von MIR
Hier ist nun endlich das Kapitel, auf das einige so lange gewartet haben.
Danke für die vielen neuen Reviews, ich habe hier geantwortet.
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Sirius wachte auf. Er spürte, wie Kälte näherkam, hörte den rasselnden Atem der Dementoren. Er zwang sich, an Peter zu denken, an seinen Hass auf ihn, um ihnen keine Nahrung zu liefern. Doch sie kamen unaufhaltsam näher. Irgendetwas war anders heute.
Als sie ihn packten, begannen seine Zähne unkontrolliert aufeinander zu schlagen. Auch sein Körper zitterte, die Eiseskälte füllte ihn vollständig aus. Sie zerrten ihn aus der Zelle und er war sich sicher, dass er wusste, was ihm nun bevorstand: Der Kuss.
Sie würden ihm seine Seele nehmen und dann wäre es aus. Sein Körper wäre nur noch eine leere, leblose Hülle. Aber das konnte auch nicht schlimmer sein, als sein Dasein weiter so zu fristen wie in den letzten Tagen und Wochen. Es wäre endlich vorbei. Aus und vorbei.
Er versuchte, noch ein letztes Mal an James und an Lily zu denken, doch das war unmöglich. Jeder noch so kleine freundliche Gedanke wurde ihm sofort entrissen, von den Wesen, die ihn begleiteten.
Wohin brachten sie ihn? Konnte es nicht einfach in der Zelle geschehen? Sollte seine Hinrichtung öffentlich zelebriert werden?
Gemeinsam mit den Dementoren durchschritt er alle Sicherheitstore und Sperren, nahm mit ihnen genau den Weg, den er gekommen war. Doch es gab keine Tür, die aus Askaban herausführte. Seine Wächter führten ihn in einen Raum, in dem nur ein grauer Würfel auf einem Tisch lag, sonst nichts. Flüchtig erinnerte er sich, dass er hier auch angekommen war, damals, in einem anderen Leben.
Dann ging alles ganz schnell: die Dementoren zwangen ihn, den Würfel anzufassen und schon wirbelte er durch einen Luftstrom und landete unsanft in einem Raum, der ganz ähnlich aussah. Nur gab es hier kein Tageslicht. Allein eine einzige Fackel erhellte den kargen Kerker. Zwei andere Dementoren nahmen ihn Empfang. Er zitterte noch immer und wünschte sich nur, dass es endlich vorbei wäre. Doch seine Wächter schienen es nicht eilig zu haben. Gierig umschlangen sie ihn, doch Sirius wartete umsonst auf den Kuss. Dunkel erinnerte er sich, dass Küsse einmal eine ganz andere Bedeutung für ihn gehabt hatten, dann brach er ohnmächtig zusammen.
***
Als er wieder zu sich kam, wurde er bereits durch einen dunklen Gang geschleift. Eine Tür, die er nur bückend durchqueren konnte, wurde aufgestoßen und auf einmal befand er sich inmitten einer riesigen Menschenmenge. Das Licht blendete ihn, obwohl auch dieser Raum nur von Fackeln beleuchtet war. Roh schleppten die Dementoren ihn zu einem Stuhl, der in der Mitte stand. Als sich dort quietschend und rasselnd Ketten fest um seinen Körper wanden, ließen die Dementoren endlich von Sirius ab.
Die Kälte verschwand und ein undefinierbares Glücksgefühl durchströmte seinen Körper. Wenigstens einmal noch konnten seine Gedanken frei sein. Einmal noch hatte er die Chance an Lily und James und Remus zu denken.
Er lächelte still, während seine Gedanken zu vergangenen Tagen flogen.
„Anhörung vom 3. Dezember 1981 in der Sache Sirius Black“, donnerte Bartemius Crouch von der Richterbank, „Mr. McPepperpeng, bitte verlesen sie die Anklage!“
So schlecht es Sirius auch ging, er konnte nicht verhindern, dass sein Lächeln zu einem kleinen Grinsen wurde.
Bartemius Crouch registrierte es schweigend.
Doch während Mr. McPepperpengs Vortrag, kamen die Kälte und die Wut zu Sirius zurück, obwohl die Dementoren sich nicht näherten.
„Der Angeklagte Sirius Orion Black, geboren am 3. 12. 1959, wohnhaft in London, wird beschuldigt folgende Verbrechen begangen zu haben:
- Punkt 1:
Spionagetätigkeit für den-dessen-Name-nicht-genannt-wird und damit insbesondere Verrat an der Organisation „Orden des Phönix“, der er anzugehören vorgab, um die notwendigen Informationen zu beschaffen.
- Punkt 2:
Beihilfe zum Mord an seinen angeblichen Freund James Potter, dessen Vertrauen er sich erschlich, um Geheimnisbewahrer werden zu können. Die Preisgabe des Geheimnisses an den-dessen-Name-nicht-genannt-wird führte zum Bruch des Fideliuszaubers und zum Tod des Obengenannten.
- Punkt 3:
Beihilfe zum versuchten Mord an Harry Potter, dem-Jungen-der-lebt, durch die obengenannte Tat
- Punkt 4:
Mord an seinem angeblichen Freund Peter Pettigrew
- Punkt 5:
Mord aus Heimtücke an zwölf unbeteiligten Muggeln
Das Verhör führen der Leiter der magischen Strafverfolgungsbehörde Bartemius Crouch, die Zaubereiministerin Millicent Bagnold und der erste Untersekretär der Ministerin Cornelius Fudge. Das Wort hat der ehrenwerte Mr. Crouch.“
Mr. McPepperpeng setzte sich dienstbeflissen.
„DAS IST NICHT WAHR !!!“; schrie Sirius, „ALLES LÜGEN!“ Er tobte und begann an seinen Ketten zu zerren.
„RUHE!!!“, donnerte Crouch, „Sollte der Angeklagte sich nicht angemessen verhalten, wird er zurückgeführt und die Verhandlung abgebrochen. Die Sachlage ist ohnehin klar.“
„Irre ich mich“, ließ sich auf einmal eine freundliche Stimme vernehmen oder war nicht eine Zeugin geladen, die zumindest Punkt 2 und 3 entkräften kann?“
„Ich erinnere mich nicht, Ihnen das Wort erteilt zu haben, Professor Dumbledore. Was macht es für einen Unterschied? Allein einer der fünf Punkte reicht schon aus für eine lebenslängliche Haftstrafe. Aber gut, wir werden die Zeugin hören.“
Lily wurde hereingeführt.
Als Sirius sie sah, änderte sich seine Stimmung. Die letzte Begegnung fiel ihm ein. Er hatte sie verletzt, sie grob zurückgestoßen als sie ihn am meisten gebraucht hätte. So sollte sie ihn nicht in Erinnerung behalten. Nach allem, was er ihr ohnehin schon angetan hatte. Er hatte Peter vorgeschlagen. Er war schuld an ihrem Leid.
„ES TUT MIR LEID!“, schrie er, „LILY, ES IST ALLES MEINE SCHULD! ES TUT MIR SO LEID!“
„Anscheinend hat unser Angeklagter seine Taktik geändert und möchte nun doch ein Geständnis ablegen“, stellte Bartemius Crouch zufrieden fest.
„Unter diesen Umständen möchte ich Sie bitten, wieder draußen Platz zu nehmen, Mrs. Potter. Wir brauchen Sie nicht mehr.“
Lily protestierte, doch sie hatte keine Chance und wurde zur Tür geführt.
„Mr. Black“, wandte sich Crouch nun wieder an den Angeklagten, “Sie geben also zu, dass der Angriff auf Familie Potter durch Ihre Schuld zustande kam? Wir haben es eben alle gehört. Ist das richtig?!“
Sirius schwieg.
Dann nickte er langsam.
Mr McPepperpengs Feder kratzte eifrig über das Pergament.
„Wunderbar. Kommen wir zum nächsten Anklagepunkt. Ist es richtig, dass Sie Mr. Pettigrew verfolgt haben, um ihn zu töten?“
Wieder nickte Sirius.
Die Miene von Crouch hellte sich auf und ging in ein breites selbstzufriedenes Strahlen über.
„Ich denke, das genügt für eine lebenslange Haftstrafe. Schuldig in mindestens drei von fünf Punkten. Damit können den Rest vernachlässigen. Kommen wir zur Abstimmung...“
Doch schon wieder war es Dumbledore, der alle aufhielt. Diesmal meldete er sich vorschriftsmäßig mit Handzeichen zu Wort: „Verehrter Herr Vorsitzender, werte Frau Zaubereiministerin, bitte gestatten Sie einem alten Mann noch eine zugegeben törichte Frage... Ich würde, bevor ich abstimme, gerne wissen, ob es dem Angeklagten auch gelungen ist, Mr. Pettigrew zu töten?“
„Was soll der Unfug, Albus!“, erwiderte Crouch erbost, „der Mann wurde bereits begraben.“
Auch Ministerin Bagnold und ihr Untersekretär schauten irritiert zu Dumbledore.
Doch Sirius ergriff seine Chance: „NEIN!“, schrie er, „nein, es ist mir nicht gelungen! Der Verräter hat sich selbst den Finger abgerissen und dann die Muggel in die Luft gesprengt, um seinen Tod vorzutäuschen und den Verdacht auf mich zu lenken! Irre, wenn man bedenkt, dass ich ihn immer für unbegabt gehalten habe...“ Sirius begann zu lachen und zu lachen. Es war das gleiche, wahnwitzig anmutende Lachen, dass er schon bei seiner Verhaftung an den Tag gelegt hatte.
„Ich denke, dieser abstrusen Geschichte müssen Sie bei der Abstimmung keine Beachtung schenken“, ergriff Crouch nun wieder das Wort., „niemand wird diese lächerlich zusammengereimte Erklärung ernsthaft für wahr halten. Wer also für...“
„Verzeihung, wenn ich schon wieder unterbreche, aber ich habe die durchaus merkwürdige Angewohnheit, Fragen zu stellen, wenn mir etwas unlogisch erscheint.“
Crouch stöhnte und sah Dumbledore an. Dieser fuhr fort: „Wieso wollte Lily Potter hier unbedingt als Zeugin für die Verteidigung aussagen, wenn Mr. Black ihr Unglück verschuldet hat? Ich hatte das Gefühl, dass sie uns dringend etwas mitteilen wollte, bevor sie hinausgeschickt wurde. Vielleicht erinnern Sie sich noch an das Gespräch mit ihr, Herr Vorsitzender?
Und warum sollte eigentlich Mr. Black Mr. Pettigrew verfolgen und nicht umgekehrt, wenn Mr. Black der Verräter des Geheimnisses war?“
„Keine Ahnung“, knurrte Crouch, „es geht hier nicht um die kranken Gedankengänge eines Verbrechers sondern um Fakten.“
„Um Fakten, die noch nicht geklärt sind. Die Zeugin draußen könnte bestimmt ein wenig Licht ins Dunkle bringen. Sicher will niemand hier einen Menschen verurteilen, ohne den wahren Sachverhalt zu kennen.
Ich möchte betonen, dass Lily Potter die Mutter des Jungen-der-lebt ist und dass wir es ihrer Familie verdanken, dass Voldemort...“ - Ein nervöses Raunen ging durch die Menge - „... besiegt ist.“
Crouch seufzte. Er wusste, dass Dumbledore damit einen großen Teil des Zaubergamots soweit aufgehetzt hatte, dass sich eine Zeugenbefragung nicht mehr verhindern ließ. Seine Hoffnung auf ein schnelles Voranschreiten der Verhandlung schwand. Mit Schrecken dachte er an all die anderen Fälle, die heute noch verhandelt werden mussten. Vermutlich würde er sogar das Treffen seines Zauberschachclubs an Abend versäumen.
Er hasste diese stinkenden Todesser. Sie hatten kein Recht auf eine „gerechte“ Verhandlung. Weg mit ihnen!
Mit Lilys Aussage änderte sich die Stimmung im Gerichtssaal. Die meisten glaubten ihr nicht nur, dass Sirius nicht der Geheimniswahrer gewesen war, sie ließen sich ebenfalls überzeugen, dass Peter und nicht Sirius die Spionagetätigkeit ausgeübt hatte.
Über die Vorgänge während der angeblichen Gasexplosion wusste Lily nichts, doch die Geschichte des selbst-abgerissenen Fingers gewann an Glaubwürdigkeit, als bekannt wurde, dass es gar keine Leiche gab, und als Sirius widerwillig zugab, dass Peter ein Ratten-Animagus war. Dadurch stieg auch die Wahrscheinlichkeit, dass der Verräter tatsächlich der Mörder der Muggel war, um seine Taten zu vertuschen.
Am Ende war es eine knappe Mehrheit, die auch in Punkt vier und fünf für die Unschuld von Sirius stimmte, während die drei ersten Punkte eindeutiger ausfielen. Damit war das Urteil klar:
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