Es ist von großem Vorteil, die Fehler, aus denen man lernen kann, recht frühzeitig zu machen.[/center]
Nicklas schluckte laut, und als wäre das der Pistolenschuss, begann überall im Saal das Getuschel.
James stand auf einmal neben mir, legte mir tröstend den Arm um die Schulter, Lysander tätschelte meine Schulter. Nicklas wich ein paar Schritte zurück, ich glaubte Tränen in seinen Augen zu erkennen.
„Du lügst.“ flüsterte er heiser, „Du willst mich loswerden, stimmst?“
Ich wusste nicht wieso, aber Rania trat zu ihm heran und streichelte seinen Arm.
Nicklas wandte sich ihr sich erstaunt zu.
„Sie ist es nicht wert, Nicklas. Es gibt Menschen, die dich wirklich lieben, und dir keine Lügen auftischen.“ Rania warf mit einen bitterbösen Blick zu.
„Was soll das heißen, Rania?“
„Spürst du das nicht? Diese Magie,“ sie atmete laut ein, „die uns verbindet?“
„Ehm … nicht direkt.“
„Atme ein, siehe in meine Augen, blicke auf meine Seele!“ Die letzten Worte sprach sie in einer sehr mystischen Stimme. Die Anspannung von eben verflog, ich hörte vereinzeltes Kichern.
„Also, Rania, ehm, ich war im Seelenleser nie so der Meister und ich -“
„Schh, Nicklas. Sag's, wenn wir allein sein.“ Rania drückte ihm ihren Finger an die Lippen.
Nicklas sah leicht verzweifelt aus, und als Rania immer näher kam, wurde er leicht panisch. Er trat ein paar Schritte zurück, Rania folgte ihm, er stolperte und krallte sich ins Sofa. Ich überlegte, ob ich Rania einen guten Psychologen empfehlen sollte, da fand Nicklas seine Stimme wieder. Er griff nach ihren Handgelenken und hielt sie fest.
„Rania, also, ich weiß nicht was du dir da zusammenreimst, aber ich empfinde nichts für dich. Ich liebe Ginger, ich habe sie immer geliebt.“
Er warf mir einen todtraurigen Blick zu.
„Diese Gruppe hier war meine Idee, weil ich sie beschützen wollte. Ich weiß, das ich schnell eifersüchtig werde, und, wenn es um sie geht, auch mal handgreiflich werde, aber -“ er drehte den Ring in den Fingern, „ich habe sie immer geliebt.“
Die Geräusche verstummten wieder. Auch ich war auch eine seltsame Art und Weise ergriffen von seinen Worten, und fast wollte ich die Trennung wieder rückgängig machen. Nicklas räusperte sich unbehaglich.
„Also gut,“ als er sprach, klang seine Stimme furchtbar alt, „wenn es so sein soll. Ginger, ich glaube dir nicht, so oder so. Weil, meine Gefühle sich nicht geändert haben und es auch nicht werden. Aber nun gut ...“ er kam auf mich zu und legte mir den Ring wieder in die Hand. „Behalte ihn. Als Erinnerung und vielleicht, eines Tages, weißt du wieder das du mich mal geliebt hast.“ Dann schloss er mich in seine Arme und ich umarmte ihn auch. Ich wusste, das dies unsere letzte Berührung sein würde.
Und in diesem Moment drehte sich mein Herz um. Ich hatte mir in der letzten Zeit nichts unterschwelliger gewünscht, als die Beziehung mit Nicklas zu beenden, und jetzt, wo es endgültig vorbei war, fühlte ich mich schlechter denn je.
Nicklas ließ mich los, sah mir in die Augen und dann - drehte er sich um und ging. Alle Blicke schwankten zwischen uns hin und her. Im Türrahmen blieb er dann noch einmal stehen. Er ließ seinen Blick über die Menge schweifen und blieb an mir hängen.
„Ach, und Bambi?“ Mein Atem stockte. „Ich habe nicht gelogen. Du wirklich das schönste Mädchen das ich je kennenlernen durfte. Danke.“ Und dann war er weg. Er hatte sich noch nicht mal einen Anstecker mitgenommen.
Es stimmte also doch, was Ana mal gesagt hatte. Wenn man einen Menschen wirklich liebt, tut die Trennung weh, obwohl die Liebe vorbei ist. Vermutlich kann man gar nichts dagegen tun. Manche kommen, andere gehen. Freunde bleiben. Rania stolzierte auf mich zu. „Ginger,“ sie machte eine Kunstpause, und ich sah, wie sie überlegte. Und ich wartete. Und wartete. „Ehm, ja?“ Sie schnaubte nur kurz, dann lief sie Nicklas hinterher.
Es war still, ich konnte die Tür ins Schloss fallen hören, keiner sagte ein Wort. Es war, als hätte Nicklas ihnen die Sprache verschlagen, keiner traute sich einen Ton zu sagen.
Ich drehte mich um, spürte, wie die Tränen über meine Wangen rannen. Ana kam auf mich zu. Sie nahm mich an der Hand und zog mich mit die Treppe hinauf in mein Zimmer.
Ich betrat den Raum und das erste was ich sah, war mein Spiegelbild. Da stand ich, in dem Kleidchen und heulte. Langsam schlichen sich schwarze Tränen hinunter zu meinen Mund. Ich spürte wie der Ring kalt gegen meine Hand drückte.
Ana betrachtete mich kurz mit einem fachmännischen Blick, dann nahm sie mir den Ring ab, legte ihn auf den Nachttisch und griff nach den Feuchtigkeitstüchern.
Wortlos nahm ich auf dem Stuhl Platz, und redete von meinen Gefühlen, von den Gedanken die mir gerade durch den Kopf geschossen waren, von Nicklas, von James, von dem Tanz mit Lysander.
Und sie hörte zu. Unterbrach mich nicht, während sie versuchte meinen Tränenstrom zu versiegen und um mein Gesicht in den vorherigen Zustand zurück zu verwandeln. Sie schaffte es. Irgendwann kamen keine Tränen mehr, und auch die Traurigkeit schien gelindert zu sein. Ana streckte mir ihre Hand entgegen.
„Süße, es war das Richtige. Und das weißt du. Du bist wirklich wunderschön, komm nach unten, wir kippen ein paar Whiskey, tanzen. Und dann beginnt das neue Jahr, und für dich eine neue Zeit. Ohne Nicklas. Mit uns.“
Also gut. Ab ins Nightlife.
Als wir nach unter ankamen, war die Party schon wieder in vollem Gange. Die Tanzfläche war nach draußen verlegt worden, die Musik war super. Ich sah Anne und Laurenzo, kichernd hockten sie sehr nahe beieinander. Sean und Evan lallten am Tresen Lieder, beaufsichtigt von Ted. James, Lars, Lorcan und Lysander spielten ein Trinkspiel, ich kannte es nicht. Ana zog mich mit zum Tresen und bestellte zwei Goldlackwasser.
„Auf das neue Jahr!“ prostete sie mir zu. Es schmeckte fürchterlich. Felix Bennet, bereits leicht angetrunken, gesellte sich zu uns, und aus einem Goldlackwasser wurden mehrere Feuerwishkey.
Danach tanzten wir. Ich tanzte mir Felix, Lars - ich wusste nicht genau warum, mit Lorcan, mit James, mit Lysander, mit James, ich versuchte es bei Sean - funktionierte nicht, versuchte es bei Evan - funktionierte nicht lange, mit Lysander, mit Louis.
Es wurde schnell elf, und dann schnell fünf vor zwölf. Die Partygemeinschaft versammelte sich draußen. Ted, als einziger nicht mal angetrunken, wusste nicht, wie er das geschafft hatte, stellte die Raketen auf.
Zwei Minuten vor zwölf. Ich sah Anne und Laurenzo. Mal wieder ein Pärchen. Jenny und Felix.
Alles drehte sich irgendwie. Ich suchte auch nach einem Partner, ich sah James mit Lena - was zum Teufel … ?, Lars und Rose … Ana und Lorcan kamen zu mir herüber, Lysander bei Fuß.
„Komm schon Chica, such dir einen Jungen! Mirà , wie wäre es denn mit Lysander?“
„Wenn er mag?“
„Klar, gerne.“
Lysander legte mir sachte den Arm um die Schultern.
ZEHN!
Lysander sah mich an.
NEUN!
Ich stellte fest, dass er blaue Augen hatte. War mir gar nicht aufgefallen.
ACHT!
Er drückte mich immer näher an sich.
SIEBEN!
Mein ganzer Frust keimte in mir hoch.
SECHS!
Ich zog Lysander's verwirrtes Gesicht zu mir heran.
FÜNF!
Ich wollte ihn küssen. Er wehrte mich ab.
VIER!
„Ginger, du bist betrunken. Du würdest es bereuen.“
DREI!
„Nein!“ lallte ich äußerst überzeugend.
ZWEI!
Ich nutze seine kurze Phase der Schwäche, zog ihn herunter und küsste ihn mit allem drum und dran.
EINS!
Er befreite sich und sah mich aus lustgeweiteten Augen an.
NULL!
Die Raketen legten los. Und ohne das die anderen es mitbekamen, zog ich den immer noch leicht widerwilligen Lysander auf mein Zimmer.
Auf der ersten Treppe küssten wir uns wild. Auf der zweiten überlegte ich, ob mein Vorhaben wirklich nur Grund der Trennung, Wut, Trauer und Alkohol war.
Definitiv, dachte ich vor meiner Zimmertür.
Und als Lysander mich sanft auf mein Bett legte dachte ich nur noch - Was soll's. Morgen werde ich es eh bereuen.
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