von MIR
Rekommis
***
„Wir sollten keinen Moment mehr zögern – jetzt da wir eine Möglichkeit haben“, sagte Albus. „Wir führen es in meinem Büro durch, dort wo die anderen Gegenstände sind. Dort werde ich dir alles erklären Poppy. Bitte kommt alle drei mit. Hagrid und Minerva werde ich ebenfalls rufen.“
„Die Patientin ist zu schwach um aufzustehen.“
„Stärkungstrank“, erwiderte Albus knapp. „Lasst uns keine Zeit mehr verlieren.“
Poppy grummelte erneut vor sich hin, doch sie fügte sich, als sie sah, dass Lily bereitwillig nickte.
Bald waren sie alle – Albus, Severus, Lily, Poppy, Minerva und Hagrid – im Schulleiterbüro versammelt. Endlich erfuhr auch Poppy Pomfrey die ganzen Zusammenhänge.
„Danach werde ich den Becher nie wieder benutzen können! Ich nicht und kein Heiler nach mir. Habe ich das Recht, das kostbarste Gut aller Hufflepuffs zu opfern?“
„Wohl eher die Pflicht!“, knurrte Severus, „Euer kostbares Gut ist ein Teil von Voldemorts Seele. Immer wenn du ihn aufrufst, wird ein Teil von ihm anwesend sein. Vielleicht wird er auch mehr und mehr Macht über den Becher gewinnen und die Heiltränke manipulieren... Willst du das? Du bist fähig genug, ohne klarzukommen.“
„Ungewohnte Worte von einem Slytherin“, sagte Poppy kurzangebunden. Dann konzentrierte sie sich und hatte kurz darauf den Becher in der Hand. Noch war er leer.
Albus beschwor einen mächtigen Kessel herauf, der so groß war, dass das Schwert hineinpasste. Er nahm Poppy den Becher ab und legte ihn dazu, ebenso das Tagebuch, den Ring und das Medaillon. Nach kurzem Zögern holte er den Ring wieder heraus.
Verwirrt sah Lily, wie Albus ihn mit der rechten Hand umklammerte und sich damit der linken näherte. Er streckte seine Finger aus...
Plötzlich war Severus da und schlug ihm den Ring aus der Hand. Das Schmuckstück fiel mit einem lauten „Klonk“ zurück in den Kessel.
„Nur noch ein einziges Mal, Severus“, jammerte Albus, „ich werde ohnehin sterben.“
„Aber nicht heute! Es passt gerade nicht“, fauchte dieser zurück.
Der Schulleiter schien sich zu besinnen. Schließlich murmelte er leise ein Danke.
Minerva war ungewohnt still. Schließlich ergriff sie aber doch das Wort. „Wie ich sehe, hatte ich als Einzige keinen Erfolg. Dabei hat Lady Helena mir alles erzählt, was sie wusste. Aber Albanien … wie sollen wir das Diadem dort finden? Oder gibt es auch jemanden, der es aufrufen kann?“
„Ich vermute, dass Er es bereits gefunden hat und hier in Hogwarts versteckt hat. Die Frage ist nur, wo.“
„Kammer des Schreckens is immer noch am wahrscheinlichsten“, meldete sich jetzt Hagrid.
„Und Dank Severus kennen wir den Eingang. Doch wir können es nicht riskieren mit der Zerstörung der anderen Horkruxe noch zu warten, bis wir dieses Seelenteil auch gefunden haben. Sie werden mächtiger. Vor allem aber weiß Voldemort vermutlich jetzt Bescheid. Er wird alles versuchen, um sie zurückzuholen.“
„Vielleicht verrät dieses Tagebuch uns, wo er das Relikt versteckt hat“, erklärte Minerva und wollte nach dem schwarzen Buch greifen.
„Nein!“, riefen diesmal Albus und Severus gleichzeitig.
Die Lehrerin zog die Hand zurück.
„Es gibt noch ein weiteres Problem“, setzte Albus jetzt hinzu, „ich werde das Medaillon öffnen müssen, bevor es zerstört werden kann. Sobald das passiert ist, wird es sicher versuchen, uns auf irgendeine Art anzugreifen. Dann, Poppy, muss sofort das Gift zum Einsatz kommen. Sofort!“
Die Heilerin nickte.
Albus konzentrierte sich. Er hatte genug Parsel-Kenntnisse, um die Anweisung zum Öffnen zu erteilen. Sein Zischen und Fauchen klang ungewohnt und gruselig.
Das Medaillon sprang auf. Zwei blutrote Augen starrten in die Runde. An jedem der Anwesenden blieb der kalte Blick eine Weile hängen, durchbohrte und verhöhnte ihn mit einer Stimme, die aus dem Medaillon zu kommen schien. Dann konzentrierte sich der Horkrux auf die Heilerin. Er wusste von Fehlentscheidungen bei der Behandlung von Kranken und hielt Poppy ihr Versagen vor. Blasen mit anklagenden Gesichtern schwebten plötzlich aus dem Medaillon. Er spottete über eine alte Liebesgeschichte, bei der die Hufflepuff-Schülerin leer ausgegangen war, er kramte alle längst besiegten Ängste wieder hervor.
„Glaub ihm nicht! Tu es!“, schrieen die anderen abwechselnd.
Die Heilerin sammelte all ihre innere Kraft. Doch es passierte nichts. „Es geht nicht – er füllt sich nicht mit Gift. Der Becher will heilen.“
„Nein! Es liegt nicht daran. Es ist der Horkrux in ihm. Er will nicht sterben! Versuch es weiter! Du schaffst es. Du musst es wirklich wollen!“
„Eine Heilerin, die zerstört, ist keine Heilerin“, höhnte die Stimme aus dem Medaillon, „und eine Hufflepuff, die den wertvollen Becher opfert, ist keine wahre Hufflepuff!“
Poppy biss die Zähne zusammen. Sie schien mit sich selbst zu kämpfen.
.
Und plötzlich füllte sich der Becher. Es zischte und brodelte. Die Flüssigkeit schien zu kochen und mit einen lauten Geräusch brach der Becher entzwei. Das Gift ergoss sich nun auf die anderen Gegenstände im Kessel.
„Das Schwert! Nein!“, schrie Lily und wollte es im letzten Moment herausholen. „Das Schwert hat mich gerettet. Es tut noch immer seinen Dienst. Es ist nicht böse!“
Wieder war es Severus, der es verhinderte, indem er sie zurückriss.
Die Klinge des Schwertes zerbröselte. Das Buch sonderte eine weitere Flüssigkeit ab, die wie Tinte aussah, das Medaillon zerbrach und auch durch den Ring und seinen Stein ging ein Riss.
Ein letztes Aufbäumen von Voldemort, dann war es still.
Unheimlich still.
Lange traute sich keiner etwas zu sagen.
„Tja, ich schätz mal, das nennt man fünf auf einen Streich“, eröffnete Hagrid schließlich die Runde.
Doch die rechte Freude wollte nicht aufkommen.
„Wie sollen wir nun das Diadem zerstören, wenn wir es finden?“, fragte Minerva. „Der Becher kann uns nicht mehr helfen.“
„Erst einmal müssen wir es finden. Es war wichtiger, die aktuelle Gefahr zu beseitigen. Wir müssen Schritt für Schritt vorgehen“, erwiderte Albus.
„Nur mal angenommen, wir schaffen diesen nächsten Schritt irgendwie“, warf Severus ein, „was ist dann der übernächste? Wann werden wir endlich erfahren, welchen weiteren unabsichtlichen Horkrux es gibt? Warum konnte er nicht heute mit in den Kessel geworfen werden?“
„Ein Schritt nach dem anderen“, raunte der Schulleiter. Dann, scheinbar völlig zusammenhanglos, sprach er ein anderes Thema an: „Wo ist eigentlich dein Sohn, Lily?“
Diese schrak zusammen. „Was?! Ich … ich weiß es nicht … Ich habe ihn heute Nacht Nick anvertraut … heute Morgen lag ich bewusstlos im Krankenflügel – bis eben. Ich dachte, ich dachte, er hätte wie sonst auch …“
Aber Hagrid war hier. Poppy war hier. Severus auch. Alle, die gelegentlich auf ihn aufpassten, waren hier. Solange Harry schlief, war Nick ein guter Wächter, doch mit einem wachen, agilen Zweijährigen konnte ein Geist nicht allein fertig werden. Hatte er jemand anderen herbeigeholt? Sirius war tot, Marius auch und Remus unerreichbar. Vielleicht Alice? Andromeda? Molly? Oder gab es hier im Schloss noch jemanden, den Nick fragen konnte?
Oder... – Nein, an etwas anderes wollte Lily nicht denken.
„Von euch weiß keiner, wo er ist?“, fragte sie besorgt.
Die andern schüttelten die Köpfe.
„Wir find'n den Racker, mach dir ma' keine Sorgen. Weit kanner nich sein“, tröstete Hagrid sie. „Nicky wird’s schon wissen.“
Dann fiel ihr Blick auf Severus, der den Schulleiter anstarrte, als hätte er soeben etwas Schreckliches erfahren.
„Sev? Weißt du, wo er ist?“, fragte sie.
Doch Severus achtete gar nicht darauf. Warum nur hatte sie das Gefühl, als würde er Albus am liebsten an die Gurgel gehen? War das Hass in seinen Augen?
Mit gefährlich leiser Stimme fragte Severus: „Wie weit würdest du für das große Wohl gehen, Albus?“
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