von MIR
--> REKOMMIS
Hier ist das neue Kapitel. Diesmal geht es wie versprochen um Sirius. Da ich an die Ereignisse vor drei Kapiteln anknüpfe, kommt hier noch einmal eine kleine Erinnerungshilfe:
Sirius hat von Candy die Wahrheit über Regulus und Kreacher erfahren und ist jetzt so betroffen, dass er weint und sich Vorwürfe macht, dass er nichts geahnt hat. Unter anderem denkt er, dass Regulus ihm nicht vertraut hat, weil Sirius Kreacher hasst. Kreacher betritt das Zimmer und bekommt alles mit.
***
Schließlich blickte er auf. „Wie lange stehst du schon da? Was hast du alles mitangehört?“, fuhr er den Hauselfen an.
„Kreacher hat gehört, dass Meister Sirius um seinen Bruder trauert, genauso wie Kreacher trauert, dass Meister Regulus tot ist. Und Kreacher hat gehört, dass Meister Sirius Kreacher hasst, aber das wusste Kreacher schon.
Und Kreacher hatte Herrin Candy gebeten, die Geschichte nicht weiterzuerzählen. Jetzt muss Kreacher sich bestrafen, weil jemand von der Familie die Geschichte erfahren hat. Meister Regulus hat Kreacher verboten...“
„Nein! Ich verbiete dir dich zu bestrafen!“, rief Sirius aufgebracht.
„Aber Kreacher hat das Gebot von Meister Regulus nicht beachtet. Kreacher muss sich bestrafen!“, antwortete der Elf gequält.
Sirius packte ihn, bevor er seinen Kopf gegen die Wand schlagen konnte. „Hör zu, Kreacher: Du hast keinen Befehl missachtet. Du hast es nur Candy gesagt. Regulus hat dir aufgetragen, das Medaillon zu zerstören. Alleine kannst du es aber nicht. Du brauchst meine Hilfe. Deshalb hat Candy es mir gesagt. Ich werde dafür sorgen, dass es zerstört wird, damit Regulus nicht umsonst gestorben ist. Ich will nicht, dass er umsonst gestorben ist. Glaubst du mir das?“
„Kreacher glaubt es. Kreacher hat gesehen, dass Meister Sirius geweint hat. Dabei hat Kreacher immer gedacht, Meister Sirius hat keine Gefühle. Keine guten Gefühle, er war immer nur voller Zorn.“
Sirius sah den Hauselfen verblüfft an. „Das hast du geglaubt? Das hast du wirklich geglaubt? Habe ich mich so schrecklich benommen?“
Von Candy kam ein geräuschvolles Hüsteln, aber sie mischte sich nicht ein.
An Sirius zogen Bilder aus seiner Kindheit und Jugend vorbei. Die Begegnungen mit Kreacher kamen ihm in den Sinn. Wenn man es objektiv betrachtete, war er tatsächlich nie besonders freundlich zu Kreacher gewesen.
Der Hauself hatte sich immer loyal seinen Eltern gegenüber verhalten. Bei jedem Streit hatte er ihre Partei ergriffen und hinterher betont, was für ein unartiger Junge Sirius war. Die Wut auf seine Eltern, gegen die er sich nicht durchsetzen konnte, hatte Sirius dann bei ihm abgeladen. Er hatte sich nie wirklich Gedanken darüber gemacht, was Kreacher dabei empfinden würde.
Regulus dagegen war angepasst und brav gewesen. Der Hauself hatte ihn vergöttert, aber Sirius hatte dafür nur Verachtung übrig. Jetzt sah alles auf einmal anders aus. Jetzt, wo er wusste, wie mutig Regulus in Wahrheit für das Richtige eingetreten war, konnte er auch zugeben, dass sein Bruder mit der Behandlung des Hauselfen Recht gehabt hatte. Auch Kreacher war ein lebendiges Wesen, das Respekt verdiente und Gefühle hatte. Selbst wenn Hauselfen sich den Luxus, ihre eigenen Gefühle zu zeigen, meistens nicht erlauben durften, waren diese vorhanden. Es war ein ewiges Streitthema zwischen den Brüdern gewesen, bei dem er Regulus nie ernst genommen hatte.
„Kreacher, es tut mir leid. Ich war nicht immer fair zu dir, früher... und ich hasse dich wirklich nicht.“
Kreacher riss die Augen so weit auf, dass sie kugelrund wurden, und seine Fledermausohren flatterten. „Meister Sirius entschuldigt sich bei... einem Hauselfen?“, fragte er ungläubig. „Kreacher wusste nicht, dass Meister Sirius so großmütig und edel sein kann. Meister Sirius ist... ein bisschen wie Meister Regulus.“
„Danke“, sagte Sirius gerührt, „das ist im Moment gerade so ziemlich das netteste Kompliment, das du mir machen kannst.“
„Meister Sirius bedankt sich bei Kreacher! Er mag Kreacher!“ Jetzt quollen dicke Tränen der Freude aus den Augen des kleinen, alten Elfen.
Sirius konnte es kaum fassen. „Ich hätte nie gedacht, dass es so einfach ist“, murmelte er und wandte sich dann wieder an Kreacher: „Ich werde ab jetzt immer versuchen, freundlich zu sein, das verspreche ich. Vielleicht hilft uns beiden das ein bisschen, mit der Trauer um Regulus klarzukommen.“
Der Elf heulte auf und warf sich ihm zu Füßen. „Meister ist so gut zu Kreacher.“
„Nein, das sollst du nicht!“, rief Sirius erschrocken. „Steh auf!“
Er zog den Elf nach oben. „Du musst das nicht tun. Ich mag dich auch so...“
Sirius wartete, bis Kreacher sich wieder ein bisschen beruhigt hatte. Trotz allem, was er gerade erlebt hatte, konnte Sirius aber nicht vergessen, was in diesem Haus gerade vor sich ging.
„Hör mal, Kreacher, meinst du, du schaffst es, meiner Mutter nicht zu verraten, dass ich hier bin?“
Kreacher nickte.
„Dann befehle ich dir das hiermit. Außerdem habe ich eine Frage: Kannst du mir sagen, wer da unten alles im Wohnzimmer ist und wie oft sie sich treffen?“
„Darüber darf Kreacher nicht reden. Herrin Walburga hat es streng verboten. Wenn Kreacher...“
„Schon gut. Das verstehe ich. Dann... dann darfst du jetzt gehen.“
„Wow, das war ja 'ne Romanvorlage, die ihr da geliefert hat“, sagte Candy als der Elf sich zurückgezogen hatte. Große Gefühlsdramatik, besser als in „Die hilflose Liebe des herrischen Heilers“ – das ist das Buch das ich gerade lese. Da geht es darum, dass der Heiler Henry Hugh Hansen...“
„Das interessiert mich jetzt weniger. Du kannst mir die Frage beantworten, die ich Kreacher gestellt habe. Also?“
Ärgerlich sah Candy ihn an. „Vielleicht will ich sie aber nicht beantworten. Erstens bin ich kein Hauself und zweitens könnte ich Walburga auch was versprochen haben.“
„Du hast heute mehrmals gesagt, dass du gegen Voldemort bist. Deshalb wirst du mir ja wohl was über die Todesser verraten können“, entgegnete Sirius unwirsch.
„Auch wenn ich kein Elf bin, reagiere ich auf Freundlichkeit. Und falls es dir schwer fällt, freundlich zu sein, solltest du dich mal erinnern, wer dich da eben rausgeholt hat – und wer dir die Geschichte über deinen Bruder erzählt hat.
Candy hatte recht. Er hatte heute eine völlig neue Seite an ihr kennengelernt. Trotzdem ärgerte es ihn noch immer, dass ausgerechnet dieses naive Püppchen die Mutter seines Sohnes werden sollte. Er konnte sich einfach nicht an den Gedanken gewöhnen. ... „Ja, du hast recht“, sagte er laut und versuchte zu lächeln, „Danke für alles. Und bitte, du hilfst uns wirklich sehr, wenn du mir sagst, was du über die Treffen weißt.“
„Na gut. Soweit ich das mitgekriegt habe, ist es nur noch der harte Kern, der sich trifft. Einige sind abgesprungen, seit du-weißt-schon-wer nicht mehr dabei ist. Sie treffen sich so etwa zweimal die Woche, aber die Namen kenn' ich nicht alle.“
„Wer ist die zweite Frau und wo ist Malfoy?“
„Die Frau heißt, so weit ich weiß, Travers und Lucius Malfoy liegt im Sterben. Ich dachte, du wüsstest das. Walburga war heute morgen – als du hier warst – bei ihrer Nichte. Sie sagt, Narcissa ist fast völlig verrückt vor Sorge, was werden wird. Und sie kann nicht verstehen, warum du-weißt-schon-wer Lucius das angetan hat, obwohl der ihm doch immer treu ergeben war. - Arme Narcissa, sie hat dann auch ein Kind ohne Vater.“
„Dein Kind wird einen Vater haben“, knurrte Sirius, „Weißt du, was die Restgruppe plant?“
„Keine Ahnung, aber wenn ihr Chef sich nicht bald wieder zeigt, dann wird bald keiner mehr dabei sein. Die sind doch alle damals freigesprochen worden. Meinst du, sie wollen jetzt Askaban riskieren?“
„Es gab neue Überfälle. Irgendwer muss das gewesen sein und wer dabei war, hat bereits eine Zelle in Askaban gebucht. Pettigrew wurde außerdem sowieso nicht freigesprochen. Er wird gesucht, seit rauskam, dass er noch lebt. Er hat mindestens zwölf Menschen ermordet.“
„Dann hat der wahrscheinlich das größte Interesse daran, dass du-weißt-schon-wer zurückkommt“, ergänzte Candy.
„Wir sollten einfach die Auroren alarmieren, dass er hier ist!“
„Das geht nicht. Es liegen so viele dunkle Schutzbanne auf dem Haus. Sie kämen nicht durch...“
„Aber ich... bin doch auch ganz einfach...“
„Das war etwas anderes. Bei dir wirkt der Zauber anders, weil... sie... sie wollten, dass du kommst... Du bist derjenige, der du-weißt-schon-wen angegriffen und vertrieben hat. Eigentlich hätten die Todesser – zumindest Walburga – sofort merken müssen, wenn du hier eindringst. Vielleicht lag es an deinem Umhang... oder an diesem Messer... keine Ahnung.“
„Moment mal...? Du hast mich doch hierher gelockt. Beim ersten Mal heute morgen. Du wolltest also, dass ich in eine Falle laufe? Von dem Umhang oder dem Messer wusstest du doch vorher gar nichts.“
„Nein!“, sagte Candy erschrocken, „Nein, so war es nicht! Glaub mir!“
„Wie war es dann? Ich kann mir gerade keinen logischen Reim darauf machen.“
Candy biss sich auf die Lippen. „Ich war mir eben sicher, dass du ihnen ein Schnippchen schlagen würdest, und dass du nur kommst, wenn du einen guten Plan hast und wenn du weißt, dass sonst keiner da ist. Ich habe nicht erwartet, dass du noch mal zurückkommmst, wenn sie sich versammeln.“
Neuer Ärger stieg in Sirius auf: „Und das Risiko bist du einfach mal locker eingegangen, als du mich aufgefordert hast zu reden? Warum warst du nicht bereit, dich mit mir bei Florean oder sonst wo zu treffen?!“
„Ich... ich darf das Haus nicht verlassen. Sie haben Angst, dass ich was ausplaudern könnte“, erwiderte Candy leise.
„Du lebst hier wie eine Gefangene? Dann versuch doch abzuhauen! Komm mit mir! Oder lass dich von Kreacher in Sicherheit bringen. Elfen können überallhin apparieren.“
„Nein!“, erwiderte Candy trotzig, „Mir geht es gut hier. Trotz allem. Es ist das Beste für das Kind. Ich kann nicht auf der Flucht sein. Ich will es auch gar nicht!“
„Du entscheidest dich also für all das hier? Nach allem, was du weißt?“
„Ja. Aber... bitte – vertrau mir. Bitte glaub mir. Ich würde niemals wollen, dass dir etwas zustößt. Wirklich nicht... du bist doch... sein Vater... und überhaupt... früher da... vor langer Zeit einmal, da… da habe ich dich... sozusagen gemocht... auch wenn ich jetzt natürlich längst darüber hinweg bin.“
Sie wirkte so verzweifelt, dass Sirius einfach nicht anders konnte, als sie in den Arm zu nehmen. Sie wehrte sich nicht und schluckte ein paar mal schwer. Er war ein ungewöhnliches Gefühl, den dicken Bauch zwischen den Körpern zu spüren. Noch ungewöhnlicher war es, als er auf einmal einen zarten Stoß gegen seinen eigenen Bauch verspürte.
„Er ist wach“, erklärte Candy und lächelte jetzt wieder ein kleines bisschen, „er trainiert mal wieder Quidditch.“
„Das ist... unglaublich... da ist wirklich ein kleiner Mensch drin? Mein Sohn?“
Er legte seine Hand auf ihren Bauch.
Candy lächelte noch immer, doch dann gab sie sich einen Ruck und schob die Hand weg. „Hör zu, Black: Du gehst jetzt besser. Bevor die da unten fertig sind. Und bevor ich anfange, mir wieder unsicher zu werden. Ich werde nicht mit dir kommen. Trotz allem, was hier im Haus abgeht. Es liegt nicht nur daran, dass ich nicht auf Flucht sein will. Ich habe auch gemerkt, dass ich besser klar komme ohne dich. Ohne überhaupt ständig irgendwem hinterherzulaufen. Und das soll auch so bleiben. Bitte geh!“
„Das hier nennst du 'besser'? Diesen... rosa Käfig?!“
„Ja. Und jetzt geh endlich.“
Vorsichtig schlich sich Sirius im Tarnumhang nach unten und tatsächlich gelang es ihm erneut, unbehelligt das Haus zu verlassen.
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