von Muggelchen
Jolene
Der Brief vom Magischen Unfallumkehr-Kommando war früh eingetroffen, der benutzte Tonfall ruppig und die Einladung als ausdrücklicher Befehl formuliert. Jolene Vanover war der Aufforderung gefolgt und fand sich im Zaubereiministerium wieder.
„Dritter Stock, Zimmer 205“, las sie leise.
Ein Mr. Malfoy wäre ihr Ansprechpartner. Die junge Frau überprüfte den Kragen ihrer weißen Bluse. Sie wollte bei der Anhörung keinen schlampigen Eindruck hinterlassen. Nur deshalb hatte sie sich dazu entschlossen, ihre Haare locker nach oben zu stecken. Eine der braunen Strähnen löste sich immer wieder und fiel ihr ins Gesicht. Sie stopfte besagte Strähne gerade wieder in die Frisur, als der Fahrstuhl kam.
Im dritten Stock angekommen musste sie eine Weile laufen, bis sie Zimmer 205 fand. Sie hob die Hand und klopfte zaghaft.
„Herein!“, rief man ihr missgelaunt durch die Tür entgegen.
Sie trat ein, schloss die Tür wieder hinter sich. „Guten Tag, mein Name ist …“
„Einen Moment noch.“
Der blonde Herr las ein Pergament und schrieb mit einer Feder etwas darauf. Diesen Moment nutzte Jolene, sich das Büro anzusehen. Der große Raum war mit antik aussehenden Bücherregalen geschmückt, die ebenso antike Bücher beinhalteten. Noble Dekorationsstücke von unschätzbarem Wert machten deutlich, dass hier ein Mann mit hohem, gesellschaftlichem Ansehen saß. Sie betrachtete den Blonden. Seine gerümpfte Nase machte ihn unsympathisch, obwohl sie ihn als gutaussehend bezeichnen würde. In seinem riesigen Territorium fühlte sie sich wie ein Eindringling. Seine abschätzige Haltung ihr gegenüber machte klar, dass er genauso dachte. Der Mann legte das Papier zur Seite und hob seinen Kopf.
Mit gleichgültigem Blick musterte er seinen Gast. Die Dame hatte sich auffällig unauffällig gekleidet, wollte damit einen dezenten und offenbar unschuldigen Eindruck hinterlassen. Sein Augenmerk lag auf der Kleidung – untere Preisklasse.
Lucius verzog das Gesicht. „Was wünschen Sie?“
„Ich habe eine Eule bekommen. Ich soll bei Ihnen vorstellig werden.“
„Um was geht es überhaupt?“, herrschte er sie an.
Publikumsverkehr lag Lucius gar nicht. Niemand im Ministerium wusste genau, was sein tatsächliches Aufgabengebiet darstellte. Das mochte daran liegen, dass er häufig außerhalb seines Büros anzutreffen war, um wichtige Leute wie den Minister abzufangen, damit er ein Schwätzchen halten konnte, sich lieb Kind machen konnte. Die Frau vor ihm war es nicht wert, sich näher mit ihr zu befassen. Sie war wahrscheinlich nicht mal reinblütig.
„Nun?“, forderte der Blonde nochmals von ihr.
„Sie sind Mr. Malfoy?“ Er nickte „Mein Name ist Jolene Vanover. Man macht mich für etwas verantwortlich, das ich nicht getan habe.“
„Das behaupten sie alle. Zeigen Sie her!“ Er hielt ihr seine Hand entgegen, damit sie ihm den Brief gab. Kurz las er sich ein, kramte dann entsprechende Akte hervor, die in einem Stapel auf seinem Tisch lag. „Ah ja, Sie haben die Show eines Muggelzauberers gestört, haben mit Ihrem Stab Vögel herbeigezaubert, Muggel schweben lassen und Ihren Kniesel zur Schau gestellt.“
„Ich besitze überhaupt keinen Kniesel!“
„Wenn Sie erst in Askaban dafür büßen, besitzen Sie gar nichts mehr.“
„Moment!“ Jolene kam einen Schritt näher. Noch immer hatte er ihr keinen Platz angeboten. „Ich habe Ihnen gesagt, ich habe damit nichts zu tun. Ich war zu diesem Zeitpunkt gar nicht im Land, sondern bei meinen Eltern in Amsterdam.“
„Was Sie natürlich beweisen müssen.“
Als es klopfte, blickte Mr. Malfoy zur Tür und bat den Gast herein.
„Oh, Herr Minister.“
Mit einem Male war Malfoy überaus freundlich und zuvorkommen, bemerkte Jolene. Typisch Speichellecker. Sie grüßte den Minister nur mit einem Nicken.
„Ich sehe, Sie haben zu tun, Mr. Malfoy. Ich komme besser ein anderes Mal …“
„Nein, nein, nein.“ Schon hatte Lucius eine Hand zwischen den Schulterblättern von Fudge und schob ihn zu dem Stuhl, den er eigentlich Jolene hätte anbieten müssen. „Nehmen Sie Platz. Das dauert hier nicht lange.“ Malfoy schaute zu seinem weiblichen Gast. „Und, können Sie nun beweisen, dass Sie in Amsterdam waren und die Taten nicht begangen haben können?“
„Man muss nur meine Eltern befragen.“
„Die sind befangen. Es sind Ihre Verwandten.“
„Aber Sir“, langsam verlor Jolene die Geduld, „der Portschlüssel für die Reise nach Amsterdam ist mir vom Ministerium ausgestellt worden. Er war auf mich persönlich ausgerichtet. Niemand anders hätte ihn verwenden können. Man kann überprüfen, ob ich ihn benutzt habe. Dann wäre die Sache geklärt.“ Sie schaute zu Fudge hinüber. „Denn das Ministerium macht ja keine Fehler, nicht wahr?“
„Nein!“, beteuerte Fudge sofort. „Da hat die junge Dame ganz Recht. Lucius, überprüfen Sie einfach den Portschlüssel und dann können wir zu den wichtigen Dingen übergehen.“
„Wenn Mrs. Vanover ihn dabei hat?“
„Natürlich.“
Sie schenkte Mr. Malfoy ein unechtes Lächeln, dafür aber ein breites, bevor sie ihrer Tasche ein silbernes Feuerzeug entnahm und es ihm reichte. Mit seinem Zauberstab prüfte Malfoy den Portschlüssel.
„Und, Lucius?“, fragte Fudge.
„Er wurde benutzt. Hin und zurück, zum vorbestimmten Zeitpunkt.“
„Ich sagte doch“, warf Jolene ein, „dass das Ministerium keine Fehler macht.“
Mit zusammengekniffenen Augen starrte Lucius die Frau an. Er ahnte, dass irgendwas faul war, doch dem Minister konnte er schwerlich widersprechen. Malfoy warf das Feuerzeug auf die Akte Vanover, bevor er sich an Minister Fudge wandte.
„Was für ein kluger Einfall von Ihnen, den Portschlüssel zu untersuchen Minister.“
‚Hey‘, dachte Jolene, ‚das war meine Idee.‘
„Ach“, winkte Fudge ab, „als Minister muss man pfiffig sein.“
Die beiden Herren lachten einen Moment lang und Jolene glaubte, ihr würde bei dem vielen Honig, der hier ums Maul geschmiert wurde, übel werden.
„Dann möchte ich mich von Ihnen verabschieden“, sagte sie, woraufhin sich Fudge von seinem Stuhl erhob. Es verwunderte sie, dass der Minister noch immer aufrecht gehen konnte, wo Malfoy ihm doch so tief in den Hintern gekrochen war.
„Auf Wiedersehen, meine Gute.“
Jolene verließ das Ministerium. Niemand würde in diesem Fall noch Nachforschungen anstreben. Keiner würde darauf kommen, dass sie die kleine Überseestrecke von Amsterdam nach Ipswich appariert war, um Copperfield die Show zu stehlen. In Zukunft müsste sie aufpassen, aber die Finger davon lassen konnte sie nicht. Gerade jetzt nicht, wo ein junges Nachwuchstalent bei den Muggeln von sich reden machte. Criss Angel würde sie noch zeigen, was der Unterschied zwischen Zauberei und Trickserei war. Beizeiten …
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