von Roya
26. Flaschendrehen
Eine Woche vor den Weihnachtsferien kam endlich eine Antwort von Joey. Charlie riss der Eule am Frühstückstisch nahezu den Brief aus dem Schnabel und die flatterte empört davon. Mit leicht zitternden Händen öffnete Charlie den Umschlag und faltete das Stück Pergament auseinander.
Liebste Charlie,
Ich kann dich vollkommen verstehen.
Es ist eine Sache, von etwas zu reden und eine andere, es wirklich zu erleben. Das ist genau wie Verteidigung gegen die dunklen Künste: Natürlich kann man über Flüche und Gegenflüche reden und sie lernen, aber wenn du dann in einem direkten Duell mit einem Feind stehst, ist das etwas vollkommen anderes.
Du brauchst dich keinesfalls für deine Gedanken oder Gefühle schämen oder entschuldigen.
Ja, es hört sich tatsächlich so an, als ob Lupin ein Werwolf ist. Aber dass er dich ignoriert, kann auch heißen, dass er Angst hat, du könntest es herausfinden und allen erzählen. Vielleicht liegt es daran. Du solltest ihn nicht darauf ansprechen, denn es konnte euer Verhältnis noch mehr verschlechtern, Dumbledore wird ihm vertrauen. Ansonsten dürfte er kaum unterrichten. Soweit ich mich erinnere, hat genau dieser Lupin Arthur Weasley die ganzen Tipps zu meinem Zustand gegeben, er scheint ein intelligenter Mann zu sein und freundlich, so wie du ihn bisher beschrieben hast.
Du wirst dich an den Gedanken gewöhnen müssen, dass er einer von denen ist. Du hast ihn kennen gelernt, als du es noch nicht wusstest und solltest dich daran erinnern, wie du ihn vorher betrachtet hast, ohne diese Kenntnis. Das wird dir helfen ihn wieder besser zu verstehen und zu mögen.
Ich reise viel umher und bin im Moment in Neuseeland, daher dauert die Antwort auch so unglaublich lange, tut mit Leid. Hoffentlich sehen wir uns bald wieder, ich vermisse dich, meine Kleine.
Dein Jo
Charlie las den Brief ein paar Mal und versank in Gedanken. Er hatte hoffentlich Recht, dass sich das bald legte. Denn sie hasste sich selber für ihre Gefühle und Gedanken. Es nagte an ihr wie ein Eichhörnchen an ihrer geliebten Nuss. Gedankenverloren starrte sie in der Gegend herum und bemerkte gar nicht, wie sie angesprochen wurde. Erst als jemand sie anstupste, schreckte sie hoch und sah in Freds grinsendes Gesicht.
„Na endlich, ich dachte schon, du schläfst.“
„Oder bist hypnotisiert.“
„Oder balla balla.“
Sie knuffte den Zwillingen in die Seite und die grinsten noch breiter.
„Was wollt ihr?“
„Wir haben da eine Idee. Nächstes Wochenende ist doch Hogsmeade Wochenende.“
„Und?“
George verdrehte die Augen.
„Und am nächsten Tag fahren wir zusammen in den Fuchsbau.“
„Ja und?“
Es machte ihr Spaß, die beiden auf die Folter zu spannen. Sie hatte sich sehr gefreut, als sie gehört hatte, dass sie über Weihnachten in den Fuchsbau zurückkehren würden. Und zwar allein. Percy bliebe wegen seiner bevorstehenden UTZ-Prüfungen in Hogwarts und Harry, Ron, Hermine und Ginny blieben dort, weil sie Lust drauf hatten. So oder so ähnlich. Das hieße, Charlie würde allein mit den Zwillingen sein. ALLEIN. Endlich mal wieder. Ohne Lee, der immer dabei war. Sie mochte ihn, aber manchmal war sie auch ganz gerne mit den zweien allein. Dann waren sie nämlich freundlicher und nicht so aufgedreht. Unterbieten konnte das dann nur noch die Situation, wenn einer der Zwillinge allein mit ihr in einem Raum war. Allein waren sie ganz friedlich. Auch Kat und Orphy waren super lieb, aber die hatten meistens nur zwei Themen: Jungs oder Schule. Oder beides gleichzeitig.
Also freute sich Charlie richtig. Und schwupps war sie schon wieder abgelenkt und Fred wedelte mit seiner Hand vor ihrem Gesicht herum, um ihre Aufmerksamkeit auf sich zu lenken.
„Ernsthaft, wenn du weiter so machst, dann glaub ich langsam wirklich, du hast sie nicht mehr alle.“
„Vielleicht hat sie ja von einem Dementor einen Kuss bekommen.“
Dafür bekamen sie einen erneuten Klapps auf den Oberarm.
„Das du immer gewalttätig sein musst.“
„Wirklich, wir dachten, du hättest dich gebessert.“
„Ihr habt euch kein Stück gebessert, warum sollte ich es dann haben?“
Sie sagte es sehr trocken, wurde dann aber vom Gelächter der Jungs angesteckt.
„Also, was wollt ihr mir sagen?“
„Wir wollen am Samstagabend eine kleine Party veranstalten.“
„Genau, bei uns im Jungenschlafsaal.“
„Mit Butterbier und vielleicht etwas Härterem.“
Fred zwinkerte ihr zu und ihr schwante Übles. Doch es hörte sich auch ganz lustig an. Allerdings wollte sie ihnen kaum zu der Idee gratulieren, sie würden sich sonst was drauf einbilden.
„Ach ich weiß ja nicht.“
Sie zogen sofort lange Gesichter.
„Ach komm schon, Charlie.“
„Die Idee ist toll.“
„Das wird eine nette, kleine Runde.“
„Ja, nur du und ich…“
„Und ich und Lee und…“
„Kat und Orphy…“
„Und Angelina und Alicia, die Furien aus der Hölle.“
Schloss Charlie sarkastisch den Satz. Die zwei grinsten leicht.
„Na ja, an die dachten wir auch.“
„Dacht ich mir.“
„Ach komm schon, Charlie.“
„Das wird bestimmt lustig.“
„Vielleicht lernt ihr euch ja besser kennen mit etwas Alkohol.“
>Da muss aber viel Alkohol her, bevor ich die mögen kann!<
Charlie schluckte die letzte Bemerkung herunter und sagte seufzend.
„Na gut, einverstanden.“
Die Zwillinge lachten und nahmen sie einer links und einer rechts in ihren Arm.
„Das wird klasse!“
„Ich hoffe wirklich, die bringen viel Feuerwhiskey mit.“
Kat stand seufzend vor dem Spiegel und betrachtete sich wie so oft kritisch. Orphy lachte.
„Was guckst du denn schon wieder? Du bist perfekt, jetzt hör schon auf.“
Auch wenn sie bei dem Kompliment rot geworden war, sagte Kat:
„Hör selber auf, das stimmt gar nicht. Ich habe einfach keine Lust auf die Schnepfen.“
Angelina und Alicia waren noch nicht aus Hogsmeade wieder zurück und den Dreien war es ganz Recht so. Es war sieben Uhr und sie hatten sich für halb Acht mit den Jungs verabredet.
„Was meint ihr, wie der Abend wird?“
„Hoffentlich erträglich.“
Sie nickten alle drei zustimmend. In dem Moment kamen ihre beiden Lieblingsfreundinnen hinein und würdigten sie keines Blickes. Charlie lag auf ihrem Bett und sah an die Decke. Immer noch konnte sie sich nicht mit dem Gedanken anfreunden, dass Lupin ein Werwolf war. Natürlich hatte sie sich Joeys Rat zu Herzen genommen und darüber nachgedacht, was sie vorher von ihrem Professor gedacht hatte. Doch um ehrlich zu sein, natürlich hatte sie ihn irgendwo gemocht, immerhin war er ein super Lehrer und total sympathisch und freundlich zu allen Schülern und hilfsbereit und noch vieles mehr. Aber ihr gegenüber hatte er sich immer seltsam verhalten, da ihre erste Begegnung damit geendet hatte, dass sich ihr Irrwicht in Greyback verwandelt hatte. Seitdem hatte er sie nicht ignoriert, aber doch seltsam angesehen. Und seit ihrem Gespräch sowieso. Seitdem schien sie für ihn gar nicht mehr zu existieren. Es machte sie wütend und traurig zugleich. Was hatte er nur gegen sie? Oder ahnte er, dass sie was wusste? Vielleicht war er deshalb so…
„Kommst du, Charlie?“
Sie sah hoch in Kats Gesicht und nickte. Langsam stand sie auf und trottete immer noch in Gedanken hinter den vieren her. Angelina und Alicia ließen es sich nicht nehmen, zuerst auf der Party aufzutauchen.
Die Zwillinge und Lee saßen auf den Betten im Jungenschlafsaal und strahlten sie an, als sie hinein kamen. Sofort gesellte sich Angelina zu George und Alicia zu Fred aufs Bett. Charlie setzte sich zu Lee und Kat und Orphy auf Pauls Bett, der nicht da war. Mit einem Kopfnicken dorthin fragte Kat:
„Wo habt ihr Paul gelassen?“
„Wir haben ihm gedroht: Wenn er vor zwei Uhr ins Bett geht, dann sollte er sich nicht wagen, einzuschlafen, wenn wir in der Nähe sind.“
Sie lachten, dann sagte Orphy ein wenig beunruhigt:
„Aber was soll er denn machen, wenn er müde ist?“
„Ach, Orphy, du bist viel zu lieb für diese Welt.“
Lee grinste sie an und sie wurde knallrot.
„Keine Sorge, Orph. Er schläft sehr gerne bei einer gewissen Dame namens Helen Rainwater aus dem verehrten Hause Hufflepuff, habe ich verlauten hören.“
„Erzähl mir mehr.“
Kat sah ihn interessiert an und Charlie musste grinsen. Typisch Kat, die ewig Neugierige. Also fing Fred lang und breit an zu erklären, wer mit wem in der Schule so ging. Als er endlich fertig war (die meisten Gerüchte kannten die Mädchen schon, bei einigen hatten sie kräftig nachgeholfen), sagte Alicia zuckersüß:
„Hast du nicht jemanden vergessen?“
Er sah sie mit fragendem Blick an. Sie zog einen Schmollmund und langsam schien es ihm zu dämmern.
„Wen… ach so!“
Seine Ohren liefen rot an, als er ihre Hand nahm.
„Und wir natürlich.“
„Und wir.“
Angelina zeigte ein überhebliches Grinsen und zog George näher an sich heran. Kat konnte ein würgendes Geräusch gerade noch mit einem Husten überspielen, aber Charlie konnte einen erschrockenen Gesichtsausdruck nicht verbergen. Orphy sagte dann mit übertriebenem Lächeln:
„Das freut mich für euch.“
Alicia und Angelina sahen nicht so aus, als ob es sie auch nur einen winzigen Hauch interessierte, was die anderen dachten, aber George warf der Schwarzhaarigen einen dankbaren Blick zu. Dann sprang Lee auf und zog unter seinem Bett acht Butterbier Flaschen hervor und verteilte sie.
„Auf den Schock ein Bier!“
Er köpfte seine Flasche und nahm einen Schluck. Die anderen machten es ihm nach und nach einiger Zeit lockerte sich die Situation ein wenig. Nur Charlie tat alles mechanisch. Warum störte es sie so, dass die beiden Jungs endlich eine Freundin hatten? Nur, weil sie die zwei Mädchen nicht mochte? Wahrscheinlich. Sie lehnte sich gegen die Wand und lauschte mit einem Ohr den Gesprächen der anderen. Nachdem die Flaschen alle waren, holte Fred grinsend eine Flasche Feuerwhiskey aus seiner Tasche hervor, öffnete sie und gab sie nach einem kräftigen Schluck weiter. Auch die Flasche war schnell leer und dank des Hochprozentigen hatten die Anwesenden nun schon ein wenig was intus. Dann kam Lee auch noch auf die beknackteste Idee, die sich Charlie vorstellen konnte.
„Kommt, wie wäre es mit ner Runde Flaschendrehen?“
Leider waren alle außer Charlie und Orphy sehr begeistert davon und so setzten sie sich in einen großen Kreis in der Mitte des runden Zimmers. Die leere Whiskeyflasche legte Fred in die Mitte.
„Also ich fang an. Spielen wir Wahl, Wahrheit oder Pflicht.“
Sie nickten reihum und er drehte. Der Kopf zeigte auf Lee und Fred grinste breit.
„Was nimmst du?“
Lee dachte kurz nach und sagte dann:
„Wahrheit.“
„Hmm… lass mich überlegen.“
Fred tippte sich mit dem Finger gegen das Kinn und sagte dann mit fiesem Grinsen:
„Wann hast du das letzte Mal onaniert?“
Wenn Lee nicht eine dunkle Hautfarbe gehabt hätte, wäre er in diesem Moment knallrot angelaufen, stattdessen nahm sein Gesicht eine ungesund wirkende, lila Farbe an. Dann jedoch gewann er seine Fassung wieder und sagte lässig:
„Jetzt wo du fragst. Letzte Nacht. Ich saß dabei auf deinem Bett und habe dich angeschmachtet. Das mit den Flecken tut mir leid.“
Die anderen brüllten vor Lachen, während jetzt Fred an der Reihe war, rot anzulaufen. Nachdem sie sich beruhigt hatten, drehte Lee die Flasche und sie blieb vor Angelina stehen. Die überlegte kurz und sagte dann:
„Wahl.“
Lee grinste breit.
„Okay. Entweder du gehst runter in den Gemeinschaftsraum und verkündest, dass du dich vollkommen in unseren ehrwürdigen Tränkemeister verknallt hast; oder du hüpfst fünfmal im Kreis um uns herum und gackerst wie ein Huhn.“
So viel Spaß hatte Charlie lange nicht mehr. Es war so herrlich, dass sie sich so richtig gemeine Dinge für Angelina und Alicia ausdenken konnten, denn sie nahmen niemals Wahrheit. Derweilen ging eine weitere Flasche Feuerwhiskey herum und wurde schnell geleert. Langsam spürte Charlie, wie sich der Alkohol in ihren Gliedern breit machte und sie wurde müde. Dann landete die Flasche wieder bei ihr. Sie gähnte und sagte müde:
„Wahrheit.“
Jetzt erst bemerkte sie, dass Alicia an der Reihe war und bereute ihre Entscheidung. Bestimmt würde sie sie fragen, ob sie in Fred verknallt war oder so etwas dämliches. Für einen kurzen Moment stellte sich Charlie vor, was passieren würde, wenn sie die Frage bejahen würde. Doch sie schüttelte den Gedanken weg und sah zu der Brünetten, mit vor gerecktem Kinn, der sie energisch aussehen ließ und nicht so einfach zu beeindrucken, wie sie hoffte.
„Warum ist dein Irrwicht ein Werwolf?“
Mit allem hatte sie gerechnet, aber nicht damit. Charlie starrte Alicia an, als käme die von einem anderen Planeten. Auch Kat, Orphy und Angelina sahen sie fragend an, sie hatten auch etwas anderes erwartet, dann drehten sie sich aber zu Charlie um und blickten die interessiert an. Ja, Angelina schaute interessiert, nicht abweisend und nicht von oben herab, sondern einfach INTERESSIERT. Was man von Alicia nicht behaupten konnte. Die Schwarzhaarige seufzte. Was sollte es schon? Ein wenig erzählen konnte sie ja, das tat niemandem weh. Außerdem munkelte man eh schon über sie, da jeder mitbekommen hatte, dass sie während des Dementorenbesuchs im Hogwarts Express umgefallen war. Und ganz nebenbei zeigte der Alkohol langsam Wirkung bei ihr und ließ sie die möglichen Konsequenzen vergessen. Sie holte tief Luft und sagte in Alicias höhnisches Gesicht:
„Auch wenn du anscheinend einen weiteren Grund suchst, mich zu verachten oder zu verarschen, werde ich es den anderen zuliebe beantworten.“
Ohne auf das Zucken von Freds Hand oder den wütenden Blick von Alicia zu achten, fuhr sie an Kat und Orphy gewand fort.
„Meine Mutter und ihr Mann wurden als ich klein war von genau diesem Werwolf umgebracht, ich war die Einzige, die den Überfall überlebt hatte. Als der Dementor mir zu nahe kam, sah ich zum ersten Mal sein Gesicht vor meinen Augen und es verfolgt mich seitdem im Schlaf. Daher kommt wohl auch der Irrwicht, weil mich sein Gesicht nicht mehr loslässt.“
Sie sah die verschiedenen Ausdrücke auf den Gesichtern ihrer Freunde und ihrer Nicht-Freunde. Orphy hatte die Hände vor den Mund geschlagen und sah sie mit großen Augen an. Kat hatte vergessen, ihren Mund zu schließen und selbst Angelina sah sie erschrocken an. Nur Alicia konnte ihr Erstaunen schnell mit einem verächtlichen Blick tarnen, wenn auch nicht gut. Charlies Herz schlug wie wild, ihr Blick fiel auf Fred. Der sah sie mit gemischten Gefühlen an. In seinem Blick spiegelten sich Trauer und Verwunderung, die Charlie absolut nicht richtig einordnen konnte. Sie musste ihn unbedingt später darauf ansprechen.
„Oh, Charlie.“
Sie sah zu Orphy. Die hatte ihre Hände vom Mund genommen und sagte mit hoher Stimme:
„Das tut mir so Leid.“
Damit sprang sie auf und fiel ihrer Freundin um den Hals. Charlie wusste gar nicht, wie ihr geschah, doch dann sagte eine andere Stimme etwas, womit sie nie gerechnet hätte:
„Und ich dachte, du bist wirklich so ein Freak. Aber jetzt versteh ich endlich, warum du dich manchmal so abgeschottet hast.“
Auch wenn die Worte Angelinas sie ein wenig trafen dank des Ausdrucks, huschte ein Lächeln über Charlies Gesicht, denn die Dunkelhäutige schien es sehr ernst zu meinen. Mit einem Mal sah Angelina sie nicht mehrgehässig oder von oben herab an, sondern wie Gleichgestellte. Sie nickte ihr mit einem trockenen Hals zu.
„Danke.“
Sie sah George neben ihr breit grinsen. Orphy ließ endlich von ihr ab und sagte dann:
„Ich muss jetzt schlafen gehen, das war irgendwie alles zu viel heute.“
Sie umarmte Charlie noch einmal und wollte gehen. Da sprang Kat auch auf.
„Ich komme mit dir.“
Auch Angelina und Alicia hatten nach einer weiteren halben Stunde genug und verabschiedeten sich. Bevor sie aus dem Zimmer gingen, zögerte die Dunkelhäutige noch und sah zu Charlie:
„Kommst du klar?“
Sie nickte lächelnd. Dann waren sie alleine. Fred und George ließen sich seufzend auf ihre Betten fallen und Lee verschwand im Badezimmer.
„Oh Mann, Charlie, du rockst sie echt alle.“
Ein leichtes Lächeln zog sich über ihr Gesicht, als George das so sagte. Doch sie wollte noch einmal mit Fred reden, am liebsten allein. Der starrte an die Decke und sagte nichts. Charlie sah von George zu Fred und warf ihm einen mehr als überdeutlichen Blick zu. Ausnahmsweise verstand der Zwilling sie und sprang auf.
„Ich spring auch mal ins Bad.“
Somit waren Charlie und Fred allein im Zimmer. Der Zwilling starrte weiterhin an die Decke und beachtete sie nicht. Ein mulmiges Gefühl machte sich in der Schwarzhaarigen breit und sie setzte sich auf Georges Bett.
„Ähm… Fred?“
Er reagierte immer noch nicht. Charlie wusste nicht, was los war und hoffte, dass er irgendetwas sagen würde. Nach einigen Minuten des Schweigens drehte der Rotschopf seinen Kopf zu ihr und sah sie mit undurchdringlichem Blick an.
„Was sollte das?“
Sie sah ihn fragend an.
„Na, die Bemerkung zu Alicia.“
„Wovon redest du?“
Doch langsam sickerte es durch. Sie hatte Alicia ins Gesicht gesagt, was sie von ihr hielt, jedenfalls oberflächlich.
„Ach, jetzt fällts dir wieder ein, ja?“
Er sah sehr wütend aus und richtete sich auf.
„Wie wäre es, wenn du aufhören würdest, meine Freundin zu beleidigen? Das wäre echt freundlich von dir, immerhin hat sie…“
„Mir nichts getan, ja?“
Charlie war wütend. Auf Alicia, die mit dem Thema angefangen hatte und auf Fred, der so etwas behaupten konnte. Jetzt starrte er auf einen Punkt neben ihrem linken Ohr.
„Und was ist mit all den Sprüchen und Lästereien, die sie mit Angelina am laufenden Band abspielt? Und den Blicken, die sie mir immer zu wirft? Ist das nichts, ja?“
Sie versuchte ruhig zu bleiben, aber es fiel ihr immer schwerer, je länger sie redete und je mehr sich sein Gesichtsausdruck verdunkelte. Jetzt begann er ebenso ruhig mit unterdrückter Wut:
„Alicia war genau so, wie alle anderen ebenfalls zu dir waren. Du hast dich geändert, aber du hast ihr keine Chance gegeben. Warum allen anderen und nicht ihr, kannst du mir das sagen? Warum bist du auf einmal so eingebildet? Nur weil dich ein paar Leute mögen, heißt das noch lange nicht, dass du dich hier so aufspielen kannst! Komm doch mal von deinem hohen Ross herunter!“
Charlie hatte nicht gemerkt, wie ihr der Mund während Freds Rede aufgeklappt war, sie starrte ihn einfach nur an und konnte absolut nicht fassen, was er gerade gesagt hatte. In ihrem Kopf schwirrten die Gedanken umher und sie schaffte es nicht, auch nur einen einzigen zu fassen. Fred hatte sich von ihr abgewandt, aber sein Gesichtsausdruck hatte mehr als genug seien Worte unterstützt. Charlie bemerkte gar nicht, wie Lee und George wieder ins Zimmer hinein kamen und sie anglotzten. Sie spürte nur noch, wie sich Tränen in ihren Augen bildeten und dann über ihre Wangen hinab liefen. Ihre Beine bewegten sich von allein rückwärts und sie stolperte aus dem Schlafsaal.
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