von MIR
Hier sind die Rekommis. Danke an alle!
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Halb hatte sie schon erwartet, eine Antwort von Severus zu bekommen, doch es war ein offizieller Brief vom Zauberei-Minsterium. Als sie ihn öffnete, fiel eine Broschüre heraus:
Erlass 327: Pflichten und Rechte von Zeugen, Angeklagten und Nebenklägern in magischen Straf- und Zivilprozessen, aktualisierte Auflage vom 09.01.1982. Schutzgebühr – 1 Sickel.
Für dieses Pamphlet hatte die Eule also das Geld gewollt. Lily nahm es kurz in die Hand, bevor sie den Brief las. Auffällig war, dass einige Paragraphen rot aufblinkten, als sie die Seiten aufschlug:
§ 28: Zu einer Straf- oder Zivilverhandlung ordentlich geladene Zeugen dürfen ihr nur unter folgenden Voraussetzungen fernbleiben:
- 1.Tod
- 2.Schwerwiegende, von einem Heiler bestätigte Erkrankungen oder Fluchschäden
§ 64.2: Ist eine absolute Wahrheitsfindung unter allen Umständen unerlässlich, ist der Einsatz von Veritaserum anzuraten.
§ 64.3: Ist zu erwarten, dass die befragte Person fähig ist, die Wirkung von Veritaserum gemäß §64.2 zu unterdrücken, so ist im Sinne des Allgemeinwohls ein unbrechbarer Wahrheitsschwur von obengenannter Person abzuleisten.
Lily ließ das Heft sinken. Ein unbrechbarer Schwur! Das war in der Tat eine unfassbare Erneuerung der Gesetze. Warum hatte der Zaubergamot gerade jetzt, nachdem fast alle Todesserprozesse vorbei waren, diese Verschärfung eingeführt? Und wieso bekam gerade sie, Lily Potter, diese Paragraphen zugeschickt? Der einzige Prozess, der noch ausstand, war der gegen die Lestranges und da war die Sachlage doch eigentlich klar.
Lily nahm nun endlich das Begleitschreiben in die Hand. Es war eine Vorladung. Sie sollte als Zeugin aussagen im Prozess gegen die Lestranges. Es ging um den Überfall im November. Das hatte sie schon erwartet.
Doch dann ging es weiter:
2.Zeugenaussage im Prozess gegen Mr. Bartemius Crouch jr. wegen Beteiligung an obengenanntem Überfall
3.Zeugenaussage im Prozess gegen Mr. Severus Snape wegen Falschaussage und Beteiligung an obengenanntem Überfall.
Zum Schluss wurde noch einmal ausdrücklich darauf hingewiesen, dass sie kein Recht hatte fernzubleiben oder die Aussage zu verweigern.
Severus? Wieso war er angeklagt? Er hatte sie doch gerettet? Ohne ihn wäre sie tot oder in einem Zustand wie Frank. Ohne ihn hätte auch Alice wahrscheinlich nicht mehr rechtzeitig gerettet werden können.
Ein warmes Gefühl überflutete sie, als sie wieder daran dachte, wie sie nach dem Cruciatus aufgewacht war und er da gewesen war. Dann fiel ihr wieder die Hirschkuh ein...
Warum glaubten die, Severus wäre an dem Überfall beteiligt gewesen?
Und was hatte es mit diesem Crouch-Sohn auf sich?
Wieso war er plötzlich doch angeklagt?
Sicher, er war dabei gewesen. Aber außer Todesser-Plattheiten von sich zu geben, hatte er nichts gemacht. Deshalb hatte Severus ihn nach Hause geschickt. Bei dem Longbottom-Angriff war er nicht anwesend.
Würde der Zaubergamot nun von ihr verlangen, ihre Zeugenaussage mit einem unbrechbaren Schwur zu bestätigen? Was, wenn sie irgendeine unwesentliche Kleinigkeit falsch in Erinnerung hatte?
Sie wollte die Broschüre erneut durchsehen, doch inzwischen hatte Harry sie in die Finger bekommen. Fasziniert beobachtete er die rot blinkenden Buchstaben.
„Da... plau!“, rief er strahlend.
„Rot. Gib Mama bitte das Heft.“
Sie streckte die Hand aus. Harry schien zu begreifen und schneller als Lily reagieren konnte, hatte er ein Stück der Seite herausgerissen und gab es ihr.
„Da... Mama.“
Er lächelte sie an. Lily seufzte.
„Reparo.“ Die Seite fügte sich wieder zusammen.
Harry klatschte begeistert in die Hände. „No-mal. No-mal!“ Er griff nach dem Heft, um erneut daran zu reißen.
„Nein. Das. Ist. Kein. Spielzeug!“ Sie legte das Heft außer Reichweite.
„No-mal! No-mal!“, schrie Harry und Tränchen traten in seine Augen.
Lily seufzte erneut. Sie nahm ein Blatt Papier, zauberte ein paar blinkende Buchstaben und ein Gesicht darauf und gab es ihren Sohn. „Das hier ist für dich.“ Sie strich im über den Kopf, während Harry strahlte. Er machte sich sofort daran, kleine Stückchen vom Papier abzureißen. „Re-po. Re-po“, rief er immer wieder. Da sich nichts zusammenfügte, wandte er sich erneut an Lily, die gerade wieder versuchte, die Paragraphen durchzulesen.
„Mama, Re-po!“
Lily gab es auf. Das Lesen musste sie wohl auf später verschieben. Jetzt war Spielen angesagt. „Reparo“, rief sie und Harry jauchzte als sich die Schnipsel wieder zusammenfügten.
Als Harry schließlich im Bett war, konnte sie sich trotzdem nicht auf das Lesen konzentrieren, sie brauchte jemanden zum Reden. Nicht Marius, sondern jemanden, der sich in der magischen Welt auskannte. Alice war sicher ebenfalls zur Verhandlung bestellt, doch die hatte auch ein schlafendes Kind zuhause und konnte jetzt nicht kommen. Per Flohpulver zu reden, fand Lily furchtbar ungemütlich, also lud sie mal wieder Remus und Sirius dringend ein.
Nur wenige Minuten später apparierten die beiden in ihr Besenkammer-Appartement.
„Wir haben eine tolle neue Wohnung. Direkt in London. Garantiert frei von Drachen, die das andere Ufer nicht mögen“, grinste Sirius, „Moony wollte erst nicht, weil sie ein bisschen teuer ist, aber ich bin ihm ja noch was schuldig, nachdem ich so lange mietfrei bei ihm gelebt habe.“
„Wir ziehen direkt morgen um“, ergänzte Remus, „Ihr müsst uns dann unbedingt mal besuchen kommen.“
„Ja... natürlich... machen wir“, sagte Lily.
„Hey, Lily, was ist denn los mit dir? Warum sollten wir kommen?“
Lily zeigte ihnen den Brief und die neuen Zeugen-Regelungen.
„Ich wusste es! Schniefelus hat doch Dreck am Stecken! Hah! Ab nach Askaban! Und Tschüss!“
„Kannst du nicht einmal mit deinen blöden Vorurteilen aufhören? Severus hat mich gerettet! Er hatte nichts mit dem Überfall zu tun! Langsam wurde Lily wütend. „Gerade du müsstest doch wissen, wie es ist, unschuldig nach Askaban zu kommen.“
„Unschuldig! Genau das ist es: Unschuldig! Wenn Schleimbeutel aber gar nicht unschuldig ist?“ Sirius sah Lily an und fuhr ernst und ruhig fort: „Du scheinst auf einmal vergessen zu haben, was Snape in den letzten Jahren so alles getrieben hat. Ich habe einfach Angst, dass du ihm einmal zu oft vertraust – so wie ich Peter.“
„Ich kenne Severus besser als du...“
„Er ist kein harmloser, bedauernswerter Außenseiter!“ Sirius wurde wieder lauter.
„Dumbledore vertraut ihm“, warf Remus ein, „Er wird einen Grund dafür haben.“
Sirius warf ihm einen ärgerlichen Blick zu, dann wandte er sich an Lily und nahm ihre Hand: „Lily, bitte. Versuch Snape realistisch zu sehen!“
„Er hat mich gerettet! Nicht angegriffen!“, rief Lily und zog die Hand zurück.
„Das weißt du doch gar nicht wirklich! Du hast erzählt, dass du bewusstlos warst. Vielleicht hat er die anderen nicht bekämpft, sondern sich mit ihnen abgesprochen.“
„Nein!“ Lily schrie es jetzt, „Du bist blind vor Hass. Severus ist keiner mehr von ihnen.“
„Ich mache mir nur Sorgen. Ich kenne die Todesser. Mein Bruder...“, er schluckte und fuhr leise fort: „ ...war einer. Schon vergessen?“
„Sirius“, Lilys Stimme wurde wieder sanfter und sie nahm seine Hand. „Es tut mir leid. Aber Severus ist nicht wie Regulus. Er ist auch nicht wie Peter. Oder wie Malfoy, Lestrange oder sonst jemand von denen. Er ist ein eigener Mensch. Und er ist kein Todesser mehr!“
„Ich hoffe nur, du täuschst dich wirklich nicht.“ Er strich mit der zweiten Hand über ihr Haar. „Ich werde nicht zulassen, dass er dir etwas antut.“
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