Minerva McGonnagal neigte den Kopf ein wenig. Nicht so stark, dass es jemandem anderen aufgefallen wäre, aber doch so, dass sie ihr Werk besser betrachten konnte. Zufrieden lächelte sie. Vor ihr stand ein 6 Meter hoher Weihnachtsbaum, der vor lauter Lametta und Lichterketten bald zu zerbrechen schien und strahlte ihr entgegen. Dieser besagte Weihnachtsbaum stand in der Großen Halle in Hogwarts. Es war erst früh am Morgen und die meisten Schüler schliefen noch. Doch in wenigen Stunden würde der hohe Raum mit den munteren und fröhlichen Stimmen hunderter Schüler gefüllt sein. Minerva blickte durch den Raum und nickte noch einmal zufrieden. Überhaut war sie heute in bester Stimmung, auch wenn sie hundemüde war. Der Speisesaal des Schlosses sah vollkommen anders aus als nicht vor ein paar Monaten. Die kommissarische Direktorin von Hogwarts hatte als eine ihrer ersten Amtshandlungen eingeführt, dass die vier Haustische entfernt wurden und durch Achtertische ersetzt wurden, die in lockerer Ansammlung im Raum standen. Zwar gab es noch die vier Häuser und die meisten Freundeskreise stammten auch aus dem gleichen Haus, doch es war ihr nach der großen Schlacht von Hogwarts, in der so viele im gemeinsamen Kampf ihr Leben verloren hatten, einfach natürlich erschienen, die Schüler nicht mehr strickt zu trennen. Als Minerva an die Schlacht ein paar Monate zuvor dachte, verdüsterte sich ihr heute so fröhliches Gesicht. So viele waren gestorben, auf beiden Seiten, mit denen sie zur Schule gegangen war, die sie unterrichtet hatte, die ihre jetzigen Schüler gewesen waren. Sie schüttelte unwirsch den Kopf. Daran wollte sie nicht denken, sie hatte in der Stille ihres Raumes schon genug Tränen vergossen. Sie besah noch einmal ihr Werk und schlich dann in ihre privaten Gemächer. Auch wenn sie das nicht zugeben wollte, sie war ganz schön erschöpft.
Ein paar Stunden später saß sie am Lehrertisch und unterhielt sich angeregt mit Professor Slughorn. Dabei musste sie immer lächeln, als sie ihre Schüler betrachtete, die noch halb verschlafen an ihren Tischen saßen. Solche Momente erklärten ihr, warum sie Lehrerin geworden war. Als ihr Blick über die Tische glitt, blieb er für den Bruchteil einer Sekunde an einem hängen, der etwa in der Mitte des Raumes stand. Hier saßen Harry Potter, Ron Weasley und Hermine Granger. Die drei hatten beschlossen, ihr letztes Jahr nachzuholen und Minerva war ganz zufrieden damit. Einerseits waren die drei aus ihrem haus und hatten de facto die Zaubererwelt gerettet, andererseits war sei der Meinung, zumindest Potter und Weasley hätten noch einiges zu lernen, bevor man sie auf die Welt außerhalb der Schultore losließ. Der Gedanke verstärkte sich, als sie zusah, wie Weasley sein Spiegelei mit einmal in sich hineinstopfte und dann Kürbissaft hinterher trank. Was natürlich nicht klappte und er sich so furchtbar verschluckte, dass er fast den ganzen Tisch voll gespuckt hätte. Ja, auch das hatte sie vermisst und sie war froh, dass ihre drei Schützlinge wieder da waren.
Sie hatte beschlossen, dass jeder Schüler dieses Jahr ein Weihnachtsgeschenk bekommen würde und zwar von einem anderen Schüler. Minerva war diese Idee eines Tages in der Freistunde gekommen und sie fand sie ganz wunderbar. Sie zweifelte an sich, ob sie nicht langsam wie Albus wurde. Die Kombinationen lagen bereits in ihrem Schrank. Diese waren nur durch den Zufall bestimmt wurden. Pikant war, dass Draco Malfoy Ron Weasley etwas schenken musste. Minerva war zwar noch nicht ganz sicher, wie sie das dem Malfoy-Sprössling klar machen sollte, doch sie würde schon irgendeine Gelegenheit finden. Denn auch Draco hatte sein siebtes Jahr noch einmal begonnen. Zwar hatten er und seine Familie in den Konflikten zwischen gut und böse eine nicht kleine Rolle gespielt, doch sie waren geläutert und damit gab es keinen Grund, Draco das Schulrecht zu verwehren. Überhaupt waren viele ehemalige Todesser zur guten Seite übergetreten. Mit viel Veritas Serum hatte man auch herausgefunden, wer es ernst meinte. Es waren ziemlich viele gewesen.
Nach dem Frühstück hatte Minerva Unterricht und kümmerte sich dann um Geschenke für ihre Familie. Sie hatte nur noch eine Schwester, die die Zauberuniversität in Glasgow leitete. Mit ihr würde sie sich am 26. Dezember treffen. Am eigentlichen Weihnachtsfeiertag traf sich der Orden und auch darauf freute sie sich. Zwar waren sie durch die Schlacht dezimiert wurden, doch es würde trotzdem eine fröhliche Runde werden.
Das brachte Minerva zu einem Problem, was sie in den letzten Wochen erfolgreich verdrängt hatte: Geschenke. Für ihre Schwester hatte sie schon etwas, aber was war mit den anderen? Also ging sie in die Winkelgasse. Sie erstand einige nette Sachen, einen Pullover für Horrace, ein paar Bücher für Filius und eine immerblühende Pflanze für Pomona. Kingsley würde einen schicken Mantel bekommen, George Weasley kaufte sie eine Zahnbürste, die die Zähne bunt färbte. Sie hoffte, der Junge kannte einen derartigen Scherzartikel noch nicht. Wobei sie sich keine großen Hoffnungen machte – George und sein verstorbener Bruder kannten so ziemlich alles, was andere Leute ärgerte. Am längsten suchte Minerva etwas, was sie Hagrid schenken könnte. Der Riese war ein mit ihr zur Schule gegangen und die beiden pflegten eine sehr enge, wenn auch kaum bekannte Freundschaft. Schließlich fand sie einen wunderbaren Tee und kaufte auch diesen. Zufrieden – wie so oft in letzter Zeit – machte sie sich auf den Weg nach Hause. Auch ihre Räume mussten noch geschmückt werden – und es waren nur noch 20 Tage bis Heiligabend.
@ Gwendolyn: Danke für deinen Kommi :D
@ Dolohow: Auch danke für den Kommi und die Komplimente :)
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