von Assur-bani-apli
Kapitel 1
Spöttisch lächelnd wandte sich Snape an die vier vor ihm stehenden Schüler, während er in einem grünlich, grauen Trank rührte und zugleich die Tür seines Labors magisch verriegelte.
„Sie wissen, warum Sie hier sind“, zischte er.
Harry zuckte mit den Schultern: „Strafarbeit!“
„Sie sind ja ein ganz Heller, Potter“, zischte Snape und wandte sich wieder seinem Trank zu.
„Und die besteht worin?“, ließ sich Hermine vernehmen und verschränkte die Arme vor der Brust.
Mit einer zackigen Bewegung wandte er sich um und blickte das Mädchen aus seinen
pechschwarzen Augen lange an.
„Na na, Miss Granger, wir wollen doch nicht ungeduldig werden“, wisperte er.
Verächtlich grinsend wies er jedoch im nächsten Augenblick auf den Trank.
„Aber, wenn Sie mögen, können Sie den Anfang machen und mal schnuppern.“
Er riss seine Augen auf. Verwirrt tappte das Mädchen einige Schritte zurück und legte ihre Hand unbewusst haltsuchend auf ein Buch.
„Würden Sie uns bitte unsere Strafarbeiten geben, damit wir endlich beginnen können“, gurgelte Luna und blickte dem Tränkemeister unbeeindruckt in die Augen.
„Miss Lovegood, habe ich mich nicht deutlich genug ausgedrückt? Ihre Strafarbeit besteht darin, von diesem Trank zu probieren. Ich werde dann ihre Reaktion und Körperfunktionen protokollieren“, säuselte Snape und schwenkte bereits ein halb gefülltes Glas in seiner Linken.
„Wir sollen für Sie Versuchskaninchen spielen? Hat Professor Dumbledore das überhaupt erlaubt?“, rief Neville empört.
„Mr. Longbottom, Sie brauchen sich nicht zu beschweren. Sie kommen noch früh genug in den Genuss meines Trankes. Und ja, Professor Dumbledore weiß um diese Strafarbeit.“
Snape legte den Kopf schief und lächelte den verblüfften Jungen beinahe gewinnend an. Hexengleich tänzelte er auf ihn zu und hielt dem Jungen das Glas unter die Nase.
„Schnuppern Sie mal, Mr. Longbottom!“
Angewidert wandte Neville den Kopf weg, doch Snape folgte dieser Bewegung - schon befand sich das Glas mit der popelgrünen dampfenden Flüssigkeit wieder unter seiner Nase.
„Tief einatmen und Sie werden spüren, wie die Dämpfe dieses Trankes Ihre Seele zum schwingen bringen werden“, wisperte Snape mit einem irren Flackern in den Augen.
„Tun Sie das weg, das stinkt ja wie Käsefuß…“, keuchte Neville und griff sich in die Magengegend.
„…garniert mit dem Geruch nach eitrigen Mandeln“, presste Harry hervor und blies die Backen auf. „Ich riech's bis hierher!“
„Ich wußte, dass Sie der Geruch betören wird. Um so besser“, säuselte Snape und zog eine Augenbraue hoch. Dann wandte er sich seinem Kessel zu und füllte drei Becher, die er dann säuberlich neben den vierten stellte.
„K - könnten wir wenigstens erfahren, welchen Zweck Sie damit verfolgen? Woher wissen wir, dass Sie uns nicht vergiften wollen?“, flüsterte Hermine, während sich ihre Hand um das Buch schloss.
Ruckartig wandte sich Snape um und funkelte das verängstigte Mädchen an.
„Miss Granger, Sie sind eine unerträglich neugierige Göre und unlogisch obendrein ... Würde es Professor Dumbledore erlauben, dass ich Sie vergifte?“
Er setzte wieder sein gewinnendes Lächeln auf. „Aber da Sie mich so nett nach dem Sinn dieses Trankes fragen: Nun den verrate ich Ihnen, nachdem Sie diesen Trank zu sich genommen haben.“
„Und wenn wir uns weigern“, keuchte Neville und starrte den Boden zu seinen Füßen an.
„Dann werde ich Euch alle in den verbotenen Wald jagen und ich garantiere Euch, dass es Euch dort schlimmer ergeht, als mit dem bisschen Trank im Leibe“, zischte Snape höhnisch grinsend.
„Bitte, Ihr könnt es Euch aussuchen, entweder mein Trank oder…“, er deutete aus dem Fenster.
Innerlich bebend klammerte sich Hermine an dieses Buch.
„Und das ist alles? Also, wenn wir den …“, würgend brach Harry ab.
„Wie gescheit Sie doch sind, Potter. Trinken Sie und ich entlasse Sie nach wenigen Minuten“, stieß Snape in einer unangenehm hohen Tonlage hervor.
Harry blickte zu Hermine, die die Nase rümpfte, jedoch nickte. Luna streckte schulterzuckend die Hand aus.
„Na dann her damit, ich hab' auch schon Whisky getrunken. Schlimmer kann es ja nicht werden.“
Sogleich spürte sie ein warmes Glas in ihrer Hand.
„Aber, bändigen Sie Ihren Durst noch einige Augenblicke, bis Ihre Mitprobanten ebenfalls ein Glas in den Händen halten“, flüsterte Snape. „Es kommt darauf an, das Sie alle zur gleichen Zeit trinken.“
Mit diesen Worten ergriff Snape zwei weitere Gläser und forderte: „Nun, Mutige voran.“
„Warum müssen wir alle zusammen trinken“, fragte Hermine.
„Miss Granger, es ist ein Wunder geschehen - Sie wissen etwas nicht.“
Snape erhob seinen Blick gen Decke, so als danke er Gott, ehe er ihr ein Glas in die Hand drückte.
„Gutes Mädchen“, hauchte er und strich ihr kurz über die Wange. Erschrocken, ob dieser unerwarteten Geste, wich Hermine etwas zurück, ohne das Buch loszulassen.
„Na na, wer wird denn so garstig sein - böses Mädchen“, kicherte Snape und reichte Harry das andere Glas, während er Hermine weiterhin musterte.
„Ich bin gespannt, was Sie nach dem Genuss des Trankes empfinden werden.“
Finsteren Blicks fauchte Hermine: „Solange ich Ihnen danach nicht um den Hals falle, kann ich mit allem leben.“
Ehe sie es sich versah, hatte sich Snape zu ihr hinab gebeugt und blickte ihr tief in die Augen. Sie konnte seinen Atem auf der Haut spüren. Unwillkürlich zog sie das Buch von dem Stapel und nahm es hinter den Rücken.
„Miss Granger, Sie sind ein sehr böses Mädchen. Und wissen Sie, was ich mit solch bösen Mädchen mache“, kicherte Snape.
Ehe Hermine etwas tun konnte, spürte sie Snapes erstaunlich weiche Lippen auf ihrem Mund. Ihre Finger verkrallten sich förmlich in den Buchrücken, als ihr Herz einen Salto schlug. Ein brennender Blitz schoß ihr in den Unterleib. War sie eben noch davon überzeugt gewesen, diesen Menschen zu hassen, so keuchte sie jetzt innerlich auf, rang nach Luft und wünschte sich, der Kuss möge ewig dauern. Doch als Snape von ihr ließ, stieß sie impulsiv hervor: „Sind Sie verrückt geworden?“
Im Bemühen um einen klaren Kopf, ergriff sie das wie durch einen Nebel auf sie zuwandernde Glas.
„Miss Granger“, er schüttelte seinen Kopf, während er Neville den Trank reichte.
„Sie sind ein hoffnungsloser Fall. Sie fragen zuviel.“ Seine Augen funkelten wie irre.
„So, und nun setzten Sie bitte Ihre Gläser an und trinken …“, forderte er sie auf, während er sich umwandte und seine Unterlagen zurechtlegte.
„Jetzt“, er erhob den Finger.
Wie fesselnd würde es sein, wenn er erst die Frage aller Fragen beantwortet hätte! Worin bestand der Sinn des menschlichen Lebens? Gab es einen allgemeinen, für alle Menschen gleichermaßen geltenden oder besaß jede Person einen individuellen Sinn?
Gleich würde er es wissen, gleich würden diese vier vor ihm stehenden Schüler ihm darüber Auskunft geben.
Er war der erste Zauberer, der sich an diesem Trank versuchte. Erfunden von einem Martinus Heidelbeer, der Anfang des 16. Jahrhunderts gelebt hatte, war er in Vergessenheit geraten. Heidelbeer starb, bevor er ihn selbst ausprobieren konnte. Er, Snape hatte ihn vor einigen Wochen in einem sehr vergilbten Werk gefunden. Der Trank würde nicht nur Einblick in den Sinn des menschlichen Lebens geben sondern auch - und das hatte Heidelbeer vergessen zu erwähnen - ein eindeutiger Gottesbeweis sein. Denn besaß das menschliche Leben einen Sinn, egal ob allgemeiner oder individueller Natur, deutete dies auf eine höhere Instanz und damit auch auf eine Wirklichkeit außerhalb des Menschen hin.
Snape befeuchtete seine Lippen und holte tief Luft.
„Gut, nachdem Sie den Trank genossen haben, stelle ich nun jedem Einzelnen eine Frage. Verstanden?“
Snape horchte auf, kein Laut war zu hören. Warum antworteten diese Kinder nicht? Nicht einmal ein Murren, das ihm zeigte, daß sie verstanden hätten … Spielten Sie ihm einen Streich? Hatte der Trank nicht gewirkt? Abrupt wandte er sich um und hätte am liebsten laut aufgeschrieen…
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