von Cedric 88
Die Zauberakademie (1) -
Die neue Ära
Kapitel 14: Die Klippen der Raben
Seit einigen Stunden stand die Sonne am höchsten Punkt des weiten und endlosen Horizonts. Im Vergleich zu den letzten Tagen der Woche war heute der heißeste Tag der Woche.
Es war bereits nachmittags, als Diana in das Zimmer von Emily und Sarah trat. Sie schaute sich nach den beiden Freundinnen um, bemerkte sie schließlich in der Nähe vom Fenster und ließ sich voller Erschöpfung auf das Bett von Sarah nieder.
„Heute ist ein ziemlich seltsamer Tag, oder nicht?“, sagte Diana, als keine ihrer beiden Freundinnen ein Wort von sich gab.
Es verging etwas Zeit bis sich Sarah mit mehreren Schritten vom Fenster entfernte und sich zu der Stille in diesem Raum äußern wollte.
„Wenn wir in diesem Turnier erfolgreich abschneiden wollen, dann müssen wir uns bewegen und nach den anderen Puzzleteilen suchen. Emily hat eine Vermutung, wo sich ein Puzzleteil befinden könnte.“, entgegnete Sarah und setzte sich auf das Bett von Emily. Sie schaute tief in die Augen ihrer Freundin, als ob sie eine sofortige Zustimmung erhalten wollte.
„Eine gute Idee … wo soll sich denn das erste Puzzleteil verstecken?“, antwortete Diana sofort, damit Sarah ihren aufdringlichen Blick von ihr nehmen würde …
Tatsächlich- Sarah wandte ihren Blick von Diana ab, stand auf und ging wieder zum Fenster herüber. Sie schaute Emily über die Schultern, um zu sehen, wer oder was die Aufmerksamkeit ihrer Freundin auf sich zog.
„Nein …“, flüsterte Sarah in das Ohr ihrer Freundin. Mit einer raschen Handbewegung umschlang sie das Handgelenk ihrer Freundin, zog sie quer durch das Zimmer, schnappte sich ihren Zauberstab von ihrem Tisch und verließ mit großen Schritten das Zimmer der beiden Hexen. Diana saß völlig verwirrt auf dem Bett von Sarah, während sie ihren beiden Freundinnen hinterher sah.
Nach einigen Sekunden reagierte ihr Körper und sie rannte ihren beiden Freundinnen hinterher.
Diana stand vor ihrem Haus Red Lion . Sie sah sich hastig und wild nach den beiden Mädchen um. Als sie sah, dass Emily im Sand saß und Sarah neben ihr stand, rannte Diana hinunter zum Wasser. Bevor sie ihre beiden Freundinnen erreichen konnte, war Sarah bereits einige Schritte auf Diana zu gegangen.
„Wir sollten Emily allein lassen. Du und ich überprüfen die Klippen, die sich hinter dem Haus Raven Blue befinden, damit wir wissen, ob die Vermutung von Emily richtig oder falsch ist.“, sagte Sarah sanft und ruhig.
Sie blickte Diana in die Augen, aber diesmal war es ein anderer Blick. Ein Blick, der Ruhe, Verständnis und Vertrauen widerspiegelte. Diana nickte.
Ohne einen weiteren Gedanken an Emily und das Ereignis, welches sie mit Emily aus dem Fenster in ihrem Zimmer sehen konnte, zu verschwenden, schritt Sarah in Richtung Norden, wo sich die Klippen der Raben befanden. Ohne ein Wort zu sagen, folgte Diana ihrer Freundin und lieĂź ihre andere Freundin sitzend im Sand zurĂĽck.
Sarah und Diana gingen mit raschen Schritten in Richtung Norden. Nach wenigen Minuten passierten sie das blaue Haus der Zauberakademie und gingen weiter auf die Klippen zu.
Diana konnte die Klippen schon vor wenigen Minuten erkennen, aber als sie mit ihrer Freundin am Fuß der Klippen stand, sahen die Beiden, dass die Klippen größer waren, als zuvor.
„Es ist der Nebel …“, sagte Sarah, als Diana ihren Blick von den Klippen löste und zu ihr herüber sah.
In diesem Augenblick macht Diana den Eindruck, dass sie mir nicht bis zu den Spitzen der Klippen folgen würde. Vielleicht sollten wir die Klippen nicht besteigen und lieber unten bleiben? Oder vielleicht sollten wir …
Sarah wurde aus ihren Gedanken gerissen, weil eine Stimme von weit oben aus der Richtung der Klippen erklang.
„Sarah… kommst du mit nach oben oder willst du da unten warten und ich schaue allein nach dem Puzzleteil!“, rief Diana ihrer Freundin hinunter.
Sarah musste lächeln.
Man darf nie die Fähigkeiten seiner Freunde unterschätzen …
Sarah griff in die kleinen und tiefen Löcher in den Klippen und kletterte Schritt für Schritt einige Meter nach oben.
Es dauerte nicht lange, da waren Sarah und Diana auf der gleichen Höhe.
„Denkst du, dass Emily in dieser Situation ohne uns zu Recht kommt? Was hat sie denn aus eurem Fenster gesehen?“, fragte Diana, während sie ihren Griff in den kleinen und tiefen Löchern verstärkte, sodass sie einen besseren Halt fand.
Sarah antwortete nicht sofort- sie verstärkte ebenfalls ihren Griff in den kleinen und tiefen Löchern und blickte zu ihrer Freundin herüber.
„Ich weiß, dass es ihr gut geht … weil sie es mir gesagt hat. Es war ein Schock für sie, als sie sah, dass …“, begann Sarah, doch sie brach ab.
„Was hat dein Bruder angestellt, Sarah?“, fragte Diana, weil sie sah, dass es auch Sarah schwer fiel über das Ereignis zu sprechen. Sarah schaute ihre Freundin nicht an, wie sie es sonst getan hätte.
„Was hat dein Bruder angestellt, Sarah?“, wiederholte Diana und schaute zu ihrer Freundin.
Ihre Freundin schaute kurz zu ihr herĂĽber, doch dann wandte sie den Blick wieder ab. Diana wollte ihre Frage ein weiteres Mal wiederholen, doch Sarah kam ihr zuvor.
„Mein Bruder… mein Bruder wendet sich immer weiter von Emily ab. Sie würden das perfekte Paar abgeben… aber mein Bruder hat nur noch dieses eine Mädchen im Kopf…“, schrie Sarah förmlich.
Diana verhielt sich ruhig, denn sie wusste, dass Sarah es nicht so gewollt hatte.
„Entschuldigung … ich weiß, dass Emily ihn liebt seit die Beiden sich das erste Mal gesehen haben…“, entgegnete Sarah mit sanfter Stimme und blickte zu ihrer Freundin herüber.
„Ich weiß … ich weiß … es ist Anne Rhodes, die deinem Bruder den Kopf verdreht oder?“, flüsterte Diana ihrer Freundin herüber. Ein leichter Wind wehte Diana durch ihr Gesicht und dann sah sie, dass ihre Freundin ein leichtes Nicken von sich gab.
Es herrschte absolute Stille und Diana genoss den leichten und kalten Wind, der durch ihr Gesicht wehte.
Emily saĂź im Sand vor ihrem Haus und schaute hinaus auf das Meer.
Warum tut er das? Warum verletzt er mich? Warum lässt er mich allein? Warum Zane … warum?
Es wurde langsam dunkel und die Sonne versank im Meer.
Die beiden Mädchen standen auf der Spitze der Klippen bzw. der betretbaren Fläche, denn es gab auch spitze Steine. Es war ein harter Untergrund, aber man konnte prima darauf laufen.
Ohne ein weiteres Wort miteinander zu wechseln, waren sie die letzten Meter der Klippen hinauf geklettert und schauten sich nach einem passenden Ort um, wo sich ein Puzzleteil verstecken könnte.
Diana hatte ihre Freundin mit keinen, weiteren Fragen gelöchert, denn sie kannte nun den wahren und einzigen Grund für das seltsame Verhalten ihrer Freundin Emily. Sarah hatte sich wieder vollständig von dem Gespräch mit ihrer Freundin erholt und den Schock ihrer anderen Freundin überwunden.
Die beiden Mädchen setzten vorsichtig einen Schritt vor den Anderen, denn mit einem einzigen Fehlschritt würden sie in die Tiefe stürzen. Allerdings war die Spitze der Klippen mit einem Nebel überzogen, sodass es schwierig war, irgendetwas zuerkennen.
„Wie sollen wir das Puzzleteil finden, wenn wir gar nichts erkennen können?“, fragte Diana.
„Zieh deinen Zauberstab, Diana!“, entgegnete Sarah rasch.
Diana zog ihren Zauberstab aus der Hosentasche und richtete ihn nach vorne.
„Fog Clear.“, rief Sarah.
Ihr Zauberstab erzeugte einen kleinen Wirbelwind, der den ganzen Nebel aufsog und im weiten Horizont verschwinden lieĂź.
„Sehr gut, Sarah, jetzt können wir sehen, wo wir hintreten und können erkennen, wo sich das Puzzleteil befindet!“, sagte Diana und lächelte.
„Stimmt … und dann können wir wieder verschwinden, denn Emily braucht uns, obwohl sie mir gesagt hat, dass es ihr gut geht…“, antwortete Sarah und blickte auf ein kleines, schwarzes Wesen.
Auf den Steinen und auf der betretbaren Fläche saßen kleine, schwarze Kreaturen.
„Was sind das für seltsame Wesen?“, flüsterte Sarah ihrer Freundin herüber und richtete ihren Zauberstab auf die kleinen, schwarzen Kreaturen.
„Es sind nur gewöhnliche Raben. Man sagt, dass diese Wesen sehr klug sind und wissen, wie man sein Territorium verteidigt. Wenn man ihnen nichts tut, dann verhalten sie sich ebenfalls ruhig und gelassen.“, antwortete Diana, verstaute ihren Zauberstab in ihrer Hosentasche und ging vorsichtig zu einem kleinen, schwarzen Raben, der auf der betretbaren Fläche saß.
Sarah sah ihrer Freundin mit groĂźer Besorgnis hinterher, wie sie sich nieder kniete und dem kleinen, schwarzen Raben kurz das Fell streifte.
„Dieser Rabe ist einfach nur süß … schau doch, welche süßen Augen er besitzt …“, sagte Diana und schaute in die roten, liebevollen Augen der kleinen Kreatur.
Diana erhob sich und schaute sich um- sie nahm ihre Freundin gar nicht wahr, als sie sich mehrere Male im Kreis gedreht hatte.
„Sarah … Sarah … ich werde mich dort hinten nach dem Puzzleteil umschauen.“, sagte Diana und deutete auf einen für sich passierbaren Weg.
Sarah sah, wie Diana auf den Abgrund, der tief in das Meer hinab ging, deutete. Ohne ein weiteres Zögern ging Diana den für ihren Verstand etwas breiteren Weg, während Sarah zu sehen musste, wie ihre Freundin auf das Ende der Klippe zueilte.
„Diana … nein, warte auf mich, denn dort ist das Ende der Klippen!“, schrie Sarah ihrer Freundin hinterher.
Diana lief weiter, als ob sie nichts und niemand aufhalten könnte und niemand nach ihr gerufen hätte.
Sarah konnte es nicht verstehen, was in ihre Freundin gefahren war, dass sie ohne Grund auf das Ende der Klippe zu rannte.
„Diana … was ist in dich gefahren … warum tust du das…“, flüsterte sie leise vor sich hin.
Endlich … Sarah war auf die Lösung des Rätsels gekommen, doch es war zu spät, denn sie konnte ihren Zauberstab nicht mehr schnell genug schwingen, um ihre Freundin vor dem Absturz zu retten.
Sie musste zu sehen, wie ihre Freundin in die Tiefe fiel.
Diana fiel mit raschender Geschwindigkeit in die Tiefe und steuerte auf das dunkelblaue Meer zu.
Ein schneller und flinker Griff umklammerte den Bauch von Diana und zog ihn wieder hinauf auf die Spitze der Klippen.
Sarah kniete vor den vielen kleinen, schwarzen Raben und nahm noch wahr, wie einige Tränen über ihr Gesicht liefen.
„Ich nehme Rache für den Tod meiner Freundin …“, schrie Sarah und richtete den Zauberstab auf die kleinen, schwarzen Raben.
Es war still, doch ein Geräusch unterbrach die Stille, sodass Sarah automatisch herumwirbelte.
Sarah drehte sich rasch um und sah, wie Diana auf dem Boden lag und sich langsam erhob. In der Luft und vom Schatten der Spitze eines Steines bedeckt, sah sie eine Silhouette einer Hexe mit langen Haaren, die in der Luft auf meinen Besen saĂź.
„Wer bist du?“, rief Sarah der Silhouette entgegen und richtete nun den Zauberstab auf die unbekannte Hexe.
Es war wieder still- Sarah sah, wie die unbekannte Hexe eine blitzschnelle Handbewegung vollrichtete und ein roter und sich um die eigene Achse rotierender Strahl auf ihren Körper zuflog.
„Nein …“, rief Sarah und schloss vor Angst ihre Augen.
Der rote Strahl verfehlte das Mädchen und schlug mit großer Wucht hinter ihr auf den Boden auf, wo die ganzen kleinen, schwarzen Raben saßen.
Beim Aufprall des roten Strahls auf den Boden entstand eine heftige Explosion, die die kleinen, schwarzen Raben in Flammen aufgehen lieĂź und Sarah in den Abgrund stieĂź.
Sarah fiel in die Tiefe, doch … die unbekannte Hexe schoss mit ihren Besen aus dem Schatten der Steine hervor und griff nach dem Handgelenk von ihr. Sie umschloss es und zog Sarah wieder auf die Spitze der Klippen zurück.
Als die unbekannte Hexe von ihrem Besen stieg und Sarah auf den Boden der Klippen legte, bemerkte sie, dass Sarah nicht mehr bei Bewusstsein war.
Die Wucht ihres Zauberspruchs hatte Sarah in einen geschockten und zugleich verwirrten Zustand geschickt, da sie mit keinem Angriff gerechnet hatte.
[…]
Es war bereits dunkel, als Sarah langsam ihre Augen öffnete. Sie lag auf ihrem Bett in dem Zimmer ihres Hauses. Sarah richtete sich langsam auf und schaute sich nach ihren Freundinnen um.
Sie bemerkte, dass jemand am Fenster stand und in die Dunkelheit der Nacht starrte.
„Tut mir Leid, dass wir dich für ein Puzzleteil im Sand zurück gelassen haben, Emily, … und jetzt haben wir dieses Puzzleteil gar nicht gefunden … es war alles umsonst …“, sagte Sarah und schlug mit ihren Händen, die sie zu Fäusten geballt hatte, in die Decke ihres Bettes.
Die Person drehte sich zu Sarah um und sprach leise, als ob sie nicht wollte, dass jemand dieses Gespräch belauschen konnte.
„Lumos …“, sagte sie und ihr Zauberstab erzeugte eine kleine, runde Lichtkugel an der Spitze ihres Zauberstabes. Jetzt konnte Sarah das lächelnde Gesicht ihrer Freundin sehen.
„Warum freust du dich, Emily?“, fragte sie ruhig und starrte in das lächelnde Gesicht ihrer Freundin.
Eine blitzschnelle Handbewegung ließ einen kleinen, braunen und aus lederbestehenden Beutel vor den Augen von Sarah erscheinen. Sarah nahm den braunen Beutel ihrer Freundin entgegen, öffnete vorsichtig die Schnüre und ließ den unbekannten Gegenstand auf ihre freie Hand gleiten.
„Ein Puzzleteil …“, flüsterte Sarah ruhig.
Emily setzte sich vorsichtig auf das Bett ihrer Freundin und schaute ihr tief in die Augen.
„Dieses Puzzleteil befand sich in einer kleinen, schwarzen Kiste, die sich im Innern der Klippen befand. Es war die Explosion, die einige Steine auf der Spitze der Klippen weggesprengt hat und somit die Kiste zum Vorschein gebracht hat …“, antwortete Emily und wandte den Blick von ihrer Freundin nicht ab.
Nach einigen Sekunden begriff Sarah, was ihre Freundin mit dem vorherigen Satz sagen wollte.
„Danke, Emily … du hast mich von diesen kleinen Bestien befreit. Was für eine Art von Magie war das …“, entgegnete Sarah glücklich und doch liefen ihr wieder einige Tränen über ihre Wangen.
„Es war die Magie der Schatten … die schwarze Magie … die Raben waren mit einem Zauberspruch belegt, sodass jede Hexe oder jeder Zauberer durch einen Augenkontakt, wie es bei Diana der Fall war, oder durch das Hören ihres Schreies, wie es bei dir der Fall war, in einen gefährlichen Zustand geraten. Das Gehirn wird manipuliert und man kann die Wahrheit nicht mehr erkennen, bis jemand anderes oder der Betroffene diesen Zauberspruch auflöst. In diesem Fall war es einfacherer alle Raben zu vernichten, da ich nicht wusste, wer der gefährliche Rabe war … und durch die Explosion meines Zauberspruchs habe ich die schwarze Kiste mit unserem ersten Puzzleteil entdeckt …“, antwortete Emily und sprang ihrer Freundin um den Hals. Ihr liefen ebenfalls einige Tränen über ihre Wangen.
„Wie geht es Diana?“, fragte Sarah neugierig und wollte die Sache mit der Schattenmagie, der Explosion und den kleinen, schwarzen Raben einfach nur schnell verdrängen.
„Diana ist in guter Verfassung … wir sind ein Team, also halten wir zusammen … ich werde euch beide niemals im Stich lassen und euch immer unterstützen …“, entgegnete Emily sanft und ruhig.
Die beiden Mädchen saßen noch einige Minuten fest umschlungen auf dem Bett von Sarah und dachten gemeinsam an den Beginn ihrer Freundschaft zurück.
Es war ein Tag, der die beiden Freundinnen noch enger zusammen fĂĽhren sollte.
Fortsetzung folgt.......
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