von Roya
Hallo
danke für eure Kommis, hab mich gefreut. Jetzt gehts richtig los.
@Eponine: Hoffe, dass ich dich nicht enttäusche :)
@bad_Monkey: Dann viel Spaß beim Lesen!
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Die neue Pflegefamilie
„Ich muss wohin?“
Das Mädchen mit den rabenschwarzen Haaren blickte mit verstimmter Miene zu dem Mann mit den langen, weißen Haaren, der sie über seine Halbmondbrille ansah. Sie hob ihre Hand und schob sich eine Strähne, die sich aus ihrem Pferdeschwanz gelöst hatte, hinters Ohr. Dann begann sie wieder zu reden. In ihr sträubte sich alles gegen die Entscheidung ihres Schulleiters.
„Professor Dumbledore, warum kann ich nicht in mein altes Dorf? Dort wäre ich doch gut aufgehoben.“
„Nein, Charlotte. Du weißt, dass es dort zu gefährlich ist und ich deiner Mutter damals versprochen habe, auf dich aufzupassen.“
„Aber warum ausgerechnet zu denen? Wir verstehen uns ja nicht einmal. Gibt es nicht eine andere Familie, die mich über die Sommerferien aufnehmen kann?“
Dumbledore sah sie müde an.
„Molly ist eine wunderbare Frau und sie wird dich behandeln, als seihst du eines ihrer Kinder. Und nur weil du dich mit ihnen noch nicht angefreundet hast, heißt das nicht, dass das nicht mehr wird. Geh jetzt schlafen, es ist schon spät.“
Frustriert drehte sich das fast vierzehnjährige Mädchen um und ging die Wendeltreppe herab. Musste es ausgerechnet die Familie sein, in der die zwei größten Idioten zu Hause waren? Sie schaute finster umher und ging langsam zurück zum Gryffindorgemeinschaftsraum.
Sie wollte nirgendwo hin, auch nicht zurück zu den Millers. Das Ehepaar war im ersten Jahr ja noch ganz okay gewesen, aber als sie letztes Jahr anfingen, sie total zu bevormunden und schließlich sogar einzusperren, hatte sie es nicht mehr ausgehalten und Dumbledore um eine andere Pflegefamilie gebeten. Sie erinnerte sich noch ganz genau.
Sie war zwölf gewesen, als das erste Schuljahr in Hogwarts vorbei gewesen war. Aber anstatt in ihre gewohnte Umgebung, zurück nach Ellebrooke, musste sie in diese Pflegefamilie. Manchmal kam Charlie nicht drum herum, ihren Eltern die Schuld für all das zu geben. Warum waren sie nur gestorben? Im nächsten Moment schämte sich das Mädchen für ihre Gedanken.
„Passwort?“
Charlie schreckte hoch. Ohne es zu bemerken, war sie am Portrait der Fetten Dame angekommen. Sie nannte das Passwort und kletterte in den Gemeinschaftsraum. Es war noch viel los, aber niemand beachtete sie, so dass sie nach fünf Minuten im Schlafsaal der Viertklässlerinnen ankam und sich auf ihr Bett schmiss.
Ihre Gedanken schweiften zu den vorliegenden Sommerferien, die in wenigen Tagen beginnen sollten. Und diese sollte sie nun mit den zwei größten Idioten aus ihrer Stufe verbringen: Fred und George Weasley. Die größten Scherzkekse der Schule, die keine Ahnung von nichts hatten und sich selber total cool fanden. Und die Tatsache, dass sie Charlie permanent ärgerten, machte die Sache nicht besser. Die ganze Stufe ärgerte sie oder verabscheute sie gar, nur weil sie in der Freizeit Klamotten trug, die ihr erstens zu groß und zweitens kaputt waren und dreckig aussahen.
Manchmal hasste sie es, nicht viel Geld zu haben.
Bäume huschten an den Zugfenstern vorbei wie verschwimmende Schatten. Charlie sah missmutig hinaus und widmete sich schließlich wieder ihrem Brief. Es waren bisher zwei Seiten auf Pergament, doch sie hatte noch einiges zu schreiben. Gerade, als der Zug langsamer wurde, setzte sie den letzten Punkt und steckte den nun Vier-Seiten-Brief in einen Umschlag. Die Adresse stand schon drauf und eine Briefmarke klebte leicht schief auf der Rückseite.
Der Hogwarts-Express machte noch einen letzten, starken Ruck und kam zum Stehen. Seufzend packte Charlie ihren Koffer in die eine Hand und ihren kleinen, zerlotterten Rucksack in die andere. Zusammen mit den hundert anderen Schülern wurde das Mädchen auf den Bahnsteig geschwemmt und sah sich missmutig suchend um.
Schnell sah sie die ganze Schar Rotschöpfe und mit einem der vielen Seufzer des Tages stiefelte sie hinüber. Das konnte ja heiter werden, wenn alle der Familienmitglieder so komisch waren wie die Zwillinge. Sie erkannte die zwei sofort mit ihrem identischen Grinsen. Idioten! Daneben stand Ron, der dieses Jahr sein zweites Schuljahr hinter sich gebracht hatte. Er stand neben Hermine Granger und Harry Potter und unterhielt sich. Eine rundliche Frau mit genauso knallroten Haaren konnte ihre Finger nicht von dem kleinen Mädchen lassen. Charlie konnte es ihr nicht verdenken. Schließlich hatte Ginny ein ziemliches Horror-Jahr hinter sich, da sie in der Kammer des Schreckens eingesperrt gewesen war.
Bevor Charlie weiter grübeln konnte, war sie an die Gruppe herangetreten und einer der Zwillinge schubste seine Mutter an. Diese löste sich von ihrer Tochter und sah zu Charlie. Dann fing sie an zu strahlen und kam zügig auf sie zu.
„Hallo. Du musst Charlotte sein! Wie schön, dass du in diesen Ferien bei uns bist!“
Und schon fand sich Charlie in einer Umarmung wieder. Ohne sich dagegen wehren zu können, genoss sie es, von dieser Frau umarmt zu werden. Es hatte so etwas Herzliches, Familiäres. Etwas, was Charlie seit Jahren nicht mehr gespürt hatte. Schwachsinn! Wer brauchte so was schon?
„Du siehst aber dünn auf. Na, das werden wir in den nächsten Wochen bestimmt ändern.“
Ja klar, und dann seh ich so aus wie du oder was?
Und schon sah sich Charlie umringt von Rotschöpfen und wurde aus dem Bahnhof bugsiert. Sie gingen alle zusammen zu einem Mann mit ebenso rotem Haar, der vor einem Auto stand. Im Auto saß ein streng aussehender Mann.
Oh Mann, hatten die sogar eine eigene Limo? Es wurde ja immer schlimmer!
Charlie sah gebannt auf den Fahrer, so dass sie gar nicht bemerkte, wie sie dem Mann vorgestellt wurde.
„Na dann. Steigt ein, Kinder. Wir haben zu Hause Besuch für euch.“
Nacheinander stiegen die Zwillinge, Ginny, Ron und Percy in das Auto. Charlie fragte sich schon, wie sie alle da rein passten, aber als sie selber nahezu liebevoll von Mrs Weasley hinterher gedrückt wurde, entdeckte sie, dass der Wagen mittels Magie vergrößert worden war. Alle sieben Personen hatten auf der Rückbank Platz. Mr Weasley setzte sich nach vorne neben den Fahrer.
„Eigentlich wollte das Ministerium uns gar keinen Wagen leihen, aber durch die Tatsache, dass wir diese Ferien über einen Gast haben, da haben sie noch mal ein Auge zugedrückt. Das wäre alles nicht so kompliziert, wenn Arthur nicht diesen Wagen verzaubert…“
Charlie verstand langsam. Das war also nicht die Privat-Limo der Weasleys, sondern ein geliehenes vom Ministerium. Sie erinnerte sich sogar noch daran, dass dieser Ron zusammen mit Harry Potter am Anfang des Schuljahres ein Auto in die Peitschende Weide gefahren hatten.
„Wer ist als Besuch da?“
Ginny sah ihre Mutter fragend an.
„Hoffentlich nicht Tante Muriel.“
„Ach Fred, sei nicht so gemein. Was soll denn unser Gast von dir denken?“
So ziemlich vieles, und nicht viel Gutes…
Genau das gleiche dachten anscheinend auch die Zwillinge, jedenfalls diagnostizierte Charlie das aus ihren Blicken.
„Wer auch immer uns mit seinem Besuch ehrt, Mutter. Ich muss in den Ferien viel lernen, denn schließlich fange ich nach ihnen mein letztes Zaubererjahr an Hogwarts an und ich muss mich vorbereiten.“
Percy mit der Nickelbrille. Streber der Schule. Ach ne, das war ja Hermine Granger. So oder so. Charlie konnte ihn nicht leiden. Genauso wenig wie sie eigentlich alle anderen auf der Schule nicht mochte, die sie kannte. Die einen machten sich über sie lustig, die anderen hatten Mitleid mit ihr. Keine gute Kombi, um sich mit jemanden anzufreunden.
Also lebte Charlie so gut wie alleine während des Schuljahres. Das Allerschlimmste war die Tatsache, dass ihr Handy auf Hogwarts nicht funktionierte und sie so selten die Gelegenheit hatte, zum Briefkasten zu kommen. Schließlich wussten Andy und Joey nichts von Zauberern, geschweige denn Eulenpost. Also bekam sie nur drei bis viermal außerhalb der Ferien Post. Doch endlich waren Ferien. Charlie wurde schon ganz hibbelig, denn sobald sie allein sein würde, würde sie sich ihr Handy schnappen und anrufen. Endlich wieder…
Daraus wurde natürlich erst einmal nichts.
Mrs Weasley, die ihr eigentlich sofort das Du angeboten hatte, woraufhin Charlie sie nun Molly nennen durfte (passend zur Figur, aber das war ja gemein, und schon schämte sie sich wieder), stellte ihr zu Hause (Name: Fuchsbau. Zustand: Bruchbude mit schiefem Anbau aber verflucht bequem und besser als damals) erst einmal den Rest der Familie vor. Denn die große Überraschung (wow, oh mein Gott, ich dreh gleich durch…) war, dass auch Bruder Charlie und Bruder Bill frei hatten und zu Hause waren. Toll. Noch mehr Rotschöpfe und noch mehr zum Verwechseln und noch mehr um einen herum. Nachdem Charlie (die weibliche) erst einmal verdaut hatte, dass sie immer aufhorchte, wenn jemand den Bruder rief, schweiften ihre Gedanken wieder ab und sie hörte nur ab und zu den verschiedenen Erzählungen der einzelnen Individuen im Raum zu. Dann wurde jedoch die Aufmerksamkeit auf sie gelenkt. Freude, das, was sie hatte verhindern wollen, in dem sie sich ganz tief in den Sessel gedrückt hatte.
„Und wie war dein Schuljahr?“
Benimm dich, sei nett und antworte freundlich!
„Ganz okay.“
„Spielst du denn auch Quidditch, so wie die Zwillinge?“
Mann, konnten die Fragen nerven.
„Nee.“
Molly schien leicht enttäuscht zu sein, aus dem Mädchen keine andere Antwort heraus zu kitzeln und schickte schließlich Ginny mit ihr hoch um ihr das Zimmer zu zeigen, in dem sie nun nächtigen sollte.
„Du bekommst das Zimmer von Bill. Er muss, solange er und Charlie hier sind, sich das Zimmer mit Ron teilen. Charlie schläft im Wohnzimmer…“
Charlie nickte abwesend und folgte dem kleineren Mädchen die Treppe hinauf. Ginny hielt ihr freundlicherweise eine Tür auf und Charlie konnte – endlich! – alleine sein. Ohne abzuwarten riss sie das Ladegerät aus dem Rucksack und fluchte im nächsten Augenblick los. Wie konnte sie das nur vergessen? Das war ein ZAUBERER-Haus. Kein MUGGEL-Haushalt. Hier gab es keine Steckdosen.
Scheiße!
Ohne es richtig zu registrieren ließ sich das Mädchen aufs Bett sinken, was frisch gemacht schien und starrte vor sich hin. Ihr war zum Heulen zumute. Aber das hatte sie lange nicht getan, also auch jetzt nicht. Verflucht! Wie hatte sie das vergessen können? Die Millers hatten Steckdosen, da Mr Miller ein Muggel war. Mist!
Sie schmiss sich mit Klamotten richtig ins Bett und schloss die Augen. Kopfschmerz breitete sich hinter ihren Schläfen aus.
Na super. Fängt ja unglaublich klasse an. Sie musste unbedingt eine Steckdose finden. Hoffentlich gab es in der Nähe ein Dorf oder eine Stadt. Und da ein Internetcafé oder so. Bitte!
Mit diesem Wort auf den Lippen schlief sie schließlich ein.
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