von uni
Das Gefühl beobachtet zu werden
Ein blasser Severus Snape öffnet die Tür. „Ich habe Sie schon erwartet, treten Sie ein.“ Er ist ungewöhnlich gekleidet, statt seiner üblichen schwarzen Garderobe trägt er einen dunkelroten samtenen Gehrock, was ihm ein vampirisches Aussehen verleiht. Auf seiner Nase ruht ein Monokel, das aussieht, als stamme es aus dem vorherigen Jahrhundert.
„Ich werde Ihnen eine kleine Geschichte erzählen.“ Er setzt sich in einen großen Ohrensessel und lacht schallend. Er beugt sich vor und sagt leise schnarrend: „Aber ein Tipp von mir, nehmen Sie ihn sich zu Herzen, hören sich diese Erzählung nur allein im Dunklen an.“
Er setzt sich wieder zurück und beginnt mit gedämpfter Stimme zu erzählen.
***
Als Harry Potter in der ersten Klasse gewesen war, hatte er geglaubt, dass es nichts gäbe, wovor er sich fürchten müsste. Er war schließlich ein Zauberer. Geister und Zauberei waren für ihn alltäglich, Vampire und Werwolfe waren zwar gefährlich, hatten aber ihren Schrecken des Unerklärlichen verloren.
Heute, über 4 Jahre später, ist er älter, klüger und, wie er glaubt, erwachsener geworden und weiß, dass er sich damals geirrt hat.
Es ist der 31.Oktober, Halloween und Harry Potter, der berühmte Junge-der-noch-lebt sitzt auf seinem Bett und quengelt wie ein Kind.
„Nein ich will nicht. Lasst mich in Ruhe!“ Seine Freunde Hermine und Ron, die sich als Waldhexe und Merlin verkleidet haben, stehen vor ihrem Freund und schütteln verständnislos die Köpfe.
„Nun komm schon, der Halloween- Ball fängt in Kürze an und du hast dich noch nicht einmal verkleidet.“ Ron unterstützt die gemeinsame Freundin. „Ja, nun mach schon, sonst ist das Beste vom Buffet schon weg.“
Harry sitzt noch immer auf dem Bett und klammert sich an den Bettpfosten. „Die letzten Jahre ist am 31.Oktober immer etwas Schreckliches passiert. Erst ein Troll, der versuchte Hermine zu töten, dann die Kammer des Schreckens und schließlich wurde das Bild der fetten Dame zerfetzt. Als ob das nicht genug wäre, wurde ich letztes Jahr gegen meinen Willen zum Trimagischen Turnier angemeldet, bei dem ich beinahe drauf ging und Voldemort zurückkehrte.“ Harry Freunde sehen betreten zu Boden. „Ihr denkt doch nicht allen Ernstes, dass ich mir dieses Jahr auch noch sowas antue! Wer weiß was heute passiert.“
Ron setzt an Harry zu beruhigen. „Vielleicht stellt sich heute heraus, dass Snape ein Vampir ist.“
Hermine schickt Ron einen bösen Blick. „Och komm schon Harry. Du kannst ein bisschen Ablenkung gebrauchen, heute passiert bestimmt nichts.“
Harry schüttelt den Kopf und die Freunde geben seufzend auf.
„Hey, ich schmuggle dir was vom Buffet mit“, sagt Ron noch und dann machen sich die Beide auf den Weg in die Große Halle.
Harry ist erleichtert, er dachte schon, Hermine verhext ihn und lässt ihn nach unten schweben.
Er wartet noch eine halbe Stunde, dann steht er auf und geht in den völlig verwaisten Gemeinschaftsraum. Alle sind unten beim Fest, also hat er den heutigen Abend ganz für sich allein.
„Ich hab ja gehofft Hermine und Ron bleiben bei mir“, gesteht er sich seufzend. Doch nun ist es nicht mehr zu ändern und er setzt sich in einen Sessel am Kamin. „Wenigstens ein Gutes hat das alles, ich kann mir den besten Platz im Gemeinschaftraum aussuchen.“
Er setzt sich und sieht in die Flammen. Eigentlich müsste er noch Hausaufgaben für McGonagall erledigen, aber dazu hat er heute einfach keine Lust, schließlich ist Halloween, einer der schrecklichsten Tage im Jahr.
Harry bleibt nicht lange dort sitzen, schon nach einer halben Stunde steht er auf und geht ins Bett.
Als er die Augen schließt, murmelt er noch leise:„Das war doch heute mal ein friedliches Halloween“, dann schläft er.
Mitten in der Nacht wir Harry wach, denn er hört ein leises Flüstern. Er setzt sich auf, als seine Augen sich an die Dunkelheit gewöhnt haben, sieht er dass die Betten der anderen noch leer sind. Tastend such er nach seinem Zauberstab, doch der ist nirgendwo zu finden. „Ich hab ihn wohl im Sessel liegen lassen.“
Er steht auf, das Wispern ist inzwischen verstummt, wahrscheinlich hat er nur geträumt. Seine nackten Füße machen platschende Geräusche auf dem Steinboden.
Tatsächlich da liegt sein Zauberstab, er bückt sie um ihn aufzuheben. Plötzlich richtet er sich auf, ein komisches Gefühl beschleicht ihn, fast als würde ihn jemand beobachten. Er dreht sich um. Sitzt da nicht jemand in einem der Sessel, die mit der Rückenlehne zu ihm stehen?
Tatsächlich, Harry sieht einen Schatten, der sich bewegt.
„Hallo, ist denn die Party schon vorbei?“ Keiner antwortet.
Harry sieht auf die Uhr, es ist kurz vor um neun, der Ball ist also noch in vollem Gange. Er guckt auf den Sessel, doch er ist leer. Das Gefühl beobachtet zu werden hat er jedoch noch immer.
„Du spinnst doch“, sagt er laut zu sich selbst, um sich zu beruhigen. Er nimmt den Zauberstab und geht zurück in sein Bett, doch das flaue Gefühl im Magen lässt sich nicht abschütteln.
Im Bett liegend, schaut er an die Decke seines Himmelbetts.
Ein Knacken ertönt und Harry fährt herum. Er ist immer noch allein.
Doch was war das, ein huschender Schatten im Augenwinkel. Harry bekommt Panik und schnell zieht er die Gardinen an seinem Bett zu.
Er setzt sich auf und rückt soweit zurück, bis er mit seinem Rücken gegen die Mauer stößt.
Sein Herz klopft ihm bis zum Hals. Der Stoff vor dem Bett bewegt sich, jedoch weiß Harry genau, dass die Fenster fest verschlossen sind.
Harry schließt die Augen, sein Puls rauscht in seinen Ohren. Sein Herz klopft so laut, dass er glaubt, man könnte es bis unten in den Gemeinschaftsraum hören. Trotzdem übertönt dieses Geräusch die Laute von draußen nicht.
Das Flüstern ist wieder da, lauter als vorhin. Es scheint ganz nahe zu sein, fast als würde jemand auf der anderen Seite des Vorhangs stehen. Er reißt die Augen auf.
Da ist plötzlich ein Schatten zu erkennen, er hat die Umrisse eines Menschen, nur sehr viel verzerrter. ‚Vielleicht ist es ein Geist’, schießt es Harry durch den Kopf. Noch ehe er den Gedanken zu Ende gedacht hat, weiß er, dass das Quatsch war. Er spürt es einfach, dieses Wesen auf der anderen Seite des Stoffes strahlt etwas unsagbar Böses aus.
Ein leises Lachen, direkt neben Harrys Ohr. Da ist jemand neben ihm, direkt in seinem Bett. Er fährt herum, doch er kann nichts erkennen. Trotzdem sagt sein Gespür ihm, dass er nicht allein ist. Der Überlebensinstinkt meldet sich und er ruft laut und deutlich nur eins: „Gefahr!“
Harry springt aus dem Bett, reist die Gardinen zur Seite. Seine Füße berühren den kalten harten Steinboden. ‚Ich kann entkommen, ich hab es gleich geschafft’, denkt er noch, bevor unter einem Bett eine Hand hervor schnellt und sich um Harrys Knöchel legt.
Sie ist kalt und fühlt sich tot an und ihr Griff ist fest wie ein Schraubstock.
Harry fällt nach vorn, er will schreien, als die Klaue beginnt, ihn unter das Bett zu ziehen. Kein Laut dringt über seine Lippen.
Ron und Hermine halten es nicht lange auf dem Halloweenball aus, ständig müssen sie an ihren Freund denken, der allein im Schlafsaal sitzt.
Kurz nach um elf geht Hermine zu Ron und zupft ihn am Ärmel seines Merlin Kostüms. „Du Ron, ich mach mir Sorgen um Harry. Wollen wir nicht mal nach ihm sehen? Ich kann das Fest nicht richtig genießen, wenn ich weiß, dass er allein da oben sitzt.“ Ron seufzt und gibt nach, insgeheim geht es ihm nicht anders.
Als die Beiden den Gemeinschaftsraum betreten ist er leer. „Siehst du Hermine, Harry ist bestimmt schon schlafen gegangen, weil ihm so langweilig war. Lass uns wieder runter gehen.“ Hermine stimmt ihm zu und will den Raum schon verlassen, da fällt ihr Blick auf etwas über dem Kamin.
Erschrocken reißt sie die Augen auf. „Oh mein Gott Ron, sieh dir das an!“
Die erschrockene Stimme seiner Freundin macht ihn stutzig, er geht zu ihr und stößt einen spitzen Schrei aus.
Über dem Kamin, hängt ein Gemälde, das zu Beginn des Abends noch nicht dort hing. Darauf ist ein schreckensbleicher Harry Potter zu sehen, den Mund zu einem Schrei verzerrt und die Augen vor Todesangst aufgerissen.
***
Severus Snape endet. „Ich hoffe ich habe Ihnen keine Angst gemacht. Es ist ja nicht so, als würden Sie dieses Gefühl kennen. Diese Angst in der Nacht, wenn man allein ist und seltsame Schatten sieht und ein leises Knacken vernimmt. Wenn sich die Nackenhaare dann aufstellen, der Herzschlag sich beschleunigt und man dieses untrügerische Gefühl verspürt… man ist nicht allein“.
Seine Augen fixieren seinen Gegenüber und mit einem gespenstischen Flüstern fügt er hinzu:„Ich wünsche ihnen ein wunderbar schreckliches Halloween!“
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