Harry Potter und der Abtrünnige - Vier Avada Kedavra und ein Mord
von Gx2^4
Als Ron den Raum verlassen hatte, und zusammen mit Luna und Neville zurück in Richtung des Gryffindorturms, der genauso wie die anderen Häusertürme inzwischen die Unterkünfte von hunderten, wenn nicht gar tausenden von Menschen waren, Gryffindor oder nicht, das war nun egal, dachte er nach.
Wenn dieser Krieg, dieser endlose Belagerungszustand etwas positives hatte, dann war es die Tatsache, dass die Menschen hier im Schloss ein wenig näher zusammen gerückt waren. Das, wozu Dumbledore sie schon in ihrem vierten Schuljahr nach Voldemorts Rückkehr aufgefordert hatte, es trat nun ein. Menschen halfen sich. Menschen unterstützten einander. Menschen versuchten Vorurteile auszublenden. Immer gelang es ihnen nicht.
Rons Auge zuckte nervös. Immer wieder dachte er an diesen Moment zurück. Diesen Moment, in dem er geglaubt hatte, er würde sterben. Den Moment, in dem die Welt für ihn aufgehört hatte sich zu drehen.
Es war ein einfacher, schwarzer Holzstab, der auf seine Brust gerichtet war. Es war, als wäre es sein Ende. Allein. Ohne seine Freunde. Es war sein Alptraum. Und doch war es gleichzeitig der Beginn von etwas...
----------------------------Flashback----------------------------
Alleine saß Ron an ihrem Bett. Er war hier die meiste Zeit, seit Voldemort tot war. Hier fand er die Ruhe. Die Ruhe, die er brauchte um nach zu denken.
Ron fuhr zusammen, und stach Hermine dabei aus Versehen mit seinem Finger ins Auge – sie reagierte nicht. Doch das bemerkte Ron nicht einmal, als die Tür auf flog und Neville mit weißem, nahezu verzweifelten Gesicht ins Zimmer stürmte.
„Sie sind da!“
Seine schweißnassen Finger umklammerten seinen Zauberstab.
„Es beginnt also schon wieder“ murmelte Ron, bevor er aufsprang.
Es war nicht der erste Angriff auf Hogwarts, und würde auch nicht der letzte sein. In den letzten Wochen, hatten die Todesser begonnen eine zermürbende Schlacht zu schlagen, die viele Opfer forderte. Während einem dieser Angriffe war Ginny verloren gegangen. Und Ron wusste nicht wo sie war, jede Spur von ihr, war unauffindbar.
Jeder ahnte es, doch niemand traute sich es aus zu sprechen. Ginny war Tod. Ron wusste es. Sie war Tod. Er wusste es einfach.
Ron rannte Neville auf den Fersen in Richtung der Eingangshalle von Hogwarts. Er fühlte in sich hinein. Jede Ader seines Körpers war gespannt. Alles war darauf vorbereitet. Seine Nerven waren zum zerreißen gespannt, und sein Atem ruhig. Sein Blick fokussiert.
Es konnte beginnen. Die nächste Schlacht. Der nächste Kampf um Leben und Tod.
Schon einige Gänge entfernt von der Eingangshalle hörte er die Schreie, das Gebrüll. Er hörte die Qualen. Er hörte die Flüche. Er spürte den erzitternden Boden. Er fühlte die Explosionen. Er ahnte das Leid. Es war Krieg.
Als Ron dann um die letzte Ecke bog, und das Ausmaß erkannte, stellten sich ihm die Nackenhaare auf.
Das Eingangstor, der Eingangshalle von Hogwarts war auf gesprengt. Ein riesiges Loch, war, wo zuvor noch eine feste Tür aus dunklem Holz gewesen war.
Menschen mit dunklen Umhängen um sich – Todesser – strömten durch das Loch in die Halle, und füllten den Raum mit Tödlichen Flüchen.
Schreie erfüllten den Raum, und hallten mehrfach von den hohen Decken wieder. Es ergab ein unheimliches Stimmengewirr, dass einem die Haare zu Berge stehen ließ, wie das Geräusch wenn Fingernägel über eine Tafel kratzten. Einfach unheimlich, und unangenehm.
Einmal kurz schnaufte Ron durch. Ließ alles auf sich wirken.
Es waren bestimmt 100 Todesser, und Auroren, die sich ja nun eigentlich in nichts unterschieden, war das Ministerium doch dem selben Todesserführer unterstehend. Wer das war, wusste niemand. Niemand hatte ihn bisher gesehen. Manche sagten es sei Voldemort persönlich, der ein weiteres Mal dem Tode entkommen war. Die Zeitungen unterstützten diese Theorie, doch gesehen hatte ihn niemand, und so konnte man auch keine Gewissheit haben.
Die Schlossbewohner stemmten sich den Angreifern mit ganzer Kraft entgegen. Es waren Schüler, Lehrer, und eine Vielzahl von Flüchtlingen. Sie schossen keine Tödlichen Zauber, aus Angst in dem Gewirr aus Menschen, einen der seinen zu treffen. Den Todessern schien dies jedoch egal zu sein. Sie setzten sie unter einen chaotischen Beschuss aus Todesflüchen.
Einige wurden getroffen, und fielen dann mit dem Gesichtsausdruck des Entsetzens hart auf den Boden. Todesser wie Schlossbewohner, sie starben. Es war ein wahres Gemetzel. Ein Gemetzel, dass sich Nacht für Nacht wiederholte. Die Todesopfer waren unzählig. Feind wie Freund.
Die altbekannte Wut keimte in Ron auf, und er rannte in das Getümmel.
Flüche jagten an seinem Kopf vorbei, während er rannte, seinen Zauberstab schwang, und selber Flüche abfeuerte. Schon nach Sekunden war er mitten im Kampf. Um ihn herum flogen in einer schnellen Abfolge Flüche. Seine eigenen, meist Stupor oder verschiedene Fesselnde Flüche. Flüche, die den anderen außer Gefecht setzten, aber nicht töteten. Sie flogen aus seinem Zauberstab, trafen Todesser, die Ron schon nicht mehr zusammenbrechen sah, weil er sich umdrehte, und sich dem nächsten Feind entgegen stellte.
In ihm pumpte das Adrenalin. Hier, so mitten im Kampf, da fühlte er sich am Leben. Hier erst spürte er seinen ganzen Körper. Alles war fokussiert. Dies war der Moment. Dies war sein Moment.
Jetzt fühlte er sich selbst mehr als sonst. Er nahm seinen ganzen Körper ganz anders wahr.
Es war schon eigenartig, was dieses Gefühl, auf der Schwelle zwischen Leben und Tod zu stehen in ihm erzeugte. Dieses Gefühl, dass er immer hatte, wenn er kämpfte. Es war berauschend.
Ja. Ron fühlte sich wie im Rausch.
Er genoss das Kämpfen nicht. Aber gleichzeitig, fühlte er sich selbst nie so am Leben, wie in diesen Momenten.
Aus den Augenwinkeln nahm er eine Bewegung wahr, die ihn stutzen ließ.
Professor Flitwick, der offenbar tief verängstigt, mit über den Kopf geschlagenen Armen und tief gebückt sich einen Gang entlang immer weiter von dem Schlachtfeld entfernte. Ihm folgte ein Mann, schwarz, und vermummt, wie es die Todesser immer waren, mit einem Zauberstab auf ihn gerichtet, und einen Fluch nach dem anderen auf den kleinen Lehrer abschießend.
Ron zögerte nicht. Im Laufschritt setzte er den beiden hinterher. Die Gänge waren dunkel und lagen im Schatten. Jede Bewegung ließ Ron zusammen zucken. Weit entfernt hörte er noch die Schreie, von seinem ehemaligen Zauberkunstlehrer. Es war ihm unheimlich, wie verängstigt er schrie. Ron hätte nie gedacht, dass dieser Professor überhaupt zu solchen Lauten im Stande war.
Immer schneller rannte Ron. Er folgte der verzweifelten Stimme Flitwick's und hatte dabei nur noch einen Gedanken.
Nicht noch einer. Nicht auch noch Flitwick. Es sind schon zu viele von den Guten gestorben. Nicht noch einer.
Schlitternd bog er um eine Ecke, und dann erblickte er das ganze Schauspiel. Der Todesser stand über den am Boden liegenden Flitwick, der offenbar vollkommen unbewaffnet war, und seinen Zauberstab irgendwie verloren zu haben musste.
Ron sah wie der Todesser seinen Zauberstab ruhig auf den Professor richtete, und begann den Mund zu öffnen.
„Avada Kedavra!“ der Schrei efüllte den Flur, hallte mehrfach von den hohen Wänden wieder, und erzeugte ein unheimliches Stimmengewirr, dass einem das Blut in den Adern gefrieren ließ.
Nur eine hundertstel Sekunde später reagierte Ron.
„Wingardium Leviosa“ brüllte Ron. Und es war wahrlich der letzte Moment. Der Kopf einer Statue schwebte quer durch den Raum und zerschellte an dem grünen Fluch, und dieser wurde abgelenkt.
Ron rannte los.
„Professor...Professor!“
Die Splitter aus dem Steinernden Kopf der Statue knallten an seine Stirn, und verursachten winzige blutende Wunden. Das Adrenalin – pochend in seinen Ohren – verdrängte jedoch den Schmerz für den Moment.
„Professor!“
Er lag reglos am Boden, und er konnte nicht zu ihm, denn ein Schwarz gekleideter Mann stellte sich ihm in den Weg. Sein Zauberstab richtete sich in Sekundenbruchteilen auf Ron's Brust, die sich unwahrscheinlich schnell hob und senkte.
Es war das Ende. Alles war nun vorbei. Ein letzter tiefer Atemzug.
Der Zauberstab zuckte in seiner rechten Hand. Doch er machte sich keine Illusionen, er würde niemals schnell genug die Hand hoch reißen können.
Er würde nicht schnell genug einen Fluch abschießen können.
Es war das Ende.
„Wie sehr habe ich mich darauf gefreut, einen Weasley um zu bringen!“ sagte der Mann. Dann zog er langsam, fast feierlich seine Maske ab.
Lucius Malfoy. Seine Haare waren ein wenig länger, und ein wenig weniger gepflegt. Seine Haut weiß und kalt. Seine Augen dunkel, und voller Hass.
Heftig schluckte Ron. Er wusste, dass es nun um ihn geschehen war.
Doch er musste es versuchen. Er musste versuchen sich zu wehren. Er wollte, dass er selbst entschied wie es endete. Er wollte ehrenvoll sterben. Im Kampf.
Er wollte sich nicht wehrlos aufgeben.
Er riss seine Hand hoch, rief „Avada K...“ zum ersten Mal in seinem Leben. Zum ersten Mal wollte er jemanden töten. Zum ersten mal benutzte er den Todesfluch. Oder besser, er versuchte es.
Denn in dem Moment, da er den Zauberstab hoch gerissen hatte, hatte Malfoy auch schon reagiert. Sein Zauberstab schnippte, seine kalte Stimme rief „Accio Zauberstab“ und augenblicklich flog Ron sein Zauberstab aus der Hand.
Kalt lachte Malfoy. In Ron gefrohr das Blut zu Eis. Es schüttelte ihn vor Angst.
Nun war es so weit. Nun würde er sterben.
Ein letztes Mal zog er die Luft ein. Er atmete schwer. Er zitterte. Er wollte nicht sterben.
Genüsslich öffnete Malfoy den Mund. Seine Stimme war voller Freude, als er die zwei entscheidenden Wort aussprach.
„Avada...“
Doch noch während Malfoy sprach, ertönte eine zweite, eine weibliche Stimme. Sie war kaum zu vernehmen, sprach sie doch genau die gleichen Worte wie Malfoy vor Ron. Und so bemerkte er sie auch nicht, bis plötzlich ein grüner Blitz durch den Gang flog.
„Avada Kedavra!“
Es passierte schneller, als Ron gucken konnte. Doch plötzlich hörte er noch einen letzten Seufzer, ein letztes Mal verließ die Luft seine Lunge, und dann knallte Malfoy auf den Boden.
Ron starrte mit offenem Mund, und immer noch zitternd auf den Körper vor sich.
Lucius Malfoy war tot.
Er sah sich um, und blickte zu der Person, die diesen Tod verursacht hatte.
Sein Blick traf den erschrockenen von Lavender.
Überrascht hielt Ron inne. Er war wohl nicht minder erschrocken, als Lavender es von sich selbst war. Sie hatte jemanden ermordet. Sie hatte Ron das Leben gerettet.
Sie starrten sich einige Sekunden in vollkommen regungsloser Stille an. Beide versuchten sie zu begreifen was das bedeutete, was hier gerade geschehen war.
„Lavender!“ flüsterte Ron ungläubig. Ihre Augen waren groß und starrten ihn immer noch an.
----------------------------Flashback ende------------------------------
„Lavender!“ flüsterte Ron. Sie öffnete langsam ihre Augen und sah ihn müde an.
Sie lag auf dem Sofa vor dem herunter gebrannten Kamin im Gryffindorgemeinschaftsraum. Sie hatte offenbar auf ihn gewartet, und war dabei eingeschlafen. Als sie ihn sah, streckte sie sich kurz genüsslich, dann setzte sie sich auf, und küsste Ron kurz.
„Du bist wieder da!“ murmelte sie, und lächelte ihn an.
„Und? Hat er dir gesagt, wo er all die Zeit gesteckt hat?“
Enttäuscht schüttelte Ron den Kopf. „Er und Dumbledore, machen da immer noch nen Geheimnis drum. Haben uns weg geschickt, als sie mal wieder zu zweit die Köpfe zusammensteckten.“
Er seufzte.
„Es ist schon komisch. Früher hat er mir alles erzählt. Und jetzt... jetzt sagt er mir nicht einmal mehr wohin er Monatelang verschwindet. Dann verhält er sich so eigenartig, als er Hermine auffindet... es ist fast als würde auf sie stehen.“ schob er nach, als würde ihm jetzt gerade in diesem Moment erst ein Licht aufgehen. Lavender zog die Augenbrauen hoch. „das stört dich?“ fragte sie ihn und sah ihn durchdringend an. „Ja... ich meine nein“ fügte er schnell hinzu als er ihren Gesichtsausdruck sah. „Nein natürlich nicht. Nur... ich weiß nicht. Wir waren beste Freunde. Es ist fast als würde er mir nicht mehr vertrauen!“
Lavender sah ihn an, und Ron ahnte dass dieses Thema noch nicht beendet war. Hermine hatte schon einmal zwischen ihnen gestanden, und Ron wollte nicht, dass dies schon wieder passierte.
Entschuldigend sah er sie an, beugte sich vor und küsste sie, in einem Versuch sie von dem Thema abzulenken.
Doch irgendwann würden sie wohl wieder darauf zurück kommen, und Ron grauste es vor jenem Tag.
TBC
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Samstag, 01.07.
Freitag, 02.06.
Mittwoch, 24.05.
Zwischen Harry, Ron und Hermine gibt es Unterschiede, zum Beispiel im Vokabular. Ron ist der britische "lad", etwas bildungsfern, wie wir hier sagen würden, jedenfalls der Welt der Theorie und Metaphysik nicht sonderlich zugetan. Sein Vokabular ist etwas gröber und eingeschränkter als das Hermines, die mehr die Intellektuelle ist und sehr elaboriert sprechen kann, jedenfalls wenn sie in Laune ist. Harry liegt dazwischen, mit Sympathien für Ron, wenn es darum geht, vermeintlich hochgestochenes Gerede zu verulken. Aber keiner spricht wirklich lax oder fehlerhaft.
Klaus Fritz