von Pensively
Kapitel 10 – Träume sind Schäume
Liebes Tagebuch,
ich kann einfach nicht glauben, dass es wirklich wahr ist. Professor Dumbledore wünscht sich, dass ich irgendwann hier in Hogwarts unterrichte und Professor Snapes Posten übernehme, wenn er ihn ablegt. Das ist unglaublich. Ich würde mir nichts sehnlicher wünschen. Außer vielleicht – ach nein, lassen wir das. Professor Snape ist viel zu alt für mich. Und ich bin ihm zu jung. Und zu besserwisserisch. Trotzdem erstaunt es mich wirklich, dass er sich bereit erklärt hat, mir Extraunterricht zu geben. Ich meine, hier geht es immerhin nicht um irgendeinen Lehrer, sondern um Snape. Snape, der stetig mies gelaunte und von seinen Schülern endlos genervte Professor. Ich frage mich wirklich, wie Dumbledore es angestellt hat, ihn zu überreden. Und eines ist sicher: So ganz ohne weiteres wird Professor Snape nicht zugesagt haben. Dafür ist er einfach zu … ja, was ist er?
Ich gehe jetzt gleich ins Bett und lasse mir das Ganze noch mal durch den Kopf gehen. Ich habe Dumbledore noch nicht endgültig zugesagt. Ich würde es am liebsten sofort tun. Aber ich fühle mich noch etwas unsicher, was Professor Snape angeht. Ich kann nicht regelmäßig mit ihm zusammen sitzen, mit dem Hintergedanken, dass er froh ist, wenn die Extrastunde vorbei ist und er seine Ruhe hat … Aber andererseits hat er ja zugesagt. Und wenn einer weiß was er tut, dann er.
Gute Nacht.
Hermine schlug das Tagebuch zu, starte noch einige Augenblicke nachdenklich und mit gläsernem Blick auf den Ledereinband und sprach dann den Zauber, der sicherstellte, dass niemand anderes es lesen konnte. Trotzdem ging sie immer auf Nummer Sicher. Gleich, wenn sie oben im Schlafsaal war, würde sie es wieder unter ihrer Matratze verstauen.
Nachdem sie aus Dumbledores Büro zurückgekehrt war, hatte sie sich in ihren Lieblingssessel vor dem Kamin im Gemeinschaftsraum sinken lassen und sich, da sich dort unten sonst niemand mehr aufgehalten hatte, spontan dazu entschieden, einen Tagebucheintrag zu machen. Sie liebte ihr Tagebuch. Es stellte für sie eine gute Möglichkeit dar, ihre Gedanken zu ordnen, da es sehr half, alles aufzuschreiben und man danach eine viel klarere Sicht auf die Dinge hatte. Besonders dann, wenn sie mit niemand anderem darüber sprechen konnte oder wollte. Wie zum Beispiel im Fall von Severus Snape. Sie wusste ja nicht einmal selbst, was mit ihr los war. Da würde sie Ron und Harry, die Snape ohnehin nicht ausstehen konnten, ganz bestimmt nichts von ihrer plötzlichen Faszination für diesen Lehrer erzählen. Eigentlich würde sie auch mit sonst keinem darüber reden. Wie sah das denn aus? Hermine, die kleine Besserwisserin hat ‚ne Schwäche für ihren bösen Zaubertränkeprofessor. Ja, klar.
Seufzend ließ sie sich zurück in ihren Sessel sinken. Sie würde Harry und Ron erst von ihrer Entscheidung bezüglich der Extrazaubertränkestunden erzählen, wenn Dumbledore ihre Eule empfangen hatte. Sie wollte nicht, dass die beiden sie in irgendeiner Form beeinflussten, da sie der Sache sowieso negativ gegenüber stehen würden, allein oder gerade deswegen, weil Snape etwas damit zu tun hatte. Und ihre Entscheidung war gefallen. Und sie hatte nicht vor, diese zu ändern.
Allmählich fielen ihr die Augen zu.
Er rauschte schnurstracks an ihr vorbei, würdigte sie nur eines kurzen Blickes, öffnete die schwere Kerkertür und bedeutete ihr, noch vor ihm einzutreten. Eilig machte sich Hermine daran, an ihm vorbei zu huschen. Sie glaubte, seinen Blick an einer bestimmten Stelle ihres Körpers spüren zu können.
„Nun, Miss Granger“, begann er. „Ich nehme an, Professor Dumbledore hat Ihnen erklärt, unter welchen Vorraussetzungen ich bereit bin, Ihnen Unterricht zu geben?!“
„Oh, ja das hat er, Professor. Und ich werde mit äußerster Ernsthaftigkeit an die Sache heran gehen und Sie sicher nicht enttäuschen! Und ich werde jeden Tag in der Bibliothek – “ Mit einer Handbewegung brachte er sie zum Schweigen. „Das Studium der Zaubertränke bedarf weitaus mehr als dem reinen theoretischen Wissen, das sie sich für gewöhnlich durch Bücher aneignen, Miss Granger.“
„Ja, natürlich, Sir.“ „Ich erwarte von Ihnen, dass Sie absolut diskret sind. Ich werde Sie in Dinge einweihen, die für Schüler in der Regel unzugänglich sind. Haben Sie mich verstanden?“, fragte Severus Snape kühl und hart, wobei seine Stimmelage eher nach einem Befehl klang und weniger nach einer Frage. „Ja, Professor.“
Hermine war jetzt bereits eine dreiviertel Stunde damit beschäftigt, zwei verschiedene Zaubertränke zu brauen – einen Schrumpftrank sowie das entsprechende Gegenelixier. Der Professor war der Meinung gewesen, dass ein „sachter Einstieg“ klüger wäre als direkt mit hochgradig gefährlichen oder gar geheimen Tränken zu beginnen. Hermine hatte dies akzeptieren müssen, wenn auch nur widerwillig. Sie sah es beinahe als eine Beleidigung ihrer Person.
Mittlerweile war sie beim Gegenmittel angelangt. Professor Snape hatte seine eigene Arbeit ruhen lassen und stand jetzt dicht hinter ihr, um ihr bei jedem Handgriff auf die Finger zu schauen.
„Professor, ich denke, so einen lächerlichen Trank werde ich auch noch alleine hinbekommen, auch ohne Ihren kontrollierenden Blick“, murmelte Hermine, ohne sich zu ihm umzudrehen. „Wie bitte?“, fragte der in schwarz gekleidete Mann hinter ihr stechend. Hermine hielt den Atem an. Sie war zu weit gegangen, doch blöderweise fiel ihr das erst auf, nachdem die Worte schon aus ihrem Mund gehuscht waren. „Miss Granger“, zischte er. Snape packte sie an der Schulter und drehte sie grob herum, sodass sie ihn ansehen musste. „Dies ist mein Unterricht und Sie können froh sein, dass ich mich zur Verfügung stelle. Entweder wir spielen nach meinen Regeln oder Sie bewegen Ihr hübsches Hinterteil hier heraus! Und zwar SOFORT!“ Ihr hübsches Hinterteil? Hatte er ihren Hintern gerade als hübsch bezeichnet? Sie vergaß völlig die Ernsthaftigkeit der Situation und fragte: „Mein hübsches Hinterteil?“ Dabei sah sie ihm fest in die Augen, um keine Reaktion zu verpassen. Doch Snapes Gesichtsausdruck war einfach nie etwas zu entnehmen, was seine Gedanken verraten hätte – von seinen Wutanfällen mal ganz abgesehen. Er war ein wahrer Künstler und beherrschte seine Züge perfekt. Jedenfalls hatte sie noch nie einen Moment erlebt, in dem er sein Gesicht nicht unter Kontrolle hatte. Und auch jetzt blickte er sie kalt und nichts sagend an. Wie machte er das bloß?
„Professor?“, fragte sie noch einmal. „Sie finden mich gar nicht so schlimm wie sie immer tun, richtig?“ Immer noch nur dieser feste Blick seiner schwarzen Augen. „Immerhin scheinen Sie ja an meinem Aussehen Gefallen zu finden. Wie sonst ist es zu erklären, dass Sie im Unterricht ständig zu mir herüber sehen, öfter noch als zu anderen, bei denen es viel nötiger wäre? Oder dass Sie sich bereit erklären, Ihre Zeit zu opfern, um mir Einzelunterricht zu geben? Oder dass Sie jetzt meinen Hintern als hübsch - “ Wieder diese Handbewegung, bei der einem keine Wahl blieb als den Mund zu halten. Ist vielleicht auch besser so, dachte Hermine. Bevor ich ihn noch mehr provoziere. „Sie sind aber auch nicht ganz unschuldig, Granger“, fuhr er sie spitz an.
„Oder wie ist es zu erklären, dass Sie sich derartig kleiden wie heute Abend?“ Er musterte sie von oben bis unten und verharrte einen Moment zu lange an ihrem Ausschnitt. Er hatte vollkommen Recht. Warum trug sie nicht wie gewöhnlich ihren Umhang, ihre Schülerkutte, wie Malfoy die Uniform häufig nannte? Stattdessen hatte sie sich, ohne wirklich darüber nachgedacht zu haben, einen relativ kurzen Faltenrock und eine extrem körperbetonte Bluse angezogen. Außerdem hatte sie sich geschminkt, was sie sonst nur selten tat. Und sie hatte aus ihrer sonst kaum zu bewältigenden Haarpracht eine aufwändige Hochsteckfrisur gezaubert. Warum? Es war bloß Unterricht. Unterricht bei Professor Snape. Aber machte das einen Unterschied? Warum tat sie das? Der Professor fuhr fort und beantwortete damit Hermines Frage: „Haben Sie etwa mehr vor als nur Ihren Kenntnisstand in Zaubertränke zu erweitern?“ Hermine blickte ihn unsicher an. Sollte sie oder sollte sie nicht? „Nun ja … ich gebe zu, dass ich austesten wollte, wie weit ich meine Reize ausnutzen muss, um jemanden wie Sie …“ Hermine brach ab. Jetzt wurde es peinlich. „Ja?“, forderte ihr Lehrer sie zum Weitersprechen auf. „Na ja, ich dachte, dass es Ihnen bestimmt gefallen würde und Sie etwas von Ihrer Selbstbeherrschung ablegen würden, wenn ich - “ „Wenn Sie sich aufreizend kleiden“, beendete er den Satz kühl und fuhr dann mit seltsam rauer Stimme fort: „Nun, das ist Ihnen gelungen.“ Ungläubig sah sie ihn an. „Bitte was?“ Ungeduldig blickte er zurück: „Es ist Ihnen gelungen, Granger. Dann werden Sie jetzt auch dafür gerade stehen müssen.“
Und mit diesen Worten drückte er sie nach hinten, sodass sie sich mit den Händen am Tisch hinter sich abstützen musste. Ehe sie sich versah, küsste er sie fordernd am Hals, wie ein hungriger Löwe, der seit Wochen nichts Vernünftiges gefressen hatte.
Wäre Hermine nicht vollkommen überfordert mit der Situation gewesen, hätte sie wahrscheinlich geschmunzelt, denn der Vergleich mit einer hungrigen Schlange war wahrscheinlich treffender.
Hermine spürte seine Haarspitzen auf ihrer Haut. Und seinen verhältnismäßig schnellen Atem. Fast wunderte sie sich darüber, dass dieser warm war, wie ihr eigener und der jedes anderen Menschen. Professor Snape arbeite sich bis zu ihrem Dekolleté hinunter. Gleichzeitig hob er sie auf den Tisch, wobei er Hermines Arbeitsmaterial sorglos beiseite fegte. Hermine legte ihre Beine um seine Hüften und er umfasste ihre Oberschenkel. Automatisch legte sie den Kopf in den Nacken, seine heißen Küsse auf ihrer Haut genießend und sie ertappte sich dabei, wie sie leise aufseufzte.
„Hermine“, vernahm sie seine dunkle Stimme. „Hermine, findest du das lustig?“
Ob sie es lustig fand? Wollte er sie auf den Arm nehmen? Es war wundervoll, unglaublich, heiß. „Severus“, murmelte sie.
„Hermine!“ Snape ließ von ihr ab, Hermine fuhr herum. Ron stand im Türrahmen. Und er hatte es gesehen. Er hatte gesehen, dass Snape sie geküsst hatte. Geküsst? Das war noch gar kein Ausdruck. Was sollte sie bloß tun. Sie sah, wie Ron entsetzt zwischen Snape, seinem Lieblingslehrer und seiner besten Freundin hin und her sah.
„Hermine! Wie lange sitzt du schon so da? Seit gestern Abend?“ Sie spürte, wie jemand an ihrer Schulter rüttelte. Die Konturen des Klassenzimmers um sie herum wurden undeutlicher, bis es sich schließlich ganz auflöste. „Nein“, murmelte sie. Sie wollte nicht, dass Severus – dass Professor Snape weg war. „Nein, bitte …“
Das Rütteln wurde energischer. „Hermine! Wach auf, du träumst nur!“ Langsam kam sie zu sich. Nein. Das konnte nicht sein. Sie wollte die Augen nicht öffnen. „Hermine!“ Das war Harrys Stimme. Langsam öffnete sie ihre Lieder. Ron sah ihr unsicher entgegen. „Hermine, alles okay? Du hast nur geträumt“, sagte er. „Ja, ja. Alles in Ordnung. Ich muss gestern Abend hier eingeschlafen sein“, erklärte sie, als sie erkannte, dass sie immer noch in ihrem Sessel im Gemeinschaftsraum saß.
„Wie viel Uhr ist es?“, fragte Hermine. „Das Frühstück hat vor ein paar Minuten angefangen“, murmelte Harry. „Du kannst einem echt Angst machen, Hermine“, erklärte Ron, doch er konnte den leicht amüsierten Unterton in seiner Stimme nicht verbergen. „Wieso?“ „Na ja, du hast so komisches Zeug geredet. Du hast ein paar Mal Professor gemurmelt und ich meine, ich hätte was von Snape gehört. Und du hast so angestrengt geseufzt“, erklärte Ron. „Ich habe was?“, fragte Hermine entgeistert, obwohl sie ihren Freund sehr wohl verstanden hatte. Ron überhörte sie: „Hast du geträumt, dass Snape dich zu Nachsitzen verdonnert hat?“ „Was? Äh, nein. Ist auch unwichtig.“ „Ja, stimmt. Träume sind Schäume. Zum Glück. Ich wollte nicht von Snape zum Nachsitzen verdonnert werden.“ „Blöd nur, dass dir schon genau das passiert ist“, lachte Harry. Ron verdrehte die Augen. „Ja, der Traum ist vorbei“, bestätigte Hermine. Leider, fügte sie still hinzu.
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