von Pensively
Kapitel 12 – Unerwartet
„Hi Leute!“ Sie kamen gerade von Pflege magischer Geschöpfe zurück als Ginny ihnen entgegen kam. „Du, Hermine, kann ich dich mal kurz sprechen?“, fragte sie. „Klar.“ Harry ging schon weiter, doch Ron blieb wie angewurzelt stehen. „Ron, wärest du wohl so freundlich?“, murmelte Ginny und machte eine Kopfbewegung Richtung Harry. „Oh. Ja, natürlich. Bis später Hermine … du findest uns dann - “ „ – im Gemeinschaftsraum“, beendete Harry den Satz, packte Ron am Arm und zog ihn mit sich.
„Lass uns da vorne zu der Bank gehen“, schlug Ginny vor und deutete auf eine schneefreie Bank, auf der ein Wärmezauber zu ruhen schien. Als sie sich gesetzt hatten, fragte Hermine: „Was gibt’s denn so Spannendes?“ Ginny schien kurz zu überlegen. „Nun ja … du wirst doch am Samstag mit Cormac McLaggen nach Hogsmeade gehen, richtig?“ Hermine sah ihre rorhaarige Freundin verdutzt an. „Woher weißt du - “ „Ich hab ihn mehr oder weniger belauscht als er es seinen Freunden erzählte.“ Hermine wartete, dass Ginny fortfuhr. „Bitte, Hermine. Sei vorsichtig. Du weißt, er ist ein – „ „ – ein Arschloch, ja ich weiß. Aber er wird mich schon nicht umbringen.“ Hermine hob belustigt eine Augenbraue. „Umbringen nicht, nein.“ „Ginny, was ist los? Du verheimlichst mir doch irgendwas!“ Ginny blickte unsicher auf ihre Hände. Dann sah sie Hermine wieder an. „Er will dich ins Bett kriegen, Hermine.“ Hermine schnaubte. „Na ja, das ist er nun mal, richtig. Dass er sich mit keinem Mädchen trifft, um Schokofroschkarten zu tauschen, kann man sich denken, oder? Ist nur die Frage, ob das Mädchen sich darauf einlässt.“ „Nein, Hermine, du verstehst mich nicht. Ich hab das Gespräch gehört. Einer seiner Freunde meinte: ‚Granger wird sich nie auf dich einlassen, Mann.’“ Ginny imitierte übertrieben dunkel eine männliche Stimme. „Und dann meinte McLaggen: ‚Ja, ich weiß. Sie ist einfach zu zickig. Aber verdammt scharf. Ich werde sie rumkriegen und wenn ich dafür etwas nachhelfen muss!’ Und dann hat er eine Phiole mit irgendeiner violetten Flüssigkeit aus seinem Umhang geholt und seinen Freunden damit vor der Nase herum gewedelt.“ Hermines Augen weiteten sich. „Liebestrank?“ Ginny nickte und sagte: „Sieht wohl so aus … Hermine. Bitte sei vorsichtig. Sag ihm das Treffen am Besten ab. Der ist das Letzte!“
Hermine schüttelte den Kopf und blickte verträumt zum Himmel. „Oh nein. Jetzt fängt’s erst richtig an.“ Dann blickte sie wieder zu Ginny, ihre Gedanken so klar und eindeutig wie schon lange nicht mehr. „Cormac wird sein blaues Wunder erleben!“
Ginny sah sie verwirrt an. „Hermine, wovon redest du? Du machst mir Angst, weißt du das?“ Sie lachte. „Dein Grinsen erinnert stark an das von Professor Snape, wenn er sich eine neue Gemeinheit für Harry ausdenkt.“
„Professor Snape“, murmelte Hermine gedankenverloren. „Bitte?“, fragte Ginny.
„Ach, nichts …“ „Komisch. Mir war als hättest du Professor Snape gesagt.“ Sie gluckste. „Ha ha, ja“, versuchte Hermine zu lachen. „Ja, komisch.“
Etwa eine Stunde vor dem Abendessen tauchte eine weißhaarige, langbärtige und friedlich lächelnde Gestalt wie aus dem Nichts im Gemeinschaftsraum der Gryffindors auf.
Im nächsten Moment war das Klicken eines Fotoapparats zu hören, für einen kurzen Moment blitze es und die enthusiastische Stimme von Colin Creevey erfüllte den Raum: „Hallo Professor Dumbledore!“ Alle Gesichter der im Raum Anwesenden schnellten in Colins Richtung, der breit grinsend neben dem Schulleiter stand.
Hermine wusste, dass er wegen ihr gekommen war und diese Vermutung bestätigte sich als er zu ihr herüber schritt. Hermine stand auf, wobei sämtliche Bücher, die auf ihrem Schoß gelegen hatten, auf den Boden fielen. Sie beachtete sie nicht weiter. „Professor!“, sagte sie. „Haben Sie meine Eule erhalten?“ „Gewiss, Miss Granger, gewiss.“ Er lächelte sie wissend an. „Ich habe Professor Snape davon unterrichtet. Ich denke, er wird Sie in nächster Zeit ansprechen, damit Sie eine Vereinbarung für die erste Stunde treffen können.“ Bei Snapes Namen schauderte Hermine leicht. Sie konnte plötzlich nicht mehr sagen, ob es sich um ein angenehmes oder unangenehmes Gefühl handelte. „Danke, Professor.“ Dumbledore lächelte. „Nun denn. Jetzt würde ich gerne noch ihren jungen Freund sprechen. Mr Weasley?“, fragte er und sah dabei zu Ron herüber, der immer noch auf dem Sofa saß und, wahrscheinlich den Neuigkeiten bezüglich der Extrastunden wegen, skeptisch blickte. Erstaunt sah er auf. „Professor Dumbledore?“ Dumbledore schmunzelte geheimnisvoll, während er fortfuhr. „Ihre Gedanken sind die falschen, mein Freund. Auch wenn der Grund ein sehr guter ist. Dennoch rechtfertigt das überhaupt nichts von dem, was sie vorhaben. Ich bin mir sicher, sie wird es auch alleine meistern. Sie ist eine kluge, junge Frau ... Hallo Harry“, fügte er noch an den Schwarzhaarigen gewandt hinzu. Er zwinkerte und verschwand mit einem Plopp.
Völlig perplex sahen Harry und Hermine auf die Stelle, wo der Schulleiter sich gerade in Luft aufgelöst hatte. Harry murmelte: „Was war das?“ Hermine blickte zu Ron, doch auf dessen Gesichtsausdruck spiegelte sich eher etwas wie Nervosität, aber sicher keine Unwissenheit. „Ron“, stellte sie fest. „Was hat Dumbledore gesehen?“ Ron sah unsicher zu seiner Freundin auf. Er zögerte und antwortete dann:
„Ich hab keine Ahnung.“ Doch Hermine wusste, dass diese Worte nicht der Wahrheit entsprachen. „Na ja, er redet öfter komisches Zeug, oder?“, fügte Ron hinzu als er die misstrauischen Blicke seiner beiden Freunde bemerkte. Als keiner antwortete, fragte er: „Sag mal, Hermine. Was hat Ginny dir eigentlich heute Nachmittag so Spannendes erzählt?“ Hermine wusste, dass er vom Thema ablenkte, doch was sollte sie tun? Aus Ron war jetzt nichts heraus zu bekommen. „Lasst uns besser raus gehen, dann erzähl ich euch alles“, murmelte Hermine mit einem Seitenblick auf Cormac McLaggen der in einer anderen Ecke des Gemeinschaftsraumes saß und ihr verstohlene Blicke zuwarf. Also schnappten sie sich ihre dicken Winterumhänge und rotgoldenen Schals und stiegen durch das Portraitloch nach draußen.
Draußen auf dem Gelände setzten sie sich auf eine Bank, nachdem Hermine diese mit einem Wärmezauber belegt hatte (- sie war direkt nach der Unterhaltung mit Ginny in der Bibliothek gewesen und hatte ihn nachgeschlagen).
Und dann erzählte sie Harry und Ron alles, von der Verabredung mit Cormac bis hin zu Ginnys Warnung. Harry wirkte ernsthaft verärgert, doch Ron blieb erstaunlich ruhig. Eigentlich war er es, der wegen jeder Kleinigkeit, die in diese Richtung ging, ausrastete. Was war los? Vollkommen unbeeindruckt fragte er: „Und was wirst du jetzt tun? Ich meine, du hast doch nicht immer noch vor, morgen zu diesem Treffen zu gehen, oder?“ „Oh doch, das habe ich. Ich werde mir natürlich nichts von seinem Liebestrank unterjubeln lassen. Viel besser …“ Sie grinste. „Hermine“, sagte Harry. „Weißt du eigentlich, dass dein Grinsen nicht gerade nach Gryffindor aussieht?“ „Ja, eher nach Slytherin“, bestätigte Ron glucksend. Hermine lachte. „Also, was hast du vor?“, fragte Harry neugierig. „Eigentlich wollte ich das ja für mich behalten“, sagte sie. „Aber was soll’s? … Ich werde mich auf Cormac einlassen.“ „Wie bitte?“, fragte Ron entsetzt. „Ich werde nicht wirklich mit ihm ins Bett gehen, Ron!“, erklärte sie ungeduldig. „Aber ich werde so tun als wäre ich ernsthaft an ihm interessiert. Ich werde auf seine niveaulosen Anspielungen eingehen und ihn ein bisschen umgarnen. Dann wird er es nicht mehr für nötig halten, mir diesen Trank zu verabreichen. Mal sehen, was sich dann noch so entwickelt.“ Sie achtete nicht auf Harrys hochgezogene Augenbraue, sondern fuhr fort: „Sicher wird es nicht bei diesem einen Treffen bleiben. Ich werde ihn so lange umschmeicheln, bis er gar nicht mehr an eine Abfuhr von mir denkt. Und dann lasse ich ihn fallen.“ „Ohhh“, kam es gleichzeitig aus den Mündern ihrer beiden Freunde. „So kennen wir dich ja gar nicht“, lachte Harry. „Hermine, die Herzensbrecherin.“ „Ja“, stimmte Ron zu. „Oder Hermine, die Scharfmacherin.“ Als er Hermines verständnislosen Blick bemerkte, erklärte er: „Ja, das ist es doch, was du machst!“ Harry und er lachten.
„Wir sollten langsam mal wieder rein gehen“, sagte sie und beobachtete Dean Thomas und Lavender Brown, die von einem Winterspaziergang zu kommen schienen und jetzt ins Schloss zurückkehrten. „Es gibt sicher gleich Abendessen.“
„Hermine“, murmelte Harry. „Da hinten ist Snape.“ Sofort wandte Hermine den Kopf in die Richtung, in die Harry sah. Und tatsächlich. Severus Snape, eine schwarze Gestalt, die sich zügig vorwärts bewegte. Noch war er ein gutes Stück entfernt, doch es schien als steuerte er geradewegs auf sie zu. „Oh Mann, ich glaub, der kommt hier her. Lasst uns mal schnell abhauen!“, murmelte Ron nervös und er ging schon weiter. Doch Hermine blieb wie angewurzelt stehen. Sie wollte gar nicht gehen. Sie wollte ja auf ihn treffen. Sie war so sehr in Gedanken, dass sie erst merkte, dass Snape schon fast vor ihr stand als sie seine Stimme hörte: „Miss Granger“, sagte er betonend, ihr in die Augen sehend. Sein Blick fiel skeptisch auf Harry, der noch direkt neben Hermine stand, und wanderte weiter zu Ron, der fünf Meter entfernt stehen geblieben war. „Professor?“, fragte Hermine vorsichtig. „Heute Abend, nach dem Essen, in meinem Büro.“ Normalerweise war es so, dass Snape vermeintliche Fragen stellte, die aber nach Befehlen oder Feststellungen klangen. Diesmal war es so, dass diese vermeintliche Feststellung nach einer Frage aussah, obwohl Hermine kein Fragezeichen am Ende seines Satzes hörte. Doch er sah sie immer noch an und seine schwarzen Augen blickten fast fragend auf sie hinunter. „Ja, Sir“, antwortete Hermine und sie hörte ihre eigene Stimme leicht zittern. Das konnte aber auch an den eisigen Temperaturen liegen. Als hätte Snape Rons hoffnungsvollen Gesichtsausdruck bemerkt, fuhr er fort, ohne aber den Blick von Hermine abzuwenden: „Ich werde Sie nur kurz einweisen und Ihnen einige Grundlagen, auf denen wir arbeiten werden, erklären und Sie, Weasley, werden wie gewohnt zum Nachsitzen erscheinen.“ Hermine hörte es zwar nicht, doch sie glaubte zu wissen, dass Ron in diesem Moment enttäuscht seufzte.
Dann lieĂź Snape sie stehen und eilte mit aufbauschendem Umhang an ihnen vorbei.
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