit, mich retten zu wollen! Ich bin schon völlig fremdbestimmt, werde tagtäglich kontrolliert...“
„Falls du damit Pomfrey meinst, die trickst du doch genauso aus, wie du es im vergangenen Jahr getan hast. Denkst du, ich wüsste das nicht? Meinst du, es wäre mir nicht aufgefallen, dass du literweise Wasser trinkst, bevor du dich wiegen lässt, weil du das Essen schon wieder eingestellt hast?“, fauchte Tracey mit Tränen in den Augen zurück. Die Worte ihrer besten Freundin, die ihr so viel mehr bedeutete, als diese jemals erfahren würde, waren wie pures Gift, und Saphiras selbstzerstörerisches Verhalten trieb Tracey an den Rand der Verzweiflung. Sie verstand nicht, wieso Saphira so grausam mit ihrem eigenen Körper umging, weshalb sie sich nicht helfen ließ, ihre einzige, richtige Freundin nun von sich stieß und behandelte, als wollte sie ihr etwas Böses.
„Na dann verpetz mich doch“, spie die Blonde ihr entgegen. „Ich merke doch, wie scharf du darauf bist. Los, renn zu Pomfrey und erzähl es ihr! Genauso wie letztes Jahr, als du mich in die Irrenanstalt gebracht hast. Das werde ich dir nie verzeihen. Niemals! Was bildest du dir eigentlich ein? Ich sehe nur Halb- und Schlammblüter, die meinen, sie wüssten alles besser, könnten mich ändern. Seht endlich ein, dass dem nicht so ist. Was wollt ihr damit erreichen? Euren Platz in der Gesellschaft-“
„Nun hör aber mal auf! Das lasse ich mir nicht sagen. So brauchst du gar nicht erst anzufangen!“, unterbrach Tracey sie mit schneidender Stimme und Saphira verstummte für einige Sekunden.
„Schön“, sagte die Blonde schließlich ruhig. „Dann wäre unser Gespräch damit wohl beendet. Ich wünsche dir noch ein angenehmes Leben.“
Einen vernichtenden Blick auf Tracey werfend wandte Saphira sich von ihr ab, begab sich in ihr Bett und zog die Vorhänge mit solcher Wucht hinter sich zu, dass einer davon abriss.
„Verfluchte Scheiße!“, schrie sie, schnappte sich ihren Zauberstab und reparierte das Malheur.

Fassungslos beobachtete Tracey sie dabei und spürte, wie ihre Beine zu zittern begannen.
„Wir sind doch Freundinnen. Das... das kannst du doch nicht-“ Ihre Stimme bebte. „I-ich wollte doch nur... Ich-“ Mit wild pochendem Herzen wirbelte Tracey herum und flüchtete aus dem Schlafsaal. Wie hatte es nur so weit kommen können? Hatte sie tatsächlich etwas falsch gemacht? War es ein Fehler gewesen, den Heilern von Saphiras psychischen Problemen zu berichten?
Nein.
Ganz eindeutig nicht. Hätte sie etwa mitansehen sollen, wie ihre beste Freundin sich in ihr Unglück stürzte? Hätte sie die Augen verschließen sollen, wie Malfoy und Zabini es taten, nur um irgendwann weinend an ihrem Grab zu stehen und sich zu fragen: Warum haben wir es nicht gesehen, wieso haben wir ihr nicht geholfen?
Nein.
Es war die richtige Entscheidung gewesen. Genauer gesagt die einzige, die Tracey mit ihrem Gewissen vereinbaren konnte. Aber Saphira begriff dies nicht. Würde sie es je verstehen, ihr verzeihen, einsehen, dass Tracey ihr nie schaden, sondern nur ihr Leben hatte retten wollen?


Mit verschwommenem Blick bahnte sie sich einen Weg durch die Schüler, rempelte einige von ihnen an und scherte sich nicht um die ihr hinterhergerufenen Beleidigungen und Aufforderungen, sich gefälligst dafür zu entschuldigen. Auch die Ausgangssperre interessierte Tracey in diesem Moment herzlich wenig. Sie musste einfach nur raus. Weg hier. Eine möglichst große Distanz zu Saphira schaffen, die ihrem Herzen einen weitaus heftigeren Stich versetzt hatte, als die junge Black jemals erahnen konnte.
Draußen angelangt ließ sie sich auf einem kleinen Mauervorsprung nieder, der weder vom Eingangsportal noch von Hagrids Hütte aus einsehbar war, und zündete sich eine Zigarette an.
War es das? Soll es das wirklich gewesen sein? Endgültig. Wirfst du unsere jahrelange Freundschaft, alles was wir gemeinsam durchgestanden haben, einfach so weg wie ein kaputtes Spielzeug? Ist es das, was ich für dich war? Nur eine Marionette, die sich leider nicht von dir befehligen ließ wie all die anderen Menschen, die du Tag für Tag manipulierst..., fragte sie in die Stille hinein, erschrocken vom hohen Klang ihrer eigenen Stimme, der verriet, dass sie kurz davor stand, in Tränen auszubrechen. Dieser Zustand war für Tracey eine echte Seltenheit. Gewöhnlich war sie ein fröhlicher Mensch, nahm sich nicht immer alles so zu Herzen und war im Großen und Ganzen zufrieden mit ihrem Leben, wenn man von ihrer Besorgnis um ihre [beste] ehemalige Freundin absah.
Lass mich nur fallen, stoß mich von dir, wie du es mit allem tust, das du zum Leben brauchst, mit jedem, der dir helfen möchte. Essen? Nein, das könnte dir womöglich schaden, dich von deiner Zeitlupen-Selbstmordmission abbringen. Du bist vielleicht nicht akut selbstmordgefährdet, aber deine Verhaltensweisen bringen dich früher oder später unter die Erde. Dein Selbstbildnis ist so verquer... Du nimmst nur negative Einflüsse als etwas Positives wahr, ist dir das eigentlich bewusst, Saphira? Alles was dir schadet, jeder der dir wehtut steht ganz hoch in deiner Achtung, aber Menschen, die sich wirklich für dich interessieren, drängen sich nur gewaltsam in dein Leben, unterdrücken deinen freien Willen. Schnaubend trat Tracey mit dem Fuß gegen einen kleinen Stein, der über die Wiese davonrollte.

Es war eindeutig: Saphira wollte nicht, dass man sich um sie sorgte, lehnte jegliche Unterstützung ab, aber wie hatte Tracey auch so töricht sein können, etwas anderes zu erwarten? Wenn sie ihre Freundschaft genauer begutachtete, kritisch hinterfragte, dann musste sie feststellen, dass ihre Beziehung zueinander einer emotionalen Einbahnstraße glich. Solange es ihr in den Kram passte, nahm Saphira sich alles und gab wenig zurück. Sobald ihr etwas nicht gefiel, sie das Gefühl bekam, dass Tracey sie zu gut durchschaute, trat Saphira stets den Rückzug an. Im vierten Schuljahr hatte sie Pansy wie einen benutzten Gegenstand entsorgt, der nicht mehr gut genug war, da sie etwas augenscheinlich besseres gefunden hatte: Draco. Und genauso wie sie die Freundin aus Kindertagen vor den Kopf gestoßen hatte, weil ihr die Beziehung zu diesem Arsch wichtiger gewesen war, hatte sie Pansy wieder in ihr Leben zurückgeholt, sie quasi recycelt, als Tracey und Blaise ihrem selbstzerstörerischen Verhalten im fünften Schuljahr mehr und mehr auf die Schliche gekommen waren. Lieber trennte sie sich von den Menschen, denen sie wichtig war, als ihre Süchte aufzugeben.
Natürlich hatte Pansy sich von Saphiras schönem Schein blenden lassen, hinterfragte nicht, durchschaute sie nicht. Genau das war es, was Saphira zu diesem Zeitpunkt gewollt hatte. Jemanden, der ihr das Gefühl vermittelte, bewundert zu werden, ohne zu begreifen, dass es an Saphira nichts Bewundernswertes gab. Die perfekte Täuschung. Die unwissende, naive Pansy wurde manipuliert und benutzt, denn die Einsamkeit ertrug Saphira auf Dauer auch nicht. Tracey hingegen kannte sie viel zu gut, hatte sie durchschaut und musste deswegen das Feld räumen. Dasselbe passierte jetzt gerade auch wieder, nur wesentlich offensiver. Damals hatte Saphira sich lediglich zurückgezogen, aber nun sprach sie es klar und deutlich aus. Ihre Freundschaft konnte nicht länger Bestand haben, weil ihre Interessen zu kontrovers waren. Tracey wünschte sich nichts sehnlicher als eine glückliche, gesunde Freundin, die offen und ehrlich zu ihr war. Saphira jedoch wollte sich um nichts in der Welt von ihren eigenen Bewältigungsmechanismen trennen, die Angst vor der Veränderung war zu groß.


Vor Traceys Augen zersprang die Imagination einer ewig währenden Freundschaft in millionen winzig kleine Stücke. Nie hatte sie sich vorstellen können, dass es einmal so enden würde; dass es überhaupt enden konnte. Ihre Freundschaft war etwas Besonderes gewesen, basierte auf so viel mehr als die meisten Teenager-Bindungen.
Ich liebe dich, du dumme Reinblut-Zicke. Ich liebe dich mehr als eine Schwester, mehr als es mir gut tut. Alles was ich will ist, dass es dir gut geht und dass du in meiner Nähe bist. Es macht mich fertig, nicht zu wissen, was mit dir los ist! Warum verstehst du das nicht?
Die Erinnerungen wirbelten wie Staubwolken durch die Luft. Verloren und vergessen. Jegliches positive Gefühl löste sich in Rauch auf, den sie in die klare Nachtluft hinausblies, während die junge Hexe mit jedem Atemzug spürte, wie sich die Verbitterung in ihrem Inneren weiter ausbreitete. Tracey hatte nicht die geringste Ahnung, wie sie mit der jetzigen Situation umgehen sollte. Hatte es überhaupt einen Sinn, weiter um Saphira zu kämpfen, oder sollte man sie einfach ihrer Wege ziehen, in ihr Verderben rennen lassen.
Nicht mein Problem.
Oder doch?
Unruhig schnippte die Schwarzhaarige die fast aufgerauchte Zigarette weg und kramte das Päckchen erneut aus der Tasche. Tief in ihrer Seele war etwas zerbrochen, das Band zu Saphira war zerteilt worden, existierte nicht länger und Tracey fühlte sich, als hätte man ihr ein langsam wirkendes Gift verabreicht, das die liebevolle Zuneigung zu Saphira vernichtete und nichts als blanke Enttäuschung hinterließ. Tracey wollte nicht böse auf sie sein, versuchte sie zu verstehen, sagte sich wieder und wieder, dass es eigentlich nicht ihre Schuld war, sondern Malfoys, doch es half alles nichts. Die Grundlagen ihrer Freundschaft waren in diesem ersten und vielleicht letzten Streit unwiderruflich niedergebrannt worden, rieselten zu Boden wie die erkaltende Zigarettenasche.


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Tja, ja. Momentan gibt es nicht viel „echte“ Handlung, sondern eher Zwischenmenschliches, doch das ist wichtig, weil einige Charaktere nun einen Wandel vollziehen, sich weiterentwickeln [inwiefern zum Guten.. darüber lässt sich streiten].
Eigentlich waren noch viel mehr Szenen für dieses Kapitel geplant, doch ich bin mal wieder bei Seite 12 angelangt und habe das Gefühl, ich sollte hier einen Cut machen.

Das nächste ist bereits fertig, aber ich bin mir nicht sicher, ob ich die Amortentia -Szene tatsächlich mitreinnehmen soll, denn.. jeder kann sich denken, wie die in etwa ablaufen wird.
Wollt ihr das trotzdem lesen? Oder soll ich es rauslassen?
[Und falls ihr euch wundert und euch denkt „Aber hey, die Amortentia -Szene gehört doch eigentlich an den Beginn des Schuljahres.. Das war der ERSTE Schultag!!“ Jaa, ich weiß :`D Ich musste hier einige Sachen um ein paar Tage verschieben, weil.. darum!]
Also teilt mir mal eure Meinung dazu mit^^


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