von MIR
Rekommis
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Eine kleine Auswahl von Phönixmitgliedern hatte sich in Dumbledores Büro versammelt. Nachdem Sirius Albus das Medaillon gezeigt hatte, hatte dieser alle Hogwartsbewohner, die zum Orden gehörten, zusammengerufen. Minerva - sie war extra angereist - Severus, Hagrid und Lily starrten Sirius und das mitgebrachte Medaillon an.
„Ohne Zweifel ein Horkrux“, stellte Severus sachlich fest.
„Horkrux?“, flüsterte Lily, „Wirklich 'Horkrux'? Ich glaub's nicht. Das kann doch gar nicht sein, dass jemand sowas wirklich gemacht hat. Selbst Voldemort... Ich dachte immer, die Geschichten darüber wären so eine Art Schauermärchen für Zauberer.“
„Gab ja öfters schon ma Schauergeschichten hier, die wahr geworden sin“, brummte Hagrid, „Horkruxies kenn ich nich, aber die Kammer...“
Doch Albus ließ ihn nicht ausreden. „Ich fürchte, Lord Voldemort hat eine gewisse Leidenschaft dafür, den wahren Kern solcher Erzählungen herauszufinden.
Minerva war blass geworden. „Wenn es ihm wirklich gelungen sein sollte, ist es eine ganz und gar entsetzliche Vorstellung.“
„Eigentlich nicht“, meldete sich Sirius zu Wort. „Wenn ich das jetzt richtig verstanden habe, müssten wir nur das Ding hier erledigen und schon hätten wir ihn auch beseitigt. Einen Körper hat er zur Zeit nicht. Das heißt, das hier ist alles, was ihm am Leben erhält.“
„Und wie? Wie erledigt man einen Horkrux?“, fragte Lily.
„Ich würde jemanden fragen, der in dunklen Künsten bewandert ist“, sagte Sirius und sah Severus herausfordernd an.
Dieser nickte, erwiderte den Blick jedoch nicht. „Ich habe in der Tat bereits danach geforscht, welche Möglichkeiten es gibt. Die Vernichtung eines Horkruxes ist fast unmöglich. Nur ein außergewöhnliches Gift, wie etwa das eines Basilisken oder ein aus dunklen Flüchen heraufbeschworenes Feuer vermögen ihn zu zerstören.“
„Toll“, sagte Lily, „das mit dem Basilisken scheidet ja schon mal aus. Oder hat jemand zufällig einen an der Hand? Hagrid vielleicht?“
„Na ja, man bräucht' ein Schlangenei un' ein Huhn. Wär' vielleicht mal ganz interessant so'n Kleines aufzuziehen. Is ja nich unbedingt gesagt, dass die 'n schlechten Charakter ham.“
„Hagrid!“, rief Minerva. „Das ist nicht dein Ernst!“
„Bleibt das Feuer“, fasste Sirius zusammen. „Wie genau geht das?“
„Ich würde es lieber nicht in Erwägung ziehen. Es ist fast unmöglich, das sogenannte Dämonsfeuer wieder zu löschen. Es greift in Windeseile zerstörerisch um sich. Es könnte ganz Hogwarts vernichten“, erklärte Severus.
„Könnt' auch sein, dass es hier ganz in der Nähe schon 'n Basilisken gibt“, kam Hagrid auf die andere Methode zurück. „Vielleicht is er näher ist, als alle hier denken...... das hab ich damals ma vermutet... es passte alles... aber keiner wollte 's glaub'n. Alle ham se den lieben Aragog verdächtigt.“
Jetzt meldete sich auch Albus wieder zu Wort. „Du weißt, ich kenne die Spekulationen, aber wir haben doch beide keine Ahnung, wie er zu finden ist.“
Lily, Severus, Sirius und Minerva sahen die beiden sprachlos an. „Redet ihr von damals?“, fragte die Verwandlungslehrerin. „Vor vierzig Jahren? Das war noch bevor ich hier anfing, aber ich denke, es muss jemanden geben, der den Eingang kennt. Der, der es damals wirklich...“
„Wäre es nicht an der Zeit, uns ahnungslose junge Hüpfer ein wenig aufzuklären? Oder der Einsatz von Legilimentik gewünscht, um unsere Fähigkeiten unter Beweis zu stellen?“, fragte Severus spöttisch.
„Du hast selbstverständlich recht, Severus“, beschwichtigte ihn Albus, „doch der Basilisk ist nicht unser Hauptproblem. Es könnte sein, dass es noch einen weiteren Horkrux gibt. Einen, der zu kostbar ist, um ihn zu … zerstören.“
„Kostbar?“, erwiderte Sirius, „Alles, was der Typ verseucht hat, ist nicht mehr kostbar. Ich würde sagen, wir versuchen ein kleines Feuerchen, das wir irgendwie unter Kontrolle halten und dann ab in die Flammen mit dem Zeug. Natürlich müssten wir diesen anderen, angeblich wertvollen Horkrux erst mal in die Finger bekommen.“
„Wir haben ihn schon“, erwiderte Albus und seine Stimme klang so traurig, dass Lily eine Gänsehaut über den Rücken lief.
„Bevor wir das Risiko eines Dämonsfeuers eingehen, sollten wir uns vergewissern, dass nicht noch weitere Horkruxe vorhanden sind. Wo zwei sind, sind vielleicht auch drei“, gab Severus zu bedenken.
„Severus“, sagte Minerva erschrocken, „drei Horkruxe? Hat er... hat er vielleicht einmal so etwas angedeutet? Ich meine, unter seinen Anhängern? Anscheinend glaubten ja einige, er sei unsterblich?“
Langsam nickte Severus. „Der innerste Kreis, seine engsten Vertrauten … er ließ uns wissen, dass er Schritte in die Unsterblichkeit gemacht hatte. Der Gedanke an einen Horkrux war mehr ein Geflüster unter uns. Für die meisten trotz allem unvorstellbar. Wir ahnten auch nicht, welchen Gegenstand er wählte und wo er ihn versteckte. Schon gar nicht, dass es mehrere sein könnten. Der Gedanke kam mir erst jetzt. Ich habe auch keine Vorstellung davon, wie Regulus vom Medaillon Slytherins erfuhr und wie er es in die Finger bekam.“
„Das wüsste ich auch gern“, brummte Sirius, „anscheinend habe ich mich wirklich komplett in meinem Bruder getäuscht. Es ist unvorstellbar, dass er... Bin gerade in Punkto Menschenkenntnis nicht so auf der Höhe.“
Severus zog eine Augenbraue in die Höhe, sagte aber nichts.
Die Gedanken von Sirius kreisten unaufhörlich um Regulus. Was war damals genau geschehen? Er musste es wissen. Er hätte heute Morgen nicht gehen dürfen, ohne mit Kreacher selbst zu sprechen. Er musste so bald wie möglich noch einmal zurück, um den Elfen zu verhören.
„Eigentlich war ich der Ansicht, dass der zweite Horkrux nicht beabsichtigt war“, griff Albus dieses Thema wieder auf, „doch möglicherweise gibt es Anzeichen dafür, dass Lord Voldemort in der Tat noch mehr Seelenbruchstücke abgespalten hat. Vor allem die Veränderung seines Körpers, die Entmenschlichung, spricht dafür.“
„War mal'n hübscher Junge. Nich grad freundlich, kann man sagen, aber die Leute ham 'n gern angesehen.“
Lily, Severus und Sirius konnten es kaum glauben. „Dieses Schlangenmonster?“, empörte sich Lily und schüttelte sich unwillkürlich.
„Er war ein Mensch“, ergänzte Minerva. „Und ja, wenn ich darüber nachdenke, könnte das eine plausible Erklärung sein. Darüber hinaus hat er genug widerwärtige Morde begangen, um sogar mehr als drei Horkruxe zu erschaffen.“
„Dann sollten wir versuchen, die eventuellen anderen Artefakte zu finden, bevor wir dann alle gemeinsam zerstören“, fasste Severus zusammen.
„Finden? Und wie?“, fragte Lily, „Es kann ja alles sein. Jeder Gegenstand. Wie sollen wir herausfinden, wie viele und welche es sind? Außerdem kann ich das immer noch nicht glauben. Ein Horkrux oder sogar mehrere? Denkt mal drüber nach, was ihr da eigentlich behauptet!“
„Leider scheint die Vermutung realistischer als mir lieb ist. Ich habe ein paar Ideen, welche Personen ich befragen könnte, um Details zu erfahren“, erklärte Albus. „Doch bis dahin muss ich euch um absolute Geheimhaltung bitten. Niemand, außerhalb dieses Kreises, niemand, auch kein Ordensmitglied darf davon erfahren. Wir sechs müssen das Geheimnis unter allen Umständen bewahren. Nur so können wir ihm in Ernstfall einen Schritt voraus sein.“
Alle nickten ernst, auch wenn Severus einen skeptischen Blick auf Hagrid warf.
„Bis dahin sollten wir um jeden Preis vermeiden, dass Lord Voldemort wieder einen neuen Körper bekommt. Ich habe mich entschlossen, den Stein der Weisen nach Hogwarts zu holen.“
Es folgte eine weitere Diskussion und erste Pläne darüber, wie der Stein zu schützen wäre. In den Schutz sollten noch weitere Lehrer wie Pomona und Filius einbezogen werden.
***
Nach der anstrengenden Beratung machten Lily und Severus am Spätnachmittag einen ausgedehnten Spaziergang über das Gelände, während Harry mit dem Welpen Fang bei Hagrid herumtobte und Sirius sich auffallend eilig davon gemacht hatte. Es war warm und sonnig und so ließen sie sich schließlich am Seeufer nieder.
„Puh... also für heute Abend ist Voldemorts Name tabu. Ich kann ihn echt nicht mehr hören“, seufzte Lily.
„Das sollte er sowieso sein. Es ist gefährlich, ihn zu unterschätzen! Sein Name ist Teil seiner Macht.“
„Ich will jetzt nicht mehr drüber reden, okay? Wir haben eben stundenlang diskutiert. Es reicht. Noch lebe ich, da will ich auch mal an was anderes denken. Gibt es kein besseres Thema?“
„Doch.... die Schule. In knapp zwei Wochen ist der erste September.“
Lily stöhnte, doch Severus fuhr ungerührt fort, während seine Mundwinkel verdächtig zuckten: „Vielleicht wäre es angemessen, heute Abend gemeinsam die Lehrpläne durchzuarbeiten. Außerdem hätte ich gerne einen zwanzig Zoll langen schriftlichen Bericht über deine Aktivitäten im Zaubertränkeunterricht, der...“ Weiter kam er nicht, denn eine Ladung Schrumpelfeigen attackierte ihn wie ein Schwarm heißhungriger Piranhas. Lily hatte ihren Zauberstab gezückt und sagte lässig: „Nun meine Aktivitäten lassen sich nur schwer zu Papier bringen. Doch diese netten Früchtchen hier habe ich zum Beispiel mit Erfolg eingesetzt.“
„Tatsächlich? Und du führst sie immer mit dir, damit du jederzeit einen Schrumpftrank brauen kannst?“, fragte Severus.
„Nein. Nur um gewisse übereifrige Zaubertränkelehrer zu bremsen.“
„Na gut, na gut, ich gebe auf“, sagte er und zog sie erneut zu sich heran, um sie fest in seinen Armen halten zu können.
„Schön, dass du wieder da bist“, sagte Lily und kuschelte sich an ihn. Nach einer Weile fuhr sie fort: „Aber ich vermisse auch die anderen Lehrer. Die Gesellschaft von einem monsterverrückten alten Professor und einer völlig durchgeknallten Wahrsagerin ist manchmal wirklich anstrengend.“
„Hat Sybill etwa deinen Tod vorausgesagt?“, fragte Severus belustigt.
„Nein, das wäre ja noch harmlos. In letzter Zeit spinnt sie total. Ich weiß nicht, was Albus an ihr findet. Kannst du dir vorstellen, dass sie jemals irgendetwas Sinnvolles prophezeit hat?“
Mit einem Schlag war Severus wieder ernst. Er wirkte ertappt und sah Lily nachdenklich an. Er schien zu überlegen, bevor er leise sagte: „Nein, ich denke nicht.“
Lily, die Spott erwartet hatte, war irritiert, doch er überspielte es. „Wen hast du denn neben dem übereifrigen Zaubertränkelehrer alles so vermisst?“
„Aurora zum Beispiel. Manchmal habe ich das Gefühl, sie ist die einzige Vernünftige hier. Pomona und Septima sind aber auch ganz nett. Übrigens hat Aurora dich gut bei den Slytherins vertreten. Sie mögen sie – genauso wie dich... und auf jeden Fall mehr als mich.“
„Das wird schon noch. Für Slytherins ist es einfach schwerer, dich zu akzeptieren. Bleibt noch immer die Frage, wie deine Vertretung im Unterricht so war... Was hast du wohl aus meinem Fach gemacht?“ Er lachte sie an und fuhr fort: „Wahrscheinlich etwas Gutes. Lass mich raten: Ihr habt 'die 42 Anwendungen von Schrumpelfeigen' entwickelt. Punkt Eins – Attacke gegen...“
„Nicht ganz. Vielleicht wirst du entsetzt sein“, neckte Lily ihn. „Ich war so unfähig, dass den meisten Schülern der Unterricht sogar Spaß gemacht hat.“
Nun sah Severus sie irritiert an. „Was meinst du denn jetzt damit?“
„Ich meine... und das ist mein Ernst, dass du einige Schüler ganz schön unterschätzt. Nicht alle sind so unbegabt, wie du denkst.“
„Ich habe nie behauptet, dass alle unbegabt sind... es gibt durchaus... einige...“
„... aus Slytherin...“, fuhr Lily belustigt fort.
„... die etwas können. Und ja, es sind tatsächlich viele Slytherins dabei. Aber auch Ravenclaws“, führte er seinen Satz zu Ende.
„Nun, Gryffindors sind nicht grundsätzlich Idioten, nur weil James in deinen Augen einer war. Und Hufflepuffs sind nicht dumm, nur weil sie ein freundliches Wesen haben.“
Er nahm ihre Hand in seine und sah ihr in die Augen. „Ich glaube nicht mehr, dass James ein Idiot war. Nicht nur zumindest. Und Black auch nicht.“
„Dann ist es ja gut.“
„Ein gewisser Slytherin dagegen...“, fuhr er fort.
„Jetzt auch nicht mehr... das weißt du. Du solltest dich hüten, etwas gegen jemanden zu sagen, den ich so lieb habe.“
Sie lächelte und ihre Blicke trafen sich erneut. Seine dunklen Augen wirkten offen und verwundbar. „Ich... ich kann es eben immer noch nicht richtig glauben“, flüsterte er und küsste sie. „Mein ganzes Leben lang hatte ich solche Angst, dich zu verlieren. Ich habe sie immer noch. Nie habe ich ernsthaft zu hoffen gewagt, dass du für mich einmal mehr als... Freundschaft empfinden könntest.“
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Falls es euch zu langweilig ist, dass Lily und Sev sich immer noch verstehen: Das Gespräch wird noch brisanter werden.
Und wer einen Cliff vermisst, sollte sich mal fragen, was Sirius eigentlich so treibt...
Und bitte wundert euch nicht, dass Dumbledore diesmal auch Minerva und Hagrid ins Vertrauen zieht. Es ist eine ziemlich andere Situation als in Buch 6.
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