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Crossroads - Enthüllungen

von Duchesse

Zufrieden legte sie die Dokumente, die sie gerade ein letztes Mal durchgelesen hatte, zu Seite. Den ganzen gestrigen Nachmittag hatte sie die alten Lehrpläne inspiziert und festgestellt, dass sie eigentlich nicht viel zu ändern hatte. Bei einigen Gewächsen gab es ein paar neue Pflegehinweise, die sich durch moderne Zauber und Erkenntnisse bereits etabliert hatten, aber im Lehrplan noch nicht aufgeführt gewesen waren. Erstaunt hatte sie bemerkt, dass etwa der Solex-Zauber für anhaltendes Sonnenlicht überhaupt nicht erwähnt war. Dabei hatte sie selbst diesen schon zu Schulzeiten anzuwenden gelernt.
Es war wohl wirklich Zeit gewesen für eine Reformation der Pläne. In anderen Fächern war da aber wahrscheinlich so einiges mehr zu tun. Bei Pflanzen änderte sich ja eigentlich nichts. Manche mochten Kälte, andere Wärme, Feuchtigkeit oder Trockenheit. Einige musste man beschäftigen, da sie sonst unausgeglichen und unleidlich wurden, oder durfte sie nur zu bestimmten Tageszeiten in ein Wasserbad setzen, um sie vor der Transformation zu reinigen.
Das war und blieb so.
Auch die Wirkungen und Anwendungsweisen der Gewächse änderten sich nicht mit den Jahren, sondern nur mit deren Pflege und sorgfältigen Behandlung.
Bei Hagrids Plänen sah es ähnlich aus.
Auch Flubberwürmer und Bowtruckles verhielten sich immer noch genauso wie in den Jahrhunderten zuvor. Da gab es eher noch etwas hinzuzufügen, da Hagrid beispielsweise den Hippogreifen näher gekommen war als die meisten Zauberer vor ihm.
Also hatte Evy es so gehalten, dass er ihr erklärte, was er mit den Geschöpfen machte und wie sie darauf reagierten, und sie hatte es mitgeschrieben. Es war also bei beiden Fächern eigentlich mehr Schreibarbeit als alles andere, da sie das geschwollen klingende Geschwafel in eine normale, moderne Sprache zu bringen versucht hatte.
Sie lehnte sich in ihrem Stuhl zurück und ihr Blick fiel auf die Uhr. Halb zwölf. Die ideale Zeit um den Krampfknöterich um ein paar Wurzeln zu erleichtern, da dieser sie in der Mittagszeit wegen der Wärme am lockersten von sich streckte.
Es war ihr peinlich, wie sie sich vorgestern ihrem Kollegen gegenüber verhalten hatte. Sich so gehen und ihren Gefühlen freien Lauf zu lassen war sonst nicht ihre Art. Normalerweise gelang es ihr ganz gut, sich zu beherrschen und freundlich zu bleiben, auch wenn jemand ihr auf die Nerven ging oder sie jemanden nicht mochte. Sie ärgerte sich über sich selbst, weil sie sich so aus der Reserve hatte locken lassen mit nichts und wieder nichts.
Gestern schon war ihr klar geworden, dass sie völlig übertrieben reagiert hatte, und sie wollte es eigentlich wieder gut machen. Nur hatte sie eben um die Mittagszeit unterrichtet und es gerade noch so zum Essen geschafft, weshalb sie sich da nicht mehr um die von ihm benötigten Wurzeln hatte kümmern können. So jedenfalls wollte sie das nicht im Raum stehen lassen. Sie erhob sich, nahm ihren Umhang von der Garderobe neben der Tür und machte sich auf den Weg nach unten.
Als sie kurz darauf vor Gewächshaus Zwei ankam und die Tür öffnen wollte, fiel ihr auf, dass sie den Schlüsselbund in ihrem Büro vergessen hatte.
Sie nahm ihren Zauberstab aus der Innentasche hervor und betrachtete ihn nachdenklich.

Zur gleichen Zeit trat Severus Snape im ersten Stock an das Fenster seines Büros. Auch er hatte sich den Morgen über mit den Lehrplänen beschäftigt und war jetzt zumindest mit den Kapiteln für das erste Schuljahr durch.
Eine Gestalt ging unter ihm über den Rasen auf die Gewächshäuser zu, das lange Haar wehte im Wind hinter ihr her.
Er verzog das Gesicht, als er durch ihren Anblick wieder an die Situation vorgestern erinnert wurde. Bei den Mahlzeiten in der Großen Halle hatte er es seither vermieden, sie zu beachten.
Vor dem zweiten Gewächshaus blieb sie stehen. Er konnte sehen, dass sie ihren Zauberstab in der Hand hatte, wohl um die wie immer verschlossene Tür zu öffnen. Statt jedoch den Zauberspruch zu sprechen, steckte sie den Stab wieder in ihren Umhang und sah umher, als würde sie jemanden suchen.
Er runzelte skeptisch die Stirn, als sie dann an der Wand des Gewächshauses entlang schlich und ein Fenster aufdrückte.
Was kam denn jetzt?
Noch einmal schaute sie sich um und drückte sich schließlich mit beiden Händen am Fensterrahmen hoch, setzte sich darauf ab und raffte ihren Rock. Dann schwang sie ein Bein nach dem anderen hinein und verschwand aus seinem Blickfeld.
Kopfschüttelnd wandte er sich ab und beschloss einfach nicht weiter darüber nachzudenken, warum diese Frau anscheinend lieber alles etwas komplizierter machte.

Etwa zehn Minuten später stemmte Evy zufrieden die Hände in die Hüften und betrachtete ihr Werk. Die Krampfknöteriche waren sehr pflegeleicht gewesen und hatten sich bereitwillig die schon knorrig werdenden älteren Wurzeln entfernen lassen, die sie wegen der hohen Temperaturen oberhalb der Erdoberfläche abgelegt hatten. Nun raffte sie so viel wie möglich von dem kleinen Haufen zusammen, ging damit zu dem geöffneten Fenster und warf sie hinaus auf den Rasen. Dann sammelte sie den Rest auf und schmiss auch diese nach draußen.
Als sie beim Hinterherklettern gerade das zweite Bein über den Rahmen heben wollte, verhakte sich ihr Rock an der Fensterscheibe und sie verlor das Gleichgewicht.
„Verdammt!“ Mit einem leisen Aufschrei rutschte sie auf der anderen Seite hinunter, begleitet vom Geräusch reißenden Stoffes, und landete mit Kopf und Händen voran in dem Wurzelhaufen. Schnell sah sie sich um, doch Gott sei Dank war weit und breit niemand zu sehen.
Sie rappelte sich auf und strich die Haare aus dem Gesicht. Als sie sich bücken wollte, um die Wurzeln aufzuheben, sah sie erst, dass der Riss in ihrem Rock dieses Mal bis zur oberen Hälfte ihres Oberschenkels reichte.
Na toll. Schon wieder. Naja, darum würde sie sich später kümmern. Jetzt erstmal das hier zu Ende bringen. Sie schichtete die nun leicht zerdrückten Wurzeln auf und schob dann beide Arme unter den Haufen. Es war doch mehr, als sie gedacht hatte. Sie konnte kaum noch sehen, wo sie hin lief, aber das Büro ihres Kollegen würde sie schon noch finden. Es war ja nicht weit.

„Idioten“, murmelte dieser gerade, als er einen Abschnitt über Lähmzauber auf einem verschlissenen Pergament mit roter Tinte markierte. So ein Unfug…
Plötzlich wummerte etwas gegen seine Tür.
Er ließ die Feder fallen und hob ungehalten den Kopf. „Ja?!“ Niemand trat ein, doch wieder wummerte es dagegen.
„Wer…?“ Verärgert richtete er den Zauberstab auf die Tür, die sich umgehend öffnete und einen unerwarteten Anblick ermöglichte.
Das unterste, was er sehen konnte, waren zwei schmutzige, nackte Füße. Es folgte ein dunkler Rock, der durch einen großen Riss Aussicht auf ein ebenfalls nicht sehr sauberes Bein zuließ. Die obere Körperhälfte war verdeckt von einem Gewirr brauner wurmartiger Gebilde.
„Wo wollen Sie sie denn hin haben?“, fragte die Erscheinung dumpf.
Wortlos starrte er sie an. Dann zeigte er mit dem Zauberstab auf die Wurzeln und levitierte sie mit einem eleganten Schwung in die Ecke zwischen Fenster und Regal.
„Merlin sei Dank! Endlich bin ich diese Dinger los!“, atmete Evy auf und wischte sich die Finger an den Resten ihres Rockes ab. In ihrem etwas wirren Haar hing immer noch eine Wurzel.
Er nickte ihr dankend zu, doch sie machte keine Anstalten zu gehen.
„Ist noch etwas?“, fragte er ungeduldig und abermals blieb sein Blick an ihren nackten Füßen hängen, bevor er ihr wieder in das lächelnde Gesicht sah.
„Ich… ähm…“ Jetzt wurde sie rot und trat nervös von einem Fuß auf den anderen. „Ich wollte…“ Sie räusperte sich. „Ich wollte mich entschuldigen. Wegen vorgestern. Ich war einfach nicht gut drauf. Auch ich kann mir nämlich Schöneres vorstellen, als den ganzen Abend Drachenmist wegzuschaufeln, und dann hab ich meine ganze Wut an dem ausgelassen, der als erstes da war und unglücklicherweise waren Sie das.“ Sie hatte sehr schnell gesprochen, als wollte sie etwas loswerden.
„Also… es tut mir leid.“ Entschuldigend lächelte sie ihn an und wartete auf eine Antwort, während ihr Gegenüber sie ein wenig spöttisch musterte.
„Ich habe es überlebt“, meinte er schließlich nur und wandte sich dann wieder seinen Unterlagen zu.
„Gut… Dann…“ Ihr Blick wanderte ein wenig unschlüssig das hohe Bücherregal neben ihr hinauf. „Oh! ‚Biologisch Bedingte Transformationen’! Das Buch soll sehr informativ sein. Könnte ich mir das ausleihen?“
Er wedelte mit der Hand ohne sie anzuschauen. „Bedienen Sie sich.“
Einen Moment lang stand sie ein wenig ratlos vor dem hohen Regal und sah sich nach einem Schemel oder Hocker um. So kam sie jedenfalls nicht ran. Als sie bemerkte, dass er sie aus den Augenwinkeln beobachtete, zog sie ihren Zauberstab aus der Tasche und deutete auf das Buch. Sie räusperte sich, ihren Blick fest auf das Ziel gerichtet.
„Accio.“
Ein glänzender Strahl schoss aus dem Zauberstab in das Regal und dicke Bücher kamen nacheinander in atemberaubender Geschwindigkeit herausgeschossen. Evy duckte sich blitzschnell, wurde aber trotzdem von einem Buch am Kopf getroffen, während die anderen hinter ihr an der Wand landeten.
„Finite!“
Er hatte sich erhoben und stemmte jetzt die Hände auf den Schreibtisch.
„Sagen Sie mal, was treiben Sie da eigentlich?“, fragte er mit drohendem Blick. „Wenn Ihr Zauberstab beschädigt ist, kaufen Sie sich gefälligst einen neuen.“
Er trat um den Schreibtisch herum und hob den Stab auf, der neben ihr auf dem Fußboden lag. Er sah zwar ziemlich benutzt aus, aber nicht offensichtlich defekt.
„Nein.“ Sie rieb sich ihren Kopf. „Der ist in Ordnung. Ich war nur ein wenig… schwungvoll.“ Zweifelnd musterte er sie und reichte ihr dann die Hand, um ihr aufzuhelfen.
„Danke“, murmelte sie und zog sich hoch. „Ich…“ Sie nahm ihm den Stab aus der Hand und betrachtete diesen nachdenklich für eine Sekunde, doch sofort straffte sie sich und wie auf Kommando erschien das Lächeln wieder in ihrem Gesicht. „Nun… Sie haben ja jetzt, was Sie brauchen. Falls noch etwas fehlt, wissen Sie ja, wo Sie mich finden.“ Ohne eine Antwort abzuwarten eilte sie hinaus, schloss sie die Tür hinter sich und ließ ihn mitten im Raum stehend zurück.

Ein Anflug von Ärger und Enttäuschung wanderten über ihr Gesicht, während die Tür zufiel, und sie steckte den Zauberstab unwirsch in ihre Tasche zurück. Das Buch hatte sie vergessen.
Als sie ruckartig herumwirbelte, stieß sie jäh mit jemandem zusammen.
„Beim Jupiter! Wie sehen Sie denn aus?!“
Sybill Trelawney fing sich an der gegenüberliegenden Wand ab und starrte sie aus großen, bebrillten Augen entsetzt an.
„Was hat der mit Ihnen gemacht? Sie sind ja völlig ramponiert! Ha! Sogar den Rock hat er Ihnen zerrissen!“
Verwirrt stierte Evy sie mit offenem Mund an. „Ähm… Ich… äh…“ Plötzlich begriff sie und hob abwehrend die Hände.
„Nein, nein! Sie sehen das ganz falsch…“.
Professor Trelawney beäugte sie von oben bis unten und rückte ihre Brille gerade. Dann erschien ein seltsames Grinsen auf ihrem Gesicht und sie nickte verstehend.
„Aaaah… So ist das.“ Sie wackelte anzüglich mit den Augenbrauen und deutete mit einem kleinen Kopfnicken in Richtung Tür.
„Nein!“ Evy wurde rot und schluckte ein hysterisches Lachen hinunter. „Nein, so auch nicht“!
Ihr Kopf begann zu schwirren und sie versuchte, sich zu sammeln.
Was für ein Gedanke!
„Ach Kindchen.“ Professor Trelawney legte einen Arm um ihre Schultern und drohte ihr mit dem Zeigefinger. „Erzählen Sie mir doch nichts. Ich war doch auch mal jung“, gackerte sie übermütig. „Und er hat ja auch wirklich beeindruckende Augen. So dunkel und geheimnisvoll.“ Sie wedelte kryptisch mit der Hand durch die Luft.
Evy starrte sie einige Sekunden sprachlos an, blinzelte ungläubig und schüttelte den Kopf. Es war zwecklos…
„Äh… ja… genau… Ich muss los… Sie verstehen…“ Ein wenig hektisch befreite sie sich von dem umgelegten Arm und wandte sich in die entgegengesetzte Richtung.
„Ja ja, die Jugend“, seufzte die Wahrsagelehrerin versonnen und winkte ihr hinterher. „Kommen Sie doch mal zu mir nach oben. Ich würde Ihnen gern die Karten für Ihre gemeinsame Zukunft legen.“
Evy verdrehte die Augen. Klar…
Als sie an einem großen Spiegel vorbeilief, verstand sie aber ungefähr, was die Fantasie ihrer Kollegin so in Fahrt gebracht hatte.

* * *

Am frühen Abend machte er sich unauffällig auf den Weg nach unten. Beim Essen hatte er mitgehört, dass die Calaway heute noch in ihrem Büro arbeiten wollte. Das wäre die ideale Gelegenheit, um sich die fehlenden Narniuspollen für seinen Schmerztrank zu besorgen. Das Gebräu konnte zwar noch einen Tag oder zwei ziehen, aber die Möglichkeit war günstig, dass er ins Gewächshaus konnte, ohne dass sie ihn bemerkte.
Unbeobachtet verließ er das Schloss und betrat kurz darauf Gewächshaus Eins.
Dieses Mal nahm er sich vor den scharfen Ranken des Nieswegerichs in Acht und stand schließlich enttäuscht vor der kleinen Narniuspflanze. Nur zwei winzige Pollen waren braun. Die wenigen übrigen waren noch durch und durch grün und somit unbenutzbar.
Vorsichtig zupfte er die Pollen ab und legte sie in das durchsichtige Kästchen neben sich auf der Erde.
„Es wirkt nicht besonders gut, oder?“
Sofort schoss er nach oben und wirbelte herum. Ein stechender Schmerz zog durch seine Beine und ließen sie fast einknicken. Unmittelbar vor ihm stand Evy Calaway, die Hände locker vor sich gefaltet.
„Nein“, antwortete er und unterdrückte ein Schnaufen. Sie nickte langsam.
„Klar. Aber das ist kein Wunder.“
„Und Sie wissen natürlich auch genau, warum das so ist, nicht wahr?“
Trotz des sarkastischen Tonfalls in seiner Stimme lächelte sie sanft und zuckte ein wenig mit den Schultern. „Na ja, die Pflanze wird hier nicht gerade artgerecht behandelt. Da ist es nur verständlich, dass sie nicht ihre volle Kraft entfalten kann. Lassen Sie mich raten: Der Trank verdirbt schnell und auch die Wirkung lässt zu wünschen übrig.“
Prüfend musterte er sie.
„Sie wissen ja scheinbar geradezu alles.“
„Nun…“ Wieder lächelte sie einnehmend. „Ich weiß, dass das ein Narnius ist. Vom Ministerium reglementiert und nicht in der privaten Züchtung erlaubt. Richtig?“ Er gab keine Antwort, sondern sah sie weiterhin abwartend an.
Sie fuhr also fort: „Deshalb verboten, weil er in Zusammensetzung mit den entsprechenden Substanzen die Gedankenkontrolle ermöglicht. Ein biologischer Imperius sozusagen. Außerdem kann er Halluzinationen, Rauschzustände und Abhängigkeit hervorrufen und bei übermäßigem Genuss sogar tödlich sein. Und zuletzt ist er zusammen mit Glimpyschuppen und Krampfknöterichwurzeln ein wichtiger Bestandteil des Schmerztrankes gegen chronische Verfluchungen und Vergiftungen, sowie zur Eindämmung von deren Ausbreitung.“
Milde erstaunt wanderten seine Augenbrauen nach oben. ‚Na sieh mal einer an’, dachte er. Nicht viele hätten einen Narnius überhaupt erkannt und dann auch noch so genau zu beschreiben gewusst. Eben gerade weil diese Pflanze normalerweise nirgendwo zu finden war.
Da er immer noch keine Reaktion auf ihre Ausführungen zeigte, redete sie weiter.
„Ein Narnius braucht Liebe, damit er richtig gedeihen kann. Er braucht einen eigenen Topf, wo er nicht von anderen Gewächsen gestört wird. Dieser Topf darf nur aus gefiltertem Reubelton bestehen. Mehrmals am Tag muss man dem Narnius zeigen, dass man ihn gern hat. Man sollte ihn ein wenig streicheln, sich mit ihm beschäftigen, ihm vorsingen oder vorlesen, und am besten stellt man ihn abends neben das Kopfkissen, damit er sich nicht ausgeschlossen fühlt.“
Seine Oberlippe kräuselte sich und eine steile Falte bildete sich auf seiner Stirn.
„Ich werde diese Pflanze mit Sicherheit nicht mit ins Bett nehmen!“
Schmunzelnd zog sie die Nase kraus. „Ich kann mir auch nicht vorstellen, dass sie sich dort besonders wohl fühlen würde. Aber es ist schon okay.“ Sie sprach schnell weiter, als er zu einer Antwort ansetzte. „Sie scheinen wirklich nicht der richtige Pfleger für so eine seltene Pflanze zu sein“, überlegte sie kurz. „Wenn Sie wollen, würde ich das für Sie übernehmen.“
Erwartungsvoll sah sie ihn an. Jetzt war es an seiner Seite nachzudenken.
Wenn er ablehnte, würde er wahrscheinlich riskieren, dass die Pflanze einging. Die Besorgung der Samen war schon schwierig genug gewesen und er hatte viele Beziehungen spielen lassen müssen. Er hatte gar nicht gewusst, wie viel Arbeit Professor Sprout mit diesem Ding gehabt hatte. Das hatte sie also bei ihrem Abschied damit gemeint, er solle sich gut um ‚den Kleinen’ kümmern. Ja klar, gießen und abernten. Dass er damit quasi eine Art Haustier übernommen hatte, war ihm bis hierhin nicht bewusst gewesen. Er runzelte die Stirn bei dem Gedanken, dem Gewächs ein Buch vorzulesen und es mit sich herumzutragen. Aber ohne die Pollen wäre sein Trank wirkungslos, und ohne seinen Trank würden der Schwindel und die Schmerzen immer mehr zunehmen, bis er ein völlig bewegungs- und denkunfähiges Wrack wäre.
Wenn er wiederum ihr Angebot annahm, müsste er sich darauf verlassen, dass sie die Pflanze richtig behandelte. Das Gelingen seines Trankes wäre dann völlig von ihren Fähigkeiten und Anstrengungen abhängig. Mal davon abgesehen wusste sie, dass diese Pflanze hier illegal wuchs. Eine bewusstseinsverändernde, tödliche Pflanze in dem öffentlich zugänglichen Gewächshaus einer Schule… Das hieß, er musste zusätzlich noch auf ihre Verschwiegenheit hoffen. Nicht besonders begeistert von diesen Aussichten zog er die linke Augenbraue nach oben und sah sie prüfend an.
Nach einer Weile nickte er zögernd.
„In Ordnung. Ich erwarte, dass Sie kompetent genug sind und mir die Ergebnisse Ihrer Bestrebungen dann umgehend zukommen lassen.“ Sie lächelte zufrieden. Das war ja schon fast eine verbale Anerkennung gewesen!
„Ich werde mir größte Mühe geben. Schließlich hat man ja nicht oft die Gelegenheit, sich mit so einer außergewöhnlichen Sache zu beschäftigen.“ Er nickte erneut langsam.
„Wann kann ich also mit ersten Ergebnissen rechnen? Ich brauche sie spätestens in einer Woche.“ Zwei Pollen hatte er ja jetzt wieder. Also noch genug, um den angesetzten Trank fertigzustellen.
Sie besah sich die kleine Pflanze nachdenklich.
„Ja… Ja, das müsste eigentlich klappen. Das Exemplar ist zwar sehr vernachlässigt, aber ich werde es sofort in den Reubeltontopf umsetzen und mich verstärkt darum kümmern… diskret natürlich“, fügte sie noch hinzu, da sie glaubte, seine Bedenken zu erahnen.
Wieder betrachtete er sie regungslos und ruckte dann abgehackt mit dem Kopf.
„Ich danke Ihnen“, meinte er nur knapp und verließ zügig das Gewächshaus.

Evy sah ihm gedankenverloren nach.
Das hatte ihn einiges gekostet. Offensichtlich war er es nicht gewohnt, von anderen Hilfe anzunehmen oder sich auf andere zu verlassen. In diesem Fall war ihm nichts anderes übrig geblieben, da er sonst seinen Makel der Schwächung hätte zugeben müssen.
Sie wusste zwar nicht genau, durch wen oder was er so schwer gebeutelt worden war, dachte sich aber, dass es etwas mit den Geschehnissen des Krieges zu tun haben musste. Um seine Beteiligung am finalen Kampf gegen den Lord wusste ja eigentlich jeder Bescheid, nur kannte eben kaum einer die vollständigen Hintergründe.
Ein düsteres Gefühl breitete sich in ihrem Brustkorb aus, als sie an den Krieg dachte. Doch sofort rief sie sich in die Gegenwart zurück, bevor es die Gelegenheit nutzte, sich in ihr festzusetzen.
„Nein“, schalt sie sich selbst. „Es ist Vergangenheit. Denk nicht darüber nach…Weg damit!“
Kopfschüttelnd holte sie tief Luft und machte sich dann energischen Schrittes auf den Weg, um den Topf für den Narnius zu suchen.

Währenddessen schloss Severus Snape die Tür seines Büros hinter sich und hoffte inständig gerade keinen großen Fehler gemacht zu haben.


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