von uni
„Ich… liebe... dich.“ Die Worte klangen seltsam, wenn er sie aussprach.
Tagtäglich hörte er diesen Satz, leichtfertig dahingesagt von Schülern auf dem Gang, oder von turtelnden Pärchen, die sich in Hogsmeade herumtrieben.
Doch selten hatte er die Worte selbst ausgesprochen. Wenn er genau nachdachte, dann konnte er die Gelegenheiten an zwei Händen abzählen. Er hatte es einige Male zu seiner Mutter gesagt, vor allem als er noch ein kleiner Junge gewesen war. Ein letztes Mal hatte er ihr diese Worte leise ins Ohr geflüstert, als er am Sterbebett ihre Hand gehalten hatte.
Seinem Vater hatte er es nie gesagt, denn ihre Beziehung war nicht die beste gewesen.
In seinem letzten Schuljahr hatte er seine erste feste Freundin gehabt, vorher hatte sich nie ein Mädchen für ihn interessiert. Sie schafften es einfach nicht, hinter seinem körperlichen Makel einen liebenswerten Menschen zu entdecken.
Dieses Mädchen jedoch war anders gewesen, sie hatte ihn zum Weihnachtsball bei der Hand genommen und mit ihm getanzt. Irgendwann hatten sie sich geküsst. Das war sein erster Kuss gewesen.
Sie hieß Emma und wenn er sich auch nicht an ihr Gesicht erinnern konnte, so wusste er doch noch immer, dass sie wunderschöne Augen gehabt hatte.
Er hatte ihr gesagt, dass er sie liebte. Er konnte sich noch erinnern, dass es ihn nur halb soviel Überwindung gekostete hatte, wie heute.
Im Studium dann hatte er einige nette Mädchen kennen gelernt, von denen er einige auch ausgeführt hatte.
Eine richtige feste Beziehung hatte er jedoch erst wieder gehabt, als er bereits die Stelle als Lehrer in Hogwarts angenommen hatte.
Ganze fünf Jahre war er mit Lydia liiert gewesen, doch ihre Beziehung war zerbrochen. Er wusste, dass es nicht an seiner Körpergröße gelegen hatte. Sie hatte ihn einfach nicht mehr geliebt.
Trotzdem hatte er für eine lange Zeit die Gründe ihrer Trennung bei seiner Größe gesucht.
Insgeheim hatte er sich selbst gehasst. Wie konnte man auch jemanden lieben, der gerade mal die Größe eines Kleinkindes hatte?
Doch das war lange her. Inzwischen standen er und Lydia in freundschaftlichem Kontakt zueinander und er hatte die Selbstzweifel überwunden.
Er hatte gelernt, dass er andere Qualitäten hatte. Eigenschaften und Talente, die seine Maße unwichtig machten. Er war eine Koryphäe auf seinem Gebiet und er hatte gelernt, seine 1,12 Meter Körpergröße mit Charme wett zu machen.
Vor einigen Jahren hatte ein junger Kollege über ihn gesagt, er sei ein echter Casanova und insgeheim musste er diesem Kollegen Recht geben.
Er flirtete gern mit den jüngeren Lehrerinnen und auch schon mal mit den älteren Schülerinnen.
Wenn der Valentinstag vor der Tür stand, war er der Erste, der Karten schrieb und verteilte.
Doch die Selbstsicherheit, die er sich über all die Jahre angeeignet hatte, war dahin, wenn er SIE sah.
Wenn SIE in seiner Nähe war, dann benahm er sich wie ein pubertierender Teenager.
Er lief rot an oder begann zu stottern und einmal war es ihm sogar passiert, dass er gegen eine geschlossene Tür gelaufen war, nur weil SIE ihn angelächelt hatte.
Er hatte SIE vom ersten Tag an gemocht und faszinierend gefunden.
Doch nie hätte er gedacht, dass sich daraus Liebe entwickeln könnte. Doch genau so war es.
Er musste zugeben, er hatte selbst nicht mehr daran geglaubt, sich mit über 90 noch zu verlieben.
Doch seine Angebetete war schließlich auch ganze 16 Jahre jünger als er.
Er glaube jedoch nicht, dass der Altersunterschied ein Problem für sie sein würde. In ihrem Alter waren 16 Jahre gar nichts mehr.
Zumal sie dieselben Interessen und Vorlieben teilten, sie waren eben auf einer Wellenlänge.
„Ich liebe dich.“ Die Worte kamen ihm schon viel flüssiger über die Lippen.
Er fühlte sich nun bereit, den Schritt zu wagen.
Er musterte sich selbst im Spiegel und war mit seiner Erscheinung einigermaßen zufrieden.
Lächelnd rückte er seine blaue Fliege zurecht. Blau, passend zu dem Haus, das er leitete. Dann verließ er den Turm der Ravenclaws, wo er seine Räumlichkeiten hatte.
Seine Schüler nickten ihm lächelnd zu, sie respektierten und mochten ihn. Und insgeheim war er stolz darauf, dass er kein Lehrer wie Severus Snape war, der von seinen Schülern gefürchtet wurde.
Der Weihnachtsball würde in wenigen Momenten beginnen und genau das sollte die Gelegenheit sein, bei der er seiner Angebeteten das Geständnis machen würde.
Die Große Halle war wunderschön geschmückt. Von der Decke hingen Eiszapfen und alles war in Blau, Weiß und Silber gehalten.
Ein letztes Mal flüsterte er probehalber: „Ich liebe dich.“
Dann straffte er seine Schultern und ging auf seine Kollegen zu.
Da stand SIE und sah wunderschön aus. Bei jeder anderen wirkten hochgeschlossenen Kleider prüde und altbacken. IHR jedoch stand es, SIE wirkte darin grazil und anbetungswürdig, wie er schmunzelnd feststellte. Er ertappte sich sogar manchmal dabei, wie er SIE in Gedanken als sexy bezeichnete.
„Dann mal los, Kleiner“, spornte er sich selbst an.
Ein letztes Mal atmete er tief durch.
„Minerva“, grüßte er sie dann lächelnd.
„Filius“, erwiderte sie mit dem Glitzern in den Augen, das ihn so in seinen Bann zog.
„Minerva, du siehst heute wirklich bezaubernd aus.“
Minerva McGonagall kicherte mädchenhaft und er hätte schwören können, dass sie ein wenig rot geworden war.
„Du bist und bleibst ein echter Schwerenöter“, lächelte sie. Etwas ernster fügte sie hinzu: „Was wolltest du denn mit mir besprechen?“
Er hüstelte leicht und blickte sich verstohlen um. Sie waren im Augenblick ungestört, was sich aber jeden Moment ändern konnte. Also, jetzt oder nie! Schließlich war er ein Mann der Tat.
„Minerva! Ich… ich… Ich muss dir sagen…“ Seine Selbstsicherheit hatte sich verabschiedet und dass, obwohl er diese Szene in seinem Kopf doch schon so oft durch gegangen war.
Minerva sah ihn ein wenig ungeduldig, doch neugierig an. „Nun sag schon, Filius, was wolltest du mir sagen?“
Der Zauberkunstlehrer nahm all seinen Mut zusammen und sprach die Worte einfach aus, die er so lange auf der Zunge getragen hatte: „Minerva McGonagall, ich, Filius Flitwick, seines Zeichens Lehrer für Zauberkunst und Leiter des Hauses Ravenclaw…“
Er wurde von Minerva unterbrochen: „Nun mach es nicht so spannend. Ich bitte dich!“
„Ich liebe dich.“
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