Die Tage vergingen schnell und waren für alle, Lehrer wie Schüler, von viel Arbeit und wenig Schlaf gekennzeichnet. Selbst Stella Black, die als Aurorin schon so einige schlaflose Nächte durchmachen musste, bemerkte, wie ihr die Augen zufielen, wenn sie abends noch einige Arbeiten durchgehen musste. Oft hörte sie dann auf, da sie dann sowieso nur Fehler fand, die so offensichtlich waren wie ein gelber Punkt auf schwarzer Seide. Aber an dem stürmischen Nachmittag im November, an dem es mal wieder wie aus Eimern regnete, zwang sich Stella, trotzdem weiter zu machen. Die Aufsätze der Abschlussklasse lagen schon seit Wochen auf ihrem Schreibtisch und die Siebtklässler brauchten sie dringend zurück, damit sie aus ihren Fehlern – und das waren einige – lernen konnte. Stella gähnte. Obwohl es erst 5 Uhr abends war, war sie hundemüde. Sie musste lächeln. Vermutlich sollte sie einfach mehr schlafen. Der gestrige Abend war lang und die folgende Nacht kurz gewesen. Remus und sie hatten in ihren Räumen gegessen und dann, bewaffnet mit mehreren Flaschen Rotwein, auf der Couch Platz genommen. Sie hatten ewig lange geredet und irgendwann, ermutigt vom Wein und der gemütlichen Atmosphäre, hatte Remus sich zu ihr gebeugt und sie geküsst. Die Überraschung, die sie anfangs noch verspürt hatte, war schnell Freude und Leidenschaft gewichen und es war nicht beim Küssen geblieben. Stella lächelte versonnen und schwelgte in ihren Träumen, bis sie plötzlich von unheimlicher Kälte aus diesen gerissen wurde. Instinktiv beschwor sie einen Patronus herauf und sah aus dem Fenster. Sie blickte aus ihrem Büro geradewegs auf den Quidditschplatz und sah ihre Vermutungen bestätigt. Heute war das Spiel Griffindor gegen Hufflepuff. Stella, die natürlich für Griffindor war, bemerkte entsetzt, dass ein Dementor geradewegs auf Harry Potter zuflog, welcher einem Schnatz hinterher jagte. Stella verließ sofort ihre Räume und rannte nach draußen. Dass Harry vom Besen fiel, sah sie schon nicht mehr.
„Harry!“ Überall riefen Schüler seinen Namen, doch der Sucher bekam nichts mehr mit, als er auf dem Boden des Feldes aufschlug. Harry erwachte erst wieder in der Krankenstation, wo er von vielen seiner Freunde und dem gesamten Griffindorteam beobachtet wurde. „Er ist wieder wach.“, hörte Harry undeutlich Professor Blacks Stimme neben sich. Kurz darauf kam Madam Pomfrey auf ihn zu und verpasste ihm soviel Medizin, dass Harry husten musste. „So, bald geht’s dir wieder besser, mein Junge.“ Die Krankenschwester ging wieder und Harry richtete sich auf. „Was ist passiert?“, fragte er Ron mit heiserer Stimme. Ron schilderte ihm kurz, wie er von den Dementoren angegriffen wurde, vom Besen gefallen war und Hufflepuff gewonnen hatte. Bei seinem letzten Satz lag ein wenig Enttäuschung in Rons Blick, doch ein Fußtritt von Hermine ließ ihn wieder so schauen wie immer. „Und mein Besen?“ Harry spürte, dass seine Freunde ihm etwas vorenthielten. Ginny sah sehr interessiert auf den Boden, Fred und George wandten sich ab und Ron kaute nervös auf seiner Unterlippe. Schließlich erbarmte sich Hermine: „Harry, der Wind hat den Nimbus... in die peitschende Weide fliegen lassen.“ Unglücklich sah sie ihn an, während Harry fassungslos zurückstarrte. Sein Besen... Wie sollte er jetzt noch ein guter Sucher sein?
Ein paar Korridore weiter ging Stella wieder in ihre Räume. Beziehungsweisen, sie wollte wieder in ihre Räume gehen. Als sie gerade in den Westflügel einbog, kamen ihr drei Gestalten entgegen. Sie erkannte sie aber erst, als es schon zu spät war. „Ah, Professor Black. Schön Sie zu sehen.“ Stella schluckte eine bissige Bemerkung herunter und erwiderte den Gruß des Zaubereiministers. Als sie sich an seinen Begleiter wenden wollte, stockte ihr der Atem, als sie Lucius Malfoy erkannte.
Auch der blonde Mann war überrascht, Stella Black hier zu sehen. Als er auf die etwas kleinere Frau hinunterblickte, schossen Szenen vor seinem inneren Auge vorbei: Stella, nur in Unterwäsche bekleidet und mit längeren Haaren, die ihr über den Rücken fielen; sie beide, nachdem sie das erste Mal miteinander geschlafen hatten; der letzte Kuss, den er ihr gegeben hatte. Lucius hatte nie daran geglaubt, dass Stella in ihn verliebt war, aber er hatte diese Frau seit seiner Jugend begehrt und so hatte es ihn nichts ausgemacht, dass Stella andere Gründe für eine Liaison hatte. Von all seinen vielen Affären hatte ihm Stella Black als einzige etwas bedeutet.
Und nun stand sie hier vor ihn, acht Jahre später und sah nicht minder gut aus. Blut schoss ihm in die Wangen, doch Lucius war ein Malfoy und so setzte er einen arroganten Gesichtsausdruck auf, ergriff Stellas Hand und führte sie an seine Lippen. Stella war irritiert von dieser Geste, doch auch sie stammte aus bestem Hause und ließ sich nichts anmerken. „Professor Black.“, sagte Lucius mit seiner rauhen, dunklen Stimme und ließ so Stella Schauer über den Rücken laufen. Auch wenn ihr Verhältnis mit Lucius nur auf Befehl von Dumbledore bestanden hatte, konnte Stella nicht leugnen, dass es ihr gefallen hatte. Doch das war Geschichte und jetzt gab es Remus und so zog Stella so unfreundlich wie möglich ihre Hand weg. „Oh, Sie kennen sich?“, fragte Professor Dumbledore scheinbar erstaunt. Stella funkelte ihn an und erwiderte dann sarkastisch: „Oh ja.“ Sie wollte gerade weitergehen, als sie sich noch einmal rumdrehte und fragte: „Warum sind Sie eigentlich hier?“ Auf Lucius Gesicht erschien ein Ausdruck, der zwischen purer Arroganz, Ärger und Amüsiertsein schwankte. „Der Mann, der sich Lehrer für Pflege magischer Kreaturen schimpft, ist schuld daran, dass mein Sohn fast gestorben wäre.“ Stella erhob ihre rechte Augenbraue. „Erstens heißt es ‚Pflege magischer Geschöpfe’. Zweitens ist Draco selbst schuld, drittens hat er sich die Hand gebrochen und nicht das Genick und viertens wäre es selbst wenn auch kein großer Verlust gewesen.“ Malfoy wollte auf diese Frechheit hin etwas erwidern, doch Stella hatte sich bereits umgedreht und war davon stolziert. Lucius schüttelte unmerklich den Kopf. Diese Frau würde ihn irgendwann zur Verzweiflung bringen.
Die Verhandlung über die Zukunft des Hippogreifes Seidenschnabel zog sich über den ganzen folgenden Tag. Professor Black, die ein wenig Erfahrung mit Rechtswissenschaften hatte, und Dumbledore standen Hagrid tatkräftig zur Seite, doch nichts konnte einen gut gefüllten Sack mit malfoy’schem Geld ausgleichen. Stella war sogar versucht gewesen, Teile ihres eigenen, nicht unerheblichen Vermögens zu spenden, doch Albus hatte ihr davon abgeraten. Er war der Meinung, dass man Unrecht nicht mit noch mehr Unrecht vergelten sollte. Als die Sonne langsam über den schottischen Highlands unterging, wurde die Verhandlung geschlossen und kurz darauf wurde das Urteil verkündet: Tod durch das Beil. Stella war geschockt über die Entscheidung und auch Albus stand die Überraschung ins Gesicht geschrieben. Hagrid weinte hemmungslos und als Lucius an ihnen vorbeikam und sich über den Riesen lustig machte, verlor Stella für einen Augenblick die Fassung und schleuderte einen Fluch auf Lucius. Es war nichts lebensgefährliches, der Spruch steigerte lediglich die Testosteronproduktion. Stella lächelte bei dem Gedanken was Narzissa wohl sagen würde.
„Und, wie ist die Verhandlung gelaufen?“ Hermine, Ron und Harry hatten beschlossen, Hagrid ein wenig Gesellschaft zu leisten. An Hagrids unglücklichem Gesicht konnten sie ablesen, dass es wohl nicht gut aussah. „Die ham ihn zum T-t-t-tode verurteilt.“, schluchzte der Halbriese leise. „Aber... wir dachten... Professor Dumbledore und Professor Black...“ Hermine sah Hagrid ungläubig an. Der zuckte nur mit den Schultern. „Professor Black war super... aber Malfoy hat gespendet.“ Hagrid fing wieder an zu weinen und Hermine versuchte ihn zu trösten. „Wann wird er... nun ja... du weißt schon.“ Hagrid heulte noch einmal kurz auf und veranlaste so Hermine, Ron wütend anzufunkeln, doch dann antwortete Hagrid. „In 7 Tagen. Dumbledore un Black ham versprochn zu kommn. Tolle Menschen, tolle Menschen.“ Hagrids Stimme verlor sich im Wind, der immer stärker wurde. Die drei Freunde beschlossen, wieder ins warme, behagliche Schloss zurückzukehren. Hermine blickte auf Hagrid, doch der gab ihr mit einem Wink zu verstehen, dass er nachkommen würde. Harry sah seine Freunde besorgt an. „Glaubt ihr, er schafft das?“ Ron zuckte mit den Achseln. „Hoffen wir es.“ Harry sah noch einmal zweifelnd zurück und machte sich dann auf den Weg, seinen Freunden folgend.
Als Stella vom Abendessen in ihr Quartier zurückkehren wollte, wurde sie von einer erstaunlich sanften und kräftigen Hand hinter eine Ecke gezogen. Erst wollte sie laut aufschreien, doch Remus küsste sie sobald sie nicht mehr zu sehen war und der Gedanke, vor Schreck zu schreien, verschwand schnell aus Stellas Geist. Die beiden küssten sich eine Weile bis sie voneinander lassen mussten, um Luft zu bekommen. Remus flüsterte heiser: „Zu mir oder zu dir?“ und Stella konnte nicht anders als ihm wissend lächelnd zu folgen. Eigentlich hatte sie noch Arbeiten zu kontrollieren. Aber wie konnte man Remus braunen Augen widerstehen?
@Vivi: Also, ich bin mal davon ausgegangen, dass sie es irgendwie wussten :) und das mit Narzissa: Hermine hat es nachgelesen, Ron von seinem Dad erfahren.
@Schwarzleser: Ich weiß, dass es euch gibt - zeigt euch und reviewt, bitte!!!
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