von rodriquez
Montag - Später Nachmittag
Der Raum war groß, quadratisch und mit Ausnahme des schwarzen Chefsessels, an den man mich gekettet hatte, und einem Schreibtisch der schon bessere Zeiten erlebt hatte, leer. Lediglich eine riesige, verdreckte Glasscheibe bot Einblicke in eine alte, leerstehende Halle. Ein Lagerhaus, so meine Vermutung.
Ich war bis auf Slip und einer aufgerissenen Bluse nackt, fror und war hundemüde.
Von wegen, kein Blut, keuchte ich.
Der glatte Durchschuss in meinem linken Fuß schmerzte höllisch, war aber im Laufe der Zeit zu einem dumpfen Pochen abgeklungen, dennoch fühlte ich mich schwach und hatte unglaublichen Durst. Krampfhaft überlegte ich, was ich tun könnte.
Stunden waren vergangen. Mein Rücken schmerzte.
Ich spürte keinen Knochen in meinem Körper mehr. Regelrecht angekettet an einen Büro-Chefsessel, kaum eine Möglichkeit sich zu bewegen. Zwischenzeitlich glaubte ich Schritte aus der Halle zu hören.
Drei Männer, so meine Schätzung.
Unterschiedliche Schrittfolge. Einer schlürfte, einer trampelte und der Dritte schien zu hinken, jedenfalls hörte es sich so an, als würde er ein Bein nachziehen. Sie ächzten, stöhnten, fluchten. Trugen scheinbar schwere Dinge. Türen knallten. Kleine, größere, leichte, schwerere. Meine Vermutung ging dahin, dass die Männer ein großes Fahrzeug, einen Lastkraftwagen beluden. Keiner scherte sich um mich.
Bis vor wenigen Minuten.
Wie lange ich regungslos dagesessen hatte?
Keine Ahnung. Es mussten Stunden gewesen sein.
Endlich schien sich einer von ihnen zu trauen, nach mir zu schauen. Oder er tat es auf Anweisung. Oder aus privaten, abartigen Trieben.
Unter meiner Bluse blitzen meine Brüste hervor. Die Bluse hatte mir der riesige Kerl vorhin, genüsslich mit einem Stilett aufgeschnitten, und einen BH trug ich aus einem wunderbaren Grund nun mal keinen.
Ich hatte erwartet, dass der ekelhafte Zwei-Meter-Mann mich vergewaltigen würde, was er aber erstaunlicherweise nicht tat. Stattdessen streichelte und betatschte er mich, wobei er immer wieder von mir abgelassen hatte und langsam um mich herumgeschlichen war. Ich sah mich ständigen grausamen Einschüchterungen ausgesetzt. Seine Berührungen versuchten Gänsehaut und Ekel.
Bist du bereit zu sterben, Nutte?
Soll dich vorher ficken, oder willst auf die Anderen warten?
Freust du dich etwa drauf, es mit Mehreren gleichzeitig zu tun?
Freust du dich schon auf den Tod?
Ich erwiderte nichts, sondern ertrug die missliche Lage mit Schweigen und Verachtung. Schlimmer als die Folter von Bellatrix Lestrange in Malfoy Manor kann es nicht werden, dachte ich, und versuchte eine erneute Berührung meiner Brüste mit seinem Stilett zu ignorieren. Ebenso wie die Gänsehaut, die seine Berührungen hervorreifen. Das kalte Metall des Stiletts ließ meine Brustwarzen wachsen. Etwas, das ihn weiter anheizte. Innerlich bereitete ich mich auf mein Ende vor. Schmutzige, riesige Pranken. Von Rissen übersät, mit Öl verschmiert, wie bei einem Mechaniker. Aber kein Motorenöl. Dieser Ölgeruch erinnerte mich an Schusswaffen.
Ich mach dich kalt, Nutte.
Doch mein Ende war nicht eingetreten.
Noch nicht.
Nach einer ganzen Weile verlor er plötzlich das Interesse, schaute immer wieder nervös auf seine Uhr. Er lief nur, wie ein aufgeschrecktes Huhn in meinem Rücken auf und ab, und machte mich wahnsinnig. Die Ungewissheit brachte mich um den Verstand.
Würde ich Harry je wiedersehen?
Noch immer hatte ich keine Ahnung, was diese Kerle von uns wollten.
Nichts weiter geschah.
Ich musste tapfer sein, die Ruhe bewahren.
Das hatte ich mir, seit man mich hierher gebracht hatte, unzählige Male eingeredet.
Bisher fuhr ich verhältnismäßig gut damit, abgesehen von den Demütigungen, den seelischen Schmerzen, der Müdigkeit, dem ungeheueren Drang auf die Toilette zu müssen, lange würde ich den peinlichen Druck nicht mehr aufhalten können. Und natürlich abgesehen von einem glatten Durchschuss an meinem linken Fuß. Die Wunde pulsierte, und höllische Schmerzen traten schubweise auf, doch die Zeit raubte mir die Gedanken an Schmerzen. Minuten fühlten sich, wie Stunden an. Stunden, wie Tage. Die Zeit dehnt sich unwahrscheinlich in die Länge.
Die Stunden waren wohl wirklich zu Tagen geworden, und noch immer bestand keinerlei Aussicht, dass man mich in die Arme meiner neu aufgeblühten Liebe entlassen würde.
So wurde es immer schwerer für mich, Durchhalteparolen zu erfinden. Der Raum war ein feuchtkaltes Loch mit nacktem Zementboden und nur der verdreckten, kaum durchschaubaren Scheibe in ein unbekanntes Nichts von einer Lagerhalle.
Der Hüne legte mir hinter meinem Rücken Handschellen an und zog die Kette um meine schmerzenden Knöchel enger. Dabei nahm er keine Rücksicht auf meine Verletzung. Die Kette rieb auf dem mittlerweile verkrusteten Durchschuss. Mir war klar, dass es absolut keine Fluchtmöglichkeit gab.
Mein Zauberstab verstaubte in der Nachttischschublade des Zimmers, indem ich die wunderbarsten Stunden meines Lebens verbracht hatte.
Ob Nacht oder Tag konnte ich nur erahnen. Mein Zeitgefühl berechnete etwa vierundzwanzig Stunden seit Beginn des Martyriums.
Immer wieder fragte ich mich, ob ich das Alles hätte verhindern können, ja verhindern müssen, oder ob ich das Alles nur träume, und irgendwann, schweißgebadet aufwache, mit Harry in meinen Armen, der mich tröstet und versucht meinen Albtraum zu vertreiben.
Das schlechte Gewissen, versuchte ich mir einzureden. Das schlechte Gewissen.
Ich hätte Harry die Wahrheit sagen müssen. Hätte ihm sagen sollen, dass ich ihn in Ginnys Auftrag verführe, dass aber nichts gestellt ist, dass all meine Gefühle echt sind. Ich habe es nicht getan, weil Harry sofort in den Krieg gezogen wäre.
Und dann starrte ich dem Unheil in die Augen.
Es überkam mich so furchtbar schnell, dass alle Versuche auf mich aufmerksam zu machen, oder um Hilfe zu rufen vergebens gewesen wären. Ich hatte nicht einmal die Chance dazu.
Knall auf Fall hatte ich die Liebe gefunden.
Die Liebe, die schon immer tief in meinem Herzen vergraben war. Typisch, dass man mich erst daraufhin stupsen musste. Und wenn Harry nur einen kleinen Bruchteil, dessen für mich empfindet, was ich als unbeschreiblich bezeichne, dann würde er unaufhörlich nach mir suchen, und mich hier rausholen. Er würde mich auf Händen durch das Feuer der Angst tragen. Hoffentlich haben sie ihm nichts getan.
Ich fragte mich, was ihm zugestoßen sein mochte. Meine ewige, große Liebe. Ich habe ihn immer schon geliebt, wenn da nur nicht die unüberwindbaren Hindernisse gewesen wären: Ginny, Ron.
Wie Recht doch Ginny hatte.
Warum hat sie nicht schon frühe diese Erkenntnis preisgegeben?
Vieles wäre uns erspart geblieben.
Was wollen die Verbrecher von ihm, von uns?
Insgeheim ärgerte ich mich, dass ich Ginnys wahren Beweggründe nicht weiter hinterfragt habe. Ich hätte es ahnen müssen.
Hoffentlich geht es Harry gut!
Andererseits: Wenn sie ihm etwas angetan hätten, hätte mir mein Herz das verraten. Schon damals, während unserer Schulzeit spürte ich die Gefahr durch ein Ziehen meines Herzens. Doch ich habe nie nach den wahren Hintergründen dieses Gefühls geforscht. Doch jetzt blieb es stumm. Ein gutes Zeichen, und das war die Beruhigung, die ich brauchte.
Harry lebt, und er wird nach mir suchen!
Das Ekelpaket wurde immer unruhiger. Er ließ mich völlig links liegen, als ich wäre Luft.
Mein Gefühl sagte mir, dass etwas vorgefallen sein musste. Der Kerl mahlte mit seinem Unterkiefer. Seine Zähne knirschten. Irgendetwas schien ihn richtig wütend gemacht zu haben. Die ganze Zeit hatte ich ihn nicht so die Contenance verlieren sehen.
Ein Grund mehr, Hoffnung zu schöpfen.
Denn es gibt nur eine Person, die in der Lage wäre, Jemanden so auf die Palme zu bringen.
Harry lebt, und er ist bereits ziemlich nah!
Der Typ keuchte beim Gehen und gab furchtbare Geräusche von sich. Er erinnerte mich an ein Albtraummonster aus der Elm Street, das ich mir zu Rons Zeiten auf Video anschauen musste, es fehlten nur die messerscharfen Krallen.
Dafür war das Geräusch messerscharf. Ein Butterflymesser, das er hin und her, auf- und zuschwingen ließ. Unaufhörlich, nervös, angespannt. Und ich konnte das Schwein riechen, jedes Mal, wenn er sich mir näherte. Er stank fürchterlich, eine grässliche Mischung aus Achselschweiß, wochenlang nicht gewechselten Socken und penetrantem Billigrasierwasser, die so schlimm war, dass ich würgen musste, wenn er mir zu nahe kam. Seine Hände stanken nach Sagrotan, was den Gestank nur noch penetranter machte.
Die Wartezeit wurde unerträglich.
Auf was wartet dieser Idiot?
Mit fortschreitender Zeit der Untätigkeit verlor ich wieder die Hoffnung nach Hause zurückzukehren und Harry wiederzusehen und meine Eltern, und alle, die mir etwas bedeuten. Aber ich musste tapfer sein. Musste es einfach. Denn ich wollte nicht sterben.
Ich war zum ersten Mal richtig glücklich. Ich verstand einfach nicht, warum man mir etwas antun wollte. Ausgerechnet jetzt!
Das war einfach nicht fair.
Ich bin verliebt!
Hoffnungslos verliebt.
Zu allem Unglück verstärkte sich immer mehr der Druck meiner Blase. Lange würde ich es nicht mehr halten können. Eine vorsichtige Nachfrage auf die Toilette zu dürfen, wurde barsch zurückgewiesen: „Halts Maul, Schlampe. Du bliebst hier. Piss dir meinetwegen in die Hosen!“
Ich versuchte mich zu konzentrieren, und den Drang weiter zu unterdrücken. Ein schwieriges Unterfangen., zumal die Schmerzen anzuhalten immer unerträglicher wurden. Gelegentlich konnte ich gedämpfte Stimmen aus der Halle vernehmen, aber nicht feststellen, wie viele Personen sich in meiner Nähe aufhielten.
Meine erste Schätzung, drei weitere Personen, blieb bestehen.
Immer nervöser, hastiger, die Bewegungen des Hünen, und alles hinter meinem Rücken.
Es war zum Wahnsinnig werden.
Mit der Geduld schien er es nicht zu haben. Endlich eine neue Situation. Nach einigen qualvollen Augenblicken der Stille, bemerkte ich wie er ein Telefon zu benutzte, und einen Anruf tätigte, der seine Stimmung nicht gerade steigerte.
Obwohl ich kaum ein Wort verstand, war die Anspannung greifbar.
Seine Stimme erhob sich.
Alles, was er tat wirkte noch hektischer.
Plötzlich ein Urschrei: „Das ist mir scheißegal - Besorge mir den Stick und du bekommst sie wieder.“
Kurze Zeit später knallte er mit der Faust gegen die Scheibe. Irgendjemand hatte ihn stinkwütend gemacht.
Und es entlockte mir ein heimliches Lächeln, denn ich kenne nur eine bestimmte Person, der es gelingen würde, Jemand so in Rage zu versetzen.
„Muss man denn Alles selber machen?“ - Das gibt es doch nicht!“, fluchte er unaufhörlich. „Was für Stümper habe ich nur engagiert?“. Die Wut, die Anspannung war greifbar nahe.
Die Hoffnung zu überleben war schlagartig zurück. Der Kerl hatte definitiv andere Sorgen, als mich zu quälen, und ich wüsste nur zu gerne, welche das waren. Auf Jedenfall musste es etwas sein, das überhaupt nicht in den Plan passte.
Ich bemerkte wie er erneut seine Aufmerksamkeit dem Handy schenkte, erneut ging das Gespräch von ihm aus.
„Sir? - Wir haben ein Problem, Mr. Bellamy.“
Ich wurde hellhörig. Mr. Bellamy, sagte mir nichts.
Eine kurze Pause entstand, in der der stinkende Hüne womöglich neue Anweisungen bekam.
„Craig ist erledigt, aber die Bullen haben Mike. Ich nehme das jetzt selbst in die Hand.“
Erneut eine Pause. Ich konnte sogar die männliche Stimme am anderen Ende hören, eine Aussprache in reinem, perfektem Oxfordenglisch. Nur verstand ich leider keinen Zusammenhang.
„Wir liegen immer noch im Plan. Keine Sorge. Um die hartnäckige Nervensäge kümmere ich mich höchstpersönlich.“
Ein quälender Gedanke durchzuckte mich.
Die hartnäckige Nervensäge.
Eine perfekt zutreffende Beschreibung meines Freundes. Besonders wenn man ihn zum Feind hat. Ich hatte seit Stunden keine Ahnung, was sie mit ihm angestellt haben könnten. Als ich ihn zum letzten Mal sah, lag er nackt und angekettet auf meinem Bett, in voller und praller Erwartung meiner Liebe.
Ich hatte die schöne Erinnerung noch nicht zu Ende gebracht, als ich einen kräftigen Hieb gegen meine Schläfe verspürte, und die Worte: „Leider kann ich mich erst später um dich kümmern. Bis gleich, Schlampe“.
Das letzte woran ich in diesem Moment denken konnte, war: „Du wirst dich nie mehr um kümmern können. Auf Nimmerwiedersehen, du Arsch!“
Dann begann sich vor meinen alles zu drehen. Sie drehten sich im Kreis. Bis plötzlich nur noch völlige Dunkelheit um mich herum herrschte.
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