von Muggelchen
Aethelfled
Wenn der Herr vom Magischen Unfallumkehr-Kommando gewusst hätte, dass ihr Vorname Aethelfled ein alter, britischer Name war und „erhabene Schönheit“ bedeutete, hätte seine Einladung sicherlich nicht so einen ruppigen Tonfall aufgewiesen, besonders nicht, wenn er sehen würde, dass ihr Name hielt, was er versprach. Er würde es bald sehen. Ein gewisser Mr. Malfoy wollte sie wegen eines Vergehens sprechen.
Aethelfled musste nicht nachhelfen, um einen guten Eindruck zu hinterlassen. Allein ihre knielangen Haare aus gesponnenem Sonnenlicht betörten jeden Mann weit und breit – manchmal auch die ein oder andere Frau.
Im Zaubereiministerium angelangt öffnete sie die Tür zum Büro mit der Nummer 205, ganz wie es in der Einladung geschrieben stand.
„Was soll das?“, herrschte der blonde Mann sie an. „Können Sie nicht anklopfen?“
„Ich klopfe nie an“, erwiderte sie mit einem strahlenden Lächeln, das kürzlich erst von der Zahnmedizinischen Vereinigung Britanniens mit einem Preis ausgezeichnet wurde. Ungefragt nahm sie Platz, aber nicht etwa auf dem Besucherstuhl, sondern auf seinem gut gepolsterten Ledersessel.
„Stehen Sie sofort auf! Wer sind Sie? Und warum zum Teufel belästigen Sie mich?“, fragte Malfoy, bei dem eine Ader an der Stirn sichtbar pulsierte.
„Sie haben mir doch eine Einladung geschickt, Mr. Malfoy.“ Sie klimperte mit ihren langen, schwarzen Wimpern, bevor sie in den Ausschnitt ihres engen Kleides griff, um ein Stück Papier aus der üppigen Oberweite herauszufischen.
Mit Daumen und Zeigefinger nahm Malfoy das Schriftstück entgegen, verzog dabei angeekelt das Gesicht. Er entfaltete den Brief und las ihn.
„Das ist keine Einladung, das ist eine Vorladung zu einer Anhörung, Mrs. …“
„Miss!“, verbesserte Aethelfled auf der Stelle. „Sind Sie verheiratet?“
„Ob ich …? Das geht Sie überhaupt nichts an, Madam!“
Er unterließ weitere Versuche, die Dame von seinem Stuhl herunterzubekommen. Stattdessen holte er die Akte der Frau, in der er einen Moment blätterte.
„Und Ihr voller Name lautet …?“, wollte er wissen.
„Aethelfled Snow Eeva Phenomena“, mittendrin murmeln sie ein Wort, „Van der Valk.“
„Was war das bitte im Mittelteil?“, fragte er nach.
„Ich sagte Waltraud.“
Verdutzt blinzelte Lucius einige Male. „Der passt nicht ganz rein, nicht wahr?“, nahm er sie auf den Arm.
„Meiner Mutter dachte, es wäre nett, wenn ich auch den Namen meiner Ururgroßmutter erhalte. Meine Mutter war übrigens eine Veela.“ Sie ließ die Augenbrauen auf und ab tanzen.
Lucius hingegen rümpfte die Nase. „Sind Sie reinblütig?“ Es tat nichts zur Sache, aber er wollte es wissen, denn wenn sie bejahen würde, wäre sie eine Schande für die Zauberergesellschaft.
„Ich, Mr. Malfoy, bin der Inbegriff der Reinblütigkeit. Wenn ich mich recht entsinne, hat meine Familie den Begriff überhaupt erst geprägt, obwohl Salazar Slytherin ihn am häufigsten benutzt hat.“
Von der Hochnäsigkeit der Frau völlig vor den Kopf geschlagen steckte Lucius seine Nase in die Akte. Da stand er nochmal, der Name: Aethelfled Snow Eeva Phenomena Waltraud Van der Valk. Er konnte es noch immer nicht glauben. Albus Percival Wulfric Brian Dumbledore war ja schon ein beeindruckend langer Name, aber der von Miss Van der Valk war einfach nur …
„Hey, was machen Sie da?“, schrie er wütend.
Miss Van der Valk hatte eine seine Schreibtischschubladen geöffnet und spielte nun verträumt mit seiner Todessermaske. „Die ist hübsch!“, sagte sie auch noch. „Ist das eine von diesen venezianischen Masken?“
„Geben Sie die sofort her!“
Es klopfte. In Windeseile sprach Lucius einen Incendio, mit dem er die Maske verbrannte. Dem Dunklen Lord würde er schon irgendwie beibringen, warum er eine neue brauchte. Für jede Art von Ablenkung war Lucius dankbar. Er öffnete die Tür. Das runde Gesicht des Ministers lugte herein.
„Minister Fudge, wie schön, Sie hier zu sehen“, grüßte Lucius übertrieben freundlich.
Kaum hatte Fudge die junge Frau bemerkt, verklärte sich sein Blick. „Oh mein …“ Die Atmung wurde schneller. „Wer ist das?“ Lucius wollte sich einen Scherz draus machen und stellte die Dame mit vollem Namen vor. Womit er nicht gerechnet hatte, war die Antwort des Ministers, denn der schwärmte: „Was für ein entzückender Name. Und so passend für so ein liebreizendes Wesen.“
Miss Van der Valk erhob sich und schwebte sylphidenhaft hinüber zu Fudge. „Wie freundlich von Ihnen.“
Lucius fragte sich, ob Fudge womöglich unter Drogen stand. Der Mann war nicht mehr er selbst, seit er Van der Falk gesehen hatte.
„Miss Van der Valk hat Veelablut in sich, Minister. Nicht dass Sie sich davon eingelullt fühlen“, warnte Lucius, doch es war längst zu spät.
Fudge hatte nur Augen für die Frau. „Kann ich als Zaubereiminister Ihnen irgendwie zu Diensten sein?“
„Och, mir würde da einiges einfallen. Zuerst wäre es nett, wenn die Anklage gegen mich fallengelassen werden würde.“
Fudge strahlte. „Ist erledigt.“
„Minister“, warf Lucius ein, „Sie wissen ja nicht einmal, was ihr zur Last gelegt wird. Miss Van der Valk soll auf einer Bühne vor hunderten von Muggeln gezaubert haben. Das wurde weltweit in verschiedene Länder übertragen. Die Frau gehört ins Gefängnis.“
„Schnickschnack!“ Mit diesem für den Minister untypischen Wort winkte er Lucius’ Einspruch ab. „Diese hübsche, junge Frau kann so etwas nicht getan haben.“
„Meine Schwägerin ist auch jung und hübsch“, murmelte Lucius, doch man hörte ihn sowieso nicht.
Fudge hatte nur Augen für Van der Falk – oder besser gesagt für den Ausschnitt ihres Kleides, aus dem der weiche Busen mit jedem Atemzug reizend hervortrat. Der Minister war erledigt.
„Was soll ich nun mit der Anzeige tun?“, fragte Lucius, wedelte dabei mit der Akte umher.
„Verbrennen Sie sie“, schlug Fudge vor.
„Ja“, stimmte Van der Valk mit ein, „genauso wie vorhin die …“
Lucius klatschte laut in die Hände. „Dann ist ja alles erledigt! Sie, Miss Van der Valk, können gehen. Es werden keine Anklagen mehr gegen Sie erhoben.“
„Oh, wirklich?“ Sie riss ihre Augen weit auf, so dass ihre blauen Augen mit den goldenen Sprenkeln heftig glitzerten. „Das ist zu nett, Mr. Malfoy. Und Sie, Herr Minister? Noch irgendetwas vor?“
Van der Falk hakte sich bei Fudge unter und verließ mit ihm zusammen Lucius’ Büro. Erleichtert atmete Lucius aus. Nachdem er die Asche von seinem Tisch entfernt hatte, schlug er die nächste Akte auf, um zu sehen, mit wem er bald zu rechnen hatte. Der Name der Person lautete Shadow Raven Tempest. Finsterer konnte man nicht heißen. Die Dame soll in einer belebten Londoner Einkaufsstraße versucht haben, sich selbst mit einem Avada Kedavra zu töten. Sollte sie ihm auf die Nerven gehen, würde er bei einem weiteren Versuch gern nachhelfen.
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