von Ithelia
@Candra: Vielen Dank fürs Lob und Betalesen. Bin schon eifrig mit dem 9. Kapitel zugange.
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La Maison des Masens
Mit der Zeit wich der Winter dem Frühling, ohne dass sich etwas in ihrem Verfahren bewegte. Offenbar hatte dieser Richter das Räderwerk der Bürokratie schwungvoll in Gang gebracht, denn es lief so reibungslos im Kreis, wie man es sich nur hätte wünschen können.
Doch trotz der ungewissen Lage begann Elodea Lizzies Tod zu verkraften. Man hatte ihre Überreste auf einem Friedhof ganz in der Nähe beigesetzt und alle paar Tage besuchte sie sie. Es war ihr Anfangs schwer gefallen, sich nicht von einer aus der Trauer entstehenden Lethargie überwältigen zu lassen und einfach kampflos zu Boden zu gehen, um von morgens bis abends Trübsal zu blasen.
So hatte sie sich in ihre Aufgaben geflüchtet und sich wochenlang unter großem Protest von Hannah (und von ihren Mentoren bewundert) mit kaum etwas Anderem beschäftigt als Magie. Aber auch ihre Mutter (sie war sich zwar nicht ganz sicher, ob „Mutter“ auf die Beziehung zwischen Hannah und ihr zutraf jedoch war sie am ehesten das, was Elodea sich unter einer solchen Person vorgestellt hatte) erwartete ihre Anwesenheit lediglich bei den Mahlzeiten und befreite sie weitestgehend von allen Pflichten im Haus.
Ohnehin erledigten sich an diesem Ort die meisten Dinge auf magische Weise von selbst. Ob es sich um den Abwasch, das Putzen, die Wäsche oder die Zubereitung der Mahlzeiten handelte, immer schien sich das magische Leben durch eine ganze Reihe von Kniffen recht komfortabel zu gestalten. Dies galt allerdings nur eingeschränkt für jene Familienmitglieder, die auch im Stande waren zu Zaubern. "Damit ihr den Wert von Magie an sich zu würdigen lernt.", hatte Tom einemal dem maulenden Neil erklärt. Die Familie Masen hatte sie mit offenen Armen aufgenommen, was ihr manchmal ein schlechtes Gewissen angesichts der Sicherheitsvorkehrungen bereitete, die die Gefahr, in die sie offenbar sämtliche Personen in ihrer Umgebung brachte nur allzu deutlich machte. Doch man forderte sie ausdrücklich auf, sich darum nicht zu kümmern.
„Du hast sowieso genug Sorgen.“, stellte Neil meist knapp fest und behauptete, ihre Stirn bestehe ja nur noch aus Sorgenfalten. Ohnehin war es sein erklärtes Ziel, sie zumindest für eine Stunde am Tag abzulenken, wenn er mit ihr laufen ging. Jeden Morgen schmiss er sie dann aus dem Bett und jagte sie über den nahe gelegenen Strand. Nur samstags ließ er sie meist schlafen und ging mit ihr am Vormittag in Tinworth, dem nahe gelegenen malerischen Muggeldorf einkaufen.
Doch bei allen Bemühungen ihrer Befürworter vor Gericht würde Hogwarts ihr trotzdem verwehrt bleiben, weshalb Elodea die Zeit bis zum großen Abendessen immer hinter ein paar angestaubten Französischlehrbüchern verbrachte.
„La Magie est l'étude et la pratique du maniement des forces secrètes de la nature.“, mühte sie sich mit einem dreifachen Knoten in der Zunge ab.
„Du wirst besser.“, bescheinigte Neil ihr freundlich.
Im Gegensatz zu ihr, konnte er sich nach der allmorgendlichen Lauferei zurücklehnen: Bequem wie er war, hatte er sich nach einer halben Woche vom Unterricht zurückgezogen, sodass sie sich seit geschlagenen viereinhalb Monaten allein mit all den seltsamen Gestalten herumschlagen musste. So unterrichtete das Gespann aus Moody und dem Großvater sie im Wechsel vier bis fünf Stunden bis zum spät gelegenen Mittagessen, nur gelegentlich durch noch seltsamere Lehrer ergänzt.
Besonders verwirrend waren die wenigen Stunden gewesen, in denen Prof. Dumbledore sich bemüht hatte, ihr ein besseres Gefühl für die eigenen Kräfte zu verleihen. Immer wieder hatte er sie angewiesen, sich in den magischen Strom einzufühlen und ihn zu lenken. Doch hätte er von ihr genau so gut verlangen können, ihren Herzschlag zu unterdrücken, so ungreifbar und doch zweifellos vorhanden war dieses seltsame Etwas, das sie weder zu charakterisieren noch zu lokalisieren vermochte. Gleichwohl war er immer zufrieden gewesen, was Elodea nun absolut nicht verstand.
Neil riss sie zurück in die Gegenwart: „Wirklich, du machst Fortschritte mit der Zeit.“, erklärte er freundlich.
„Immer doch.“, wehrte sie spöttisch ab und wandte sich wieder den zu schälenden Kartoffeln zu. „Wingardium Leviosa.“, befahl die dem scharfen schwarzen Küchenmesser und mühte sich sichtlich mit diesem die Schale von den schrumpeligen Knollen zu schaben.
Mit kritischen Adleraugen begutachtete er das malträtierte Gemüse. „Ich meins ernst, Ella. Mittlerweile bleibt sogar mehr als die Hälfte übrig.“
„Wie kommst du überhaupt dazu mich Ella zu nennen?“, maulte diese. Im Grunde störte es sie nicht wirklich, aber gefragt hatte er sie auch nicht.
Schulter zuckend erklärte er: „Weiß nicht. Aber es passt und geht leichter über die Lippen. So muss ich mir nicht immer die Zunge brechen. Hat auch seine Vorteile, weißt du.“, stellte er mit einem schelmischen Seitenblick auf die abgenutzte Lektüre hin.
„Faule Sau.“, murmelte Elodea. Dann ließ die die Kartoffel fallen und Neil wusste nicht ganz, wie ihm geschah, da war die Zauberformel bereits im Raum verhallt und er befand sich nahe der Decke.
„Das ist wirklich sehr genial und absolut klasse, Ella. Aber ich würde den Boden doch vorziehen.“, stellte der Schwebende etwas ängstlich fest.
Konzentriert stellte sie ihren Bruder – denn Geschwister waren sie längst füreinander – behutsam mit den Füßen zurück auf die Fliesen. Das war eigentlich immer der schwierigste Teil beim Schweben lassen. Schnell hatte Elodea erfahren müssen, dass das Wirken eines Zaubers das Eine war aber noch lange keine Kontrolle über ihn bedeutete.
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