Der Sommer war ungewöhnlich heiß gewesen. Die meisten Schüler der Hogwartsschule und auch alle Lehrer hatten die Ferien damit zugebracht, sich über das Wetter zu beschweren und nichts zu tun. Einige wenige waren in den Urlaub gefahren. Auch Stella war verreist, aber nicht besonders weit. Ihr Ziel war Devon gewesen. Sie und Sirius hatten Andromeda und ihre Familie begrüßt. Nymphadora, die ihre Karriere zu großen Teilen Stella zu verdanken hatte, war überaus zuvorkommend gewesen und hatte ihrer Tante jeden Wunsch von den Augen abgelesen. Ted, den Stella und Sirius noch aus ihrer Schulzeit kannten, war am Anfang misstrauisch gegenüber Sirius gewesen, doch Andromeda hatte ein Machtwort gesprochen und von da an war Ted genauso freundlich wie seine Tochter. Stella hatte ihrem Bruder den Illusionszauber beigebracht. In ihrer Zeit als Auror war dieser Spruch eine große Hilfe für Stella gewesen. So hatte sie gegen Todesser gekämpft, ohne dass diese gewusst hatten, wer der Angreifer war. Dumbledore hatte das für einen sehr nützlichen Schachzug gehalten. Niemand aus den Reihen der Todesser wusste, dass Stella Black mit Herz und Seele auf der guten Seite kämpfte. Sollte es einmal von Nöten sein – und Albus wusste, dass es einmal von Nöten sein würde – konnte Stella ungehindert bei den Todessern spionieren. Sie war Dumbledores Joker, sollte Snape doch auffliegen.
Doch auch der wärmste und schönste Sommer ging irgendwann einmal vorbei und für die Schüler bedeutete das, zur Schule zurückzukehren. Stella reiste, wie alle anderen Lehrer außer Professor Moody, zwei Tage vor Schuljahresbeginn an. Als sie in Hogsmeade ankam, wurde es schon dunkel. Die Sonne war längst über den Hügeln Schotlands untergegangen. Schnellen Schrittes ging Stella auf die Schule zu, da es inzwischen kälter geworden war und sie nur ein kurzes Kleid trug. Am Schultor angekommen, klopfte sie leicht daran, doch der Ton wurde in der Eingangshalle so verstärkt, dass man ihn in der halben Schule hören konnte. Aurora Sinistra, die Lehrerin für Astronomie, machte ihr die Tür auf und sofort fingen die beiden Frauen an, miteinander zu reden. Den ganzen Weg zum Lehrerzimmer – mit dem Bummelschritt, den die beiden verwendeten, brauchten sie ganze 15 Minuten – unterhielten sie sich über alles, was so im Sommer passiert war. Stella musste aufpassen, sich nicht zu verplappern. Aurora wusste viel von ihr, doch die Sache mit Sirius war zu geheim und zu gefährlich, um sie vielen Menschen zu erzählen. Also berichtete Stella nur davon, wie sie Andromeda besucht hatte. Aurora und ihre Familie – sie war verheiratet und hatte zwei bezaubernde Kinder – waren in Südamerika gewesen und hatten eine Muggeltour von Venezuela bis nach Patagonien gemacht. Aurora, deren Vater ein Muggel war, kannte diese Art zu reisen und hatte alles organisiert.
Als die beiden Professorinnen schließlich doch das Lehrerzimmer erreicht hatten, war es bereits Abendbrotszeit und Aurora verabschiedete sich, um in der Großen Halle etwas zu essen. Stella, die den ganzen Tag bei Remus verbracht hatte und mehr Kohlenhydrate in sich hineingestopft hatte, als es Menschen gab, lehnte eine Einladung dankend ab. Würde sie noch einen Bissen essen, würde sie platzen oder sich übergeben. Beides keine besonders schönen Erlebnisse. Also betrat sie das Lehrerzimmer in der Erwartung, niemanden dort vorzufinden. Wie es so oft im Leben war, wurde ihre Vermutung nicht bestätigt. Der große Raum, in dem die Lehrer Freistunden und Pausen verbrachten, war zwar längst nicht so voll wie an normalen Tagen, doch ganz leer war er auch nicht. In einer Ecke saß, über ein Buch gebeugt, Severus Snape. Stella lief erfreut auf den Zaubertrankmeister zu, der sie noch nicht entdeckt hatte. Erst als Stella kaum einen halben Meter vor ihm stand, hob er den Kopf und sah in Stellas hübsches, von der Sonne gebräuntes Gesicht. Seine Stimmung hellte sich auf, doch sein Gesichtsausdruck bleib so belangenlos und kalt wie immer. Stella warf ihre Arme um Severus Hals und gab ihm einen Kuss auf die Wange. Severus war mehr als froh, dass es im Lehrerzimmer so leer war und ihn niemand bei einer so sanften Geste beobachtete. Er hatte Stella vermisst. Zu gerne stritt er sich mit ihr rum, lästerte mit ihr zusammen über Schüler und Lehrer und hörte ihr zu, wenn sie sich mal wieder über Professor Dumbledore beschwerte.
„Ich hätte echt nicht gedacht, dass du wiederkommst.“ Stella und Severus saßen am Tisch, tranken Kaffee und unterhielten sich. Stella zuckte mit den Schultern. „Dumbledore meinte, meine Anwesenheit wäre immer noch wichtig. Vermutlich wird sie das so lange sein, wie Harry auf diese Schule geht. Und außerdem unterrichte ich gerne.“ Severus zog spöttisch eine Augenbraue hoch. „Ist dir der Job nicht viel zu langweilig?“ „Also eigentlich ja. Aber es gefällt mir, mal einen Beruf zu haben, bei dem man nicht Leute abschlachten muss.“ Severus wusste von Stellas Diensten bei der Aurorenzentrale. Dumbledore vertraute ihm und so tat es Stella auch. Sie hielt nicht viel von den Gerüchten, Snape wäre ein Todesser, da sie wusste, wie sehr er Lily geliebt hatte. Ob diese Gefühle bis heute existent waren, bezweifelte Stella. Vielleicht auch, weil sie es bezweifeln wollte.
Zwei Tage später erreichten auch die Schüler die Schule und bald war die Große Halle wieder von den Stimmen der Schüler erfüllt, die sich seit fast drei Monaten nicht gesehen hatten und viel austauschen mussten. Nachdem alle gegessen hatten – Stella wusste, dass sie ohnehin schon drei Kilo zugenommen hatte und eigentlich anstatt einer Fressorgie eine Diät machen sollte – erhob sich Professor Dumbledore. Sofort wurde es ruhig in der Halle. Die Kinder wussten, dass Dumbledore immer schöne Reden hielt, die auch zum Nachdenken anregten und sie hörten ihm – bis auf Ausnahmen – gerne zu. „Meine lieben Schüler, in diesem Jahr wird unser Schloss nicht nur uns ein Zuhause bieten, sondern auch zwei anderen Schulen, die von uns eingeladen wurden. Ich habe die Freude und Ehre, euch mitteilen zu können, dass Hogwarts dieses Jahr Austräger des Trimagischen Tourniers ist.“ Die älteren Schüler, die mit dem Begriff etwas anfangen konnten, murmelten sich erstaunt, erfreut und gespannt Kommentare zu. Die jüngeren, denen der Begriff fremd war, sahen sich nur fragend an. Dumbledore beobachtete die Unruhe eine Weile, bis er wieder anfing zu sprechen: „In diesem Tournier treten drei Champions – je ein Champion pro Schule – gegeneinander in drei Prüfungen an. Wer diese am besten besteht, wird der Sieger sein. Die Aufgaben sind hart und verlangen Intelligenz, Erfahrung, Können und viel Mut. Doch hat man diese Tournier gewonnen, erwartet einen nie endender Ruhm.“ Einen Moment war es ganz ruhig in der Halle, bis Dumbledore zweimal in die Hände klatschte, die Türen sich öffneten und die Schülerinnen von Beauxbatons hereinkamen. Die männlichen Schüler konnten ihre Hälse gar nicht genug verdrehen und auch am Lehrertisch wurden die jungen Frauen mit glänzenden Augen betrachtet. Stella sah amüsiert auf den neben ihr sitzenden Severus, dessen Augen noch dunkler waren als sonst und der seine Augen gar nicht von den Beinen einer brünetten Schülerin abwenden konnte. Stella trat ihm fest auf den Fuß, um ihn wieder zur Besinnung zu bringen. Severus sah sie wütend an, doch insgeheim war er dankbar, dass Stella ihn abgelenkt hatte. Wenn er sie so betrachtete, fand er sie viel attraktiver als die Beauxbatons-Elfen. Zwar war Stella lange nicht so schön, doch sie war intelligent, humorvoll und sah immer gut aus. Severus lächelte in sich hinein und war froh, dass Stella keine Oklumentik beherrschte.
Ein ähnlicher Gedanke ging Stella durch den Kopf, als kurz darauf die Schüler der Durmstrang-Schule hineinkamen. Sie konnte ihre Augen nicht von den muskelbepackten Körpern der Schüler nehmen, auch wenn sie doppelt so alt war. Erst als Snape sich vernehmlich räusperte, wurde Stella aus ihrer Trance gerissen. Snape lächelte und das Lächeln zeigte Stella, dass er ganz genau wusste, wie es in ihrem Kopf aussah. Stella grinste zurück. Auch sie war bestens mit den Vorgängen in Severus Gehirnwindungen vertraut.
Das Essen war gut und viel und als der letzte Nachtisch verschwunden war, gähnten einige Schüler vor Müdigkeit. Albus sprach ein paar letzte Worte, in denen er den Schülern eine gute Nacht wünschte und dann verließen alle die Halle. Die ausländischen Schüler würden im Gästetrakt untergebracht werden. Die Schulsprecher leiteten die Jungen und Mädchen zu ihren Schlafplätzen und der Rest wurde von seinen Vertrauensschülern in die Räume gebracht. Als die Halle sich gelehrt hatte, brachen auch die ersten Lehrer auf. Stella, die vor Müdigkeit kaum gerade ausgucken konnte und der schon mehrmals die Augen zugefallen waren, war eine der ersten die ging. Während sie durch die Gänge von Hogwarts schlenderte, musste sie an ihr erstes Jahr hier denken und unwillkürlich lächeln. Schon damals waren James und Sirius unzertrennlich gewesen und hatten die Lehrer zur Weißglut getrieben. Stella hatte den Jungs oft bei ihren Späßen geholfen, auch wenn sie nicht alle geduldet hatte. Es war eine Mischung aus Bewunderung, Faszination und dem Kick, den man beim Verletzen der Regeln spürt, die dazu geführt hatten, dass Stella und die anderen bereits im ersten Jahr die Hälfte ihrer Freizeit damit verbrachten, Strafarbeiten nachzugehen.
Als Stella vor ihrem Raum angekommen war, blickte sie auf die andere Seite der Wand. Ob es Zufall oder von Albus geplant war, die Quartiere der Geschichtslehrerin lagen genau gegenüber der Wand mit Fotos von Abschlussjahrgängen. Stella trat an die Vitrine heran und suchte das Bild, welches ihren Jahrgang zeigte. Als sie es gefunden hatte, musste sie mit den Tränen kämpfen. Dort waren sie alle noch zusammen gewesen: Remus, James, Sirius, sie selbst, Peter, Severus, Lily. Nun waren die Potters tot und Sirius war zwar geflohen, aber er würde nie wieder der fröhliche Junge sein, der er zu Schulzeiten gewesen war. Stella drehte sich mit einem Ruck um. Ständig in der Vergangenheit zu schwelgen brachte nichts. Sie musste sich aufs hier und jetzt konzentrieren. Und das war alles andere als nur negativ. Sie hatte Remus, ihren besten Freund, sie hatte Severus, der sie ohne Worte verstand und sie hatte Sirius, ihren Bruder, ihre Hälfte, ein Grund, zu atmen und zu kämpfen. Und sie hatte Harry, ihren Job und die Aussicht, knackige bulgarische Jungs beim Tournier zu betrachten. Sie lächelte schief und ging zurück in ihr Quartier. Das würde schon alles werden.
@ *Whatsername*: wie du siehst geht es weiter :D danke für die fleißigen Reviews :) du wirst Severus nicht mehr lange hassen...
@ die anderen: Hallo?? Seid ihr da? Ihr habt es doch abonniert, da könnten auch mal ein paar Kommentare springen... bitte?
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