Luna betrachtete noch einmal aufmerksam das Haus, machte eine komplette Drehung, bei der sie ihre Arme ausgestreckt hielt und ging mit einem glücklichen Lächeln auf den Lippen hinunter in die Küche. Ihr Vater und sie hatten das Haus schon vor etwa einem Monat geschmückt. Sie wollten dem Geist der Weihnacht so viel Entfaltungsmöglichkeit wie möglich gestatten. Luna hatte einige hübsche Tannenzweige so verhext, dass sie ihre Farbe wechselten und hatte Glocken dazu gebracht, Weihnachtslieder zu singen. Wenn man bedachte, dass man vom Hause der Familie Lovegood redete, sah es eigentlich ziemlich normal aus. Richtig anheimelnd und überhaupt nicht komisch.
Mistelzweige suchte man in dem kleinen Haus vergebens, da nur noch Luna und ihr Vater hier lebten. Früher, als Lunas Mutter noch da gewesen war, hatten überall Mistelzweigen gehangen. Mary Lovegood hatte diese Pflanzen geliebt und bei jeder sich bietenden Gelegenheit ihren Mann unter einen Zweig gezogen und ihn geküsst. Nachdem sie gestorben war, hatten Luna und Xenophilius beschlossen, aus Respekt vor Mary die Mistelzweige weg zu lassen.
„Dad?“, rief Luna, auf der Suche nach ihrem Vater. „Hier bin ich!“, konnte sie eine Stimme aus dem Garten ausmachen. Luna lächelte, mal wieder. Ihr Vater kümmerte sich vermutlich um die ungarischen Heilkräuter, deren wunderbare Wirkung von vielen ignoranten Menschen unterschätzt wurde. Luna wollte schon nach draußen gehen, als sie ein Klopfen vom Fenster wahrnahm. Eine kleine graue Eule, deren Gesicht vor lauter Anstrengung verzerrt war, versuchte erfolglos, durch einen kleinen Spalt an der Wand ins Haus zu gelangen. Also hüpfte sie ungeduldig auf und ab. Alles in allem war sie ein ziemlich süßer Anblick. Luna öffnete ihr das Fenster und die kleine Eule flog aufgeregt hinein. Sie flatterte ungeschickt mit ihren Flügeln, bis Luna ihr endlich etwas zu fressen gab. Die kleine Eule, die Luna als eine aus Hogwarts identifizierte, verputze die ganzen Leckereien mit erstaunlicher Schnelligkeit und verschwand dann wieder durch das Fenster. Luna sah dem kleinen Tier noch eine Weile hinterher. Sie mochte Eulen, sie bewunderte sie für ihre Sehschärfe und für ihre Sicherheit beim Finden unauffindbarer Personen. Außerdem fand sie die Eulen sehr niedlich.
Dann wandte sie sich wieder ihrer Post zu. Für einen Moment war sie besorgt – womöglich war etwas passiert? Doch ihre Angst war grundlos. Die Post, welche die kleine Eule gebracht hatte, enthielt einen Brief der Weasleys und ein kleines Päckchen von Ginny. Luna lächelte. Wie schön! Ginny hatte ihr eine Kette geschenkt, die aus kleinen Steinen mit dem Emblem von Hogwarts bestand. Daneben lag eine Karte, auf der „Fröhliche Weihnachten“ stand. In dem Brief der Weasleys stand eine Einladung zur Ordensfeier.
Luna rannte in den Garten. „Dad, wir haben eine Weihnachtseinladung bekommen – von den Weasleys.“ Xenophilius stand auf und lächelte seine Tochter mit einem warmen, aber dennoch seltsam erscheinenden Lächeln an. „Wir sollten zusagen. Die Weasleys sind eine nette Familie und soweit ich weiß sind einige ihrer Familienmitglieder deine Freunde.“ Luna nickte geistesabwesend. Es stimmte, Ron und Ginny waren ihre Freunde, wenn man von Harry und Hermine absah ihre einzigen. Sie hatte alle sehr gern, wusste aber, dass sie manchmal mit ihrer unkonventionellen Art und ihrer merkwürdigen Einstellung zur Welt etwas aneckte.
„Dad, ich setzte schon einmal Tee auf.“ „Ist gut, ich komme gleich.“ Luna ging wieder in das geschmückte, schiefe kleine Häuschen und erhitzte mit einem Schlenker ihres Zauberstabes Wasser. Dann ging sie zu einem Schrank in der Ecke und holte Plätzchen heraus, die ein wenig nach Erde schmeckten und nach Grasdünger rochen. Xenophilius hatte sie gebacken – sie sollten gegen böse Geschwüre helfen. Luna glaubte ihrem Vater, das tat sie immer, auch wenn es Leute gab, die sich darüber lustig machten. Luna hatte gelernt, dass solche Leute, wie z.B. Draco Malfoy auch keine tollen, alleswissenden Eltern hatten und so hatte sie das dumme Geschwätz einfach ignoriert. Nachdem sie den Tisch gedeckt hatte, vertreib sie sich die Zeit, bis ihr Vater hereinkam mit einem Buch. Es trug den Titel ‚Angewandte Verwandlung’. Professor Hudson, McGonnagals Nachfolgerin sowohl als Lehrerin als auch als Hausleiterin, hatte es ihr empfohlen. Luna war äußerst talentiert in diesem Fach und hatte beschlossen, es zu ihrem zukünftigen Beruf zu machen. Ron hatte dazu einen Kommentar abgegeben, der mächtig nach: „Was, Schnarchkackler in Nargel verwandeln?“ geklungen hatte, aber Hermine hatte ihre Idee gut gefunden und sie unterstützt.
„Ah, das riecht gut.“, sagte Lunas Vater, als er herein kam. An seinem seltsamen Anzug hing Erde und seine hellen Haare waren zerzaust. Alles in allem sah er mächtig cool aus – fand zumindest Luna. Ron hätte ihn vermutlich mit einer Vogelscheuche verglichen. „Fröhlichen 4. Advent, Dad“, wünschte Luna ihrem Vater, als sich dieser gesetzt hatte und umarmte ihn. Xenophilius drückte seine Tochter an sich und genoss diesen Moment der Ruhe und des Friedens. Egal, was passieren würde – er würde immer Luna haben.
@ Dolohow: Danke zurück ein zweites Mal :D
@ Duchesse: Dankeschön für den Kommi :) besser spät als nie =)
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