von Bridge2TheSky
Kapitel 32: Secret Lovers
„Ich weiß es.“
Draco rührte sich nicht von der Stelle. Er hatte den Drang, sich sofort umzudrehen und zu verschwinden, aber das wäre feige. Feige, und spätestens jetzt war er seinem Freund eine Erklärung schuldig. Er spürte, wie heiß sein Gesicht wurde, welches Blaise mit seinem Blick regelrecht zu durchbohren schien. Diesmal gab es keine Ausreden. Nach einer Weile, die in Wirklichkeit sicher bloß wenige Sekunden dauerte, senkte Draco schließlich seinen Blick und ging zurück zu Blaise. Schweigend nahm er auf dem Ledersessel, über welchen er soeben sein Jackett geworfen hatte, Platz und schaute wieder zu Blaise auf. „Tja … Was soll ich sagen?“
„Mittlerweile gibt es ja nicht mehr viel zu sagen, oder?“, entgegnete er und ließ sich nun ebenfalls in einen Sessel sinken. Trotz seiner Aussage blickte er Draco erwartungsvoll mit hochgezogener Augenbraue an.
Draco biss sich auf die Lippen und wandte immer wieder für einen kurzen Moment seinen Blick ab. „Ich … Was … Wo soll ich anfangen?“
„Kommt drauf an, was du mir sagen willst“, meinte Blaise trocken.
„Willst du vielleicht wissen, wie … wie lange schon?!“ Draco war verärgert. Darüber, dass er sich selbst in solch eine Situation gebracht hatte.
Blaise seufzte leise. „Komm schon, ich bin nicht blöd. Ich kann schon eins und eins zusammenzählen, weißt du.“ Daraufhin schwieg Draco. Als er nach einigen Augenblicken immer noch nichts sagte, ergriff Blaise wieder das Wort. „Was hast du geglaubt, was du von mir hören würdest? Aizawa ist ein Halbblut? Aizawa ist keine Slytherin?!“
„Nein, ich …“
„Das einzige, was ich gesagt hätte – und was ich auch jetzt noch denke – ist, dass sie vor nicht allzu langer Zeit dich und somit uns alle für Idioten gehalten hat“, unterbrach Blaise ihn und wurde dabei ein wenig lauter.
„Hat sie nicht“, entgegnete Draco. „Und selbst wenn, ihre Meinung kann sich ja geändert haben.“
„Über dich vielleicht“, meinte Blaise. „Aber, meine Güte. Das ist mir doch egal, was sie von uns hält. Aizawa ist mir egal. Und das hättest du wissen sollen. Warum also hast du solche Spielchen gespielt? Warum hast du mir nichts gesagt?!“
Draco hielt inne. Das war es also. Schuldbewusst erwiderte er seinen Blick, der nun nicht mehr wütend oder entsetzt, sondern vielmehr enttäuscht wirkte. „Man, ich … Ich wusste doch selbst nicht, was abgeht, okay?“
„In den ersten Wochen vielleicht, aber Draco, ich bitte dich! Das läuft doch nun schon über ein halbes Jahr!“
„Ich weiß.“ Draco lehnte sich seufzend zurück. Er hätte es die ganze Zeit wissen müssen. Es war Blaise – nicht Crabbe, Goyle oder sogar Pansy, sondern Blaise. Ihn hätte er doch einweihen können. Aber nein, es war ja schon genug, vor Mio persönlich zuzugeben, dass da … mehr war. – So ein Schwachsinn. Aber da war noch was … „Weißt du, ich hatte … ich habe auch einfach Angst, dass …“
„… dein Vater es erfährt?“
Einige Augenblicke lang herrschte nun angespannte Stille. Lediglich das entfernte Knistern des Feuers im Kamin war zu hören, der sich am anderen Ende des Raumes befand.
Schließlich brach Blaise das Schweigen mit ruhiger Stimme. „Du glaubst doch nicht ernsthaft, er hätte es von mir erfahren?“
Draco wich seinem Blick aus und schüttelte langsam den Kopf. „Natürlich nicht. Nur, weißt du wie lange es gedauert hat, bis ich selbst wusste, was ich eigentlich will?“ Er seufzte leise. „So richtig kapiert habe ich das erst vor ein paar Stunden.“
„Als du Pansy stehen gelassen hast“, fügte Blaise hinzu, und Draco nickte.
„Ich wollte auch nicht, dass sie oder Crabbe und Goyle was davon mitbekommen“, sagte er leise.
Nun musste Blaise unwillkürlich lachen. „Befürchtest du etwa, Pansy kratzt dir die Augen aus und Crabbe und Goyle machen sich über dich lustig?“
„Schwachsinn“, zischte Draco und schüttelte den Kopf. Als Blaise nicht aufhörte zu lachen, musste er jedoch selbst leicht grinsen – natürlich würden es Crabbe und Goyle nie wagen, sich über Draco lustig zu machen, und Pansy vergötterte ihn viel zu sehr als ihm auch nur ein Haar zu krümmen. „Woher weißt du es überhaupt?“, fragte er, als sie sich wieder etwas beruhigt hatten und ihr Lachen langsam verstummte.
Blaise blickte ihn skeptisch an und hob eine Augenbraue in die Höhe. „Du hast wohl gar nicht bemerkt, dass ich es war, den du angerempelt hast, als du wie von Peeves gejagt aus der Großen Halle gestürmt bist, oder?“
Draco klappte der Mund auf. „Aber … Sonst hat doch keiner … Oder?“
Sein Freund schüttelte seufzend den Kopf. „Nein. Ich war der Einzige, der dir gefolgt ist.“
Draco schloss erleichtert seine Augen und nickte.
„Wie ist sie denn so?“, fragte Blaise nach einer Weile.
Überrascht schaute Draco zu ihm und hob beide Augenbrauen in die Höhe.
„Was?“ Blaise zuckte mit den Achseln. „Jetzt darf ich ja wohl wenigstens ein paar Einzelheiten verlangen, oder?“
Draco zögerte kurz – doch kaum begann er, seinem besten Freund etwas von Mio zu erzählen, schien die Nacht kein Ende mehr zu nehmen. Und ihm wurde bewusst, wie gut es doch tat, einen Freund an seiner Seite zu haben, dem man solche Dinge erzählen konnte – vielleicht wäre ihm so schon viel früher bewusst geworden, dass er sich verdammt nochmal so richtig in Mio verliebt hatte.
„Was zum … Jetzt hast du schon endlich, was du willst, und ziehst immer noch so ein Gesicht.“ Mit diesen Worten wurde Mio am nächsten Morgen von ihrer Freundin Padma begrüßt, die gerade den Gemeinschaftsraum betrat und zu ihr rüber ging. Seufzend nahm sie neben ihr auf dem Sofa Platz und lehnte sich zurück – fragend hob sie eine
Mio schaute schuldbewusst zu ihr auf und grinste schief. „Es ist nur … Hast du eine Ahnung, was aus Bojan wurde?“
„Oh, das habe ich dir ja noch gar nicht erzählt“, bemerkte Padma nun, und Mio blickte sie leicht irritiert an. „Er hat anscheinend nach dir gesucht – jedenfalls sah ich kurz, wie er sich umschaute, aber kurz danach tanzte er mit einer Beauxbatons.“
Mio nickte erleichtert. „Gut, dann haben wir ja nur ein Herz gebrochen.“
Nun war es Padma, die sie irritiert anstarrte.
Mio bemühte sich, ein ernstes Gesicht zu bewahren, als sie fortfuhr: „Pansy Parkinson.“
Padma weitete ungläubig ihre Augen. „Sag jetzt nicht, dass sie dir Leid tut.“
Nun konnte Mio das Grinsen auf ihren Lippen nicht mehr zurückhalten. Eifrig schüttelte sie den Kopf. „Absolut nicht.“
Erleichtert atmete Padma durch und lachte. „Ich dachte schon …!“
Mio fiel ins Lachen mit ein, woraufhin sie beide einige verwirrte Blicke ihrer Mitschüler ernteten.
„Darf man mitlachen?“, erklang dann auf einmal die Stimme von Terry, der gerade aus der Tür trat, die zu den Jungen-Schlafräumen führte.
„Das musst du Mio fragen“, antwortete Padma.
Mio verstummte langsam und wich Terrys Blick aus, während sie Padma einen unauffälligen Seitenhieb verpasste. Nachdem Terry sie einen Moment lang fragend anschaute, fragte sie ihn beiläufig: „Wie war’s denn gestern noch?“
„Oh, hat Padma dir das nicht erzählt?“, begann Terry und warf sich in einen Sessel den beiden gegenüber. Er erzählte, was er alles auf dem Weihnachtsball erlebte – von den misslungenen Tänzen mit Mandy bis zu dem Pudding, den Neville gegessen hatte und der von den Slytherins anscheinend mit einem Plappertrank vergiftet wurde, woraufhin sich Neville so ziemlich blamierte. Man konnte nur hoffen, dass er sich heute nicht mehr an das erinnerte, was er allen Umstehenden vollster Begeisterung erzählt hatte.
„Wo warst du eigentlich auf einmal?“, fragte Terry schließlich an Mio gewandt.
Mio blinzelte. „Ich …? Äh, ich … war auf einmal so müde, dass ich hoch ins Bett bin. Tut mir Leid, dass ich euch nicht Bescheid gesagt habe“, schwindelte sie.
„Oh, ach, kein Ding“, meinte er und zuckte mit den Achseln. „Aber schade, es war, wie gesagt, noch ganz lustig. Abgesehen von der Sache mit Neville … Ich bete, dass wir nächstes Jahr im Quidditch gegen Slytherin gewinnen. Diese Mistkerle.“
Mio biss sich auf die Lippen, nickte aber. „Mhm.“
„Naja.“ Terry erhob sich und klopfte seine Klamotten gerade. „Ich werd mich dann mal an die Hausaufgaben setzen.“ Er wandte sich ab und verschwand wieder nach oben.
„Wir gehen aber erstmal frühstücken, oder?“, meinte Mio und stand ebenfalls auf.
Padma nickte sofort. „Nichts lieber als das.“
Gemeinsam verließen sie den Ravenclaw-Turm.
„Wann, meinst du, kommt es raus?“, fragte Padma leise, als sie die Wendeltreppe hinunterstiegen.
„Ich weiß nicht“, murmelte Mio. „Kommt drauf an, wie er dazu steht. Mir wäre es lieber, wir würden es erst einmal … für uns behalten, aber andererseits will ich nicht ständig lügen müssen.“
„Klar“, nickte Padma und seufzte leise. „Naja … ich würde aber auch vorschlagen, ihr … nehmt lieber euch erstmal etwas Zeit, bevor ihr es offiziell macht.“
Das schien vernünftig. Aber Mio war sich nicht sicher, ob sie das bereits beim nächsten Treffen mit Ma-… mit Draco ansprechen sollte. Sie befürchtete manchmal, das alles wäre gar nicht real, sondern bloß eine Illusion. Dass Draco sie jedoch nur hinters Licht führte, glaubte sie schon lange nicht mehr. Mio lächelte in sich hinein. Und eine Illusion war es auch nicht – dafür fühlte es sich viel zu echt an. Und schön dazu. Ihr Lächeln wurde breiter, als Padma plötzlich stehen blieb. Verwundert blieb nun auch Mio stehen und wandte sich zu ihrer Freundin um. „Was ist los?“
Padma hielt ihren Blick in den Gang gerichtet, ehe sie leicht schmunzelnd ihren Blick erwiderte. „Wir … sehen uns dann unten.“ Ohne ein weiteres Wort bog sie ab und nahm einen Umweg zum Treppenhaus.
„Wa-“ Völlig irritiert blickte Mio ihr hinterher, und als sie nun ebenfalls in den Gang vor ihr blickte, wurde ihr die Sache klar.
Mit den Händen in den Hosentaschen und einem Blick, der beinahe so locker war, dass er fast schon abweisend wirkte, kam Draco Malfoy lässig auf sie zu. Erst als er vor ihr zum Stehen kam, schmunzelte er leicht.
Mio spürte, wie sie so nervös wurde, dass ihre Knie kurz davor waren, nachzugeben. Aber sie riss sich zusammen und schluckte. „Morgen.“
„Morgen“, entgegnete er und warf nun einen kurzen Blick in die Richtung, in die Padma soeben verschwand. „Sie weiß es?“
„Ja“, antwortete sie nach kurzem Zögern. „Sie hat uns gestern gesehen.“
Er runzelte leicht die Stirn.
„Am … am Fenster“, fügte sie hinzu. „Oben, im … Ravenclaw-Turm … Man kann die Brücke sehen.“ Bevor sie noch mehr sagen konnte, packte er sie plötzlich und zog sie aus dem Gang in eine kleine Nische. „Was- …?!“ Erschrocken schaute sie zu ihm auf – er war ihr ziemlich nahe. Wollte er etwa …
„Blaise weiß es auch“, sagte er plötzlich.
Mio hielt inne und starrte ihn an. „Blaise?“
Draco nickte. „Blaise Zabini. Ein Freund von mir, Slytherin. Du kennst ihn nicht?“
Mio dämmerte es langsam. „Ah … doch, doch … ich kenne ihn.“
„Gut. Naja … er hat uns auch gesehen“, fuhr er leise fort.
Sie weitete für einen kurzen Moment ihre Augen und errötete leicht. „Sonst noch wer?“, murmelte sie leise. Bei Padma war es ja kein Problem, aber dass ihr jemand wie Blaise Zabini beim Küssen zuschaute, war das schon etwas … unangenehm. Zumindest wenn es sich um den ersten Kuss handelte, und es war eben einfach kein Kuss für die Öffentlichkeit, und … ja.
„Nein, ich hoffe nicht“, entgegnete Draco. „Also Blaise war auf jeden Fall alleine. Ich weiß ja nicht, wie es mit deiner Freundin aussieht“, fügte er skeptisch hinzu.
„Padma war auch alleine“, sagte Mio sofort. „Und … hätte sie es nicht gesehen, wüsste sie es spätestens heute.“
Draco schien kurz etwas verblüfft. „Hast du ihr schon alles erzählt oder was?“
Mio runzelte leicht die Stirn. „Ja.“ Hatte er damit etwa ein Problem? Mio wollte die Sache zwar auch geheim halten, aber Padma war ihre beste Freundin, also … sollte Draco damit tatsächlich ein Problem haben, würde es schwierig werden.
Zu ihrer Erleichterung jedoch reagierte er anders als erwartet. „Ich wünschte, ich hätte Blaise auch schon früher eingeweiht.“
„Warum?“, fragte Mio überrascht. „Also ich meine – wusste er gar nichts?“
„Nein.“ Draco schüttelte den Kopf. „Ich habs niemandem erzählt. Ich wollte damit noch warten.“ Er zuckte leicht mit den Achseln. „Wahrscheinlich hätte ich es heute getan. Aber egal – also wissen es Blaise und …“
„Padma“, ergänzte sie, als er sie fragend anblickte.
„Padma. Blaise und Padma. Gut, mehr sollten es nicht sein“, murmelte er.
Mio atmete erleichtert durch. Er war derselben Ansicht wie sie – und sie hatte das Thema nicht ansprechen müssen. Zufrieden nickte sie. „Sehe ich genauso.“
„Gut.“ Er lächelte. „Wolltest du runter zum Frühstück?“
Sie nickte. „Ja – aber … wäre es nicht etwas komisch, wenn wir zusammen runter gehen?“
„Deswegen ja“, nickte er. „Geh du vor. Auf mich wartet niemand.“
Mio musste unwillkürlich schmunzeln. „Du kannst ja sogar freundlich sein.“
Draco hob eine Augenbraue in die Höhe. „Wann war ich zu dir jemals unfreundlich?“
Sie lachte leise. „Gut, ich gehe dann.“ Sie wandte sich ab, doch …
„Warte!“ Sofort zog er sie zu sich zurück. „Du hast was vergessen.“
Erschrocken und überrascht zugleich schaute sie zu ihm auf. „Was denn …?“
Draco verdrehte seine Augen und schüttelte seufzend den Kopf, ehe er ihr einen sanften Kuss auf die Stirn gab.
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