von Pensively
Kapitel 22 – Durchnässte Kleidung
„Nun zu Ihnen, McLaggen!“, zischte Snape und bäumte sich bedrohlich vor Cormac auf. Dieser stolperte nach hinten und krachte gegen einen Stuhl. Mit dem Stuhl zusammen fiel er zu Boden.
„Was haben Sie mit Granger gemacht?!“, fuhr Snape ihn an. „Ich … Ich - “ „Stehen Sie gefälligst auf, wenn ich mit Ihnen spreche!“, bellte der Meister der Zaubertränke, packte den am Boden liegenden Cormac unsanft am Kragen und zog ihn hoch. „Und jetzt setzen sie sich auf diesen Stuhl!“, verkündete Snape und tat beinahe so als wäre es ein elektrischer, wie ihn manche Muggel bei Hinrichtungen verwendeten.
Cormac gehorchte sofort. Snape beugte sich zu ihm herunter. Seine Hände umgriffen die Armlehnen zur beiden Seiten seines Opfers. Seine Nase berührte beinahe die des jungen Mannes. „Ich wiederhole mich ungern, McLaggen! Was haben Sie mit Granger gemacht?!“ Unwillkürlich wagte er einen Blick an Snape vorbei auf die schlafende Hermine, die weiter hinten im Raum auf einem Sofa lag. „Wagen – Sie – es – nicht!“, zischte Snape leise. „Antwort!“ „Es ist harmlos, wirklich, Sir!“ „Harmlos?“ Snape lachte laut auf. „Ich bitte Sie! Gucken Sie sich Granger doch an! Die riecht als wäre sie in ein Fass Feuerwhiskey gefallen!“ „Sie … Sie ist in eine Bedienung - “ „Sagen Sie mir, was Sie ihr ins Glas geschüttet haben!“ „Sir, ich - “ „SOFORT!“ Mit zitternder Hand griff Cormac in die Tasche seines Jacketts. Zum Vorschein kam eine Phiole mit einem Rest dunkelblauer, klarer Flüssigkeit. Ohne den Blick von Cormacs Gesicht abzuwenden, griff Snape danach. „Das wird ein Nachspiel haben, verlassen Sie sich drauf! Und jetzt raus!“ Snape ließ von Cormac ab und dieser hechtete aus dem Raum. Angewidert sah Snape hinter ihm her.
Er schloss die Augen, atmete ein paar Mal tief ein und aus. Dann ging er in sein privates Labor nebenan und untersuchte den Zaubertrank. Verächtlich schnaubte er. Es war, wie er vermutet hatte. Glücklicherweise hatte er ein entsprechendes Gegenmittel auf Vorrat. Er konnte Granger zwar auf natürlichem Wege nüchtern werden lassen, doch er hatte vor, sie heute noch zu entlassen. Und zwar in normalem Zustand. Mit einer kleinen Phiole violettem Zaubertrank kehrte er in den Wohnbereich zurück. Mit schnellen Schritten näherte er sich seiner Schülerin, die nach wie vor schlief. Erst jetzt viel ihm auf, dass ihre Kleidung vollkommen nass war. Er schnaubte und entschied, ihr zumindest den Mantel auszuziehen, damit sie sich nicht erkältete. Er hatte keine Lust, sich in den Weihnachtsferien bei ihr anzustecken, wenn er ihr Unterricht gab. Mit gerümpfter Nase legte er Schal und Mantel, die dem Geruch zu urteilen von Butterbier, Feuerwhiskey und anderem Alkohol durchtränkt waren, über einen Stuhl, der nah am Kaminfeuer stand. Er sah nicht ein, weshalb er die Kleidung reinigen sollte, selbst wenn es ihn lediglich einen Zauberspruch gekostet hätte.
Er wandte sich wieder seiner Schülerin zu. Erst jetzt bemerkte er, was sie unter dem Mantel getragen hatte. Eine weiße Bluse, die nicht weniger nass war als ihr Schal. Ihr weißer Spitzen-BH schimmerte durch den dünnen Stoff. Emotionslos wandte er den Blick ab, setzte sich neben Hermine Granger auf das Sofa und öffnete die Phiole. Ihre Öffnung war so schmal, dass nur winzige Tropfen heraus kommen konnten. Der Trank musste über die Augen zugeführt werden. Er beugte sich leicht herunter und öffnete ihr rechtes Augenlied. Ihre Pupille, umgeben von haselnussbrauner Iris, starrte in seine Richtung. Vorsichtig tropfte er drei Tropfen des violetten Gegenmittels auf den Augapfel. Die Flüssigkeit verschwand augenblicklich. Snape schloss das Auge und wiederholte die gleiche Prozedur mit Hermines linkem Auge. Auch dieses schloss er wieder. Er verkorkte das Fläschchen sorgfältig und stellte es zurück in die Apparatur, in der er tausende von fertigen Zaubertränken und Gegenmitteln aufbewahrte. Der runde, sich drehende Glasschrank hatte Ähnlichkeit mit dem Dumbledores; nur dass es hier keine Erinnerungen, sondern Tränke waren.
Der Professor rauschte auf seinen Schreibtisch zu, wo er sich setzte. Jetzt würde es noch höchstens fünfzehn Minuten dauern, bis Granger erwachte. Nüchtern. Der schwarzhaarige Mann mit den ebenso schwarzen Augen blickte aus dem Fenster in die schwarze, aber sternenklare Nacht. Dann schloss er die Augen. McLaggen, dachte er und schnaubte als ihm klar wurde, dass er sich noch etwas für ihn überlegen musste. Er hatte keine Lust, dem Jungen Nachsitzen zu erteilen; sein Dauergrinsen regte ihn schon im Unterricht genug auf. Auf jeden Fall aber würde er den Vorfall Dumbledore melden müssen. Er seufzte. Warum war er bloß Lehrer geworden? Einige Schüler konnten einen zur Weißglut treiben. Selbst Granger ging ihm oft mit ihrer Besserwisserei auf den Zeiger. Auch wenn er sich das ungern eingestand: Eine gute Schülerin war sie.
„Professor“, hörte er jemanden murmeln. Snape seufzte; hatte er das Mädchen doch glatt vergessen. „Ja“, brummte er, behielt die Augen jedoch geschlossen. Keine Reaktion. Ungeduldig öffnete er die Augen. Granger lag immer noch auf seiner Sofa. Sie hatte die Augen geschlossen. „Hat das Gegenmittel Ihnen die Augen zugeklebt?“, fragte Snape sarkastisch. „Oder ist Ihnen schwindelig? … Selbst Schuld, Granger. Wie können Sie auch so naiv - “ „Professor“, murmelte sie erneut. Dann seufzte sie. Snape zog irritiert eine Augenbraue hoch. Sie schien noch zu schlafen.
Genervt erhob er sich und ging im Raum auf und ab. Schulverweis für McLaggen, ging es ihm durch den Kopf und seine Mundwinkel zuckten. Der wird sein blaues Wunder -
„Professor, bitte …“ Sie schluchzte. Abrupt blieb der Professor stehen und starrte das im Schlaf sprechende Mädchen an. „Ich … bitte, geben Sie mir eine Chance …“ „Granger!“ „Bald werde ich ohnehin entlassen …“ „Was zur -“ Völlig unvermittelt schreckte Hermine auf. Kerzengerade saß sie auf der Couch und blickte ihren Lehrer irritiert an. „Was … was ist passiert?“
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