Mal wieder Gwendolyn D. gewidmet, einer meiner treusten Reviewer, Wunscherfüllung:
Der Himmel über Nurmengard war grau. Wie immer. Grau wie das Gefängnis, in dem einer der größten Zauberer der Geschichte saß. Zu Recht, das gestand er sich inzwischen selber ein. Der Mann, der über 40 Jahre in dem sichersten Zauberergefängnis nach Askaban saß, bereute inzwischen, was er damals getan hatte. Sicher, er war immer noch der Meinung, Muggel und Zauberer gehörten strikt getrennt, aber er wollte nicht mehr alle Muggel unterwerfen. In all den Jahren der Einsamkeit, in denen ihn höchstens Albus besucht hatte, hatte er gelernt, die Dinge aus einer anderen Perspektive zu betrachten. Er war pragmatisch geworden. Er würde nun alles glauben und jedem folgen, der ihm eine Möglichkeit aus diesem Loch bot, welches er seit 1945 Zuhause nannte. Grindelwald wusste, dass es ihm noch gut ergangen war. Hier wurde er anstatt von Dementoren von Auroren bewacht, insgesamt ging alles menschlicher zu. Dies war der letzte Gefallen, den ihm sein Freund Albus Dumbledore getan hatte, nachdem er ihn besiegt hatte.
Plötzlich hämmerte es an der Tür. Gellert zuckte zusammen. Man wurde hier zwar von Menschen bewacht, aber der Umgangston war trotzdem sehr ruppig. „Besuch!“, schrie eine Stimme, die er dem Auror Dawlish zuordnete. Er wurde hierher versetzt, aber nur für ein Jahr. Grindelwald richtete sich etwas aus seiner Liegeposition auf. Um ihn herum lagen Bücher, Federn und Pergament. Er entwickelte gerade einen neuen Zaubertrank.
Einen Augenblick später öffnete sich die schwere Tür, die Gellert Grindelwald von der Außenwelt trennte und herein trat niemand geringeres als Albus Dumbledore. Gellert musste lächeln. Ja, der weise Magier war der einzige, den er jemals seinen Freund genannt hatte. „Albus... das ist ja eine Überraschung.“ In Wirklichkeit war es keine. Albus besuchte seinen Freund jedes Jahr eine Woche vor Heiligabend, am Tag nach Beginn der Weihnachtsferien. Albus nickte Gellert freundlich zu und ließ sich dann in einer Ecke nieder. Dumbledore und Grindelwald waren einst beste Freunde gewesen, doch ihre Wege hatten sich getrennt. Albus war nie Gellerts radikaler Meinung gewesen, Muggel gehörten unterdrückt oder gar getötet. Im Gegenteil, Albus hatte sich immer für die Rechte von Nichtmagiern eingesetzt. Ihre kontroversen Vorstellungen hatten irgendwann zu einem Bruch der Freunde, die wie Brüder waren geführt, und die beiden waren getrennte Wege gegangen. Im Laufe der Jahre waren sie sich noch immer mal begegnet und Albus hatte versucht, Gellert zum Guten zu bewegen, doch der dunkle Magier ließ sich nicht von seinen Idealen abbringen. Ihre letzte Begegnung war 1945 gewesen, als Albus Dumbledore Gellert Grindelwald, seinen einstmaligen Freund, zu einem Duell herausgefordert hatte. Dumbledore hatte Grindelwald trotz des Elderstabes geschlagen. Grindelwald wanderte nach Nurmengard und die Zauberwelt atmete auf: Der dunkelste von ihnen war besiegt. Damals war Tom Riddle noch in der Schule und in der Zauberwelt war wieder Ruhe eingekehrt. Dachte man.
„Hallo, alter Freund. Ich wollte mal wieder nach dir sehen.“ Gellert sah Albus durchdringend an. „Das hatte ich gehofft. Und, unterrichtest du immer noch?“ Albus nickte und sah aus dem Fenster. Er war in Askaban gewesen und fand, dass das Gefängnis in der Nordsee viel angsteinflößender und kälter war als Nurmengard. Dafür, dass hier die dunkelsten Zauberer der Welt saßen, war es regelrecht gemütlich. Ein leiser Aufschrei von Gellert brachte Albus wieder in die Gegenwart. „Was hast du mit deiner Hand gemacht?“ Albus überlegte kurz, ob er es Grindelwald erzählen sollte, entschied sich aber letztendlich dafür. Er vertraute dem Zauberer immer noch und meinte, dass er sich gebessert hatte. Also erzählte er Grindelwald von den Horkruxen und dem Fluch, der auch dem Marvolos Ring lag. Als er fertig war, sah ihn Gellert einfach nur an. „Warum, bei allen Flüchen dieser Welt, hast du mich damals nicht einfach getötet und selbst ein Horkrux erschaffen? Es hätte deiner perfekten Seele kaum geschadet. Ehrlich gesagt bezweifle ich, dass ein Junge unsere Welt retten kann.“ Albus seufzte. Er wusste genau, warum er Grindelwald damals nicht töten konnte, aber den wahren Grund würde er seinem Freund bestimmt nicht nennen. „Ich verstoße nicht gegen Prinzipien. Ich töte nicht, wenn es sich vermeiden lässt. Und was den Jungen angeht – ich will nur, dass du Voldemort, wenn er hier auftaucht – und glaub mir, er wird auftauchen – nicht verrätst, was er wissen will.“ Albus erhob sich. „Vermutlich werden wir uns heute das letzte Mal sehen. Auf Wiedersehen, Gellert.“ Albus Augen nahmen einen sanften Ausdruck an. „Wünsch uns Glück.“ Und mit wehendem Umhang und fliegendem Bart verließ Albus Dumbledore das letzte Mal die kleine Zelle in Nurmengard, in der ein Mann saß, der einerseits sein Freund und Seelenverwandter und andererseits so viel mehr für ihn gewesen war. Er würde ihn vermissen.
@ Dolohow: ich bemüh mich :)
Wenn Du Lob, Anmerkungen, Kritik etc. über dieses Kapitel loswerden möchtest, kannst Du einen Kommentar verfassen.
Zurück zur Übersicht - Weiter zum nächsten Kapitel