von uni
„Wenn ich groß bin, dann will ich wie Du werden!“ Das kleine Mädchen sah ihn mit ihren großen Kinderaugen an.
Severus erwiderte den Blick der Fünfjährigen verwundet. „Wie kommst du denn darauf?“
Die Kleine zuckte mit den Schultern. Ihre schwarzen Zöpfe hüpften lustig auf und ab, als sie versuchte mit ihrem Vater Schritt zuhalten.
Es war ein angenehmer Junitag. Der Park war voll von Eltern, die mit ihren Kindern einen Nachmittag im Grünen verbrachten. Um sie herum herrschte fröhlicher Lärm. Einige Kinder kreischten vor Vergnügen, als ein großer Hund aus dem, mitten im Park gelegenen, Teich sprang und sich schüttelte.
Die Mütter verglichen entzückt die Stärken ihrer Kinder, während die Väter etwas Abseits saßen und die neusten Sportergebnisse vergleichen. Kurz, es war ein Bilderbuchtag in einem typischen Muggelpark, eben einer, wie Severus Snape ihn verabscheute.
Wenn es nach ihm ginge, wäre er an diesem warmen Nachmittag zu Hause in seinem Labor und würde experimentieren, stattdessen ging er mit seiner Tochter ins Grüne. Er seufzte und ermahnte sich im Stillen:‚ So schlimm ist es doch nicht. Du hättest deinen Tag schlimmer verbringen können.‘ Damit hatte er sogar recht, es war auch nicht so, als hätte er keinen Spaß daran, mit seiner Tochter zusammen zu sein.
„Wann kommt Mami wieder?“, fragte das Mädchen. Das Thema von eben war inzwischen uninteressant geworden. Snape tätschelte seiner Tochter den Kopf. „Heute Abend ist sie wieder da und nächstes Jahr darfst du bestimmt mit zu ihrem Klassentreffen.“ Severus lächelte wehmütig. Er hatte Sehnsucht nach seiner jungen Frau.
Sie nickte begeistert. „Papi, kommst du dann auch mit?“
Er konnte seine Erheiterung schwer verbergen, zu komisch war die Vorstellung, dass er bei einem Klassentreffen seiner ehemaligen Schüler auftauchen würde. Hermine hatte es so schon schwer genug gehabt, ihren Freunden begreiflich zu machen, dass sie mit dem verhassten Zaubertränkemeister zusammen war.
Die Kleine fiel fröhlich in sein Prusten ein, denn sie wusste natürlich nicht, dass er von seinen Schülern gefürchtet wurde. Er war sich nicht einmal sicher, ob sie wusste, dass er Lehrer war.
Versuchsweise fragte er sie:„ Weißt du eigentlich was ich für einen Beruf habe?“
Sie setzte eine ernste Miene auf, seine Tochter sah nun aus wie er im Kleinformat. „Ja, das ist doch klar…“ Severus nickte, sie war für ihre fünf Jahre eben doch sehr aufgeweckt und intelligent, da war sie eben ganz nach der Mutter geschlagen.
„Du bist ein Held!“ Er verzog den Mund, da hatte er seine Tochter doch tatsächlich überschätzt.
Ein Held? Das war er ganz bestimmt nicht.
Es stimmte, dass er im Krieg eine entscheidende Rolle gespielt hatte, aber deshalb würde ihn niemand als Helden bezeichnen. Eher im Gegenteil, er war ein einst gefürchteter Todesser! Man sagte ihm nach, dass er ein grausamer Sadist sei. Nicht, dass jemand dem Kind etwas dergleichen erzählt hätte.
„Wie kommst du denn darauf?“, fragte er dennoch.
Die Kleine sah ihren Vater missbilligend an. „Das sieht man doch. Du siehst genau aus, wie der Held in meinen Märchenbüchern. Du bist groß und du hast lange Haare. Außerdem vertreibst du immer die Monster unter meinem Bett! Du kann mich auf deinen Schultern herum tragen, weil du der stärkste Mann der Welt bist!“, und das sagte das Mädchen mit so viel Ernst, dass Severus nicht wagte, ihr zu wiedersprechen.
Ihr Spaziergang hatte sie in die Nähe eines Eisstands geführt, der sofort das Interesse des Mädchens auf sich zog.
„Ich möchte ein Eis!“, verkündete sie sofort. Severus blieb stehen und sah seine Tochter mit einem strengen Blick an. „Was sagt man, wenn man etwas haben möchte?“ Die Kleine senkte schuldbewusst den Blick. „Papi…bitte?“
Er nickte zufrieden. „Ausnahmsweise, verrat es aber nicht Mami!“ Hermine hatte es nicht gern, wenn ihre Tochter zu viele Süßigkeiten aß, dabei war sie insgeheim selbst eine Naschkatze.
Freudig hüpfte das Mädchen auf und ab. Schmunzelnd nahm er sie bei der Hand und wollte sie zu dem Eiswagen führen, doch sie schüttelte nur den Kopf. Mit einem bittenden Blick sah sie zu ihrem Vater auf und streckte ihm die Arme entgegen. „Du willst doch nicht etwas… nein. Nein, nicht hier!“ Severus schüttelte vehement den Kopf. Schließlich lief er Gefahr, dass er hier einem Schüler begegnete. Was würden sie wohl sagen, wenn er durch den Park galoppierte und für ein Kind auf seinen Schultern Reittier spielte? Seine Glaubwürdigkeit und sein schlechter Ruf wären für immer hin.
Das Mädchen gab dennoch nicht auf, diese Beharrlichkeit musste sie eindeutig von ihrer Mutter geerbt haben.
Vorsichtig sah er sich um, er konnte kein bekanntes Gesicht sehen. Und überhaupt, der Eisstand befand sich keine zehn Meter vor ihnen…
Seufzend gab er schließlich nach und hob sie auf seine Schultern. Er wollte seiner Kleinen heue einen schönen Tag bereiten. „Halt dich gut fest!“, ermahnte er noch besorgt und dann trabte er gemäßigten Schrittes in die von seiner Tochter dirigierte Richtung.
Das Mädchen quiekte vergnügt.
„Na was willst du denn für ein Eis, meine Kleine?“, fragte ein rundlicher Mann freundlich. Sie überlegte nicht lang und verkündete lautstark:„ Erdbeere!“
Der Verkäufer reichte ihr eine Eiswaffel. „Wollen sie denn auch eine Kugel, Sir?“ „Das ist kein Sir, das ist mein Pony!“ Snape sah ihn böse an. „Nein oder sehe ich aus wie ein fünfjähriges Kind?“, bellte er unfreundlich.
Er kramte in seiner Tasche, bis er etwas Muggelgeld gefunden hatte.
Vater und Tochter steuerten auf eine nahegelegene Bank zu, zufrieden schleckte die Kleine ihr Eis. „War der Mann böse?“, fragte sie nach einiger Zeit neugierig. Er sah sie verwundert an. Wie kam sie denn plötzlich darauf. „Mami hat gesagt, dass man Leute anschreit, wenn sie böse sind“, erklärt sie voller Überzeugung.
Snape runzelte die Stirn, natürlich, er war unfreundlich zu dem Mann gewesen. Jedoch hatte er gar nicht genauer darüber nach gedacht, wie dass auf seine Tochter wirken würde.
Er war unfreundlich, weil er eben Snape war, aber wie sollte er dem Kind so etwas erklären, ohne dass sie sich an ihrem Vater ein Beispiel nahm?
„Nun weißt du…“, druckste er herum. „Papi ist manchmal eben so…“ Seine Tochter sah ihn verständnislos an und stellte die typische Frage eines Kindes:„ Warum?“
„Weil… weil... ich eben manchmal kein netter Mann bin. Hörst du? Dass war nicht sehr nett und ich möchte, dass du so etwas nicht einfach machst! Ich möchte, dass du immer nett zu den Leuten bist, außer sie sind eben böse.“ Mit dieser Erklärung gab sich das Mädchen erst mal zufrieden.
‚Du musst wirklich ein besseres Vorbild sein! ‘, ermahnte sich Snape selbst.
Unvermittelt begann sie wieder mit dem Thema, dass ihn noch immer insgeheim beschäftigte.
„Wenn ich groß bin, möchte ich so sein wie du“, nach dem sie kurz überlegt hatte, fügte sie noch hinzu, „aber nett!“ Snape schmunzelte, seine Ermahnung hatte anscheinend Früchte getragen. „Wie ich?“ „Ja oder wie Mami oder ich werde eine Prinzessin!“ Snape zog verwundert die Augenbrauen zusammen. „Eine Prinzessin?“ Seine Tochter nickte eifrig. „Und du bist mein Held, der mich vor dem Drachen rettet!“ „Eine Prinzessin also… ich finde das klingt fabelhaft“, antwortete er lachend.
Wenn Du Lob, Anmerkungen, Kritik etc. über dieses Kapitel loswerden möchtest, kannst Du einen Kommentar verfassen.