von Gx2^4
(Auszug Kapitel 47)
Er suchte braune, lockige Haare. Er suchte ebenso braune Augen, die ihn offen ansahen, die ihm sagten, dass er wieder Zuhause war, die ihm das Zuhause gaben, dass er jetzt gerade so dringend suchte. Er fand sie nicht.
Ron neben ihm hörte nicht auf zu grinsen. „Alter, wo warst du nur die ganze Zeit? Dumbledore hat da nen riesen Geheimnis drum gemacht! Und nachdem wir Hermine auf der Türschwe...“ abrupt brach er ab, als Lavender, die auch zu ihnen gestoßen war, und erstaunlich nahe an Ron stand, ihm gegen das Schienbein trat, und einen viel sagenden Blick zu Harry herüber warf.
„Was?“ fragte Harry, der nicht richtig zugehört hatte, während sein Blick immer noch durch die Halle gestreift war.
Plötzlich war Ron furchtbar nervös. „Ähm...“ Er beugte sich zu Lavenders Ohr und flüsterte halblaut „Ich wills ihm nicht sagen, kannst du nicht...?“ Doch Lavender sah ihn böse an. „Nein Ron, du bist sein bester Freund.“
Nun widmete Harry den beiden seine ganze Aufmerksamkeit. „Was habt ihr eigentlich?“ fragte er. Und sah von Lavender zu Ron, an dem sein Blick hängen blieb.
„Ähem... Harry... alter... es ist so....“ Ron stotterte, während Harry ihn erwartungsvoll ansah.
Neben sich hörte Harry, wie jemand aufstöhnte.
Luna, die auch von dem Trubel aufgeschreckt in die Eingangshalle gekommen war. Sie sah Ron wütend an.
Dann griff sie plötzlich Harrys Hand und zog ihn mit sich durch die Menge, die ihm verschiedene Sachen zu rief, die alle die aufkeimende Hoffnung ausdrückten, die die Menschen mit Harrys Ankunft empfanden. Ron trottete mit Lavender, die ihm gerade flüsternd eine kleine Standpauke zu halten schien an der Hand hinter den beiden her.
Als sie am Rande der Menge angekommen waren, sah Harry in einer Ecke des Raumes eine kleine Gruppe, die sich keinen Deut um seine Ankunft scherte.
Neville und einige anderen standen um den Leichnam Dean Thomas' und starrten im stillen Gedenken auf den in ein weißes Laken eingewickelten Körper.
Harry wollte zu ihnen. Ihnen sagen, wie Leid es ihm tat, doch Luna schleifte ihn mit sich, und zeigte dabei mehr Kraft, als Harry in diesem zierlichen Körper erwartet hätte.
„Hey Leute, was ist eigentlich los?“ Harry sah die drei abwechselnd an.
Es folgte eine Stille.
Eine Stille, die auf der Gruppe lastete, die Harrys Herz schwer werden ließ. Irgendwas furchtbares musste passiert sein.
Es drückte auf Harry, wie sie still zu viert durch die Gänge von Hogwarts liefen.
Schließlich durchbrach Luna die Stille. Sie sah Harry offen an, und blickte ihm direkt ins Gesicht.
„Wann hast du Hermine zuletzt gesehen Harry?“ fragte sie sanft.
Harry sah sie an. Er musste keine Sekunde darüber nachdenken. Er dachte ja täglich daran, wie er sie in dem Wald alleine zurück gelassen hatte. Er hörte noch, als wäre es gestern gewesen, wie ihr Magen gegrummelt hatte, als sie Stunden lang am Fluss gelegen hatten, und gemeinsam die Sonne genossen hatten. Welch einer Gefahr er sie ausgesetzt hatte.
„Im Wald, am Tag, nachdem ich Voldemort besiegt habe!“
Luna nickte ruhig.
Sie blieb neben einer unscheinbaren Tür stehen, die nicht weit entfernt war, von dem Krankenflügel. Soweit Harry wusste, war dies ein unbenutzter Klassenraum.
„Zwei Tage, nachdem ihr zusammen verschwunden seid, hat George sie gefunden. Sie lag vor dem Eingang von Hogwarts. Sie war in einem komatösen Zustand da. Wir wissen nicht, was mit ihr passiert ist, doch wir vermuten, dass....“ Lunas Stimme war mit jedem Wort ein wenig leiser gewesen. Fast schon erstickt hatte sie die letzten Worte ausgestoßen.
„Oh Mein Gott Harry, es tut mir so Leid“ sagte sie dann nur, umarmte ihn, und öffnete dann neben sich die Tür.
Schon als Luna begonnen hatte, hatte sein Magen angefangen unangenehm zu grummeln.
Das Grummeln war nun verschwunden. Was er nun spürte war anders. Anders, als er es je erlebt hatte.
Es war eine Leere. Eine vollkommene Leere. Er fühlte sich schmerzhaft hohl, wie ein ausgestopftes Tier.
Nichts ging mehr.
Sein Herz schlug bis in seinen Kopf, wo es schmerzhaft pochte, als er einen kleinen Schritt vor machte. Sein Blick war starr und Glasig. Seine Gesichtszüge waren eingefallen.
Als er sie schließlich sah, fühlte er sich, als würde er fallen. Er fiel, und nichts war da, was ihn aufhalten würde. Sein Herz pochte gegen seine Rippen, es tat furchtbar weh.
Seine Augen waren feucht, und einzelne Tränen fanden ihren Weg seine Wangen herunter.
Es tat ihm weh, es tat ihm körperlich weh. Er hätte schreien können. Er hätte weinen können. Doch er stand einfach nur da.
Sein Blick war Leer wie sein inneres. Seine Gehirn hatte aufgehört zu arbeiten. Er konnte keinen Gedanken mehr fassen. Er spürte nicht Rons Hand, die auf seiner Schulter lag. Er sah nichts als sie.
Hermine.
Reglos lag sie in dem weißen Bett, mit weißem Laken.
Ihre Haut hob sich nicht von dem Bett ab. Nur ihre Haare. Sie glänzten wunderschön goldbraun auf dem weißen Kopfkissen.
Die wunderbar weiche Haut, war in ihrem Gesicht gezeichnet von Narben und Wunden. Ihre Lippen waren aufgesprungen und spröde.
Ihre Gesichtszüge waren steif, und es war Harry, als wären sie Schmerzverzerrt. Er spürte, dass sie gerade Qualen leiden musste. Unendliche Qualen.
Er war im freien Fall. Seine Innereien protestierten, erzeugten eine gallige Übelkeit in Harry. Er fühlte sich im falschen Film. Wie in einem Albtraum. Es war falsch. Einfach falsch.
Ihr Atem war flach und regelmäßig, ihr Mund nur ein Spalt weit geöffnet.
Auf ihrer Stirn waren winzige Schweißperlen, die in dem hellen Licht des Raumes glitzerten.
Mit eckigen Bewegungen ging Harry auf sie zu. Er war wie in Trance. Alles, was außerhalb Hermines Körpers war, hatte er ausgeblendet. Er sah nichts mehr. Er sah nur noch sie.
Seine Schritte waren langsam und schlurfend. Er drohte zu fallen, doch irgendwie schaffte er es auf den Stuhl neben ihrem Bett.
Immer wieder schluckte er.
Seine Hand fuhr zu einem feuchten Tuch, dass auf dem Nachttischchen neben Hermines Bett lag, und er begann damit ihre Schweiß getränkte Stirn ab zu tupfen.
Er sah wie sich ihre Augen hinter den geschlossenen Lidern bewegten. Sie litt Qualen. Sie litt, und er konnte ihr nicht helfen.
Er fühlte sich so furchtbar Hilflos. Er war Schuld. Er ganz allein war Schuld daran.
„Was...ist passiert?“ Die Worte sprach er ruckartig, und die Stimme war nicht die seine. Sie war monoton, und Emotionslos. Irgendwie eckig, kamen die Worte aus seinem Mund. Sein Blick wich dabei keine Sekunde von ihrem Gesicht.
Noch nie hatte Harry sich so vollkommen Leer gefühlt. Es tat ihm richtig weh, und er wusste nicht woher dieses Gefühl kam. Dieses Gefühl der endlosen leere. Hilflos, Hoffnungslos. Einsam und verzweifelt.
Es war, als würde die Welt Untergehen und in irgendeiner Art, tat sie es für Harry in diesem Moment auch.
Es war schließlich Ron, der, nachdem er einige Blicke mit Luna und Lavender ausgetauscht hatte ihm antwortete.
„Wir hatten gehofft, du könntest es uns sagen! Ihr beide seid zusammen verschwunden, und zwei Tage später taucht sie wieder auf, leblos im Eingang von Hogwarts.
Und zwei Monate später, nach dem du spurlos verschwunden warst, spazierst du hier rein, und hast keine Ahnung?
Ernsthaft, was hast du gemacht?“
Harry hörte die Frage. Er hörte auch, wie Lavender halblaut Ron anfuhr „Ron, nicht jetzt!“. Doch es war ihm egal.
Er krümmte sich ein wenig ob dieser totalen Leere, die sich in ihm ausbreitete. Sein Blick war verschleiert. Sein Atem ging nur noch schwer, und er schnaufte. Er mühte sich merkbar darum, die Fassung zu bewahren.
Zitternd griffen seine Hände nach Hermines Arm, der bleich auf ihrer Decke lag. Wie in Trance strich er ihren weichen Arm entlang.
Es dauerte eine halbe Ewigkeit, bis Harry wieder einen Gedanken fassen konnte.
Und dieser, sein erster Gedanke, seit er Hermine gesehen hatte, war wütend.
Immer klarer formte sich der Gedanke in seinem Kopf. Es war brodelnde Wut. Wer hatte Hermine das angetan? Welches Schwein hatte ihr das nur angetan?
Harry wollte Rache. Er wollte, das jemand litt, er wollte das jemand dafür seinen Kopf hin hielt, dass Hermine so leiden musste.
Seine Finger waren ein wenig feucht und verschwitzt, während er in immer wütenderen Bewegungen, weiter Hermines Arm entlang fuhr.
Jemand würde dafür Bezahlen. Irgendjemand.
Harry würde dafür sorgen.
TBC
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