von Bridge2TheSky
Nicht schon wieder.
„Hey, Longbottom! Hast es mal wieder geschafft, den halben Kerker in die Luft zu sprengen, was, du Squib?“
Spöttisches Gelächter erfüllte die Eingangshalle. Neville Longbottom eilte mit gesenktem Blick und errötenden Wangen an der Gruppe Slytherins, die ihm lachend hinterher blickten und sich weiterhin über ihn lustig machten, vorbei in die Große Halle.
Mio, die ebenfalls auf dem Weg in die Halle war, warf den Slytherins einen abfälligen Blick zu – jedoch nur für einen kurzen Augenblick, denn sie wollte keineswegs auch noch den Spott dieser ihr eher geächteten Mitschüler auf sich ziehen. Also ging sie schnellen Schrittes an ihnen vorbei und wurde von ihnen, wie immer, nicht wahr genommen. Und das war auch gut so …
Es kam ziemlich oft vor, dass Mio mitbekam, wie jemand aus Gryffindor oder Hufflepuff von den Slytherins aufgezogen wurde. Vor allem aber wurden Neville Longbottom und die Weasleys verspottet – Neville, weil er sich leider desöfteren blamierte, was seine Zauberkünste betraf, und die Weasleys wegen ihrer Armut. Und dann war da natürlich noch Harry Potter, der jedoch konnte – wie auch die Weasley-Brüder – recht gut kontern oder aber auch auf stumm schalten.
Mio befand sich in Harrys Jahrgang, hatte mit ihm aber nicht allzu viel zu tun. Sie war auch nicht im selben Haus wie er – sie war ein Ravenclaw, und was die Sache mit den Slytherins betraf, war das ihr großes Glück. Selten spotteten die Slytherins über Ravenclaw, somit war das schonmal kein Grund, dass sie sich eines Tages Mio als Opfer aussuchen würden. Sie gab sich alle Mühe, nicht groß aufzufallen, damit sie bloß von ihnen in Ruhe gelassen würde und ihre Zeit in Hogwarts genießen konnte – wobei das ja auch alle anderen taten, selbst wenn sie jeden Tag damit rechnen mussten, dumm angemacht zu werden.
Seufzend ließ sich Mio am Ravenclaw-Tisch nieder und griff nach dem bereits gefüllten Becher Kürbissaft, um einen großen Schluck daraus zu nehmen – an dem sie sich prompt verschluckte, als eine Stimme hinter ihr ertönte.
„Da bist du ja! Wieso hast du denn nicht auf mich gewartet?“ Ihre Freundin Padma Patil setzte sich auf den freien Platz neben ihr und nahm sich einen Löffel, um sich über den Haferbrei herzumachen der just in diesem Moment vor ihr auf dem Tisch erschien.
Mio hustete und warf ihr dann einen leicht verärgerten Blick zu. „Du warst doch gar nicht mehr im Turm. Jedenfalls habe ich dich nicht gesehen.“
„Nein, ich war im Gang draußen und habe mich mit Parvati unterhalten“, entgegnete sie. „Wir haben auf dich und Lavender gewartet.“
„Dann haben wir uns anscheinend verpasst“, murmelte Mio und widmete sich nun ebenfalls einer Schüssel Haferbrei.
Padma legte ihren Löffel beiseite und wandte sich nun mit leicht gerunzelter Stirn zu ihr. „Was ist eigentlich mit dir los?! Du klingst total komisch.“
„Gar nichts.“ Einen Moment herrschte Stille zwischen den beiden, dann seufzte Mio und blickte nun ebenfalls zu ihr. „Sie haben sich über Neville lustig gemacht.“
Padmas besorgter Blick verfinsterte sich kurz, doch dann zuckte sie mit den Achseln. „Das ist doch nichts Neues mehr … Er kommt schon damit klar.“
„Sie haben ihn Squib genannt.“
„Und wenn schon. Seine Freunde werden ihn schon wieder aufmuntern“, meinte Padma und setzte ein zuversichtliches Lächeln auf. „Oder geh du ihn doch aufmuntern.“
„Darum geht es doch gar nicht“, entgegnete Mio und seufzte abermals. „Ich kann nur einfach nicht verstehen, wie jemand so … gefühllos sein kann. Hast du jemals einen Slytherin gesehen, der gelächelt hat?“
„Ähm, also …“
„Eben. Ich auch nicht.“ Mio schüttelte langsam den Kopf. „Ist auch egal. Ich bin froh, dass wenigstens wir in Ruhe gelassen werden … Versprich mir, dass du nie deren Aufmerksamkeit erregen wirst!“
Padma blinzelte überrascht aufgrund dem ernsten Tonfall in Mios Stimme. Dann grinste sie jedoch. „Keine Sorge, das überlasse ich meiner Schwester. Die hat im Gegenteil zu uns nämlich keine Angst, sich mit denen anzulegen.“
Mio erwiderte ihr Lächeln leicht. „Ich habe keine Angst, aber die Vorstellung, ständig von einem Slytherin angemacht zu werden, passt mir gar nicht. Außerdem – im Moment gibt es Wichtigeres, Lernen zum Beispiel.“
Padma musste abermals grinsen, und Mio wusste genau, wieso. Sie nahmen sich so oft vor, zusammen zu lernen, aber daraus wurde irgendwie nie was. So langsam sollten sie sich aber wirklich reinhängen – sie befanden sich im 3. Schuljahr, und langsam nahm der Unterrichtsstoff an Niveau zu …
Genau. Das war wichtig.
Mio lächelte nun und atmete tief durch – doch kaum wollte sie weiter in Ruhe frühstücken, wurde sie erneut durch eine unangenehme Bemerkung, die vom Hallen-Eingang kam, davon abgehalten.
„Na, Potter? Warum so blass? Bist du wieder in Ohnmacht gefallen?“
Ein blonder Slytherin gab zum gefühlten hundertsten Mal seine Vorstellung zum Besten, wie Harry ihn Ohnmacht fällt. Unglaublich, dass er dafür immer noch großen Beifall seiner beiden klobigen Kumpels bekam, sowie auch von anderen Slytherins, sofern sie anwesend waren. Und leider waren sie das in diesem Moment. Harry ließ sich davon jedoch nicht beeindrucken und ging mit seinen Freunden Ron und Hermine hinüber zum Gryffindor-Tisch.
Mio verzog das Gesicht.
Draco Malfoy.
In ihrem Jahrgang war er definitiv der Schlimmste aller Slytherins. Er war es, der bei jeder Gelegenheit über seine Mitschüler – vor allem über Harry – spottete. Er war es, der wahrscheinlich schon mit diesem arroganten Blick und heimtückischem Grinsen in der Wiege gelegen hatte. Er war es, der nur eine große Klappe hatte, wenn er seine beiden Leibwächter alias Crabbe und Goyle im Schlepptau hatte.
Er war es, den Mio auf den Tod nicht ausstehen konnte.
Und das würde sich auch niemals ändern.
Ganz sicher nicht!
Oder? …
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