Während die Vorbereitungen für Halloween, an denen erneut Albus und in diesem Jahr Lily beteiligt waren, weiter liefen, wurde die Quidditcharena gesperrt und Professor McGonagall verriet bald den Grund: Am 7. November sollte das Derby zwischen Schottland und England, die in der Qualifikation erstmals seit langem gegeneinander spielten, in Hogwarts stattfinden. Die Direktorin kündigte weiter an, dass Shunpike ab dem 28. Oktober Eintrittskarten verkaufen würde. Schon ab Mitte Oktober begannen die ersten Schüler, ihre Umhänge mit Georgs- oder Andreaskreuzen zu verzieren. James und andere aus England stammende Gryffindors vertauschten außerdem die Farben ihrer Abzeichen.
James übte weiter abwechselnd mit Lucy, Sean und Rosie das Festhalten des Zauberstabs gegen Schutzzauber und den Navigandus, doch bei ihnen allen blieb es Zufall, wenn der letztere gelang, während Lucy den weasleyschen Schutzzauber regelmäßig überwinden konnte und auch James gegen Ende Oktober in 90 Prozent der Fälle damit Erfolg hatte, wenn Lucy nicht ihre Drachenlederjacke trug.
Sean dagegen gelang in Duellen ebenso wenig wie im Unterricht. Überhaupt wirkte er fahrig und war selbst James gegenüber einsilbig.
Am letzten Samstag im Oktober war Hogsmeade-Wochenende. James sah in der Filiale des Scherzartikelladens, dass es inzwischen Miniaturausgaben von ausziehbaren Ohren gab und kaufte einige, nachdem er sich überzeugt hatte, dass diese so gut waren wie ihre größeren Geschwister.
Ansonsten hatten weder er noch Lucy größere Lust auf einen Bummel durch den Ort, da das Wetter kalt und regnerisch war. Sie deckten sich mit Süßigkeiten ein, Lucy kaufte sich noch magisches Schminkzeug und einige Magazine. Gegen Mittag setzten sie sich in Madam Puddifoot’s Café, wo sie Zeugen eines lautstarken Krachs zwischen Arthur und Julia wurden, ohne jedoch mitzubekommen, warum sich die beiden stritten.
Lucy und James machten sich weiter keine Gedanken darüber und genossen die Zeit zu zweit.
Am folgenden Sonntag versuchten Lucy und James wieder ihr Glück bei Hagrid, der diesmal zu Hause war, jedoch immer noch – wie schon im Unterricht – nervös wirkte.
„Alle Tiere im Wald sin’ völlig verdreht“, berichtete er. „Sie hab’n Angst – vor allem, nachdem jetzt auch noch Silberschweif getötet worden ist.“
„Was?“, fragte James. „Deshalb war Sean so fertig.“
„Ich auch, kann ich dir sagen. Und seine Mutter erst – Sternhuf lässt niemand mehr an sich ran, auch mich nich’.“
„Wer hat denn Silberschweif getötet?“, fragte James. „Derjenige, der auch den anderen Hippogreifen...“
„Schätze“, antwortete Hagrid und zuckte mit den Achseln. „Weiß aber nich’ genau, wer das war. Sicher is’, die Hippogreife haben gekämpft – fast alle haben Verletzungen an den Schnäbeln. Grawpie und Aragog Junior sagen was von irgendwelchen Monstern, die sie noch nie gesehen haben.“
„Welches Wesen hat denn eine so harte Haut, dass Hippogreife sich daran die Schnäbel brechen? Drachen?“, fragte Lucy, „oder – wie heißen die? – Graphörner?“
„Nee. Drachen kennen die Tiere hier im Wald – und Graphörner: Weiß nich’, ob Grawpie schon eins gesehen hat. Aber er behauptet, die sind geflogen – Graphörner können nicht fliegen.“
„Oder Harpyien“, mutmaßte James. „Dazu würde auch der Lärm passen. Es heißt, die haben Eisenfedern – Drachenhaut ist eher zäh als hart, da wäre der Kampf nicht so laut gewesen.“
„Kann sein. Du weißt ja, niemand kennt die.“
„Haben die – haben die Sie auch angegriffen, Professor?“, fragte Lucy.
„Wie kommst du – äh kommen Sie – auf die Idee?“
„Na ja, dass dein Mantel was abgekriegt hat, war ja nicht zu übersehen“, stellte James fest.
Hagrid schüttelte den Kopf. „Das waren die Hippogreife. Völlig durchgedreht!“
Lucy schüttelte sich. „Die scheinen ja echt gefährlich zu sein – und auf so etwas reitet Sean freiwillig!“
„Eigentlich sind die nich’ gefährlich – keine Ahnung. Man müsste Hippogreifensprache können, dann wüsste man, was da los war. – Aber was anderes, James: Steht es überhaupt fest, dass es wieder Harpyien gibt?“
James und Lucy sahen sich an. „Der Typ, der bei Lucys Eltern eingebrochen ist, hat es gestanden“, berichtete James. „Bloß der ist auch kein großes Licht in der Bande. Ich schätze nicht, dass mein Vater weiß, was die Bande genau will – Uns Kindern hat er jedenfalls nichts erzählt. Ich denke nicht, dass es nur um Harpyien geht.“
„Weiß nich’“, murmelte Hagrid. „Faszinierende Geschöpfe sind es, wenn das stimmt, was in den alten Geschichten steht. Aber niemand weiß Genaueres.“
„Faszinierend?“, Lucy sah ihn scharf an.
„Na ja, ich glaube nicht, dass sich jemand solche Mühe macht, nur, weil er Lust hat, Monster zu züchten“, nahm James den Faden wieder auf. „Aber jemand, der Harpyien dressieren kann, könnte sogar das Ministerium angreifen.“
Hagrid gab keine Antwort. Ein Detektiv war an dem Wildhüter und Lehrer für Pflege magischer Geschöpfe nicht verlorengegangen.
Auf dem Weg zurück ins Schloss unterhielten Lucy und James sich darüber, warum derjenige, der die Harpyien gezüchtet hatte, Hogwarts angegriffen hatte, doch kamen sie zu keiner Lösung. James fragte auch Rosie und Sean nach ihrer Meinung, doch Sean sagte nichts und Rosie hatte lediglich die Idee, die Harpyien könnten ihrem Züchter ja auch entkommen sein.
Am 28. Oktober standen die Schüler Schlange vor Shunpikes Büro. Obwohl die Karten nicht billig waren, waren bereits am ersten Verkaufstag sämtliche Karten, die Hogwarts bekommen hatte, verkauft. Zwar hatte es keine Prügeleien gegeben, doch unentschlossene Schüler kamen an keine Karten mehr.
Fiona, die nicht genügend Geld für eine Karte hatte, lieh sich einige Sickel von Lucy. Sean besorgte sich eine Karte, obwohl er lauthals verkündete, dass es ihm egal sei, welche Briten gegen welche gewännen. Unter den Schülern waren die Schotten in der Minderheit, doch die meisten Iren und Waliser hielten ebenfalls zum Gastgeber.
Beim diesjährigen Theater zu Halloween spielten Albus und Scorpius verfeindete Könige magischer Reiche, wobei Albus als der Gute am Ende mit Eithne zusammenkam. James lästerte anschließend, der Kuss habe zu echt ausgesehen, doch Albus verkniff sich eine Entgegnung.
Ohnehin wurde die Aufmerksamkeit der Schüler im Verlauf des Abends von Gerüchten um neue Paare abgelenkt, da plötzlich Professor Brown erregt auf Professor McGonagall zulief und die beiden anschließend aus der Großen Halle rannten. Unter den Schülern wurde heftig spekuliert, was los war, doch weder am selben Abend noch in den nächsten Tagen informierte die Direktorin offiziell. Professor Neville Longbottom gab James gegenüber zumindest zu, dass es Dienstgeheimnis war, was genau geschehen war.
Dies nährte die Gerüchteküche nur umso mehr. Kevin vermutete, dass die Kammer des Schreckens wieder geöffnet worden sei, doch James wies ihn zurecht, dass das Monster dort ja dank seinem Vater tot sei.
Fiona meinte, es könnten ja noch andere Monster irgendwo versteckt sein. Laura dachte an einen Dementorenangriff. Brenda und Ray glaubten dagegen an einen erneuten Einbruch von Schwarzmagiern in Hogwarts. Soweit James es mitbekam, hatte aber niemand den Verdacht, dass es sich um die Harpyien handelte.
Lucy und James waren sich dagegen ziemlich sicher, dass genau dies der Auslöser war und nahmen sich daher vor, irgendwann in einem unbeobachteten Augenblick noch einmal im Gang unter dem Slytherinkerker zu suchen. Mehrere Tage mussten sie sich gedulden, bis sie endlich auf der Karte Professor Zabini vom Eingang zu dem unterirdischen Gewölbe weggehen sahen.
Schnell liefen sie die Treppen herunter und kuschelten sich unten unter Lucys Tarnmantel eng aneinander. James gelang es mit Hilfe der an der Wand hängenden Löwenfigur, das äußere Siegel zu lösen, doch abermals war ein weiteres gelegt, dessen Passwort die Löwenfigur nicht wusste.
Lucy gelang es jedoch erneut, das Siegel zu lösen, doch kaum war der Weg frei, kehrte Professor Zabini zurück. Die beiden Teenager stiegen die Stufen hinunter, zogen erneut den Tarnmantel über und versuchten sich an den Wänden.
Lucy konnte, nach James’ drittem Kuss gestärkt, diesmal sogar die Schlangen am Relief dazu bringen, sich etwas zu bewegen, sodass im Licht von James’ Zauberstab eine Höhle erkennbar wurde.
Lucy stieß einen Freudenschrei aus, der jedoch Zabini auf den Plan brachte. Ehe sie recht wusste, was sie tat, drehte sie ihre Hand mit dem Ring nach hinten und der Raum, den die beiden Teenager bereits als Liebesnest genutzt hatten, erschien wieder. Da Zabini den Zauberstab hin- und herbewegte, um zu testen, ob er Widerstand fand, würde der Tarnmantel nicht mehr lange nützen. James schob Lucy in den Raum und drängte hinterher, sodass Zabini ihre Füße sah. Gerade als der Hauslehrer Slytherins den Tarnmantel aufrufen wollte, schloss sich der Raum hinter Lucy und James.
„Meinst du, er hat uns erkannt?“, fragte Lucy ängstlich.
„Ich hoffe es nicht“, antwortete James. Es dauerte wenige Sekunden, bis er der Musik und dem durch die magische Kraft des Raumes verstärktem Duft von Lucys Parfüm nicht mehr widerstehen konnte. Auch sie gab bald ihren Widerstand auf.
Wie nach ihrem ersten Mal im Liebeskabinett landeten James und Lucy, als sie aufwachten und hinausgingen, in einem verlassenen Teil des dritten Stocks. Diesmal allerdings hatten sie bedeutend länger dort verbracht und es war schon fast Morgen, als sie in den Gryffindorraum zurückkamen. Die Fette Dame erhob mahnend die Hand, ließ die beiden aber passieren.
Entsprechend müde waren Lucy und James am nächsten Tag, weshalb sich beide eine Strafarbeit wegen Unaufmerksamkeit einhandelten, James in Zauberkunst und Lucy in Zaubertränke. Sie waren sich außerdem nicht sicher, ob Professor Zabini sie am Vortag trotz Tarnmantel erkannt hatte. Der Zaubertränkemeister ließ sich nichts anmerken und behandelte beide nicht anders als sonst. Weder er noch ein anderer Lehrer ließen sich allgemein über Schüler, die in verbotene Gänge eingedrungen waren, aus.
Lucy ärgerte sich mehr als James darüber, dass ihre zweite Entdeckungstour wieder ohne Erfolg geendet hatte. Außerdem war ihr etwas aufgefallen: „Meinst du, dass außer uns beiden jemand von dem Raum weiß?“, fragte sie James.
Der schüttelte den Kopf. „Und das ist gut so!“, ergänzte er.
„Mir fällt nur eines auf: Der Raum öffnet sich von diesem Gang, den irgendein Slytherin angelegt hat und lässt uns anderswo wieder hinaus. An diesem anderen Ort kann man aber nicht hineingehen. Warum?“
„Keine Ahnung! Vielleicht wollte derjenige, der den Raum angelegt hat, seine Freundin ein bisschen irreführen.“
„Ich weiß nicht recht – mir kommt es komisch vor. Außerdem: Ein Liebeskabinett neben einem Raum, in dem sich eine Waffe verbirgt?“
„Wenn beide Räume von der gleichen Person angelegt worden sind – Könnte ja immerhin sein, dass derjenige, der unser Lieblingszimmer dorthin gezaubert hat, keine Ahnung hatte, dass irgendwelche Waffen dort versteckt sind.“
„Könnte sein“, bestätigte Lucy. „Aber irgendwie hab ich den Eindruck, dass das alles irgendwie zusammenhängt.“
Professor Brown musste in der nächsten Stunde mitteilen, dass Hagrid nicht bereit gewesen sei, Acromantulae zur Verfügung zu stellen. James, der wusste, wie sehr Hagrid seine Tiere liebte, wunderte sich nicht darüber. Der Lehrer stellte eine Hilfskonstruktion aus einem Schutzschild, der an einen Hocker gelehnt war, auf.
„Da der Stoßzauber den Organismus nicht angreift, funktioniert er gegen ein lebloses Objekt ebenso wie gegen ein lebendes. Sie müssen allerdings darauf achten, ihre ganze Zauberkraft in den Fluch zu legen. So! Ictus!“
Der Fluch stieß den Schild etwa zwei Meter nach hinten und warf dabei den Hocker um.
„Am Anfang wird es schwierig sein. Wer möchte es versuchen? Mr. Singer?“
Brown baute den Schild wieder auf. Kevin zögerte, versuchte es aber dennoch. Sein Fluch zeigte allerdings keine Wirkung. „Machen Sie sich keine Gedanken. Dieser Fluch funktioniert bei den meisten nicht auf Anhieb. – Die anderen kommen bitte nach vorn!“, tröstete Brown ihn.
Lucy stellte sich etwas abseits der Schlange und vollführte eine Art Gymnastik, die James nicht kannte. Mehrmals machte sie einen Schritt nach vorne und streckte ihre Hand vor, einmal langsam, einmal schnell.
„Miss Stewart, bitte in die Reihe!“, forderte der Lehrer sie auf.
Sie reihte sich einige Plätze hinter James ein, der vor sich bereits Fiona, Sean und Ray scheitern sah.
Er selbst brachte den Schild wenigstens leicht, wenn auch kaum merkbar, zum Schwanken, was Brown bereits lobte. Lucy war neben Adrian Smith die einzige, bei der sich der Schild deutlich sichtbar bewegte. Professor Brown und später James beglückwünschten sie und James fragte, ob ihre Übungen vorher ein Trick seien.
„Das sind Übungen, die ich in Japan gelernt habe. Ich war mir nicht sicher, ob es dafür auch nützt, aber offensichtlich bringt es was.“
„Kannst du mir das mal zeigen?“
„Freilich. Ist aber schwieriger als es aussieht.“
Nach dem Unterricht erzählte sie Näheres darüber, was sie von einem japanischen Karatemeister gelernt hatte. Es war derselbe Kurs, in dem sie auch die Falltechniken, bei denen sie sich hatte filmen lassen, erlernt hatte.
„Kannst du dann auch Bretter oder sogar Steine zerschlagen?“, erinnerte sich James an das, was er von seinen früheren Muggelfreunden gehört hatte. „Da muss ich ja bald Angst vor dir haben, dass du mich nicht verprügelst.“
„Bretter habe ich schon geschafft. Steine noch nicht. Aber ich bin dabei noch nicht wirklich gut. Und nicht genug in der Übung.“ Sie ließ ihre Handkante knapp vor James’ Kehle schnellen und zog den Arm schnell zurück. James schwankte, fing sich aber gerade noch.
„Das gehört auch dazu, dass man so gezielt zuschlagen kann, dass nichts passiert. Ich habe das im August jeden Tag stundenlang geübt. Inzwischen hab ich viel verlernt – hier kann ich ja mit niemand üben.“
Lucy und James trainierten einige Male, wenn niemand zusah, doch James merkte schnell, dass die Übungen nur einfach aussahen. Er stolperte mehrmals, wenn er seinen Oberkörper zu schnell nach vorne bewegte, während Lucy in der gleichen Haltung sicher stand.
James hatte den Tagespropheten in letzter Zeit nur überflogen und wunderte sich daher, als einige seiner Klassenkameraden über einen bestimmten Artikel diskutierten.
„...ist ein alter Todesser, Singer. Weißt du doch!“, rief Brenda.
„Aber hier hat er Recht. Ich meine, wenn es stimmt, dass viele Muggel über 50 000 Pfund im Jahr verdienen. Ich hab ja von Lucys Eltern noch etwas mitbekommen, damals, als wir zusammen waren“, gab Kevin zurück.
„Was ist mit meinen Eltern?“, mischte Lucy sich ein.
„Dass sie Geld haben. Ich meine, nicht, dass ich es euch nicht gönne, aber...“
„Ja – und?“
„Stewart, habt ihr die ganze Zeit nur rumgeknutscht und gar nichts mitbekommen?“, fragte Brian verwundert. „Vor einer Woche hat die Skeeter diesen komischen Artikel geschrieben. Vielleicht habt ihr ja gehört, dass Shacklebolt – also der Minister – mit den Kobolden von Gringotts gesprochen hat, dass sie den Wechselkurs für Muggelgeld raufsetzen sollen. Die Skeeter hat ihm vorgeworfen, Muggel diskriminieren zu wollen und ein Reinblutfanatiker oder wie das offiziell heißt zu sein – und jetzt tobt eine Leserbriefschlacht im Tagespropheten.“
„Seit wann ist die Skeeter so muggelfreundlich?“, stieg James in die Diskussion ein. „Und Shacklebolt vorzuwerfen, dass er etwas gegen Muggelstämmige haben soll, ist ja wohl der Witz des Jahrhunderts.“
„Weiß der Thestral, was die Skeeter geritten hat“, meinte Kevin. „Eins steht fest: Leuten wie Lucys Eltern täte es nicht weh, wenn sie zehn Pfund für eine Galleone zahlen müssten.“
„Du darfst nicht von den Stewarts auf alle schließen“, widersprach Brian. „Nicht alle Muggel sind reich.“
„Aber auch nicht alle Zauberer“, blieb Kevin bei seiner Meinung. „Es heißt, der Durchschnittslohn bei den Muggeln ist 20 000 bis 30 000 Pfund im Jahr. Meinst du, jeder Zauberer hat 4000 Galleonen im Jahr? Viele haben weniger als tausend.“
„Komm, jetzt übertreib mal nicht“, widersprach Rosie. „Die meisten einfachen Angestellten haben ihre 150 bis 200 im Monat, das sind mehr als 2000 im Jahr.“
„Vorausgesetzt, das stimmt, hätten Muggel immer noch das Doppelte.“
„Ich habe von kleinen Angestellten – zum Beispiel bei meinem Vater oder bei meinem Onkel im Laden – gesprochen. Abteilungsleiter im Ministerium kriegen natürlich viel mehr“, blieb auch Rosie bei ihrer Meinung.
„Kann ja alles sein“, meinte James. „Nur: Warum interessiert sich die Skeeter dafür?“
„Keine Ahnung – Vielleicht hofft sie darauf, dass irgendjemand, der muggelstämmig ist, ihr dafür Geld gibt“, mutmaßte Albus.
„Ich schätze, es geht ihr nur um die Story“, äußerte sich Arthur zum ersten Mal. „Die Sache wird heiß diskutiert – es gibt überhaupt keine vernünftigen Berechnungen über den Durchschnittslohn von Zauberern. Soviel ich weiß, stimmt es schon, dass die Muggel im Durchschnitt mehr verdienen, aber ich habe keine Ahnung, wie viel mehr – und das, obwohl mein Vater seit Jahrzehnten bei Gringotts ist.“
Die Diskussion führte zu keinem Ergebnis, doch das Thema beschäftigte die Schüler noch die nächsten Tage. Die Slytherins ließen des Öfteren hören, dass man „den Schlammblütern hinten rein“ kriechen würde, doch auch in anderen Häusern gab es einige Schüler, die der Meinung waren, man sollte den Kurs auf mindestens 1:7 hinaufsetzen.
Diese Diskussion beherrschte nicht nur den Tagespropheten, sondern neben dem Derby auch die Gespräche der Schüler. Scheinbar gingen deshalb einige andere Dinge unter, denn James erhielt, ebenso wie seine Geschwister, von seinen Eltern einen Eulenbrief mit der Anweisung, sich unbedingt die zwei Stunden vor dem Derby nichts vorzunehmen. Auch Lucy erhielt einen gleichlautenden Brief.
Als der 7. November schließlich gekommen war, wurde bereits frühmorgens das Quidditchfeld abgeschlossen. Kurz nach dem Frühstück erschienen Ginny und Harry Potter in Hogwarts, doch sie waren bei weitem nicht die einzigen Eltern, die das Quidditchderby nutzten, um nach ihren Kindern zu sehen.
Die Tore in Richtung Hogsmeade waren an diesem Tag geöffnet, damit die Anhänger beider Mannschaften passieren konnten. So gingen die fünf Potters und Lucy gemeinsam nach Hogsmeade in den Eberkopf, wo bereits Tante Hermine, Onkel Ron, Rosie und Hugo saßen.
Harry Potter kam ohne Umschweife zur Sache: „Ihr wisst ja, vor allem du, James und du, Lucy, was letzten Sommer im Haus von Lucys Eltern passiert ist. Nun, wir verhören seit einiger Zeit Alec Morrell, der vermutlich an dem Einbruch schuld ist. Er ist aber sicher nicht der Anführer der Bande. Leider ist es uns, auch mit Veritasserum, nicht gelungen, zu erfahren, wer seine Auftraggeber sind.“
„Heißt das, er kennt den Gegenzauber?“, wollte Albus wissen.
„Schön wäre es“, antwortete sein Vater. „Leider ist kein Gegenzauber bekannt – wohl aber ein Gegenmittel. Und das heißt...“
„...dass ihm jemand das Gegenmittel gegeben hat“, unterbrach James.
„Genau. Und nicht nur einmal, sondern regelmäßig. Und das heißt im Klartext, dass jemand Zugang zu den Gefangenen in Askaban hat, der verhindern will, dass wir die Wahrheit erfahren.“
„Jemand, der Alec unter Druck setzen will?“, fragte Lucy. „Ist Alec womöglich unschuldig? Ist er genau so unter dem Imperius-Fluch gestanden wie Fio?“
„Unschuldig vermutlich nicht. Man kann, soweit ich weiß, niemanden unter dem Imperius zu planvollem Handeln zwingen.“
„Wie meinst du das, Papa?“, fragte Lily.
„Ich könnte dich unter dem Imperius meinetwegen dazu zwingen, hier eine Stunde lang Purzelbäume zu schlagen. Aber ich könnte dich nicht dazu bringen, irgend etwas, was in den Kerkern unter Hogwarts versteckt ist, herzubringen, wenn du nicht genau weißt, wo es versteckt ist – oder wie du jemand anderen dazu bekommst, es dir zu sagen. Ich könnte dir auch befehlen, James einen Fluch zu verpassen – aber ich könnte dir nicht befehlen, irgendwelche Informationen herauszubekommen, wenn ich selbst nicht weiß, wer sie hat und ob du denjenigen verfluchen oder einfach nur freundlich anlächeln musst.
Das heißt, Alec wollte sicher selbst das Harpyienei stehlen. Ob er genau wusste, was er damit anfangen wollte, weiß ich allerdings nicht.“
„Könnte es sein, dass die Harpyien schon angegriffen haben?“, fragte Albus. „Vor einigen Wochen war ein Höllenlärm und Hagrid ist verletzt worden.“
„Sehr wahrscheinlich. Aber warum, kann niemand sagen. – Und, eine Sache, die ihr bitte nicht weitersagt: An Halloween ist jemand nach Hogwarts eingebrochen – jemand, der alle Passwörter und Schutzzauber kannte. Ziemlich sicher hat er nach den Waffen unter den Slytherinkerkern gesucht – ihr wisst ja, dem Gang, den Professor McGonagall hat absperren lassen.
Erst unten im Keller konnten sie, Professor Perot und Professor Zabini ihn stellen, doch er konnte über einen bisher unbekannten Gang fliehen.
Und das ist es, was uns alle beunruhigt: Jemand, der Böses vorhat, hat Zugang nach Askaban, kennt die Passwörter für Hogwarts und einige Geheimgänge hier. Und es ist gut möglich, dass jemand ihm hilft.“
„Jemand wie Lucius Crockett?“, vermutete Albus. „Er weiß ja von seiner Schwester Einiges.“
„Ich habe Ms. Crockett natürlich befragt“, erklärte der Vater. „Und ihre Interpretation scheint mir nicht dumm zu sein, allerdings lässt sich damit auch noch nicht alles entziffern.“
„Du hältst die Crocketts also für unschuldig?“, fragte James. „Ich würde der Sippschaft alles zutrauen.“
„Ich weiß es nicht. Natürlich traue ich jemandem, der seine Kinder mit den Namen Bellatrix, Rodolphus und Lucius straft, alles Mögliche zu. Aber wir wissen nichts. Ich glaube auch nicht, dass ein Schüler in die Verliese gelangen kann.“
James bemerkte, wie Lucy rot wurde und küsste sie. Die Mutter sah ihn leicht missbilligend an, doch der Vater schien nichts gemerkt zu haben.
Die Kinder erfuhren auch, dass ihr Vater vermutete, die Debatte um den Wechselkurs für Muggelgeld sei hochgekocht worden, damit das Thema des Komplizen von Alec Morell nicht an die Öffentlichkeit gelangte. „Ganz unrecht ist es mir nicht einmal“, gestand Harry Potter. „Wenn ich mir vorstelle, dass Rita Skeeter ihre Mutmaßungen anstellen würde, wer Morrell das Gegenmittel gegen das Veritasserum verschafft hat – gute Nacht! Dann könnte ich mich vor Reporterfragen nicht mehr retten.“
„Harry“, unterbrach seine Frau. „Das Spiel müsste demnächst beginnen!“
Sie verpassten die Maskottchen und hörten gerade noch die letzten Takte von „Flower of Scotland“, als sie ihre Plätze einnahmen.
England war erwartungsgemäß überlegen und Schottlands Hüter Dunkins bereits von Anfang an beschäftigt. Dennoch dauerte es fast zehn Minuten, bis Diana Lurch ihn zum ersten Mal überwand. Danach traf England noch zweimal, ehe die Schotten ihren ersten Angriff starteten, bei dem sie Jim Simons’ Ringe ernsthaft gefährdeten.
Ab dem 50:0 begannen die Engländer, leichtsinnig zu werden und kurz darauf konnte McCready durchbrechen und Simons erstmals überwinden.
England blieb überlegen, wenn auch den Schotten mehrere sehenswerte Gegenstöße gelangen. James hatte nicht den Eindruck, bessere Mannschaften zu sehen als bei Irland gegen Albanien im Sommer, doch das Spiel war attraktiver, da auch die Schotten nicht stur defensiv spielten.
Natürlich war James, ebenso wie seine Eltern und Geschwister, für England, doch neben den Bewohnern von Hogsmeade trugen auch viele Schüler blaue Umhänge mit dem Andreaskreuz und unterstützen Schottland lautstark. Auch die Direktorin feuerte zu Lucys und James’ Überraschung lautstark die Gastgeber an.
Der Lärm im Stadion verstummte, als nach knapp zwei Stunden Schottlands Sucherin Sheena Davis, unter Vertrag bei den Holyhead Harpies, in den Himmel raste. Colin Hickey schien es nicht für nötig halten, ihr zu folgen – offenbar rechnete er mit einem Wronski-Bluff – und prompt präsentierte die Schottin den Schnatz.
Ihrer Mannschaft half das wenig: England hatte mit 230:170 gewonnen.
„Sie hätten es nicht mehr herumgerissen“, meinte ein Schotte. „Schade, aber nicht zu ändern.“
Viele Anhänger der Gastgeber weinten und Sean hatte seinen während des Spiels blauen Umhang wieder grün gezaubert, als er den Potters gegenübertrat.
„Tag, Mrs. und Mr. Potter“, begrüßte er James’ Eltern. „Hat Ihnen das Spiel gefallen? Oder ist was los, weil Sie gekommen sind?“
Wenn Du Lob, Anmerkungen, Kritik etc. über dieses Kapitel loswerden möchtest, kannst Du einen Kommentar verfassen.
Zurück zur Übersicht - Weiter zum nächsten Kapitel