von Pensively
Kapitel 9 – Kanarienkremschnitten
„Unsere Musterschülerin hat was ausgefressen“, scherzte Ron schmatzend kurz nachdem Hermine ihnen erzählt hatte, dass Dumbeldore sie in sein Büro bat. „Ron, kannst du dir bitte einfach mal abgewöhnen ständig mit vollem Mund zu sprechen? Das ist grauenvoll!“, warf Hermine ein und sie hatte ernsthaft Angst etwas von Rons Kürbispastete ins Gesicht zu bekommen.
„Was für ein Gespräch könnte er denn in seiner Nachricht gemeint haben?“, fragte Harry nachdenklich, doch Hermine wusste darauf genau so wenig eine Antwort wie er. Soweit sie sich erinnern konnte, hatte sie immer nur Unterhaltungen mit Dumbeldore geführt, wenn sie zusammen mit Harry und Ron in irgendeinen Ärger hinein gerutscht war. Aber bezüglich dieser Vorkommnisse war alles geklärt und ihr fiel nichts ein, was sie Dumbledore noch hätte erklären müssen. Und selbst dann hätte er doch sie drei zu sich gerufen und nicht nur Hermine. Oder?
„Bestimmt ist Dumbledore sauer, dass Hermine ihren Zaubertrank - “ „Ron! Hör auf mit leerem … äh, mit vollem Mund zu reden!“ „Ja, Mami.“
Nach dem Abendessen wartete Hermine noch etwas, bevor sie sich auf den Weg zum Büro des Schulleiters machte. Es kam ihr unhöflich vor direkt nach dem Essen zu pünktlich bei ihm aufzukreuzen.
Als sie dann allmählich durch die Gänge von Hogwarts ging, in denen sich nur noch vereinzelt kleinere Gruppen von Schülern höherer Klassen aufhielten, fiel ihr auf, dass sie das Passwort überhaupt nicht wusste. Sicher kannte sie noch einige (wie zum Beispiel Zitronenbrausebonbon), doch das Passwort wurde aus Sicherheitsgründen mindestens einmal im Schuljahr geändert. Wie sollte sie zu Professor Dumbledore gehen, wenn sie nicht einmal die Treppe zu seinem Büro hoch konnte? „Hey Granger!“, riss eine Stimme sie aus ihren Gedanken. Hermine seufzte entnervt. Sie wusste, wer gerufen hatte. Sie wandte sich um und erblickte Cormac McLaggen, der seinen hochnäsigen Gesichtsausdruck aufgesetzt hatte, wie üblich.
„Was willst du, Cormac?“ „Warum so gereizt, Granger?“, fragte er amüsiert, doch als Hermine ihn weiter wortlos ansah, fuhr er fort: „Man wird ja wohl noch einer schönen Frau wie dir Hallo sagen dürfen, oder?“ Genervt wandte Hermine sich ab und setzte ihren Weg fort. Cormac McLaggen. Dieser Typ ging ihr schon seit einigen Wochen auf die Nerven.
Bevor sie weiter darüber nachdenken konnte, stand sie auch schon vor dem Wasserspeier, der sie fragend anzusehen schien. Dumbledore musste doch wissen, dass sie das Passwort nicht kannte. Ihr war zwar bewusst, dass Dumbledore meist die Namen irgendwelcher Süßigkeiten verwendete, aber er hätte ihr doch in seinem Brief –
Und mit einem Mal schoss ihr der Begriff Kanarienkremschnitte in den Kopf. Irgendetwas sagte ihr, dass es das war, was sie sagen musste. Hermine zweifelte noch, während das Wort aus ihrem Mund heraus kam, doch es schien zu funktionieren. Der Wasserspeier legte seinen Flügel zur Seite und ermöglichte ihr so das Betreten der Treppenstufen und während sie sich hinauf zu Dumbledores Büro drehte, musste sie schmunzeln.
„Miss Granger“, begrüßte der etwa einhundertfünfzig Jahre alte Schulleiter sie, nachdem sie eingetreten war. Seine ruhige, gelassene Stimme versetzte sie sofort in eine andere, unkomplizierte Welt. Allein das Büro, in dem sie sich jetzt befand und dessen Schätze sie so sehr bewunderte, ließ ihre Muskeln entspannen.
„Hallo Professor“, antwortete Hermine. Albus Dumbledore erhob sich aus seinem Sessel, sah ihr fest in die Augen und deutete auf den Stuhl gegenüber seines Schreibtisches. Hermine setzte sich und auch der weißhaarige Mann ließ sich wieder sinken.
„Wie geht es Ihnen?“, fragte er sie freundlich und Hermine wusste, dass er fragte, weil es ihn wirklich interessierte und nicht aus purer Höflichkeit. „Ganz gut, Professor. Ich hoffe, Ihnen auch?“ Er lächelte. „Ja, ich denke schon“, antwortete er und fuhr fort: „Nun, ich will Ihre Zeit nicht unnötig in Anspruch nehmen und gleich zum Punkt kommen, Miss Granger“, erklärte er heiter. „Oh, ich habe alle Zeit der Welt, Professor“, entgegnete Hermine. „Sie schrieben, es gehe um ein zurückliegendes Gespräch?“ „Oh ja, in der Tat. Wobei Gespräch vielleicht etwas übertrieben ist. Es war eher eine beiläufige Bemerkung ihrerseits, auf die ich hinaus will“, antwortete Dumbledore. Hermine blickte ihn neugierig an. „Sie erwähnten einmal“, fuhr der Professor fort, „dass Sie sich sehr für das Studium der Zaubertränke interessieren und irgendwann nach Ihrem Abschluss gerne Professorin für eben dieses Fach werden würden.“ Hermine dachte kurz nach, wann sie Dumbledore davon erzählt hatte. Es musste irgendwann während der ZAG-Prüfungen gewesen sein. Sie nickte zustimmend. „Ja, das ist richtig, Professor.“
„Nun, kann ich davon ausgehen, dass Sie Ihre Meinung bis heute nicht geändert haben?“ „Ja, Sir, ich möchte nach wie vor Zaubertränke studieren“, antwortete Hermine mit strahlenden Augen. Sie liebte dieses Fach. Und sie wollte es zu ihrem Beruf machen. Die Euphorie in ihrer Stimme war dem Professor nicht entgangen. Er schmunzelte und fuhr fort: „Um ehrlich zu sein: Ich mache Ihnen den folgenden Vorschlag nicht ganz ohne Hintergedanken. Sicherlich ist Ihnen bekannt, dass die Lehrstellenbesetzung für dieses Fach mit den Jahren immer stärker zurückgegangen ist und so mache ich mir Gedanken, wer irgendwann einmal den Posten von Professor Snape übernehmen wird.“ Dumbledore hielt inne und beobachtete sie interessiert. Hermine wurde immer neugieriger. Sie hatte nicht die kleinste Vorstellung davon, auf was der Schulleiter hinaus wollte. „Mir ist natürlich bekannt, dass Ihre schulischen Leistungen unsagbar gut sind und so würde ich mir wünschen, eines Tages Sie hier in Hogwarts zu sehen. Als Professorin.“ Hermine stockte der Atem. „Ich kann mir nicht vorstellen, dass jemand anderes dem Posten, den bisher Professor Snape mit beachtlichem Erfolg ausführt, so gut gerecht werden könnte wie Sie.“ Albus Dumbledore erhob sich und begann im Raum umher zu schreiten. Er beobachtete die ungläubige Musterschülerin amüsiert aus dem Augenwinkel und fuhr fort: „Ich hoffe, ich verschrecke Sie mit meinem Angebot nicht, da ja immerhin noch über ein Jahr Zeit ist, bis Sie die Schule verlassen. Jedoch finde ich die Überlegung, dass Sie bereits vor Ihrem Abschluss tiefer in die Zaubertankbrauerei eingehen, sehr interessant. Natürlich nur, wenn Sie sich das zeitlich zutrauen, wobei das ein geringeres Problem wäre.“ Er zwinkerte. Hermine wusste, dass er an ihr drittes Schuljahr zurück dachte, als er ihr einen Zeitumkehrer zur Verfügung gestellt hatte, damit sie all ihre Kurse besuchen konnte. Aber was meinte Dumbledore damit? Nach kurzem Schweigen sagte sie: „Ich empfinde es als eine große Ehre, dass Sie so etwas sagen. Und es wäre ein Traum, irgendwann hierher zurück zu kehren und zu unterrichten. Was genau meinen Sie mit tiefer in die Zaubertrankbrauerei eingehen?“ Ich beschäftige mich bereits sehr viel mit dem Thema. „Oh ja, Miss Granger, das ist mir bewusst“, nickte er anerkennend. Was auch sonst?, dachte Hermine. Der Mann wusste einfach alles. „Ich dachte dabei an eine kompetente Unterstützung. Ich halte es für eine ausgesprochen gute Idee, wenn Sie bei Professor Snape Extraunterricht nehmen.“ Inzwischen war Dumbledore wieder an seinem Schreibtisch angekommen und sah Hermine erwartungsvoll an. Moment. Hatte sie sich verhört? Extraunterricht? Bei Professor Snape? Als hätte Albus Dumbledore ihre Gedanken gelesen, versicherte er: „Machen Sie sich keine Sorgen. Ich habe bereits mit Severus gesprochen und er hat sich bereit erklärt, sich die Zeit zu nehmen, vorausgesetzt, Sie würden ernsthaft an die Sache heran gehen. Aber wie ich Sie kenne, Miss Granger, ist das in Ihrem Fall gar keine Frage.“
Hermine wusste nicht, was sie antworten sollte. Sie stellte sich vor, wie Sie regelmäßig und allein mit ihrem dunkel beseelten Professor zusammen sitzen würde. Bei der Vorstellung wurde ihr leicht unwohl, denn sie konnte sich nicht vorstellen, dass Snape wirklich begeistert von Dumbledores Idee war und sie hasste es, wenn sie jemandem auf die Nerven gehen musste, was somit zweifelsfrei der Fall wäre. Aber anderseits … Sie würde alleine Zeit mit ihrem Professor verbringen. Bei diesem Gedanken kehrte das angenehme Gefühl in ihre Bauchgegend zurück.
Langsam zwang sie sich, aus ihrer Traumwelt aufzutauchen und bemerkte gleichzeitig, dass Dumbledore sie belustigt ansah. Er wusste doch nicht etwa –
„Nun, Miss Granger, was sagen Sie? Indem Sie Unterricht bei Professor Snape nehmen, würden Sie sich natürlich zu nichts verpflichten. Sollten Sie sich unerwartet für eine andere Richtung enttscheiden, wird Ihnen niemand böse sein.“
„Professor, ich kann Ihnen nicht sagen, wie unglaublich toll ich diesen Vorschlag finde. Aber ich würde gerne noch eine Nacht darüber schlafen.“
„Natürlich“, sagte Dumbledore lächelnd und Hermine glaubte einen Unterton in seiner Stimme zu vernehmen, der verriet, dass der weise, alte Mann ihre Antwort bereits kannte.
Hermine wollte gerade hinausgehen, als ihr noch etwas einfiel. „Professor?“
„Ja, Miss Granger?“ „Was sind Kanarienkremschnitten?“ Dumbleodre schmunzelte.
„Das ist eine Süßigkeit, die den Genießenden vorübergehend in einen Kanarienvogel verwandelt. Ich habe noch eine Packung hier. Möchten Sie?“
„Ähm, nein, vielen Dank. Vielleicht ein anderes Mal.“ Er zwinkerte Hermine noch einmal zu, bevor sie das Büro verließ.
Wenn Du Lob, Anmerkungen, Kritik etc. über dieses Kapitel loswerden möchtest, kannst Du einen Kommentar verfassen.
Zurück zur Übersicht - Weiter zum nächsten Kapitel