von Gx2^4
Der Raum war immer noch so klein wie eh und je. Das Bett war immer noch so hart. Das Zimmer so unpersönlich eingerichtet.
Doch jetzt störte das Ganze Harry weniger, als noch vor wenigen Minuten. Nach seiner Zeitreise, hatte er kaum bemerkt, dass er aus seinem Kopf wieder zurück in die Wirklichkeit gekommen worden war.
Dinge wie die eben passieren eben nicht alle Tage. Es sind Dinge, über die man Nachdenken muss. Zunächst einmal das Was?. Was war passiert?
Harry war in die Vergangenheit gereist. In seine eigene Vergangenheit. Er hatte gesehen, wie er von seiner Tante und seinem Onkel gemobbt wurde. Er hatte gesehen dass er nie eine glückliche Kindheit gehabt hatte. Nie. Er würde diese Zeit nie mehr aufholen können. Sein ganzes Leben über wird er gezeichnet sein von dieser Kindheit. Einer Kindheit mit verschwindend geringer Freude.
Er hatte nur dieses eine Leben, und 10 Jahre davon waren ihm geklaut worden. Nie mehr – NIE MEHR – würde er dies vergessen. Eine Vergangenheit, in der er nicht gelebt hatte. Es war nichts was einen glücklich stimmte.
Fast hätte sich eine Träne den Weg aus seinen Augen über seine Wange gebahnt, doch er wischte sie energisch weg.
Er hatte 10 Jahre dank der Dursleys verloren. Zehn Jahre, es sollte nicht eine Minute mehr sein. Er durfte keine Minute mit Gedanken an diese Ungeheuer verschwenden. Die Zehn Jahre waren verloren, aber er hatte noch genug Jahre vor sich. Er musste jetzt aufhören daran zu denken. Die Vergangenheit war vorbei und kam niemals wieder.
Und doch… Und doch blieben die Fragen. Wer war dort in seinen Kopf eingedrungen. Wie hatte er das angestellt, und was hatte diese letzte Erinnerung zu bedeuten.
Die letzte Frage war die wohl mit Abstand interessanteste. Was hatte es zu bedeuten? Was hatte es zu bedeuten, dass er mit einem Alter von gerade einmal rund einem Jahr seinem Vater die Haare angezündet hatte? Mit bloßen Händen!
Was hatte es zu bedeuten?
Er sah es vor sich als wäre es Gestern gewesen. Mit kleinen patsche Händchen hatte er seinem Vater in die Haare gepackt. Dieser hatte vor ihm eine Kerze mit seinem Zauberstab angezündet. Wie beeindruckt er davon gewesen war. Die Gefühle hatten ihn berauscht. Es war überwältigend. Und im nächsten Moment war sein linker Zeigefinger ganz heiß geworden. Es hatte in seinem ganzen Arm gekribbelt.
Mit bloßen Händen hatte er Feuer erschaffen.
Feuer…
Vor gerade einmal 24 Stunden war er von einem magischen Feuer verbrannt worden. Eine ganze Lichtung hatte gebrannt. Er hatte gebrannt. Genauso wie ein Mann in einem dunklen Umhang, der mit bloßen Händen hatte Zaubern können…
Die Idee die sich in seinem Kopf bildete elektrisierte ihn. Begeistert leuchteten seine Augen, mit einem Mal saß er aufrecht und voller Lebenskraft, wo er noch vor Sekunden Gedankenversunken und Müde mit krummen Rücken gehockt hatte.
Langsam hob Harry seinen rechten Arm. Vorsichtig hielt er die flache Hand nach unten. Er konzentrierte sich auf das Feuer. Das heiße, kribbelnde Feuer in seiner Hand – es kam nicht.
Kurz öffnete Harry seine Augen. Es war nichts passiert.
Eins – leise zählte Harry für sich an, alle seine Gedanken waren bei dieser Erinnerung. Nicht bei der aus seiner frühesten Kindheit. Sondern bei einer viel näheren Erinnerung.
Zwei – Der Wald war dunkel. Harry war alleine unterwegs, nachdem er von Hermine losgeschickt worden war, essen zu suchen. Ein dunkel verhüllter Mann war auf der Lichtung erschienen. Er griff Harry an, ohne einen Zauberstab zu ziehen. Mit einer geheimnisvollen Kraft aus seinen Händen griff er an. Harry hatte Wut gespürt. Wut die alles übertönte. Wut die so blendend war, dass sie ihn übersehen ließ, was so deutlich vor seinen Augen war.
Der letzte Tipp, das letzte Zeichen, das er gebraucht hätte.
Drei – Es war nicht mehr als ein Kribbeln. Ein Kribbeln in seinem Finger.
Er selbst hatte das Feuer angezündet. Er selbst hatte sich verbrannt. Er selbst hatte durch seine Hand gezaubert!
Ohne dass er sich irgendwie bewegt hätte, beschleunigte sich sein Herzschlag noch einmal. Nicht einmal Hermine hatte soweit er wusste davon gelesen. Wer konnte es von sich behaupten. Wer hatte je davon gehört. Es war Absurd. Völlig abwegig. Er konnte Zaubern ohne einen Zauberstab.
Ohne einen Zauberstab.
Er konnte mit purem willen Zaubern! Aber wieso sollte es möglich sein. Woher sollte er das können. Wieso hatte er all die Jahre keine Anzeichen dafür gezeigt? Was hatte sich geändert? Wieso waren die einzigen Male, als er mit seinen Händen gezaubert hatte im Alter von einem Jahr und vor 24 Stunden gewesen? Wieso hatte er es all die Jahre nicht gekonnt?
Die Aufregung wich den Fragen. Fragen über Fragen. Und keine Antwort in Sicht.
Als erstes jedoch musste er es versuchen. Er musste jetzt Zaubern. Er musste sehen ob er es konnte. Ober es jetzt konnte!
Erneut hob er seinen Hand. Er wollte es. Jede Faser seines Seins wollte es. Er wollte Feuer erschaffen. Feuer aus dem Nichts.
Er wünschte sich nichts sehnlicher als das seine Hand zu kribbeln begann. Doch dann hörte er etwas, das ihn aufhorchen ließ. Von weit her. Aus seinem Inneren. An sein inneres Ohr drang eine weiche weibliche Stimme.
„Denk nach! Denk an das letzte Mal!“
Irgendwie erinnerte ihn diese Stimme an Hermine. Doch was wollte sie ihm sagen? Was hatte das zu bedeuten?
Ihm war fast als würde Hermines Stimme in seinem inneren gefrustet aufstöhnen. Es war so einfach.
Denk an das letzte Mal – Es war wirklich so einfach! Hermine wollt ihn warnen!
Eine verkohlte Leiche auf dem Waldboden. Fast alles Leben aus ihrem inneren gesaugt. Das Leben war vorbei. Er hatte sich selbst nur Sekunden vorher verbrannt. Hermine hatte ihn gewarnt.
Es würde wieder passieren. So konnte er keine Gewissheit erlangen. Nicht mit Feuer, dass ihn jede Sekunden töten konnte.
Es war unkontrollierbar. Er hatte nicht nur sich selbst damit verbrannt. Er hatte auch seinem eigenen Vater die Haare damit verbrannt.
Eine kleine Träne erschien in Harrys Augen. – Was würde er alles dafür geben, jetzt auch die Haare seines Vaters zu verbrennen, würde es doch bedeuten, dass sein Vater noch lebte. Doch das tat er nicht. Sein Vater war tot.
Er durfte nicht auch noch sein eigenes Leben so leichtfertig aufs Spiel setzen!
Es musste etwas anders sein. Er musste seine Fähigkeiten mit etwas anderem Testen. Etwas, dass weniger gefährlich war.
Etwas, dass womöglich sogar nützlicher war.
Zügig ging Harry zum Fenster. Er streckte erneut seine Hand aus. Wieder wünschte er sich mit jeder Faser seines Körpers etwas. Er wünschte sich, dass das Gitter verschwand. Alles was er aufbringen konnte konzentrierte sich darauf. Es war nicht genug.
Es war schon frustrierend, zu wissen, dass man etwas kann, es aber doch nicht kann. Er hatte, dessen war er sich inzwischen sicher, zweimal mit seinen Händen gezaubert. Er hatte Feuer mit bloßen Händen gemacht. Er hatte ein so mächtiges Feuer gemacht, dass es ihn selbst und eine ganze Lichtung verbrannt hatte. Doch er konnte es nicht wiederholen! Er konnte es verdammt noch mal nicht wiederholen? Was war anders? Wieso konnte er es nicht?
Er rüttelte wütend an den Stäben vor dem Fenster. Im gleichen Moment klopfte es laut an seiner Tür. Einmal. Zweimal. Beim dritten Mal schwang die Tür auf.
Überrascht drehte Harry sich um, mit Besuch hatte er nicht gerechnet. Er war hier ein Gefangener, der bis auf das Eindringen ein seinen Kopf keinen Kontakt mit irgendwem gehabt hatte. Er wusste immer noch nicht wo er überhaupt war, und wer ihn hier festgehalten hatte.
Nur eins wusste er. Derjenige konnte ihm nicht wohlgesinnt sein. Also war Harry auch entsprechend verängstigt als er dem Mann in langer dunkler Robe gegenüberstand.
Der Mann sah ihn durchdringend an. „Welche Rolle spielt die Vergangenheit?“
Harry sah den Mann verwirrt an. Erwartete der Mann etwa eine Antwort? Was würde geschehen, wenn er die falsche Antwort gab? Was war die falsche Antwort? Oder besser, was war die Richtige?
„Eine unwiderrufliche. Sie beeinflusst unser ganzes Handeln!“ War er es der dort sprach? Das konnte nicht sein. Doch es war seine Stimme. Wie mechanisch hatte sich sein Mund bewegt und die Worte waren hinaus geschlüpft. Doch er selbst war es nicht gewesen. Das konnte nicht sein. So redete er nicht!
Erneut öffnete der Mann in Robe den Mund. Auf Harrys Antwort hatte er keine Reaktion gezeigt, was Harry als gutes Zeichen ansah. Er glaubte, wenn er falsch geantwortet hätte, hätte der Mann anders reagiert.
„Wer bist du?“
Harry fand diese Fragen vollkommen sinnlos. Und er wusste, dass er nicht die Antwort auf diese Frage hatte. So stand er einfach da, in der Hoffnung, dass er wieder irgendwie eine richtige Antwort sagen würde, ohne dass er es wirklich war, der da redete. „Ich bin ein Diener des Seins“
Als seine Stimme diese Worte sprach, wusste er dass es richtig war. Er hatte es nicht gesagt, dass wusste er ebenso sicher. Doch Harry kam eine Idee wer oder was es sein konnte, das seine Worte steuerte. Doch war das möglich? In Hogwarts hatte man von so etwas jedenfalls noch nie gehört.
War es trotzdem möglich, dass die Magie, die auch das Feuer mit seiner Hand angezündet hatte, jetzt durch ihn sprach? War er es etwa nicht selbst gewesen, der die Magie vollbracht hatte? Hatte nicht er die Magie durch seine Hand gewirkt, sondern die Magie durch ihn?
Offenbar war seine Antwort richtig gewesen, denn der Mann unter der Robe deutete Harry mit seinem Kopf an ihm zu Folgen. Sofort reagierte Harry und lief zügig hinter dem Mann her. Was würde jetzt geschehen?
Die Fragen stapelten sich zu einem immer höheren Berg, und es gab kaum eine Aussicht auf Antworten.
TBC
Wenn Du Lob, Anmerkungen, Kritik etc. über dieses Kapitel loswerden möchtest, kannst Du einen Kommentar verfassen.
Zurück zur Übersicht - Weiter zum nächsten Kapitel