von MIR
Rekommis sind HIER und HIER.
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Sie setzte sich wieder, nur um nach einer halben Minute erneut aufzustehen, sich von Harry zu verabschieden, der heute Morgen bei Hagrid blieb, und dann schweigend die Halle zu verlassen.
Auf dem Weg in ihr Zimmer holte Severus sie ein. Er nahm sie in den Arm. „Das war mutig eben“, sagte er.
„Nein. Es war dumm!“, erwiderte Lily niedergeschlagen, „Es ist nicht fair! Warum läuft alles nur so furchtbar schief, Severus?“
Er drückte ihre Hand... immer fester bis es wehtat.
„Das Leben ist nicht fair. Manche kümmern sich einen Dreck darum, was sie anderen antun... Skeeter würde für Erfolg alles tun... sie tut es bereits.“ Seine Stimme war voller Abscheu. „Wir dürfen Leute wie sie nicht gewinnen lassen!“
„Was hast du vor?“, fragte Lily beunruhigt, „Du klingst wie damals... du wirst doch nicht wieder... bitte!“
„Lily... bitte, sieh mich an. Ich werde niemals wieder schwarze Künste benutzen. Ich werde mich nicht mehr von Hass leiten lassen. Das verspreche ich dir. Ich habe gesehen, wohin das führt. … Ich meine nur, dass wir nicht zulassen dürfen, dass die Leute diesem Artikel glauben. Wir müssen die Wahrheit so lange wiederholen, bis die Leute es begreifen.“
„Du hast recht“, erwiderte Lily leise.
„Deshalb... war es richtig, was du in der Halle gesagt hast. Doch du solltest dich jetzt nicht auf dein Zimmer zurückziehen, auch wenn du Ruhe brauchst, nach dem, was gestern passiert ist. Dumbledore würde dich sicher beurlauben, aber du musst zeigen, dass du zu dem stehst, was du gesagt hast. Dass du nicht irgendwie durchgedreht bist. Wir alle sollten uns heute als Mitglieder des Ordens nicht verstecken und du als Muggelgeborene erst recht nicht... wir müssen den Schülern etwas anderes sagen, als im Tagespropheten steht.“
Sie nickte.
„Ich weiß, es ist schwer für dich. Glaubst du, du schaffst es?“
Wieder nickte Lily. „Ja. Danke, Severus. Ich bin so froh, dass du da bist. Dass du bei mir bist.“
„Wirklich?“, fragte er und Lily entging der zittrige Unterton in seiner Stimme nicht, während sie zum dritten Mal nickte.
***
Im Unterricht war es heute tatsächlich schwerer für Lily als sonst. Die Schüler wirkten distanziert. Es gab keine offenen Proteste, die Schüler folgten ihren Anweisungen ohne Widerstand und doch bekam Lily mit, wie an allen Ecken getuschelt wurde. Bereits am Ende der ersten Doppelstunde mit Viertklässlern aus Ravenclaw und Slytherin hielt sie es nicht mehr aus: „Okay, wer von euch hat heute den Tagespropheten gelesen?“
Niemand meldete sich.
„Ich weiß, dass das nicht stimmt. Keine Angst, ich werde hier keine ungerechten Punkte abziehen, noch hat jeder in diesem Land das Recht dazu, zu lesen, was er will.“
„Meinen Sie einen bestimmten Artikel?“, fragte ein Junge aus Ravenclaw.
„Ja. Und ihr wisst auch welchen!“
Der Ravenclaw meldete sich nun trotzig, zögernd folgten ein paar weitere Hände, immer mehr, bis schließlich der ganze Kurs seine Hand in die Luft streckte.
„Gut. Dann wissen wir auch alle, worüber wir reden. Ihr wisst, dass ich Mitglied des in diesem Artikel kritisierten Phönixordens bin?“
Die Schüler nickten.
„Nun, ich bin muggelgeboren, das wisst ihr auch. Aber ich bin die Einzige im Orden, auf die das zutrifft. Wisst ihr, wie viele Reinblüter im Orden sind?“
Die Schüler sahen sie ratlos an.
„Es sind über die Hälfte. Weit über die Hälfte, fast Dreiviertel. Die anderen sind Halbblüter... und wir haben – nicht zu vergessen – noch eine Squib dabei. Aber auch nur eine. Wie kann der Orden scharf darauf sein, Reinblüter zu ermorden?“
Die Schüler schwiegen und blickten umher.
„Wie viele dieser Reinblüter sind Slytherins?“, fragte schließlich ein Schüler dieses Hauses leise, „Ich meine... Sirius Black war vielleicht selbst ein Gryffindor, aber er stammte aus einer uralten Slytherinfamilie.“
„Du hast recht. Wir haben nur einen, der in eurem Haus war... aber das liegt nicht daran, dass wir Slytherin verurteilen. Es liegt an... es wollte einfach sonst keiner bei uns mitmachen.“
Sie machte eine kleine Pause und sah nun die Schüler des grün-silbernen Hauses der Reihe nach an. „Habe ich bei euch jemals den Eindruck hinterlassen, ich würde euch nicht leiden können? Habe ich euch unfair behandelt? Schlechter als die Ravenclaws?“
In ein paar Gesichtern erkannte sie Zustimmung, doch sie hatte längst nicht alle überzeugt:
„Jeder weiß, dass Sie und unser Hauslehrer... ähm... irgendwie... zusammen sind.“ Ein paar Schüler kicherten. „...Das heißt nicht, dass die anderen Leute von diesem Orden auch Slytherins gegenüber fair sind.“
„Wie ist es mit Professor McGonagall? War sie jemals unfair? Sie hat keine besondere Beziehung zu Professor Snape.“ Jetzt kicherten noch mehr Schüler. „...Auch nicht zu eurem alten Hauslehrer Professor Slughorn. - Aber okay, ja, ihr habt nicht ganz unrecht. Einige von uns haben gewisse Vorbehalte gegen Slytherin. Immerhin kamen die meisten Todesser aus diesem Haus, das kann keiner von euch abstreiten. Aber das heißt nicht, dass wir unsere eigenen Leute umbringen, nur weil sie mit Slytherins verwandt sind!!! Wir sind die, die dagegen sind, Menschen aufgrund ihrer Herkunft zu diskriminieren! Wir sind die, die glauben, dass alle gleich viel wert sind.
Voldemort ist zurück. Es gehörte schon immer zu seiner Taktik, möglichst schnell Einfluss auf den Tagespropheten zu nehmen, um seine Gegner in Verruf zu bringen. Rita Skeeter etwas zuzuspielen ist leicht. Sie war stets eine Person, die Informationen, die eine Sensation versprechen, gierig aufnimmt ohne groß den Wahrheitsgehalt zu überprüfen.“
Gebannt hatten die Schüler ihrer Rede gelauscht, trotzdem gab es noch immer Skepsis: „Meine Eltern sagen, dass Skeeter zwar manchmal übertreibt, aber dass immer etwas Wahres dran ist an dem, was sie schreibt. Und dass sie sich traut, Dinge beim Namen zu nennen.“
„Schön. Wenn ihr den Artikel für so glaubwürdig haltet, dann glaubt es halt. Aber stellt euch bitte nur ein einziges Mal vor, was wäre, wenn ich – und die anderen vom Orden Recht haben – was wäre, wenn Voldemort tatsächlich zurück ist, und versucht, seine Gegner unschädlich zu machen. Wenn zuletzt keiner mehr übrig ist, der sich traut, gegen ihn zu sein? Wollt ihr das wirklich? Nach allem, was in den letzten Jahren geschehen ist? Ich denke, die Zeiten sind vorbei, wo man wild darauf war, ihm nachzufolgen. Auch im Hause Slytherin.“
Die Schüler schwiegen und sahen sich an.
„Wie kann er leben, wenn alle so sicher waren, dass er tot ist?“
Lily lächelte in sich hinein. Endlich die richtige Frage! „Eigentlich habe ich euch das doch bereits erklärt, aber ich wiederhole es noch einmal: Er hat einen verbotenen schwarzmagischen Zauber benutzt, dunkler als alles, was ihr kennt und was ich euch erklären darf. Dieser Zauber verhindert, dass er stirbt. Er hatte letztes Jahr seinen Körper verloren, doch sein Bewusstsein lebte weiter. Vor kurzem ließ er den Stein der Weisen aus Gringotts stehlen und nun hat er dadurch auch wieder eine normale Gestalt.“
Die Meinungen blieben geteilt, doch Lily spürte, dass sie zumindest ein paar Schüler überzeugt hatte. Das musste für's Erste reichen. Insgesamt war Lily froh, es durchgestanden zu haben.
In den nächsten Stunden lief es ähnlich.
Nach dem Unterricht holte sie Harry von der Krankenstation ab. Er hatte diesmal Poppy „geholfen“, da Hagrid heute Nachmittag wenig Zeit hatte. Die sonst so reservierte Heilerin schwärmte geradezu vom Charme ihres „Hilfsassistenten“.
Auf dem Weg zu ihren Wohnräumen, wo sie sich mit Severus treffen wollte, begegnete sie Peeves. Genervt stöhnte sie auf. Den brauchte sie heute wirklich nicht!
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