von MIR
Ein kratzendes GerÀusch weckte ihn. Sofort war Rubeus hellwach und öffnete liebevoll den Deckel der Holzkiste, in der sein kleiner Schatz die Nacht verbracht hatte.
âNa, Aragog, heute biste ja maâ frĂŒh auf den Beinen. Haste denn gut geschlafen?â Vorsichtig streichelte er der Riesenspinne ĂŒber den behaarten Körper.
âMannomann, du bist ja schon wieder gewachsen, was? Bald weiĂ ich nichâ mehr, wo ich nochân Happen zum Essen fĂŒr dich auftreibân soll!â
Aragog klackerte hungrig mit seinen Greifzangen.
âIsâ ja schon gut! War nurân Scherz. Klar kriegste genug. DafĂŒr sorgâ ich schon. Musst jetzt aber nochân bisschen Geduld haben.â
Rubeus schloss den Deckel der Kiste sorgsam und stellte sie in den Schrank, der sich hier in diesem leerstehenden Kerkerraum befand.
Gerne hĂ€tte er die Spinne mit in den Schlafsaal genommen, so wie die anderen das mit ihren Kröten und Katzen machten, aber er hielt Aragog lieber geheim. Zwar war das Halten von Acromantulas nicht ausdrĂŒcklich in den Schulregeln verboten, aber er war fast sicher, dass es auch nicht wirklich erlaubt war. Irgendwie war das bei den Tieren, die er mochte, immer so.
Deshalb hatte Rubeus sich gestern Abend wieder heimlich aus dem Schlafsaal geschlichen, um die Nacht hier in den KerkerrĂ€umen zu verbringen. FrĂŒher hatte es Aragog nichts ausgemacht, nachts alleine zu sein, aber in letzter Zeit war das anders. Die Riesenspinne hatte Angst: âSchreckliche Angst - klack - bring mich weg! - klack, klack!â Rubeus konnte jedes Mal fĂŒhlen, wie sein Liebling am ganzen Leib zitterte, wenn er davon anfing. Seine Zangen klickten dann besonders laut.
âWeg! Eine - klack - grausame - klack - uralte - klack - Kreatur - klack - schleicht herum! - klack - Lass mich frei! - klack, klack!â
âMusst keine Angst nichâ habânâ, versuchte Rubeus ihn dann zu trösten, âDie meisten Monster sinâ gar nichâ so böse, wie alle denken!â
Er brachte es einfach nicht ĂŒber sich, sich von seinem SchĂŒtzling zu trennen, auch nicht, als versteinerte Opfer gefunden wurden. Aragog war alles, was dem Jungen noch geblieben war. Rubeus hatte die Spinne aufgezogen, seit sie geschlĂŒpft war.
Seit gestern hatte sich die Lage zugespitzt. Eine Ravenclaw-SchĂŒlerin war im Schloss tot aufgefunden worden. Aragog war sich sicher, dass dieses Untier dahinter steckte, und auch die Lehrer schienen davon auszugehen, dass ein schreckliches Wesen und kein Mensch die Ursache war. Offiziell durften die SchĂŒler natĂŒrlich nichts davon wissen, die Todesursache wurde vertuscht, aber trotzdem verbreiteten sich die GerĂŒchte schnell. Keiner glaubte mehr an verunglĂŒckte Zauberei. Es wurde auch unter den SchĂŒlern ĂŒber eine geheimnisvolle, verborgene Kammer, in der ein Monster hauste, gemunkelt und Angst ging um.
Der Todesfall hatte auch Rubeus zu denken gegeben. Er kam jedoch ĂŒberhaupt nicht auf den Gedanken, dass dieses Ungeheuer auch fĂŒr ihn gefĂ€hrlich sein könnte, sondern hatte nur Angst um seinen kleinen Liebling.
Jetzt hoffte er, dass die Riesenspinne im Schrank sicher war, und machte sich auf den Weg zum FrĂŒhstĂŒck. Als einer der ersten SchĂŒler kam er in die groĂe Halle und setzte sich an den fast leeren Gryffindortisch. Dort schaufelte er mehrere WĂŒrstchen, Speckstreifen und etwas Black Pudding* auf den Teller, lieĂ aber einen groĂen Teil davon unter seinem Umhang verschwinden. AnschlieĂend hĂ€ufte er sich jede Menge Eier und Bratkartoffeln auf und begann im Rekordtempo, alles zu verschlingen.
AllmĂ€hlich fĂŒllte sich der Tisch mit SchĂŒlern, doch Rubeus achtete nicht darauf. Er hatte hier keinen Freund, mit dem er beim Essen immer zusammen saĂ, um zu reden. Die meisten hielten lieber Abstand von ihm, was, wie Rubeus glaubte, an seiner KörpergröĂe lag. Sie wirkte auf andere wohl unheimlich. Er war ein Halbriese. Niemand auĂer den Lehrern wusste es, doch Rubeus war sich sicher, dass alle es ahnten und ihn deshalb oft so komisch ansahen.
âIch verstehâs einfach nicht! Wie können die Quidditch absagen!â, empörte sich gerade Ellie, die QuidditchkapitĂ€nin, die zusammen mit ihrer Freundin Rolanda gegenĂŒber von Rubeus Platz genommen hatte, âMyrte war doch noch nicht einmal im Team! Ohne das Entscheidungsspiel gegen Ravenclaw kann es doch gar keine Endauswertung des Turniers geben. Soll das ganze Jahr umsonst gewesen sein?â
âMensch, Ellie! Myrte ist tot, T - O - T! Also ich hab kein BedĂŒrfnis, jetzt ein Spiel zu machenâ, entgegnete Rolanda, die auch im Team war, âAuĂerdem ist Olive Hornby Ravenclaw-JĂ€gerin und die ist seit dem Vorfall völlig durchgedreht. Hast du seit gestern mal mit ihr gesprochen?â
âHornby? Die kenn ich nicht wirklichâ, erwiderte die QuidditchkapitĂ€nin, âAber auf dem Feld ist sie gut, das muss ich zugeben.â
âSie glaubt neuerdings, dass Myrte sie als Geist verfolgt. Habâ zufĂ€llig einen totalen Panikanfall von ihr mitbekommen. Sie scheint zu denken, dass sie irgendwie an der Sache schuld ist. â
âGlaubst du, dass da was dran ist? Ich meine, alle reden doch ĂŒber ein Monsterâ, entgegnete Ellie und warf einen bedeutungsvollen Blick auf Rubeus.
Rolanda schaute nun ebenfalls herĂŒber und entgegnete: âKeine Ahnung, aber der gute Hagrid ist wohl kaum das Ungeheuer. Er kann bestimmt nicht mal einer Florfliege was zu Leide tun.â
Rubeus hatte genug gehört. Er erhob sich vom Tisch, nicht ohne dabei versehentlich eine Kanne KĂŒrbissaft umzustoĂen, die sich nun ĂŒber die UmhĂ€nge der beiden MĂ€dchen ergoss.
Die zwei kreischten und schimpften.
âTut mer echt Leid! Das hab ich nichâ gewollt!â Rubeus nahm eine Servierte, beugte sich ĂŒber den Tisch und versuchte damit Rolandas Kleidung zu erreichen. Diese wich aber zurĂŒck, was dazu fĂŒhrte, dass Rubeus sich so weit hinĂŒberlehnte, dass er das Gleichgewicht verlor und mit Wucht auf den Tisch knallte.
Geschirr schepperte, Essen spritzte und die meisten SchĂŒler lachten.
Kaum jemand hatte das Kommen des Hauslehrers, Professor Dumbledore, bemerkt, der plötzlich hinter Rubeus stand.
âIch denke, das reicht als VorfĂŒhrung fĂŒr heute Morgenâ, bemerkte er trocken, âMiss Johnson, Miss Hooch, gehen Sie sich bitte umziehen oder verwenden Sie einen Reinigungszauber, Mr. Hagrid, Sie sollten ebenfalls fĂŒr saubere Kleidung sorgen. AuĂerdem erwarte ich Sie in der Mittagspause in meinem BĂŒro.â
âJa, Sir, Professor Dumbledore, Sir, es tut mer Leid, Sir. Ich wollte nich âŠâ, stammelte Rubeus.
âHeute Mittag, Mr. Hagrid. Und halten Sie Ihre WĂŒrstchen beieinanderâ, entgegnete Dumbledore und deutete auf einige Teile, die auf dem Boden lagen, weil sie offensichtlich aus der Manteltasche gefallen waren.
Hastig sammelte Rubeus das Futter fĂŒr Aragog wieder ein.
âMuss ja ziemlich lĂ€stig sein, wenn man einen Magen hat, wie ein Verschwindekabinett. Was stopfst du denn zwischen den Mahlzeiten so alles rein, Hagrid?â, fragte Tim Avery, ein SchĂŒler aus Slytherin, der gerade mit seiner Clique vorbeikam.
Rubeus machte sich nun, so schnell er konnte, auf den Weg. Lebhaft stellte er sich vor, wie ungeduldig sein hungriger kleiner Freund inzwischen war. Er schlich - wie er glaubte unauffĂ€llig, obwohl er wie immer an diverse Kleinteile stieĂ, die scheppernd zu Boden gingen - durch die dunklen GĂ€nge, nahm einige Umwege, die nur er fĂŒr eine geschickte Tarnung hielt, und kam nach einer halben Ewigkeit endlich bei Aragog an.
Er hatte keine Chance, die Gestalt, die ihm auf leisen Sohlen und mit Desillusionierungszauber verborgen folgte, zu bemerken. Und er hatte keine Ahnung, dass sich bereits jetzt neue dunkle Schatten ĂŒber sein Leben legten.
âAch, Aragögchen, mein Kleiner. Mehr habâ ich nichâ tragen können. Das muss reichân bis heutâ Ahmd. Tut mer Leid, dass ich dir kein bessres Lebân nichâ bieten kann, tut mer so Leid. Hast ja keine Eltern mehr, du Armer. Keine Eltern, das ist hart, ich weiĂ. â
Dicke TrĂ€nen kullerten ĂŒber das Gesicht von Rubeus und nĂ€ssten den Boden der Holzkiste. âMusst in âner Kiste leben, armer Kerl, weil auĂer mir keiner dich nichâ mag. Dabei biste soân Lieber! Aber alle denken, nur weil du groĂ bist und ân bisschen wild aussiehst, dass du was Schreckliches wĂ€rst.â
Klackernd kam die Antwort der Riesenspinne: âIch möchte - klack - nicht mehr hier - klack - leben. Bring - klack - mich heute - klack - in den Wald - klack - das Monster -klack - schleicht herum - klack, klack!â
âHast Angst, mein Kleiner. Aber ich bin doch da, ich bin ja da!â, schniefte Rubeus.
âNein, bist du - klack - nicht. Ich bin - klack - oft alleine - klack, klack!â, erwiderte der SchĂŒtzling.
âHast ja recht! Hast recht. Aber so ganz allein im Wald? DafĂŒr biste doch noch viel zu klein!â
Doch diesmal lieĂ Aragog nicht locker. Er redete so lange wĂŒtend und aufgeregt auf Rubeus ein, bis der endlich zustimmte, ihn am Abend in den Wald zu bringen.
Der verborgene Zuhörer lÀchelte listig in sich hinein. Das passte wunderbar in seinen Plan.
Die erste Doppelstunde an diesem Morgen lenkte Rubeus etwas von seinen Sorgen ab: Pflege magischer Geschöpfe war sein Lieblingsfach und Professor Kesselbrand behandelte ihn stets freundlich und lobte seine Begabung im Umgang mit den Tieren. Es tat Rubeus so gut, endlich ein Unterrichtsfach zu haben, in dem er nicht der stÀndige Versager war.
Dann jedoch kam die nĂ€chste Doppelstunde mit Verteidigung gegen die dunklen KĂŒnste. Professor Merrythought war eine strenge Frau und Hagrid gehörte nicht gerade zu ihren Lieblingen. Er fĂŒhlte sich in diesem Unterricht stets fehl am Platz. Heute war es besonders schlimm. Es ging um Irrwichte und die SchĂŒler wurden mit einer echten Kreatur dieser Art konfrontiert. Jeder SchĂŒler musste den Irrwicht, der sich in seine gröĂte Angst verwandelt hatte, mit dem Zauberspruch âRiddikulusâ in eine lĂ€cherliche Gestalt zwingen. Das sonst so beliebte Thema sorgte heute fĂŒr eine bedrĂŒckende AtmosphĂ€re. Fast bei jedem SchĂŒler verwandelte sich die Kreatur in ein Monster, denn die Angst vor dem mordenden Ungeheuer steckte allen in den Knochen. Da niemand Genaueres wusste, kam es mal als riesiger Gorilla, mal als reiĂender Werwolf, mal als ĂŒberdimensionale Spinne und mal als feuerspeiender Drache daher. Doch fast alle SchĂŒler meisterten ihre Aufgabe trotz allem ohne Problem.
Dann war Rubeus an der Reihe. Bei ihm zeigte sich kein Monster. Der Irrwicht verwandelte sich in eine menschenĂ€hnliche Person, eine Frau, die allerdings sehr grobe, bösartig wirkende GesichtszĂŒge und markante Knochen hatte. Sie zeigte auf Hagrid und presste voller Abscheu hervor: âDu bist aber winzig, wie widerlich!â
Bevor Rubeus etwas sagen konnte, begannen einige SchĂŒler zu kichern und zu spotten:
âEy, Mann, Hagrid hat Angst davor, dass ihn jemand winzig findet!â
âHat jemand mal âne Lupe? Ich kann Klein-Haggi sonst nicht sehen.â
âDer Riesenfleischklops scheint ein bisschen unter RealitĂ€tsverlust zu leiden.â
Rubeus stand einfach nur da. Er starrte die groĂe Frau an. Ein Felsbrocken schien in seinem Hals zu stecken und machte es unmöglich, das Wort âRiddikulusâ auszusprechen oder sich eine lĂ€cherliche Gestalt auszudenken.
Die Irrwicht-Mutter kam nĂ€her, doch Rubeus unternahm nichts. Als sie ihn erneut als Winzling beschimpfte, begannen seine TrĂ€nen zu rollen, wĂ€hrend die anderen SchĂŒler wieder grölten.
Professor Merrythought griff ein. âMiss Prince, machen Sie weiter!â, forderte sie die nĂ€chste SchĂŒlerin auf. WĂ€hrend der Irrwicht sich nun fĂŒr Eileen Prince verwandelte, befahl die Lehrerin Rubeus eine Auszeit in einer Ecke, um sich zu beruhigen.
Doch fĂŒr den Jungen war der Unterricht gelaufen. Er sah jetzt auch ohne Irrwicht stĂ€ndig seine Riesen-Mutter Fridwulfa vor sich. Wie sie ihn und seinen Vater verhöhnte, weil sie klein waren. Wie sie es nicht ertragen konnte, so ein winziges Baby zu haben. Wie sie ihren Sohn als DreijĂ€hrigen verachtete und den Vater deshalb verlieĂ.
Dann glitten seine Gedanken zu seinem Vater, dem lustigen kleinen Mann, der tatsÀchlich winzig gewesen war. Ihn hatte Fridwulfa trotz allem gemocht. Vorher. Bevor Rubeus gekommen war und alles zerstört hatte.
Trotzdem hatte sein Vater ihm das nie vorgeworfen. Der kleine Zauberer hatte seinen Sohn ĂŒber alles geliebt und sie hatten eine schöne Zeit zusammen gehabt. Wunderbare, glĂŒckliche Jahre der Kindheit. Sie hatten ziemlich einsam gelebt und Rubeus hatte keine anderen Kinder, dafĂŒr aber umso mehr Tiere als SpielgefĂ€hrten gehabt. Lange Zeit hatte Rubeus gar nicht gewusst, was es mit seiner Mutter genau auf sich hatte, bis sein Vater den NeunjĂ€hrigen eines Tages beiseite genommen und ihm erklĂ€rt hatte, warum er so groĂ war und ihm dann von seiner Angst berichtet hatte, dass Rubeus als Halbriese vielleicht nicht nach Hogwarts gehen dĂŒrfe.
âFĂŒr mich bist du trotzdem der GröĂte!â, hatte sein Vater lĂ€chelnd geschlossen.
Doch die Angst war unbegrĂŒndet gewesen. Der kleine Mr. Hagrid war vor Stolz fast geplatzt, als der Hogwartsbrief gekommen war.
Begeistert war er mit Rubeus durch die Winkelgasse gezogen, hatte lĂ€chelnd den fĂŒnffachen Preis fĂŒr den Schulumhang gezahlt und mitgefiebert, als sein Sohn von seinem Zauberstab erwĂ€hlt wurde.
Ein LĂ€cheln stahl sich auf das Gesicht von Rubeus, als er daran zurĂŒckdachte, wĂ€hrend er noch immer in der Ecke des Klassenzimmers saĂ, doch unerbittlich nahmen die Gedanken weiter ihren Lauf:
Tot. So plötzlich. So unerwartet. So unwillkommen hatte das Grauen Einzug gehalten in das Leben der Hagrids.
Sein Vater war nicht mehr da und auf einmal gab es keinen mehr, der davon ĂŒberzeugt war, dass Rubeus ein groĂer Zauberer werden wĂŒrde. Keinen, den es ĂŒberhaupt interessierte, wie es dem Jungen ging. Keinen, der ihn liebte.
Er war allein. Ohne Vater. Ohne Mutter, die zwar lebte, doch ihn hasste. Ohne Freunde.
Nur eine klackernde Riesenspinne teilte sein Leben.
Nach dem Mittagessen hatte er keine Zeit, Aragog erneut zu besuchen, er musste zu Professor Dumbledore. Das BĂŒro des Verwandlungslehrers befand sich direkt neben dem Klassenzimmer, in dem er unterrichtete.
Zögernd trat er ein. âRubeus, mein Junge, wie schön, dass du kommen konntestâ, begrĂŒĂte ihn Dumbledore, als seien die beiden zum Tee trinken verabredet.
âEs tut mer wirklich so Leid, Professor Dumbledore, Sir, ich wolltâ nichâ âŠâ
âIch weiĂ, ich weiĂ. Obwohl es eine auĂerordentlich interessante akrobatische Einlage war. Sag mal, denkst du manchmal noch an deinen Vater?â
Rubeus erstarrte. Mit so einer Frage hatte er ĂŒberhaupt nicht gerechnet. Er musste heftig schlucken.
âWeiĂt du, er war auch SchĂŒler hier. Ich kann mich noch gut an ihn erinnern. Er gehörte nicht zu den besten SchĂŒlern, aber mit Sicherheit zu den freundlichsten und fröhlichsten. Was glaubst du, wĂŒrde er sich wĂŒnschen, wenn er jetzt hier wĂ€re?â
âNa ja, ich schĂ€tzâ mal, er wĂŒrdâ meinen, ich solltâ nicht soân Theater machen wegen seiâm Tod und so. Und ich solltâ lernen und Freunde findân und SpaĂ habân.â
Dumbledore nickte.
âTrotzdem ist es nur normal und auch wichtig zu trauern, wenn man einen lieben Menschen verloren hat. Aber man darf dann auch nicht vergessen weiter zu leben. Dein Vater ist jetzt schon vor ĂŒber einen Jahr von uns gegangen. Er wusste, dass es nicht einfach wird fĂŒr dich. Aber er war ĂŒberzeugt, dass du es meistern wirst. Er war immer so begeistert von dir, seinem Sohn. Vielleicht schaffst du es ja, seine WĂŒnsche wenigstens ein bisschen zu erfĂŒllen.â
Rubeus nickte. âIch versuche esâ, sagte er.
âIch habe noch einen anderen Tipp fĂŒr dichâ, fuhr Dumbledore fort, âIch weiĂ, dass du dich nicht immer an die Schulregeln gehalten hast. Und meistens hattest du einen guten Grund dafĂŒr. Die ausgesetzten Werwolfskinder hĂ€tten ohne dich vielleicht nicht ĂŒberlebt. Aber im Moment sind schwierige Zeiten. Alle haben Angst vor einem mordenden Monster. Da ist es nicht gut, irgendwelche Regeln zu missachten. Ich hoffe, du hast zur Zeit kein unangenehmes Geheimnis? Sonst solltest du das schleunigst Ă€ndern.â
Rubeus zögerte, doch er konnte Aragog nicht verraten: âIch ⊠nein, Sir.â
Dumbledore entlieĂ ihn und mit leichterem Herzen machte sich Rubeus auf den Weg zum Zauberkunstunterricht. Der Professor hatte recht. Er musste das tun, was sein Vater sich immer gewĂŒnscht hatte. Er wĂŒrde ein guter und fröhlicher Zauberer werden. Er wĂŒrde ĂŒberall sein Bestes geben. FĂŒr seinen Vater und fĂŒr sich selbst. Auch wenn er nicht mit perfekten Ohnegleichen - Leistungen glĂ€nzen wĂŒrde, er wĂŒrde seinen Vater stolz machen. Ab heute wĂŒrde ein neues Leben beginnen. Vielleicht war es sogar gut, wenn Aragog ab nun auf eigenen Beinen stehen wĂŒrde. Dann hatte Rubeus wieder mehr Zeit fĂŒr andere Dinge. Vielleicht sogar zum Freunde finden.
Inzwischen war er im Zauberkunst-Klassenraum angekommen. Das Fach war normalerweise auch nicht gerade seine StĂ€rke, doch heute Mittag schaffte er mit neuem Elan mehrere Zauber auf Anhieb. Er verblĂŒffte Lehrer und MitschĂŒler und tatsĂ€chlich schien sich alles zum Guten zu wenden, als auch noch Eileen ihm anerkennend zunickte.
Auch in KrĂ€uterkunde hatte Professor Beery heute nur Lob fĂŒr ihn ĂŒbrig.
Ungeduldig wartete Rubeus am Abend auf die DĂ€mmerung. Vorher konnte er es nicht wagen, Aragog unbemerkt aus dem Schloss zu schmuggeln und den verbotenen Wald zu betreten. Nach den Hausaufgaben spielte er zum ersten Mal, seit er in Hogwarts war, ein paar Runden Koboldstein mit Eileen und ihren Freunden. Doch so richtig konnte er sich nicht auf das Spiel konzentrieren. Immer wieder musste er an die geplante Aktion denken. War es richtig, Aragog gerade jetzt wegzubringen? Wahrscheinlich ja, denn die Spinne hatte wirklich Angst. Und wenn das Monster sogar eine SchĂŒlerin umbrachte, wĂŒrde es vielleicht auch vor einer Acromantula, die fast noch ein Baby war, nicht zurĂŒckschrecken.
Es war Juni und so wurde es erst spĂ€t am Abend dunkel. LĂ€ngst war das Spiel beendet und Rubeus starrte eine Weile in den rubinroten Sonnenuntergang, bevor er vorsichtig den Gryffindor-Gemeinschaftsraum verlieĂ.
Eigentlich war es jetzt nicht mehr erlaubt, in den GÀngen umherzulaufen, daher versteckte sich Rubeus, als er die Eingangshalle fast erreicht hatte und Schritte auf der Marmortreppe hörte. Es war Professor Dumbledore und von ihm wollte Rubeus auf keinen Fall erwischt werden. Er hatte keine Angst vor einer Strafarbeit, aber der Gedanke, den Hauslehrer ausgerechnet heute mit einer Regelverletzung zu enttÀuschen, schien unertrÀglich.
Anscheinend war Rubeus aber nicht der einzige SchĂŒler, der unterwegs war, denn jetzt erklangen weitere Schritte unten in der Halle.
âWas streunen Sie so spĂ€t hier herum, Tom?â, hörte Rubeus den Lehrer fragen.
âDer Schulleiter wollte mich sprechen, Sirâ, kam die Antwort des ertappten SchĂŒlers. Die Stimme kam Rubeus bekannt vor. Es schien der VertrauensschĂŒler der Slytherins, Tom Riddle zu sein. Rubeus mochte ihn nicht besonders, denn er gehörte zu der gleichen Clique wie Tim Avery, der ihn hĂ€ufig verspottete.
âGut, nun aber rasch ins Bett. Jetzt sollte man lieber nicht in den GĂ€ngen umherwandern. Nicht seit⊠â
Rubeus hörte, wie der Professor seufzte, Tom eine gute Nacht wĂŒnschte und davon schritt.
Er wartete eine Weile, um seinen Weg fortzusetzen, sah dann aber, dass der Slytherin auch noch da war und jetzt den Weg in Richtung Kerker nahm, genau dorthin, wohin auch Rubeus gehen wollte. Also beschloss er sicherheitshalber die Aktion noch einige Zeit aufzuschieben, bis er die Gewissheit hatte, dass der andere endgĂŒltig verschwunden war.
Endlich ging er dann doch die steinernen Treppen hinunter, vorbei am ZaubertrÀnkekerker bis zu dem verlassenen Raum, in dem sich Aragogs Wandschrank befand. Liebevoll wie immer nahm er die Kiste aus dem Schrank und öffnete sie. Die Kreatur mit den vielen Augen, Greifzangen und haarigen Beinen kam sofort herausgekrabbelt.
âEs ist Zeit, - klack - ich spĂŒre das - klack - Monster. Es - klack - will morden - klack - und sein Ge - klack - bieter ist - klack - jetzt ganz nah - klack, klack.â Die Spinne kroch in den Schrank und versteckte sich in der hintersten Ecke.
Rubeus spĂŒrte, wie Panik in ihm aufstieg. Aragog war in Gefahr.
âKomm zurĂŒck in die Kiste. Ich muss dich hier rausbringen. Sofort. Also komm jetzt. Hast recht gehabt. In die Kiste, da biste sicher.â
Plötzlich hörte Rubeus ein GerÀusch hinter sich. Eiskalt durchzuckte ihn die Erkenntnis, dass dort jemand stand.
âSchönen Abend, Rubeusâ, sagte eine schneidende Stimme und der Angesprochene wusste sofort, dass sie Tom Riddle gehörte.
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*gebratene Blutwurst
Teil 2 werde ich ganz schnell nachschieben. Wer nicht warten kann, kann ihn auch im Forum lesen.
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