von redangeleve
Papa don`t preach
„Oh Merlin, was tue ich hier?“ Hände ringend ging der dunkle Gryffindor im Büro des Schulleiters auf und ab. Überall im Raum summten und brummten die abenteuerlichsten Maschinen und die Portraits der ehemaligen Schulleiter warfen dem jungen Mann missbilligende Blicke zu. Fawkes, der goldene Phoenix, sah ihm von seiner Stange aus aufmerksam bei seinen Runden zu und ließ von Zeit zu Zeit ein ermutigendes Zwitschern hören.
„Jetzt reiß dich mal zusammen!“ fauchte ihn Draco an. Er hatte auf einem Stuhl vor dem Schreibtisch Platz genommen. Die langen Beine waren locker übereinander geschlagen und er trommelte nervös mit den Fingern auf seinen Oberschenkeln herum. Auch ihm behagte es überhaupt nicht, heute hier zu sein, doch er hatte sich vorgenommen, die ganze Geschichte mit so viel Würde wie möglich über die Bühne zu bringen.
„Ich kann nicht“, stöhnte Harry und fuhr sich zum hundertsten Mal in der letzten halben Stunde durch die strubbeligen Haare. „Ich glaube, ich stehe das einfach nicht durch.“
„Untersteh dich, jetzt kneifen zu wollen“, knurrte Draco, stand von seinem Stuhl auf und schloss den Abstand zwischen ihnen. „Du hast mir den Mist eingebrockt, du löffelst ihn auch mit aus.“
„Aber woher hätte ich denn wissen sollen, dass das passieren kann?“ Der Schwarzhaarige zuckte hilflos die Schultern. „Merlin, ich bin in einem Muggel-Schrank aufgewachsen!“
„Soll das heißen, es ist meine Schuld?“ ereiferte sich Draco. „Ich habe mich sowieso schon immer gefragt, warum es in Hogwarts eigentlich keinen Aufklärungsunterricht gibt. Und meine Eltern haben zum Thema Verhütung nur gesagt: `Wenn du dich mit einer Hexe einlässt, dann sei vorsichtig.`Von einem `Hexer` war da nie die Rede!“
Im letzten Moment konnte sich Draco davon abhalten, auch seine Frisur zu ruinieren. Er wollte schließlich so akkurat aussehen, wie es die Situation zuließ, wenn seine Eltern erst eintrafen.
Außerdem würde es auch nichts nützen, sich die Haare zu raufen. Das machte das Problem nicht ungeschehen. Nicht dass es für seine Eltern eine Neuigkeit war, dass er schwul war, aber das würden sie definitiv nicht von ihm erwarten. Sie hatten ihm immer eingebläut, eine reinblütige Hexe zu heiraten und einen Erben zu produzieren. Seine homosexuellen Gelüste konnte er - ihrer Meinung nach - unter dem Mantel des Schweigens danach weiter verfolgen.
Doch nun war alles anders gelaufen... Aber es war nun einmal passiert und nun würden sie beide die Beichte mit Anstand hinter sich bringen. Okay ein Blick auf Harry genügte, um festzustellen, dass er vermutlich den Anstand für sie beide zusammen wahren musste. Der Gryffindor stand ganz offensichtlich kurz vor einem Nervenzusammenbruch.
„Noch ist es nicht zu spät“, gab der Dunkle zu bedenken. „Wir könnten woanders ein neues Leben aufbauen. Ich habe gehört, dass man in Australien wirklich wunderbar leben kann.“
„In Australien?“ fragte der Blonde entsetzt. „Spinnst du? Ich denke gar nicht daran, von hier fort zu gehen! Hier ist mein Zuhause und hier wartet mein Erbe auf mich. Du kannst doch nicht erwarten, dass ich das alles weg werfe!“
„Lieber enterbt, als tot“, murmelte Harry undeutlich, während er den Blick missmutig aus dem Fenster gleiten ließ. Die Frühlingssonne hatte sich nach einem verregneten Vormittag endlich zwischen den Wolken hervor gewagt. Nur noch einige, wenige Monate und ihr siebtes Schuljahr würde zu Ende sein.
„Ach komm schon“, ermutigte ihn sein Freund. „So schlimm wird es auch nicht werden. Okay, Vater wird mit Sicherheit toben, aber du weißt so gut wie ich, dass er seit dem Ende des Dunklen Lords keine Unverzeihlichen Flüche mehr aussprechen kann.“
Trotzdem war sich Harry sicher, dass Lucius Malfoy noch mehr als ein Weg einfallen würde, um ihn schmerzhaft für seinen Fehler büßen zu lassen. Doch das sagte er Draco nicht.
„Außerdem wird Dumbledore während des Gesprächs dabei sein. Da wagt er es garantiert nicht, ausfällig zu werden.“
Der Schulleiter hatte den beiden jungen Männern direkt nach ihrem Geständnis seine volle Unterstützung zugesagt. Im Moment wartete er bereits unten in der Halle auf das Eintreffen der beiden Malfoys.
Wieder tigerte Harry ruhelos im Raum auf und ab, bis Draco schließlich der Kragen platzte. „Setz dich hin, verdammt! Mit deinem ewigen Hin und Her machst du mich noch wahnsinnig.“
Gehorsam sank der dunkle Gryffindor in einen der Stühle, stand aber gleich darauf wieder auf. „Ich glaube, ich muss mal dringend.“
Draco, der sich in den Stuhl neben seinen Freund gesetzt hatte, massierte sich die schmerzenden Schläfen. Sein Schädel fühlte sich an, als würde er gleich platzen und Harrys Verhalten machte das nicht besser. „Dann verkneif es dir.“
„Ich muss aber wirklich.“ Treuherzig blinzelte Harry den Blonden an.
„Und wenn du in die Hose machst“, fauchte Draco. „Du wirst diesen Raum hier nicht eher verlassen, bis wir das Gespräch mit meinen Eltern geführt haben! Ist das klar?“
Der Dunkle seufzte ergeben und setzte sich wieder hin. Er wusste, dass Draco recht hatte. Es war sinnlos, das Unvermeidliche weiter vor sich her zu schieben oder gar davon laufen zu wollen. Sie hatten den Mist gemeinsam gebaut, also würden sie ihn auch gemeinsam ausbaden. Schließlich war er ein Gryffindor und das bedeutete, dass man dazu stand, wenn man einen Fehler gemacht hatte. Wenn man es denn so nennen wollte...
Plötzlich öffnete sich die Tür und Harry fuhr erneut aus seinem Stuhl empor, als Professor Dumbledore mit Narzissa und Lucius den Raum betrat. Dracos Mutter betrachtete mit verschlossener Miene das Büro des Schulleiters, während sich die Augen ihres Mannes für einen Moment verengten, als sein Blick erst auf Dracos blasses und dann auf Harrys hochrotes Gesicht fielen.
„Sieh an, sieh an“, sagte der blonde Zauberer schneidend, als er auf seinen Sohn zu trat. „Draco, was ist so wichtig, dass du deine Mutter und mich mitten während des Schuljahres nach Hogwarts bittest?“
You always taught me right from wrong
I need your help, daddy please be strong
I may be young at heart
But I know what I`m saying
Der jüngere Malfoy erhob sich nun ebenfalls aus seinem Stuhl. Es überraschte ihn wenig, dass sich sein Vater nicht mit dem Austausch von Höflichkeiten aufhielt, sondern gleich zur Sache kam. Lucius Malfoy war schon immer ein sehr direkter Mensch gewesen, der es nicht schätzte, seine kostbare Zeit mit leeren Floskeln zu vergeuden.
„Mutter, Vater“, begrüßte Draco seine Eltern mit einem Nicken. „Ich habe euch her gebeten, weil... weil....“
„Ein Malfoy stottert nicht“, tadelte ihn sein Vater. „Sprich aus, was immer dir auf dem Herzen liegt.“
Der junge Mann atmete einmal tief durch, dann straffte er sich. „Nun, du erinnerst dich sicher, an das Gespräch, in dem du mir sagtest, dass es nun langsam an der Zeit sei, sich eine passende Partnerin für die Familienplanung zu suchen...“
Er brauchte einen Moment, um den dicken Klos in seinem Hals herunter zu schlucken. Fragend zog sein Vater die Augenbrauen hoch.
The one you warned be all about
The one you said I could do without
We`re in an awful mess, and I don`t mean maybe
„Nun ja, das erübrigt sich nun: Ich bin schwanger.“
Narzissa stieß einen leisen Schrei aus und sackte umgehend zusammen. Gerade noch rechtzeitig schob ihr Professor Dumbledore einen Stuhl unter, so dass sie einfach auf dem Polster landete.
Ein Moment des Schweigens senkte sich über den kleinen Raum. Im Gegensatz zu seiner Frau, die plötzlich auffallend blass geworden war, hatten sich auf Lucius Wangen hektische, rote Flecken gebildet.
„Sag, dass das nicht wahr ist“, zischte er seinen Sohn an, der unmittelbar vor ihm stand.
„Ich fürchte aber, es ist wahr.“ Draco bemühte sich, den eisgrauen Augen vor sich Stand zu halten.
„Du wagst es....“, begann der Blonde drohend, wurde aber von Dumbledore unterbrochen, der es sich zwischenzeitlich in seinem Schreibtischstuhl gemütlich gemacht hatte.
„Aber, aber“, begann er munter. „Das ist doch ein Grund zur Freude, nicht wahr? Kinder werden in der Zauberergemeinschaft schließlich immer seltener.“
„Eine Freude ganz eindeutig“, knurrte der ältere Malfoy sarkastisch. „Aber als wir dieses Gespräch führten, dachte ich dabei eher an eine ansehnliche, reinblütige Hexe.“
„Ein Kind ist ein Kind, Lucius“, erwiderte der Schulleiter weiter lächelnd. „Ganz egal ob es nun von einem Mann und einer Frau gezeugt wurde oder von zwei Männern.“
Ohne auf Dumbledores Worte einzugehen fixierte Dracos Vater erst den unter der Schulrobe noch flachen Bauch seines Sohnes, dann bohrte sich sein Blick in Harrys grüne Augen. „Und ich darf annehmen, dass Sie der Schuldige für diese Misere sind?“
Der Gryffindor bog den Rücken durch, als er aufstand und sich neben seinen Freund stellte. Auf einen Schlag war seine Unsicherheit wie weggeblasen. „Ich bin der Vater, wenn Sie das meinen“, sagte er fest.
In Lucius Wange zuckte ein Muskel und seine Stimme war kälter als Eis. „Schlimm genug, dass du dich einem Mann hingibst, aber ein Halbblut und noch dazu Harry Potter? Habe ich dich wirklich so wenig gelehrt, Draco?“
„Ich bin alt genug, um meine eigenen Entscheidungen zu treffen, Vater“, erwiderte Draco trotzig. „Es war ein Unfall, wir wussten es nicht besser, aber nichts desto trotz werde ich das Kind behalten.“
Papa don`t preach, I`m in trouble deep
Papa don`t preach, I``ve been losing sleep
But I made up my mind, I`m keeping my baby, oh
I``m gonna keep my baby
„Auf gar keinen Fall.“ Der Tonfall von Dracos Vater ließ erahnen, dass er keinen Widerspruch duldete. „Du bist mein einziger Sohn und Erbe. Ich werde nicht zulassen, dass du ein Kind von diesem... diesem Potter bekommst.“
„Ich denke, es gibt nichts, was du dagegen tun könntest“, giftete Draco zurück.
„Wenn du dich da mal nicht irrst“, erwiderte sein Vater gefährlich.
„Aber meine Herren.“ Unbemerkt war Professor Dumbledore erneut um den Schreibtisch herum gekommen und legte den beiden Malfoys versöhnlich eine Hand auf die Schulter. „Kommen wir doch erst einmal zur Ruhe und vergessen die ganzen Emotionen, die diese Situation mit sich bringt. Konzentrieren wir uns statt dessen doch auf das Wesentliche: Ihr Sohn bekommt ein Kind. Sie werden Großvater. Das Geschlecht der Malfoys erhält möglicher Weise einen Erben.“
„Der ein halber Potter ist“, schnarrte Lucius böse.
„Lassen Sie doch einmal ihre Abneigung gegen unseren jungen Freund außen vor. Eine Verbindung mit dem Retter der Zauberwelt könnte den Namen `Malfoy` wieder rein waschen. Und so ganz ohne Vermögen ist Mr. Potter nun auch nicht.“
Trotz dieser Argumente sah es nicht wirklich danach aus, als ob Lucius von seiner Meinung Abstand nehmen würde. Unverhohlen beäugte er Harry wie ein lästiges Insekt. Die Hand, die seinen Gehstock mit dem Zauberstab hielt, umklammerte diesen so fest, dass die Knöchel weiß hervor traten.
Überraschender Weise war es schließlich Narzissa, die sich wieder einiger Maßen gefasst, zu Wort meldete: „Habt ihr euch schon Gedanken über eine Hochzeit gemacht?“ fragte sie an die beiden, jungen Männer gewandt.
„Zissy!“ fuhr ihr Mann sie an.
„Was denn?“ fragte sie schulterzuckend. „Wir können schließlich nicht zu lassen, dass Dracos Sohn als Bastard zur Welt kommt.“
„Wir können überhaupt nicht zulassen, dass er Potter`s Kind bekommt!“ schrie der Blonde nun frustriert.
„Lucius, beruhige dich. Denk an deinen Blutdruck. Nun, wo das Kind im wahrsten Sinne des Wortes schon in den Brunnen gefallen ist, sollten wir alle das Beste aus der Situation machen. Die Reputation, die uns Potters Name bringen kann, sollten wir nicht leichtfertig ausschlagen. Auch wenn das bedeutet, dass die Vorfahren unseres Enkels nur Halbblüter sind.“
„Scheinbar habe ich hier überhaupt nichts mehr zu sagen“, knurrte der ehemalige Todesser säuerlich und ließ sich in den Stuhl neben dem seiner Frau fallen.
„Nein, Vater. Dein Segen bedeutet mir viel“, versicherte ihm Draco sofort. „Sonst hätte ich euch nicht hier her gebeten. Glaub mir, Harry ist ein wunderbarer Mann und er macht mich glücklich. Er wird bestimmt ein phantastischer Vater sein.“
Daddy, daddy if you could only see
How good he`s been treating me
You`d give us your blessing right now
`Cause we are in love, we are in love
Harrys Wangen nahmen bei den Worten seines Freundes ein tiefes Magentarot an. Ein dickes Grinsen stahl sich auf sein Gesicht und wollte sich nicht zurück drängen lassen. Trotz Lucius entsetzten Blickes, nahm er schließlich Dracos Hand in die seine und drückte sie fest. „Ich liebe Draco“, erklärte er schließlich. „Und ich freue mich darauf, unser Kind im Arm halten zu dürfen.“
„Aber ihr seid beide gerade erst achtzehn“, versuchte Lucius ein letztes Mal an die Vernunft seines Sohnes zu appellieren. „Wie stellt ihr euch das vor? Wovon wollt ihr leben?“
„Immer davon ausgehend, dass du mich nicht enterben wirst“, begann Draco. „ Werde ich erst einmal die Schule beenden und dann habe ich ja noch das Gold in meinem Verlies.“
„Und ich habe bereits ein Dutzend Zusagen auf meine Bewerbungen“, fügte Harry eifrig hinzu. „Ich kann als Auror anfangen, für Nimbus arbeiten oder als Quidditch-Spieler mein Geld verdienen. Ich werde für Draco und das Kind sorgen, darauf haben Sie mein Wort.“
Bittend sah Draco seinen Vater an. „Kann Liebe denn eine Schande sein, Vater? Ihr habt mir als Kind alles gegeben, was ich mir gewünscht habe und nichts anderes wünsche ich mir für unser Kind: Dass es von Eltern und Großeltern umsorgt wird, die es lieben. Nun gib deinem Herzen schon einen Ruck und sag `ja` .“
Oh, I`m gonna keep my baby, ooh
Don`t stop loving me daddy
I know, I`m keeping my baby
Der ältere Malfoy seufzte leise auf. Dass er das noch erleben musste: Sein einziger Sohn und Erbe war schwanger von dem Halbblut, das seinen Herrn und Meister getötet hatte und ihm selbst blieb nichts anderes übrig, als diesen Potter in seiner Familie willkommen zu heißen, wenn er Draco nicht verlieren wollte. Es sei denn, dass er noch einen Weg fand, den Gryffindor noch vor der Hochzeit heimlich aus dem Weg zu räumen....
.... ach verflucht!
„Wenn es sein muss, dann habt ihr meinen Segen“, murmelte er so leise, dass man schon genau hinhören musste, um den Sinn der Worte zu verstehen.
Doch trotzdem hatte Draco seinen Vater verstanden. „Danke.“
Er umarmte Lucius etwas steif, was dem Älteren sichtlich unangenehm war, dann wandte er sich an seine Mutter. „So lange er dich glücklich macht, bin ich es auch“, sagte Narzissa auf die unausgesprochene Frage ihres Sohnes. Dankbar küsste Draco sie auf beide Wangen. „Aber wehe, Sie tun ihm weh.“ Sie drohte Harry mit ihrem schlanken Zeigefinger.
„Das werde ich nicht“, versprach der Dunkle ernst. „Niemals.“
„Gut, nachdem wir das geklärt haben, sollten wir Harry und Draco wieder zurück zu ihren Freunden gehen lassen. Ich denke, sowohl die Gryffindors als auch die Slytherins fragen sich schon, was die Beiden verbrochen haben, dass ich sie so lange hier behalte.“
Erleichtert verabschiedeten sich die jungen Männer von Dracos Eltern, bevor sie zur Tür eilten.
„Beten Sie lieber dafür, dass das Kind nicht wie Sie aussieht“, sagte Lucius so leise, dass nur Harry es hören konnte, als er dem Dunklen die Hand schüttelte.
„Oder was?“ fragte Harry wenig beeindruckt. „Finden Sie sich damit ab, Lucius. Ihr Sohn liebt mich und dagegen können Sie rein gar nichts tun.“
Schweigend sah der Blonde dabei zu, wie der Gryffindor mit seinem Sohn das Büro des Schulleiters verließ. Erst als die Tür hinter den Beiden ins Schloss fiel, sagte er an sich selbst gewandt: „Das werden wir erst noch sehen, Potter. Wir werden sehen...“
The End
A/N: Die kursive geschriebenen Teile des Textes stammen aus dem Lied "Papa don`t preach" von Madonna, an dem ich selbstverständlich keine Rechte besitze.
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