von MIR
Danke für eure Kommentare. Rekommis wie immer im Thread.
Ein Herbsttag - Teil Eins und Teil Zwei
***
Teil Eins
Albus war der erste, der es erfuhr.
„Wunderbar. Herzlichen Glückwunsch!“, erwiderte er. „So sollte man diesen Zeiten begegnen. Allerdings werden wir nun an der Schule ein Problem haben.“
„Was? Wieso?“, fragte Lily erschrocken.
Albus schmunzelte: „Nun es wird in Zukunft immer Missverständnisse geben, wenn von ,Professor Snape' die Rede ist. Man wird nie direkt wissen, wen die Schüler meinen. … Aber ich denke, das kriegen wir hin. Wann ist es denn so weit?“
„Wir haben noch kein Datum. Aber sicher bald.“
***
Ein derartiges Fest hatte es in Hogwarts noch nie gegeben. Weder Dumbledore noch einer der Geister wusste von einer Hochzeit, in der sich zwei Professoren miteinander verbanden. Noch dazu zwei, die die zerbrochene Freundschaft zwischen Gryffindor und Slytherin wiederherstellten.
Da beide kein anderes Zuhause mehr hatten, und Hogwarts sowieso nicht verlassen durften, sollte die Feier hier durchgeführt werden.
Lily wollte nicht mehr warten und so wurde ein Wochenende im November bestimmt.
Wie die Schüler davon erfahren hatten, wusste keiner so richtig, doch es war bald klar, dass eine heimliche Feier in aller Stille kaum möglich sein würde, und so wurde ein großes Hogwarts-Fest geplant. Der gesamte Orden des Phönix sollte ebenfalls kommen, inklusive Kindern und Ehepartnern, außerdem das Ehepaar Tonks. Lily bat Dumbledore darum, Petunia und Dudley ein weiteres Mal Zugang zum Schloss zu gewähren. Ihre Schwester hatte schon bei der ersten Hochzeit gefehlt, nun sollte sie unbedingt dabei sein.
„Ich hoffe, sie kann kommen. Dann sind wenigstens unsere beiden Schwestern dabei, auch wenn wir sonst niemanden mehr haben. Sevina ...“
„Sie hasst mich. Sie hasst mich wirklich. Sie wird auch diese Hochzeit hassen.“
„Sev. Ihr müsst reden. Wirklich. Ihr müsst einfach einmal reden .... Sie könnte eine der Brautjungfern sein – zusammen mit Dora Tonks … aber du hast recht, das wird sie möglicherweise nicht wollen. - Trotzdem: Ihr müsst reden!“
Severus zog seine Augenbrauen hoch, sagte aber nichts mehr.
Lily seufzte.
„Ich frage sie auf jeden Fall einfach mal.“
Relativ bald nahm Lily das Gespräch in Angriff. Wie erwartet weigerte Sevina sich und schüttelte auch beim Vorschlag „Ihr müsst reden“ den Kopf.
„Selbst wenn ich es wollte – was nicht der Fall ist – es geht nicht! Ich kann und ich werde nicht mit ihm reden. Es gibt auch gar nichts zu sagen.“
„Nicht?“, fragte Lily. „Und was soll das heißen, du kannst nicht...?“
„Wenn du es genau wissen willst: In seiner Gegenwart bringe ich sowieso kein Wort heraus. Wenn ich ihn nur ansehe, bekomme ich fast keine Luft mehr. Ein riesiger Kloß aus Panik, Ekel und Abscheu macht sich in mir breit, so dass ich gar nicht reden kann. Mir wird dann richtig schwindelig. Wenn du wüsstest, was er getan hat, was er für ein Mensch ist, würdest du es verstehen. Aber du willst es nicht wissen! Du willst ihn lieber heiraten!“
„Ich weiß es, Sevina. Ich weiß, dass er euren Vater getötet hat.“
Überrascht blickte das Mädchen sie an. „Ach, und das findest du nicht weiter schlimm? Er war ja nur ein besoffener Muggel! Ich dachte trotzdem, dass gerade du...“
„Sevina! Ich ...“ Lily hatte Severus versprochen zu schweigen, doch war das in dieser Situation noch richtig? Sie hoffte, dass das Mädchen selbst mit der Sprache herausrücken würde. „Weißt du, warum er es getan hat?“
„Das ist nicht schwer zu verstehen, oder? Er hat Du-weißt-schon-wen angehimmelt und wollte gerne Todesser werden. Durch diese Tat ist ihm das schon mit 16 gelungen.“
„Das glaubst du nicht wirklich, oder? Du weißt, dass da noch mehr war.“
Sevina starrte Lily an und kniff die Augen zusammen. „Was hat er dir noch erzählt?“, fragte sie tonlos.
„Sevina, er war wütend, völlig verzweifelt und wusste sich nicht zu helfen. Er hasste seinen Vater wegen dem, was er dir angetan hat. Er wollte dir helfen und sah in diesem Augenblick keinen anderen Weg...“
„Er hat es dir gesagt...“, murmelte Sevina. Den Rest von Lilys Worten schien sie zu ignorieren. „Und – war es eine spannende Schilderung? Anregend? Damals hat es ihm bestimmt gefallen, dass die unwürdige Squib bekam, was sie verdiente ... meinst du, ich weiß nicht, wie Todesser diese Dinge sehen? Squibs sind nicht mehr wert als Muggelgeborene. – Gut, im Nachhinein hat er dann vielleicht einen Schreck bekommen, als herauskam, dass ich doch zaubern kann und sogar eine Slytherin wurde. Aber das reicht nicht, um wieder gutzumachen, dass ...“
„Du irrst dich. Du irrst dich so sehr. Und ich glaube, das weißt du auch. Es hat ihn völlig fertig gemacht, was dir passierte. Auch er hat darunter gelitten.“
„Gelitten? Aha! Hat er das erzählt, ja? Aber du warst nicht dabei. Ich schon.“
„Sevina, seit ich ihn kenne, hat er dich immer sehr lieb gehabt, egal ob du zaubern konntest oder nicht. Daran hat sich nichts geändert bis heute. Und ich bin mir sicher, dass er dir auch nicht so gleichgültig ist, wie du jetzt vorgibst. … Überleg dir ob du Brautjungfer werden willst. Wir würden uns beide freuen.“
Sevina schüttelte stumm den Kopf. „Geh jetzt bitte“, flüsterte sie schließlich.
Es wurde eine schöne Hochzeitsfeier. Ein goldener Tag mitten im düsteren November. Die große Halle war festlich herausgeputzt, ebenso die Lehrer und Schüler. Neben weißen Girlanden und Blumen schmückten grün-silberne und rot-goldene Flaggen die Halle.
Als Lily im Hochzeitskleid die Halle durchschritt, während sie sich an den Arm von Albus krallte, der ihren Vater vertrat, und alle Schüler und Gäste Spalier standen, zitterte sie vor Freude. Vorne stand Severus und wartete auf sie, neben ihm Hagrid, der es sich nicht hatte nehmen lassen, Eileens Jungen an diesem Tag zu unterstützen. Er trug seinen Braunhaaranzug und hatte seine Haare glattgegelt, was schrecklich aussah, doch Lily hätte ihn für seinen Eifer am liebsten umarmt.
Selbst der Einsatz der Blumenkinder ging ohne Katastrophen ab, was vor allem dem kleinen Percy Weasley zu verdanken war, der eingeteilt worden war, um Harry und Dudley ein wenig zu unterstützen. Der einzige Zwischenfall ergab sich durch seine Schwester Ginny, die gerade laufen gelernt hatte und ihrer Mutter irgendwie entwischt war. Sie trottete den drei Blumenkindern hinterher, bis der zweijährige Harry sie schließlich an die Hand nahm und sie gemeinsam dem Altar zuschritten.
Das Trauversprechen konnten Lily und Severus gar nicht anders als mit ja beantworten und zum Glück fand sich niemand, der Einspruch erhob.
Nach der Zeremonie genoss Lily es, endlich wieder einmal mit ihrer Schwester und mit ihren alten Freunden und Bekannten in Ruhe reden zu können, über andere Themen als Voldemort. Dennoch täuschte das nicht darüber hinweg, wie viele heute fehlten, die eigentlich dazugehört hätten. Die meisten fehlten, weil sie tot waren, Remus weil er wie erwartet seine Deckung nicht verlassen konnte … und Sevs Schwester, weil sie wohl immer noch nicht mit der Hochzeit klarkam. Insgeheim hatte Lily gehofft, sie würde es sich anders überlegen, aber es war wohl doch zu schwer für sie. Zwei andere Schülerinnen waren zusammen mit Nymphadora als Brautjungfern eingesprungen.
Auch sonst war niemand von Severus' Verwandtschaft erschienen, aber das hatten sie auch nicht anders erwartet, obwohl sie den Derwents eine Einladung geschickt hatten.
Alice umarmte Lily. „Ich freu mich so für dich! Dass du nach allem, was letztes Jahr passiert ist, noch einmal diesen Schritt wagen willst. Ich hoffe nur wirklich … wirklich, dass er … Snape, dass er es wirklich wert ist.“
Lily sah sie an. „Stell das bitte nie wieder in Frage. Alice, du bist meine beste Freundin. Bitte, stell das nie wieder in Frage. Ich wünschte, du könntest sehen, was er für ein wunderbarer Mensch ist, ich wünschte, du ...“
„Schon gut, ich glaube dir ja“, unterbrach Alice sie. „Immerhin hat er uns gerettet, vor einem Jahr.“
„Wie geht es Frank denn heute?“, fragte Lily.
„Unverändert, und das wird wohl auch so bleiben“, erwiderte Alice traurig.
Es waren diese kleinen Wermutstropfen, die zeigten, dass längst nicht alles gut war, so hoffnungsvoll der heutige Tag auch war. Doch Lily war fest überzeugt, dass es sich lohnte nach vorne zu blicken, Hoffnung zu haben und darauf zu vertrauen, dass sie es schaffen würden. Immerhin hatten sie schon so viel erreicht, fünf Horkruxe zerstört, auch wenn sie im Moment auf der Stelle traten.
Schließlich tanzte sie mit Severus den Hochzeitswalzer. Steif und ungelenk bewegte er sich, es war ein völlig anderes Gefühl als mit James über die Tanzfläche zu schweben, doch Lily klammerte sich glücklich an ihn, froh dass er es überhaupt mitmachte und froh, dass er einfach da war: Severus Snape, ihr Ehemann.
***
Teil Zwei
Wie mit einem Donnerschlag krachten die Türflügel der großen Halle auf. Die Musik stoppte und alle sahen irritiert auf den einzelnen Mann, der nun hereinstürmte. Lily kannte ihn nicht. Wie war er auf das Hogwartsgelände gelangt?
Er war kalkweiß, ja man konnte sagen totenblass, mit rot umränderten Augen. Sofort hatte er Severus entdeckt und rannte nun rasend vor Wut auf ihn zu. Er riss Lily von ihm weg und traf Severus mit einem Fausthieb im Gesicht. Dessen Nase fing sofort zu bluten an.
„Bist du jetzt zufrieden? Du Schwein! Du hirnloser Idiot! Wie kannst du es wagen, hier fröhlich Hochzeit zu feiern?! Wie kannst du es wagen … während sie …?“
Der Mann begann zu schluchzen.
Severus schien genau zu wissen, mit wem er es zu tun hatte. Er schien auch eher erschrocken als wütend zu sein. „Was ist los? Ist ihr etwas passiert?“
„Haben deine Kumpels es dir noch nicht erzählt? Du Ärmster“, schrie der Mann nun Severus an.
Lily konnte sich noch immer keinen Reim machen. „Wer ist das?“, flüsterte sie Dumbledore zu.
„Es ist Mr. Derwent, Severus' Cousin. Ich befürchte er redet von unserer Miss Derwent“, raunte Dumbledore zurück.
„Sevina?“, murmelte Lily erschrocken.
„Ben! Was ist los?“, fragte Severus erneut.
„Du hast es geschafft. Endlich ist die ganze minderwertige Familie ausgelöscht. Endlich! Du kannst dich freuen. Eine Person hast du allerdings vergessen: Dich!“
Erneut stürzte er auf Severus zu, diesmal presste er seine Hände an dessen Hals.
Doch Severus schüttelte ihn ab. „Was meinst du mit ,ausgelöscht'?“, fragte er tonlos.
„Hör auf, den Ahnungslosen zu spielen! Sie hat sich aus Hogwarts rausgeschlichen, wollte mit dem fahrenden Ritter in die Winkelgasse, um sich für deine beschissene Hochzeit ein beschissenes Kleid zu kaufen! Da haben sie sie erwischt. Sie ist tot.“
Severus, nun seinerseits leichenblass, sackte zusammen und schüttelte stumm den Kopf. Mehrere Schüler schrien entsetzt auf.
„Keine Ahnung, was sie gegen sie hatten. Unsere Familie ist reinblütig und sie ist eine Slytherin. Der verdammte Mist muss auf dein Konto gehen.“
Severus jaulte auf wie ein verwundetes Tier und nun war Lily, so schnell sie konnte, wieder bei ihm und umarmte ihn.
Wütend funkelte sie Ben an: „Ja, du hast recht. Vermutlich haben sie Sevina angegriffen, um sich an Severus zu rächen. Er gilt als Verräter seit er sich gegen Voldemort gestellt hat. Er wird gejagt. Doch wie kannst du es wagen, ihm das vorzuwerfen? Wie kannst du es wagen! Wie wird unsere Welt aussehen, wenn jeder duckt und kuscht? Wir wussten doch nicht, dass Sevina sich rausgeschlichen hatte. Wir wussten auch nicht, dass sie in Gefahr ist. Niemand wusste, dass sie seine Schwester ist!“
Durch die Schülerschar ging ein Raunen, denn das war auch hier nicht bekannt gewesen.
„Gegen Voldemort gestellt?! Dass ich nicht lache, Dummchen! Schau dir mal seinen linken Arm an. Und vielleicht solltest du dich mal darüber informieren, wie Mr. und Mrs. Snape ums Leben kamen!“
„Genug!“ Dumbledore trat nun energisch dazwischen und Ben verstummte erschrocken.
„Ich lasse nicht zu, dass Sie hier Hogwartsprofessoren beleidigen, Mr. Derwent, so sehr ich Ihre aufgewühlten Gefühle im Augenblick auch verstehen kann. Professor Snape und Professor Snape sind hochgeschätzte Mitglieder unserer Kollegiums und ich würde niemals zulassen, dass ein Todesser an dieser Schule unterrichtet.“
Wütend verschwand Ben wieder. Die freudige Stimmung war maßlosem Entsetzen gewichen. Die Gäste verabschiedeten sich nach und nach. Auch die Phönixmitglieder, die Severus bisher skeptisch gegenübergestanden hatten, drückten ihr Mitgefühl aus. Die Schüler gingen in ihre Gemeinschaftsräume, die Feier war zu Ende, die bunten Flaggen verwandelten sich in schwarze.
„Ich kümmere mich um die Kinder“, sagte Aurora zu Severus, der ja auch Hauslehrer des Hauses war, das nun eine Schülerin verloren hatte. „Geh du mit Lily.“
Fast alle Gäste waren nun weg, nur Petunia stand noch unschlüssig mit Dudley da. Sie schien etwas sagen zu wollen und Lily hoffte inständig, dass nun keine Bemerkung über die unmögliche Zaubererwelt kam.
„Severus“, begann die Muggelbesucherin, „ich weiß â€¦ wir haben uns nie gut verstanden … früher … aber ich, ich habe nicht vergessen, was du … für mich getan hast hast … nur weil ich Lilys Schwester bin. Danke. Ich … es tut mir so leid, dass du nun deine verloren hast … ich glaube, du hast sie … sehr … du-weißt-schon … sonst hättest du das zwischen Lily und mir nicht verstanden. Ich kannte sie … also nur vom Sehen … nicht, dass wir irgendwie miteinander zu tun hatten … aber ich kannte sie … als kleines Mädchen. Es tut mir leid.“
Severus starrte sie feindselig an, ohne sich anmerken zu lassen, ob er ihre Worte verstanden hatte.
Petunia wich verunsichert einen Schritt zurück.
"Danke, Petunia!", ergriff nun Lily das Wort und umarmte sie, während Severus sein Gesicht in den Händen vergrub.
Die Schwestern verabschiedeten sich. Petunia und Dudley folgten Dumbledore, der sie zu ihrem geheimen Domizil zurückbringen würde, und Lily brachte Severus nach Hause. Harry ging heute mit Hagrid und durfte dort übernachten, das war seit langem so abgesprochen gewesen.
Doch von Hochzeitsstimmung war keine Spur mehr, als sie wieder in ihrer kleinen Wohnung saßen.
„Ich habe immer nur gewollt, dass sie, wenigstens sie, ein normales Leben führen kann. War das zu viel verlangt? Dabei sah es so gut aus. Sie hatte all das, was damals war, hinter sich gelassen und eine hoffnungsvolle Zukunft vor sich ...“
„Wenigstens weißt du, dass sie dich nicht mehr gehasst hat. Sie wollte zur Hochzeit kommen. Trotz allem, was sie vorher gesagt hat. Sie wollte kommen!“
„Denkst du, das freut mich? Glaubst du nicht, es wäre mir tausend mal lieber, sie säße schmollend im Gemeinschaftsraum und würde sich über uns aufregen? Warum hat sie das nur gemacht? Lily, warum?“
„Ich hatte noch ein Gespräch mit ihr … das muss sie umgestimmt haben, obwohl sie sich nichts anmerken ließ â€¦ Hätte ich nicht ...“
„Unsinn. Oder hast du ihr gesagt, sie soll sich hinausschleichen und allein in den fahrenden Ritter setzen?“
„Nein. Trotzdem...“
Sie saßen auf dem Sofa, stundenlang, engumschlungen. Wieder war die Trauer um eine geliebte Person größer als das, was sie ertragen konnten. Und sie waren sich einig: Voldemort und seine Anhänger mussten gestoppt werden. Mit aller Kraft und allem Mut, den sie aufbringen konnten. Um jeden Preis. Um fast jeden Preis …
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Im nächsten Kapitel geht es dann richtig zur Sache...
Übrigens - falls es jemanden interessiert, es gibt jetzt einen Trailer zu meinem Buch, den ihr im Drei-Ringe-Thread anklicken könnt.
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