von alicejanefan
5. September
»James, wenn du nicht bald aufstehst, kommst du viel zu spät!«, schrie Lily, die an der Tür zu seinem Zimmer stand und alle zwei Sekunden auf ihre Uhr schaute.
»Was haben wir denn in der ersten Stunde?«, rief James gelassen.
»Verteidigung. Und ich habe keine Lust, bei Smith mit dir zusammen zu spät zu kommen. Der war Freitag schon so streng«, antwortete Lily und begann, im Zimmer auf und ab zu laufen.
»Hast du schon gefrühstückt?«, fragte James und trat aus seinem Zimmer.
»Nein. Das verschieben wir auf die Freistunde«, sagte Lily, schnappte sich ihre Schultasche und lief zum Portrait.
»Wann ist die?«, wollte James wissen, er erinnerte sich düster an seinen Stundenplan und meinte zu wissen, dass sie vor der dritten Stunde keine Zeit fürs Frühstück haben würden.
»In der dritten. Nach Geschichte«, sagte Lily und lief durch einen Geheimgang, an den sie sich erinnerte, während James stöhnte. Doch als er realisierte, dass Lily einen Geheimgang benutzte, hellte sich seine Miene schlagartig auf.
»Oh, sehr gut. Aber wir werden noch einige Geheimgänge nutzen müssen, wenn wir rechzeitig da sein wollen.«
Schließlich kamen sie noch vor den anderen Rumtreibern an. Sirius ließ es sich nicht nehmen, zu fragen: »Na, warum wart ihr beide denn nicht beim Frühstück? Hattet ihr was Wichtigeres zu tun?«, fragte er mit einem anzüglichen Lächeln.
»Ich habe verschlafen, Tatze!«, sagte James gelassen, während Lily Sirius dafür am liebsten an die Kehle gesprungen wäre. »Diese ganzen Kommentare klären wir am 27.«, zischte James nur für Sirius hörbar.
»Ich freue mich schon. Du hast keine Chance«, lachte Sirius.
»Dich will ich sehen, wenn du erst einmal ein Geweih in der Seite hängen hast!«, konterte James ein wenig zu laut.
»Ähm James, was macht Sirius mit einem Geweih in der Seite?«, fragte Lily stirnrunzelnd.
Remus sah James mit einem Das-hast-du-ja-toll-hinbekommen-Blick an.
»Jaah, der Sirius mag Hirsche und besucht gerne welche im Wald. Und das geht nicht immer gut«, sagte James wahrheitsgemäß.
»Klar, und du hast einen Zuneigung zu schwarzen Hunden«, meinte Sirius augenverdrehend.
Remus stöhnte. Wenn die so weitermachen, werden sie noch der ganzen Schule verraten, dass sie Animagi sind, dachte er. »Tatze, Krone, ihr…argh! Haltet ab jetzt einfach eure Klappe.«
»Guten Morgen, Mr. Lupin. Ist alles in Ordnung?«, fragte Smith den leise vor sich hinschimpfenden Remus sanft.
»Natürlich, Professor. Was soll nicht in Ordnung sein?«, fragte Remus freundlich.
»Oh, höre ich da eine Spur Sarkasmus?«, wollte Sirius grinsend wissen.
»Aber Tatze, wie kommst du da nur drauf?«, antwortete Remus mit einer vor Sarkasmus triefenden Stimme.
»Tatze, wenn Moony so sarkastisch ist, solltest du ihn in Ruhe lassen«, sagte James belustigt.
»Immerhin kennt mich einer meiner Freunde. Ihr solltet demnächst drauf achten, was ihr in wessen Gegenwart rumerzählt«, zischte Remus besorgt.
»Eben, es reicht, dass Lily über Moony beschied weiß, da muss sie nicht noch wissen, dass wir uns verwandeln können.«
Vor Schreck ließ Remus seinen Zauberstab fallen. »Sie tut WAS?!«, schrie er entsetzt.
»Mr. Lupin, sind Sie sicher, dass alles okay ist?«, fragte Smith erneut und musterte Remus, der knallrot geworden war und Entschuldigungen vor sich hinstammelte.
»Alles bestens, Sir«, sagte James und lächelte den Lehrer unschuldig an. Genau wie in der letzten Stunde am Freitag schnaubte Lily. Es war doch nicht normal, dass zwei siebzehnjährige Jungen ihre Lehrer, Freunde und sonstigen Bekannte mit einem Lächeln beruhigen oder sogar beeinflussen konnten!
Sie hatte nicht vergessen, was sein trauriger Blick, den er perfekt drauf hatte, bei Madam Pomfrey und ihr bewirkt hatte. Sie hatte alle Vorbehalte vergessen und nur noch gelächelt.
»Nun, meine Damen und Herren, wir werden diese Stunde die Unverzeihlichen Flüche anschneiden. Richtig werden wir dieses Thema Ende Oktober behandeln. Ich bin der Meinung, dass es wichtig ist, Ihnen deren Wirkung zu zeigen. Keine Sorge, ich werde Sie nicht mit den Flüchen belegen, aber Sie müssen die Vorzeichen und die Flüche erkennen. Nur das bringt Ihnen ein paar Sekunden. Leider können Sie die Flüche nicht abwehren, also müssen Sie ausweichen. Wobei, wenn Voldemort da ist, bringt ihnen das herzlich wenig«, schloss er bedauernd.
»Nun, ich bin mir sicher, dass Sie die drei Flüche wenigstens vom Namen her kennen. Wenn nicht, sind Sie im UTZ-Kurs falsch aufgehoben. Den Cruciatus und Avada Kedavra kann man nicht aufhalten. Beim Imperius hilft Ihnen ein starker Wille, doch ich sage Ihnen direkt, dass es sehr schwer und kräftezehrend ist, gegen den Imperius anzukämpfen.«
James und Sirius tauschten aufgeregte Blicke. Lily sah ihnen sofort an, dass sie unbedingt die Wirkung des Imperius ausprobieren wollten.
Aber nicht mit Lily Evans. Sie hatte keine Lust, zu sehen, was passieren würde, wenn James und Sirius den Imperius beherrschen würden.
»Denkt nicht mal im Traum daran, Potter, Black«, zischte sie ihnen zu.
»Was haben wir denn böses vor, Evans?«, fragte Sirius und betonte besonders den Nachnamen.
»Wenn ihr auch nur einer Person den Imperius aufhalst, dann seid ihr schneller bei Dumbledore als das ihr nach eurem Zauberstab greifen könnt!«, warnte Lily. Kats missbilligende Blicke ignorierte sie gekonnt.
»Lily, das ist illegal!«, rief James entsetzt.
»Ja, da ihr euch ja auch so oft an Regeln haltet«, meinte Lily kühl.
»Das ist was anderes. Wir machen Streiche. Die Unverzeihlichen wenden nur Todesser an!« James sah Lily aus seinen großen braunen Augen und wirkte wie ein trauriges kleines Kind.
»Ach James, wie oft muss ich dir eigentlich sagen, dass du mich nicht so ansehen sollst!«, jammerte Lily, doch ihre Augen blitzten.
»Also heute hast du mir das noch nicht gesagt«, meinte James grinsend.
»Schon, aber gestern Nacht im Krankenflügel…« Lily schlug sich eine Hand vor den Mund. Sie erzählte hier mitten im VgddK- Unterricht, dass sie James besucht hatte.
»Oh nein Lily, das war um halb Zwölf, also noch vorgestern!«, sagte James triumphierend.
Sirius und Remus starrten James und Lily mit offenem Mund an. Es war doch nicht normal, dass sie so miteinander redeten.
»Lily, haben sie dir was ins Essen getan? Du warst nachts bei Krone?«, fragte Sirius.
Remus verstand gerade, was James gemeint hatte, als er gestern gemeint hatte, er hätte nicht so viel geschlafen und Lily rot geworden war.
»Würden die Herrenreihe und Miss Evans bitte auch dem Unterricht folgen?«, bat Smith und sah sie belustigt an.
»Natürlich, Professor«, sagte Lily und vergrub sich in ihr Buch.
Sirius und Remus ließen es sich nicht nehmen, James den Rest der Stunde über die vorletzte Nacht auszufragen, doch James schwieg eisern.
»Moony, Tatze, dass ist mein letztes Wort. Ich werde euch nicht mehr sagen. Vor allem gibt es da auch gar nichts zu sagen«, meinte James grinsend.
»Dann frage ich eben Lily«, sagte Remus schulterzuckend.
»Oh nein Moony, glaub ja nicht, dass sie dir irgendwas erzählen wird.«
Remus sah ein, dass James es ernst meinte. Die vier Freunde sagten sich fast alles, doch wenn einer schwieg, war die Wahrscheinlichkeit sehr hoch, dass die anderen das Geheimnis trotzdem rausfinden würden. James, Sirius und Peter hatten sein Geheimnis auch aufgedeckt. Aber wenn James nicht mehr in ihrem Schlafsaal war, sprich nicht mehr in ihrer Reichweite, würde es weitaus schwieriger sein, das Geheimnis um Lilys Besuch aufzudecken.
»Ich denke, als Hausaufgabe schreiben Sie mir einen Text über die drei Flüche«, sagte Smith und entließ die Klasse. »Mr. Potter, Mr. Black und Mr. Lupin«, rief er. »Wie wäre es, wenn Sie drei mir zusätzlich noch einen Stundenbericht schreiben? Nur damit ich sehe, wie viel Sie behalten haben. Mindestens 200 Wörter!«
»Aber Professor!«, jammerte James los. »Morgen ist Quidditchtraining und heute muss ich mich mit Evans wegen Schulsprecherangelegenheiten treffen. Und wir haben doch noch andere Hausaufgaben auf! Wollen Sie verantworten, dass Remus, Sirius und ich die nächsten paar Tage nicht schlafen können?« Flehend blickten James, Sirius und Remus ihren Lehrer an.
»Ist es Ihnen lieber, wenn ich Gryffindor pro Person fünf Punkte abziehe?«, fragte Smith schmunzelnd.
»Auf jeden Fall!«, beteuerte Sirius sofort und fing sich dafür einen Stoß in die Rippen von Remus ein. »Aua! Moony, was soll das?«
»Mit der Einstellung werden wir niemals den Hauspokal gewinnen! Danke für Ihre Güte, Sir!«, sagte Remus lächelnd und schleifte seine beiden besten Freunde in Richtung Geschichtsraum.
»James, Sirius, Remus, was habt ihr denn wieder angestellt?«, fragte Lily und seufzte erschöpft.
»Probleme mit Smith, Jungs? Ich würde euch nicht raten, im Unterricht zu quatschen«, meinte Kat spöttisch.
»Klappe, Willis«, knurrte Sirius. »Nein, wir haben keine Probleme. Auch keine Strafarbeiten, kein Nachsitzen, gar nichts!«
»Dachte ich es mir doch. Er hat euch Punkte abgezogen«, stellte Frank grinsend fest.
»Frank! Geh zurück zu Davies und mach uns nicht noch mehr Schwierigkeiten!«, stöhnte James.
»Wie viele Punkte waren es?«, fragte Frank ungerührt.
»Fünf pro Person, weil James sich geweigert hat, die Strafarbeiten zu machen«, erklärte Remus.
»Machst du das öfters? Langsam komme ich hinter euer Geheimnis! Ihr macht den Lehrern ein schlechtes Gewissen und sie lassen euch durchkommen!«, stellte Lily fest. »Aber du kannst dich doch nicht weigern, Strafarbeiten zu machen!«
»Bei dir hört sich das so negativ an. Ich habe mich gar nicht geweigert! Ich habe nur gesagt, dass wir doch schon so viel aufhätten und vor allem haben wir gar nicht genug aufgepasst, um einen Stundenbericht zu schreiben!«, meinte James empört.
Die Tür des Klassenzimmers öffnete sich und Professor Binns kam heraus geschwebt. Niemand konnte genau sagen, seit wann Binns als Geist unterrichtete, aber es war schon zur Schulzeit von James’ Eltern so.
Nach zehn Minuten lag die Klasse in Tagträumen gefangen auf den Tischen. Lily und Remus bemühten sich, das Gröbste mitzuschreiben, aber Sirius, Peter und Kat lagen schlafend auf den Tischen. Alice und Frank hatten nur Augen füreinander und James starrte Lily permanent an. Wenn Remus ihm in die Seite stieß, hörte er kurz damit auf, nur um fünf Sekunden später wieder damit anzufangen.
Am Ende der Stunde sprangen die Rumtreiber auf, bevor es klingelte. »Leute, ich habe so Hunger. Lily wollte mich nicht in die Küche lassen«, jammerte James.
»Das können wir aber jetzt machen. Was haben wir nach der Stunde?«, fragte Sirius, der immer ziemlich lange brauchte, um seinen Stundenplan zu lernen.
»Kräuterkunde und nach dem Essen Zauberkunst. Auf zur Küche. Lily, Kat, habt ihr Hunger?«, fragte Remus. »Wenn ja, wir bringen Essen in den Gemeinschaftsraum.«
Die Rumtreiber verschwanden in einem Geheimgang und die Mädchen gingen in Richtung Gemeinschaftsraum. Frank und Alice gingen zu Alte Runen. Das Fach war zwar für die Aurorenausbildung nicht nötig, faszinierte aber beide.
Im Gemeinschaftsraum trafen Lily und Kat auf Sammy, der ihnen von Kräuterkunde und Verwandlung vorschwärmte.
»Wir haben jetzt auch Kräuterkunde. Sicher, dass du mit McGonagall Unterricht hast?«, fragte Kat, die zwar mit der Hauslehrerin der Gryffindors auskam, aber nicht verstehen konnte, wie man von ihrem Unterricht so begeistert sein konnte.
»Klar!«, sagte Sammy empört. »Ich erkenn doch noch meine eigene Hauslehrerin!«
»Kat, lass ihn«, murmelte Lily, die wieder einen ewigen Streit zwischen den Geschwistern voraussah.
»Aber Lily! Ich…«
Lily unterbrach sie abermals. »James, Sirius, Remus und Peter werden gleich da sein, da habe ich schon genug Stress. Kann man sich hier nicht mal für fünf Minuten ausruhen?!«
»Seit wann hast du denn Stress mit James? Ihr kommt doch bestens miteinander aus«, witzelte Kat.
»Jaah, du hättest uns heute morgen sehen sollen. Ich stehe vor James Tür und schreie ihn wie so oft an!«
Sammy hatte das Gespräch bisher stumm mitverfolgt, es gab schließlich nichts besseres, als wenn die eigene Schwester von der Schulsprecherin runtergemacht wird. Dass die Schulsprecherin die beste Freundin seiner Schwester war, ließ er mal außer Acht. Doch jetzt schaltete er sich ein. »Du kannst es nicht sein lassen, oder?«, fragte er. Sammy hatte in den Winterferien, als Lily sie besucht hatte, mitbekommen, dass ein gewisser James Potter Lily schon ewig nervte.
Er war also mit dem Vorurteil in die Schule gekommen, dass James Potter eine unglaubliche Nervensäge war. Doch er hatte feststellen müssen, dass James Schulsprecher war und keineswegs schlimm.
»Bit- Was?«, fragte Lily verwirrt, die nicht ganz verstand, was Sammy mit diesem Kommentar meinte.
»Im letzten Winter hast du Kat damit genervt, wie schlimm James Potter und die Rumtreiber sind. Ich dachte mir, das müssen ja echt schlimme Jungen sein. Doch dann haben ich James kennen gelernt und er ist sehr pflichtbewusst!«
Kat schnaubte. »Bist du dir sicher, dass wir über denselben James Potter sprechen? Der, den ich kenne, hat am Freitag mit seinen Freunden die ganze Schule in Chaos gestürzt, weil sie es witzig fanden, sich am ersten Schultag Stress mit McGonagall und Dumbledore zu machen!«
Sammy riss die Augen auf. »Das waren die?«
Lily stöhnte. »Kat, wir haben ihnen versprochen, es niemandem zu sagen! Und Sammy, James mag im Moment ein guter Schulsprecher sein, aber sobald du dich länger mit ihm beschäftigst, verdreht er Mädchen entweder den Kopf oder du hasst ihn noch mehr. Und dann gibt es da noch Kat, auf die keins von beidem zutrifft!«
»Und auf dich, Schatz?«, fragte James vom Portrait her.
Remus neben ihm verdrehte die Augen.
»Ich gehöre eindeutig zu der kleinen Gruppe von Mädchen, die du ankotzt!«, fauchte Lily und schmiss sich wütend in ihren Lieblingssessel.
»Lily, hast du Hunger? Wir haben Siruptorte mitgebracht!«, sagte Remus um sie zu besänftigen.
»Gerne, Remus!«, sagte sie schon wieder freundlicher und schenkte ihm ein strahlendes Lächeln.
»Hier, bitte«, sagte er und verschwand schnell, um nicht von James umgebracht zu werden. Sirius zog James wieder nach draußen.
»Ernsthaft, Lily, wenn du so weitermachst, zerstörst du noch ihre Freundschaft!«
Lily wurde gerade erst bewusst, was sie den Rumtreibern und vor allem Remus damit antat, wenn sie ihn immer anstrahlte. Dass das für James wie Flirten aussah, hatte sie noch gar nicht bedacht.
»Ich gehe mal in meine Wohnung. Ich muss noch Pflege magischer Geschöpfe machen und habe mit James ein Treffen wegen Schulsprecherzeug!«, sagte Lily und stand auf.
»Warum haben wir eigentlich Magische Geschöpfe gewählt?«, rief Kat stirnrunzelnd hinter Lily her.
»Weil du Kesselbrand nett findest!«, antwortete Lily und verschwand nach draußen.
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